22.11.2018, Berlin: Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, kommt zu einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Buches "Geht's noch, Deutschland?" von Claus Strunz
Ausgebuffter Selbstdarstellungskünstler oder Opfer der Medien? Tübingens Oberbürgermeister steht gern im Rampenlicht / picture alliance

Boris Palmer und die Medien - „Ich mache das alles selbst“

Er fordert Massen-Gentests für gambische Flüchtlinge und spielt nachts Sheriff, wenn ihn Bürger beleidigen. Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer kommt aus den Schlagzeilen nicht mehr heraus. In einem Interview entlarvt er sich jetzt als Opfer seines eigenen Selbstdarstellungsdrangs

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Tübingen ist nicht der Nabel der Welt, aber wenn in Tübingen ein Reissack umfällt, kann man das auch im Rest der Republik noch ziemlich gut hören. Dafür sorgt Boris Palmer. Er ist seit zwölf Jahren Oberbürgermeister von Tübingen, und es vergeht kaum ein Tag, an dem er, das Schwarze Schaf unter den Grünen, sich oder Tübingen nicht in die Schlagzeilen katapultiert.

Mal verstört er die Öffentlichkeit mit der Meldung, er habe nachts in Sheriff-Manier seinen Dienstausweis gezückt und einen Studenten zusammengefaltet, weil der bei seinem Anblick gerufen haben soll: „Ach nee, der schon wieder.“ Dann verscherzt er es sich mit der Hauptstadt-Presse, indem er Berlin zur Bronx verklärt: „Ich komme mit dieser Mischung aus Kriminalität, Drogenhandel und bitterer Armut auf der Straße als spießbürgerliche baden-württembergische Grünen-Pflanze schlicht nicht klar. Ich will diese Verhältnisse in Tübingen nicht.“ Und mal verstört er seine Parteifreunde, indem er auf seiner Facebook-Seite Massengentests für gambische Flüchtlinge“ fordert. 

Sind es die Hilferufe eines Provinzpolitikers, den es ins Rampenlicht der Republik drängt? Oder sind es die Medien, die ihn zur Witzfigur gemacht haben? In einem Interview, das Palmer jetzt dem Mediendienst meedia.de gegeben hat, entlarvt er sich selbst als Opfer seines eigenen Selbstdarstellungsdrangs. Manche Antworten lesen sich, als hätte sie ihm Loriot souffliert. Und tatsächlich hat Palmer da, in schönster Jodeldiplom-Manier, was ganz Eigenes. „Ich mache alles selbst“, sagt er, gefragt nach einen provozierenden Post in den sozialen Netzwerken. Das Interview zeigt anschaulich den Wirklichkeitsverlust eines Berufspolitikers. Realsatire at its best. 

Aber lesen Sie selbst. 

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Heinrich Jäger | Fr., 21. Dezember 2018 - 14:17

hat in vielen Dingen sehr vernünftige Ansichten.
Er ist eigentlich der einzige grüne Politiker den ich ernst nehmen kann .Ihre Ansichten über den Mann teile ich überhaupt nicht, im Gegenteil ist Palmer einer der wenigen Berufspolitiker der die Wirklichkeit benennt und eine Witzfigur ist er ganz sicher nicht finde den Artikel sehr schräg.

Ja das sehe ich genauso.Ich lehne die grüne Partei ab.
Herr Palmer allerdings hat vernünftige Ansichten und ist keine Witzfigur.Die Wahrheit ist manchmal unbequem und will nicht gehört werden .Demokratie ist der Schlüssel zur Wahrheitsfindung.

Gunter Frank | Fr., 21. Dezember 2018 - 15:09

Sehr geehrte Frau Hildebrandt,
ich habe gerade das verlinkte Interview gelesen. Außer dem für viele Politiker geltenden, extrovertiertem Wesen, kann ich nicht erkennen, was ihre These stützt. Vielmehr teile ich die, etwas vulgär formulierten, Inhalte Palmers und sehe Ihren Artikel eher als Teil des Problems, welches Palmer anspricht.

