Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, nimmt an der Sitzung des Bundestages teil.
Mit Hubertus Heils Vorschlag zur Grundrente ist die SPD in den Wahlkampfmodus getreten / picture alliance

Grundrente - Die schmutzige Bombe der SPD

Mit ihren Vorschlägen zur Grundrente ist die SPD in den Wahlkampfmodus getreten. Laut Umfragen kommt das gut an. Zwei Prozentpunkte mehr gibt es für die Partei. Doch mit diesem Wahlkampfthema haben die Sozialdemokraten einen Pakt mit der CDU gebrochen

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Nach längerer Abstinenz machen bekanntlich auch schon kleinere Mengen an Rauschmitteln trunken oder high. Die SPD gönnt sich gerade so einen kleinen Trip nach Jahren der Askese. Um zwei Prozentpunkte sind die Umfragen nach oben gegangen, und euphorisch posten Genossinnen und Genossen dieses Wunder der Wiederauferstehung quer durch die sozialen Netzwerke. Die kleine Hausse an der Börse der parteipolitischen Präferenzen wird als unmittelbarer Erfolg der Abkehr von der Agenda 2010 – insbesondere von dem parteiintern größtenteils verhassten Hartz IV – betrachtet. Und als Erfolg der Grundrenten-Attacke von Arbeitsminister Hubertus Heil auf den Koalitionspartner.  

Letzteres ist ein Vorgang, der in seiner politischen Dimension in der allgemeinen Wahrnehmung noch nicht hinreichend erfasst wurde. Vor vielen, vielen Jahren, in einem vorigen Jahrhundert hatten die damals noch großen Volksparteien eine Art Atomwaffensperrvertrag geschlossen. Dieser definierte die Rente als den Atomsprengkopf der politischen Auseinandersetzung, weshalb Union und SPD einander zusicherten, mit diesem Thema niemals Wahlkampf zu machen. 

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helmut armbruster | Mo., 18. Februar 2019 - 17:47

unser Sozialsystem ist ein Umlagesystem. Man zahlt ein solange man kann um zu bekommen, wenn man nicht mehr kann.
In einem solchen System haben Leute, die niemals etwas eingezahlt haben eigentlich nichts zu suchen. Trotzdem sind mit den Jahren Millionen in dieses System rein gekommen als Empfänger ohne jemals etwas eingezahlt zu haben.
Die Einzahler müssen daher mit ihnen teilen und erhalten weniger als sie eigentlich erhalten müssten.
Der Staat hätte für die Nichteinzahler einspringen müssen mit einer Art Fürsorge für Notfälle.
Aber schlau wie der Staat in solchen Fällen ist, hat er das Problem den Renten- und Sozialkassen übergeben. Die Last tragen - als eine Art Extrasteuer - die Einzahler.

Gisela Fimiani | Mo., 18. Februar 2019 - 19:39

Die SPD ist zur Klientel Partei geworden, wobei ihr Klientel in erster Linie ihre eigenen Abgeordneten sind, die um ihre zukünftige Versorgung bangen.

Heidemarie Heim | Mo., 18. Februar 2019 - 19:49

Von der Dimension und Sprengkraft her, dürfte es sich wohl eher um ein nicht genehmigtes Feuerwerk handeln. Nach dem von Aahs! und Oohs! begleiteten himmlischen Feuerzauber und einer kurzen Phase des Entzückens, spätestens aber im hellen Licht des Tages, sehen wir dann die ausgebrannten Reste. Besonders gefährlich die Fehlzünder, die völlig unberechenbar im Fall unsachgemäßer Entsorgung, noch großes Unheil bergen! So! Jetzt bin ich lieber ruhig und warte voll der Freude auf die Aufstockung meiner in 38 Jahren erworbenen Rentenpunkte ohne Bedarfsprüfung. Die reicht dann zusammengelegt mit der Rente des besten aller Ehemänner für unser kleines Doppelzimmer in der
im östlicheren Teil Europas gelegenen Pflegeeinrichtung. Aber nur für den Fall, das wir vorher nicht als GroKodil-Futter enden;-) MfG

