Coca-Cola-Weihnachtsmann
Der Weihnachtsmann, maßgeblich erfunden von Coca-Cola / picture alliance

Weihnachten - Amerika und der War on Christmas

Wie so oft in den letzten Jahren wird in den USA ein „War on Christmas“ ausgefochten. Dabei stehen sich Säkulare und Erzkonservative unversöhnlich gegenüber. Wie weihnachtlich darf Weihnachten noch sein?

Autoreninfo

Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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Amerika ist das Land, das den Weihnachtsmann mehr oder weniger erfunden hat; gezeichnet von Thomas Nast, ein Immigrant aus Deutschland; seine heutige bekannte Gestalt in weiß und rot, samt Schlitten und Rentieren verdankt er einer Werbekampagne von Coca Cola in den dreißiger Jahren. Amerika hat allerdings auch den „War on Christmas“ erfunden, den Krieg gegen Weihnachten. Es handelt sich dabei um einen erbittert geführten Kulturkampf.

Eigentlich sind die USA ein säkulares Land, wo Staat und Kirche laut Verfassung getrennt sind, aber nur eigentlich. In Amerika gibt es viel mehr praktizierende Christen als in Deutschland, und vor allem viele erzkonservative Evangelikale. Aber eben auch viele kämpferische Agnostiker. Von beiden Seiten wird der „War on Christmas“ in den USA nun schon seit vielen Jahren ausgefochten und er hat viele Schauplätze.

Zum Beispiel Starbucks. Die Kaffeekette lässt zu Weihnachten regelmäßig Becher drucken, die den einen zu weihnachtsmäßig sind, den anderen nicht weihnachtlich genug. Oder Kaufhäuser: Ob die Verkäufer nun „Merry Christmas“ sagen oder „Happy Holidays“, irgendwer beschwert sich immer. Oder Lebkuchen: Nachdem der konservative Nachrichtensender Fox News in einem Laden (in Schottland) eine „Gingerbread Person“, eine „Lebkuchenperson“ entdeckt hatte, brach sofort Empörung los: Waren das letztes Jahr nicht noch Lebkuchenmänner?

Der Weihnachtsmann, ein säkulares Symbol

Das Eiserne Kreuz im Kampf gegen Weihnachten geht in diesem Jahr allerdings an Jennifer Sinclair, die Leiterin einer Grundschule in Elkhorn, Florida, die in ihrer Schule alles verboten hat, was an Weihnachten erinnert, eingeschlossen Santa Claus, Rentiere, Elfen, den Weihnachtsbaum, singende Weihnachtskarten, Weihnachtsmusik überhaupt, Weihnachtsfilme, Geschenke, alles was rot und grün ist, sowie Zuckerstangen. Zuckerstangen? Die gebogene Form erinnere an das „J“ in Jesus. Erlaubt sind, immerhin, Schlitten, heißer Kakao, Eisbären, Yetis, Olaf, der sprechende Schneemann aus dem Disney-Film Frozen und, ja, „Gingerbread people“. Nach einem Aufschrei wurde der Erlass hastig zurückgenommen und die Schulleiterin suspendiert. Die Schule wies darauf hin, dass Santa Claus ein säkulares Symbol sei, genauso wie der Osterhase und seine Eier.

Natürlich ist Weihnachten nicht nur Weihnachten – die liberalen Stoßtruppen des „War in Christmas“ verbreiten vor dem Fest fleißig Sprüche, wonach um Weihnachten herum dutzende von Religionen ihre allerwichtigsten Feste feiern, worunter gelegentlich auch Ramadan subsummiert wird – ein bewegliches Fest, bei dem es überdies um das Ende der Fastenzeit geht. Und auch in Deutschland herrscht mittlerweile Verwirrung. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widman.Mauz schickte dieses Jahr Weihnachtsgrüße: „Egal woran Sie glauben... wir wünschen Ihnen eine besinnliche Zeit und einen guten Start ins neue Jahr“. Ist das nicht diskriminierend gegen die, die das neue Jahr nicht am 1. Januar feiern, wie Juden oder orthodoxe Christen?

