
- Kopflos wie der Hirsch in der Brunft
CDU und SPD haben die Ostdeutschen als Zielgruppe entdeckt. Aus nölenden Nervensägen werden plötzlich umworbene Wähler. Der Kampf um ihre Gunst ist ebenso unglaubwürdig wie fadenscheinig. Denn dahinter steckt die nackte Angst vor einer erstarkenden Konkurrenz durch die AfD
Der Kampf zwischen Politik und Parteien funktioniert manchmal wie bei Hirschen. Plötzlich schießen die Hormone ein, mit einem Mal ist Brunft, und es röhrt in allen Auen und Wäldern, wo vorher Stille war. Die beiden (Noch)-Platzhirsche CDU und SPD haben nun also die Brunftsaison eröffnet und ihr Röhren in Richtung Osten gerichtet. Dort finden bekanntlich im Herbst dieses noch jungen Jahres drei Landtagswahlen statt. Die Ostdeutschen werden daher als Wähler und Zielgruppe entdeckt und charmiert: Die Angleichung der Lebensverhältnisse, Anpassung der Ostrenten und eine Nachfolgeregelung für den auslaufenden Solidaritätszuschlag. Das Angebot der beiden Volksparteien unterscheidet sich nicht sonderlich.
Leider ist diese Vorgehensweise, wie in der Brunft so üblich, weniger kopf- denn triebgesteuert. Ansonsten müsste den angehenden Wahlkämpfern die Durchsichtigkeit ihres Tuns selbst auffallen. Der Ossi ist plötzlich kein Pegidist mehr, auch kein Pack und keine nölende Nervensäge. Sondern umworbener, begehrter Wähler, in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Gerade im Osten aber ist der Argwohn besonders verbreitet und zu Hause, von Obrigkeiten, Gebrauchtwagenhändlern, Versicherungsvertretern und Politikern hinter die Fichte geführt zu werden. Das fußt nicht auf Einbildung, sondern auf Erfahrung. Auf Erfahrungen vor dem Mauerfall – und auf Erfahrungen nach dem Mauerfall.