... sehr kreativ Frau Heim,

Bei soviel Begabung können Sie sich dort, im Östlichen, dann der politischen Lyrik hingeben.
Themenvorschlag: Von Menschen und GroKodilen :)

Heiner Hannappel | Mo., 18. Februar 2019 - 20:12

Faktenlage
In Deutschland leben 82 Millionen Menschen. 44 Millionen davon sind in Arbeit, als Angestellte oder Arbeiter/innen, Beamtete.
Davon ca  4,7 Millionen als Selbstständige, davon etwa die Hälfte als Scheinselbstständige von denen wiederum die Hälfte von ihren Arbeitgebern gekündigt und als Selbstständige zum Schaden und Leidwesen der Gewerkschaften für diese wieder arbeiten dürfen.
Bleiben übrig:
31,4 Millionen, die in Arbeit sind und 1,9 Millionen Beamte, die zwar Leistungen erbringen, die im Bruttosozialprodukt (BIP) eingerechnet auftauchen, aber keine Wertschöpfung aus der realen Wirtschaft erbringen, weil diese aus Steuermitteln finanziert werden, die zuvor von den Arbeitenden der freien Wirtschaft generiert werden mussten. Also 31,4 Millionen Menschen, die für sich und die Alimentierung des für sie zu großen "Rest" von 51,34 Millionen der Bevölkerung zuständig sind.Man muss schon parteipolitisch verblendet sein um zu behaupten, das diese Grundrente finanzierbar sei.

Michaela Diederichs | Mo., 18. Februar 2019 - 20:27

Die Pläne der SPD sind doch sowieso nicht finanzierbar. Deshalb ist das Ganze besonders perfide. Die paar Wähler, die darauf hereinfallen, machen die Wahlurne jetzt auch nicht fett. Im Gegenteil: das könnte zu einem Urnenbegräbnis der Extraklasse werden.

Norbert Heyer | Di., 19. Februar 2019 - 06:26

Die SPD träumt von einer „Respektrente“, repariert damit aber nur eine jahrzehntelange Fehlsteuerung in der Rentenpolitik, oder ganz kurz: Man zäumt das Pferd von hinten auf. Wer 35 Jahre lang in Vollzeit arbeitet, muss eine Rente bekommen, die bedeutend über Hartz IV liegt. Deshalb muss der Stundenlohn so angepasst werden, dass eine auskömmliche Rente im Alter rauskommt. Alles andere ist Flickwerk, wird eher denen zugute kommen, die schon gut versorgt sind, z. B. die Ehefrau, die im Betrieb ihres Mannes offiziell in Teilzeit angestellt ist und somit auch Anspruch auf Rente + „Respekt“ hat, da ja keine Überprüfung der persönlichen Umstände erfolgen soll. Wenn man so will, ein Programm zur Nochbesserstellung von bereits gut Betuchten. Einen Punkt hat die SPD total unberücksichtigt gelassen: Die Zeit der finanziellen Wohltaten geht
langsam zu Ende, die Hochkonjunktur kühlt sich ab und es wird schwieriger, alle finanziellen Verpflichtungen in Zukunft weiter in voller Höhe zu bedienen.