Hollywood bedient beide Seiten

Wirklich viele Konkurrenzfeste um den 24. Dezember gibt es nicht. Ein paar Wochen vorher wird Hanukkah gefeiert; und eine kleine, aber lautstarke Minderheit in den USA erinnert daran, dass Weihnachten auf die heidnische Feier der Wintersonnwende zurückgeht. Wobei man sich natürlich fragen könnte: Sollten sich amerikanische Fans von Naturgottheiten nicht lieber auf Manitu berufen statt auf Odin und Thor? Und dann gibt es noch Kwanzaa, eine Art Hanukkah für Afro-Amerikaner, wo ebenfalls acht Tage lang Kerzen an einem Leuchter angezündet werden, um die Ernte zu feiern. Kwanzaa wurde 1966 von dem kalifornischen Professor Maulana Karenga erfunden, der heute schwer diskreditiert ist, weil er im Knast landete, nachdem er mehrere seine Freundinnen misshandelte. Und die Zahl der Afro-Amerikaner, die es begehen, hält sich in sehr engen Grenzen.

Überhaupt; die Kämpfer gegen Weihnachten sind hauptsächlich Weiße. Die meisten Hispanics wünschen einander immer noch „Feliz Navidad“. Und Hollywood bedient im weihnachtlichen Schützengraben, wie immer, beide Seiten. Der Weihnachtsfilm diesen Jahres ist „The Grinch“, ein grüngefärbtes Comicwesen, das auf den Karikaturisten Theodor Geissel zurückgeht, besser bekannt aus Dr. Seuss, das aber im Lauf des Films bekehrt wird, Weihnachten zu mögen.

Trump strich die Weihnachtsfeier für Journalisten

Der Krieg gegen Weihnachten ist übrigens kein neues Phänomen. Weihnachten, wie wir es kennen, mit dem Baum, Kerzen, Kugeln und Lebkuchen wurde im 16. Jahrhundert in Deutschland erfunden und von deutschen Immigranten in die USA gebracht. Mit dem Ersten Weltkrieg brach in Amerika eine antideutsche Hysterie aus, die sich auch gegen Weihnachten richtete. Denn unter englischen Einwanderern war Weihnachten viel weniger verbreitet; nach England selbst kam es erst so richtig mit der deutschstämmigen britischen Königsfamilie. Daran freilich kann sich in den USA keiner mehr erinnern. Heute verlaufen die Frontlinien zwischen konservativen Trump-Anhänger und liberalen Demokraten, von denen sich viele nicht einmal mit „Happy Holidays“ zufrieden geben, es heißt nun „Season's Greetings“, Grüße der Saison. Der Präsident, obwohl kein Kirchgänger, hat natürlich seinen Anhängern versprochen, dass sie fortan „Merry Christmas“ sagen dürfen. Aber nur seine Anhänger! Trump, ganz der Grinch, strich die traditionelle Weihnachtsfeier für Journalisten im Weißen Haus.

Einen Krieg gibt es inzwischen auch um Thanksgiving erreicht, das amerikanische Erntedankfest, das zu einer Art Ersatz-Weihnachten mutiert ist, samt gebratenem Vogel und Familienstreitigkeiten. Gefeiert wird das gemeinsame brüderliche Mahl von Pilgern und Indianern. Inzwischen aber fragen sich manche: War die Geschichte zwischen Siedlern und Indianern wirklich immer so harmonisch? Und wo sind die Indianer eigentlich abgeblieben? Es kommt noch einiges auf uns zu. „Holidays are coming, holidays are coming...“

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Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 26. Dezember 2018 - 10:44

auch neue Kultur durchgesetzt werden.
Die DDR war recht erfolgreich darin, weil sie evtl. Unpassendes behinderte, die neue Kultur hingegen alternativlos feierte.
Hinzu kommt aber die Bereitschaft der Menschen, diese neue Kultur anzunehmen, was durchaus auf einige Neuerungen der DDR zutrifft, in etwa Jugendweihe, Lichterfest oder Frauentag.
Religionstheoretisch betrachtet ist m.E. das Christentum eine "säkulare" Religion, denn Gott wurde Mensch.
Ich glaube nicht, dass diese epochale Neuerung geschichtlich eingeebnet werden kann.
Für mich bleibt es beim "Fröhliche Weihnachten", aber neue Kulturen werden sich verstetigen, wenn Menschen sie entwickeln und annehmen.
Nur bitte friedlich.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 26. Dezember 2018 - 12:31