Ernst-Günther Konrad | Di., 19. Februar 2019 - 07:14

die SPD hat Tabubruch begangen. Doch in der Not, frisst der Teufel Fliegen. Mir scheint es so zu sein, das es ihr egal ist, ob Bruch der Koalition oder nicht. Sie wirft der AFD vor, weil diese die wahren Zustände in der Republik beschreibt, sie verbreite Angst und mache damit Politik. Die SPD verbreitet keine Angst? Sie hat existenzielle Angst. Einjeder kann sie riechen. Die Gefälligkeitsumfragen , dass sie 1-2 Punkte dazu gewonnen haben sind geschenkt und wenig glaubhaft. Viele schläfrige und politisch uninteressierte Wähler lassen sich gerne "unterhalten". Nur, ob das bei den Landtagswahlen verfängt, wage ich zu bezweifeln. Nahles und Co. haben jede politische Moral über Bord geworfen. Sie kämpfen um das blanke Überleben. Zunehmend melden sich etliche Kritiker dieses Versprechens zu Wort und zerpflücken die Respektrente. Es gibt Bürger im Land, die erkennen solche Blender und wissen damit bei den nächsten Wahlen umzugehen. Gute Nacht SPD, der letzte macht das Licht aus.

Jens Rotmann | Di., 19. Februar 2019 - 10:57

Heute 2 1/2 Prozentpunkte mehr bei den Umfragen, Grüne überholt und 2. stärkste Kraft im Hühnerhaus , mehr wollte man doch gar nicht ! Glückwunsch Herr Heil - guter Riecher !

Wolf-Dieter Hohe | Di., 19. Februar 2019 - 14:09

... für meinen Teil gehe ich inzwischen davon aus, dass diese Bombe "klammheimlich" verabredet war. Dieses Solo könnte ein Koalitionspartner nicht wagen. Es sei denn ein Bruch wird billigend oder gar wünschenswert in Kauf genommen. Etwas was ich zur derzeitigen politischen Gemengenlage für abwegig halte. Da darf eben jeder "ein wenig" Wahlkampf für sich, nach außen hin gegen den Amachen. Wie abgesprochen.
Ich halte dies jedenfalls für möglich.
MfG WDH

Iris Pugatschov | Di., 19. Februar 2019 - 20:08

Antwort auf von Wolf-Dieter Hohe

Ich denke, oder besser gesagt: könnte mir auch vorstellen, dass hier eine Art Gentleman's Agreement besteht. Letztlich geht es den beiden großen - naja - Parteien doch darum, die AFD zu stoppen, deren Vormarsch. Es wird auch innerhalb der Parteien bekannt sein, dass sich in den kommenden Jahrzehnten zunehmend sozialer Zündstoff auftut, mit einer Rente, die unter 50% des letzten Einkommens liegt. Also wird auch hier gearbeitet werden müssen, wohin die Reise geht, das sei dahingestellt.

Wolf-Dieter Hohe | Mi., 20. Februar 2019 - 08:39

Antwort auf von Wolf-Dieter Hohe

Sollte/muss natürlich heißen...
...Da darf eben jeder "ein wenig" Wahlkampf für sich, nach außen hin gegen den

>>>Anderen<<< machen. Wie abgesprochen.

dieter schimanek | Di., 19. Februar 2019 - 15:24

Alle Jahre wieder kommt ein anderes Christkind und verspricht viele bunte Smarties. Ist doch jetzt schon abgelehnt. Den Zweck hats erfüllt. Mal sehen wer als nächstes verbal beglückt werden soll? Eigentlich egal, Hauptsache es bringt Prozente.

Juliana Keppelen | Di., 19. Februar 2019 - 15:54

wer 35 Jahre Rentebeiträge einbezahlt hat soll mehr haben als jemand der nie einbezahlt hat und schon geht die Diskussion los "unbezahlbar". Halten wir fest für "Neubürger" die vielleicht mal oder auch nie in die Sozialkassen einzahlen werden ist jede Menge Geld da, für die Pensionen der Beamte und Politiker (die nachweislich nach Berechnungen sich zur Lawine entwickeln) ist Geld da, für die teuren Eskapaten unserer Perle aus der Uckermark ist genug Geld da nur wenn länger hier Lebende, und wer 35 Jahre Beiträge bezahlt hat ist in der Regel ein hier länger Lebender Beiträge bezahlt und dafür mehr bekommen soll als jemand der nie einbezahlt hat ist kein Geld da. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell die "da unten" sich gegeneinander Aufhetzen lassen und auf das Geschrei der "da oben" reagieren.