Wie wir es in Deutschland als christianisiertes Land halten, mag jeder für sich selbst entscheiden. Meine alten Lehrer haben oft geschimpft, weil wir "alles" von Amerika übernehmen. Als Kind verstand ich es nicht. Heute weis ich, was sie meinten. Auch in Deutschland findet der Streit inzwischen genauso statt, wie in den USA. Brauchtum wird verdrängt, Erinnerung an Wurzeln verschleiert bis sie vergessen sind. Damit wird auch die Identität eines Volkes nachhaltig verändert, wenn nicht sogar ausgelöscht. Wenn Trump den Weihnachtsmann nicht mag, darf er das persönlich so leben. Als Donald, aber nicht als Präsident. Da gebietet es die Toleranz, auch andere Meinungen gelten zu lassen und auszugleichen und nicht zu spalten. Und bevor jemand auf den Gedanken kommt, das wäre auch mit dem Islam so anwendbar mit seinen Auslegungen und Symbolen, mag er sich daran erinnern, das der Islam keine deutsche Tradition ist. Es gilt aber gerade heute über Identität, Heimat und Brauchtum nachzudenken.

Rolf Kampmann, M.A. | Mi., 26. Dezember 2018 - 14:08

Der Eifer mit dem diese geifernden Debatten von beiden Seiten geführt werden, hat schon etwas lächerliches. In diesem Jahr bin ich in Bali, um meine Tochter zu besuchen, und habe ein neues Fest kennengelernt, das von den balinesischen Hindus gefeiert wird: Galungan. So weit ich die Erklärungen verstanden habe, wird am 26.XII. gefeiert, dass der Gott Indra auf die Erde gekommen ist und einen herrschsüchtigen König und die bösen Geister, die ihn unterstützt haben, in die Unterwelt zurückjagt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Aber vielleicht können die Kombattanten ja dieses Fest, das nur auf dieser kleinen Insel im mehrheitlich muslimischen Indonesien gefeiert wird, in Ihre lächerlichen Kampfschriften und -maßnahmen mitaufnehmen.

Walter Meiering | Mi., 26. Dezember 2018 - 14:48

Ja, Political Correctness kann sehr anstrengend sein, weil man/frau machen kann, was man/frau will: von irgendwo kommt jemand her, der es noch ein bisschen korrekter kann als man selbst. In Deutschland fällt mir da immer gleich Heinrich Heine ein: 'Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengrade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock,
Womit man sie einst geprügelt.' Ich glaube sicher, dass ein Spötter wie Heine heute gerade die politisch überkorrekten Zeitgenossen aufs Korn genommen hätte. In diesem Sinne wünsche ich allen eine möglichst unkorrekte und besinnliche Weihnachtszeit.

Fritz Gessler | Mi., 26. Dezember 2018 - 17:22

frohe weihachten allerseits und ein glückliches neues jahr 2019!
das wird man doch noch wünschen dürfen, oder?

Gerdi Franke | Do., 27. Dezember 2018 - 08:51

Solche Feste verfallen immer mehr dem Kommerz. Das sind keine privaten Feiern mehr, die Wirtschaft will vorgeben wie das auszusehen hat. Und es gibt eben Menschen die das umsetzen wollen. Auf Biegen und Brechen.

Carsten Schröder | Fr., 28. Dezember 2018 - 11:55

begegnete mir zum ersten Mal in A.C. Doyles Kurzgeschichte "The Adventure of the Blue Carbuncle" von 1892. IIRC haben die Fernsehmacher der 80er Jahre dann auch "the season's greetings" zum den Dialogen einer Verflilmung hinzugefügt.