Gisela Fimiani | Fr., 21. Dezember 2018 - 15:14

Ist das so, Frau Hildebrand? Womöglich gehen mir aber lediglich Ihre tiefsinnigen Einblicke ab.
Die „Hermeneutik“ hat so ihre Tücken.......

Barbara Piele | Fr., 21. Dezember 2018 - 15:24

Er ist für mich nicht der typische Grün-Gutmensch.
"Alles super." Asylanten rein! Autos abschaffen. Grundeinkommen für alle. Ohne Restriktionen. Er sieht schon kritisch, was hier im Land passiert. Und noch passieren wird.
Allerdings habe ich das Gefühl, er sonnt sich derzeit in einem Hype. Das bekommt ihm nicht.

Roland Völkel | Fr., 21. Dezember 2018 - 15:26

Frau Hildebrandt,
da haben sie sich aber auf Boris Palmer eingeschossen!
Es ist ja ihr gutes Recht als "Journalistin" Berichte zu verfassen - aber dann bitte objektiv & sachlich !
Bsp...Nachts Sheriff spielt (schläft wohl nie?); Hauptstadtpresse(Alleinstellunganspruch); Provinzpolitiker (ach, nur Kreisklasse?); Witzfigur; Wirklichkeitsverlust(ich wußte gar nicht, dass sie auch Phychologin sind?)
Solche "Meinungen" gehören doch eher auf Twitter, Facebook u.ä !
Solche Artikel sind es doch, die die Gesellschaft spalten und einen "normalen" Dialog unmöglich machen.
Im einem nächsten Artikel werden sie dies wahrscheinlich wieder beklagen.
Sie sollten sich aber mal selber hinterfragen, ob solch ein einseitig diffamierender Artikel zielführend ist?
Ich selber finde es sehr mutig & aufrichtig, von Herrn BP, dass er eine EIGENE MEINUNG (bei den Grünen) vertritt und nicht den BÜCKLING macht.
Sie dagegen: Fishing for Compliments
Trotzdem mit MfG nach Berlin

dieter schimanek | Fr., 21. Dezember 2018 - 16:30

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Ich fand schon den Vater von Boris Palmer gut, den "Rebell vom Remstal." Im Urlaub war ich am Bodensee und habe dort einige Bürger aus Tübingen getroffen und mich mit ihnen unterhalten. Die fanden ihren OB sehr gut. Selbstdarsteller gibt es in dieser Partei jede Menge, laufen bei jeder linken Demo vorne weg, egal ob es für etwas geht oder dagegen, Hauptsache demo und Randale.

René Kurz | Fr., 21. Dezember 2018 - 17:11

Sehr geehrte Leser, sehr geehrte Journalistin,
wir dürfen uns freuen, dass es Berufspolitiker gibt, die ihre Arbeit als Dienst an der Allgemeinheit verstehen. Sehen wir von der Parteipolitik ab: Was bleibt als Aufgabe? Ganz weit runtergebrochen: Die Erhaltung unserer Existenzgrundlagen. Und wer sich dafür einsetzt, der darf auch provozieren und polarisieren. Ich sehe nicht, dass BP einem Selbstdarstellungsdrang folgt, sondern einem Drang nach Ordnung, Sicherheit, Wohlstand, Respekt, Freiraum und Zukunftsperspektive für die jetzige und für folgende Generationen. Der Einzelne mag bewerten, was dies für ihn bedeutet und ob wir mit dem heutigen Zustand in unseren Gemeinden, unserer Republik, Europa und der Welt zufrieden sein dürfen.
BP spricht Probleme an, und versucht, Realpolitik in seinem Einzugsbereich zu betreiben. Ist dies zu kritisieren? Nö! Beste Grüße aus dem Norden.

Klaus Decker | Fr., 21. Dezember 2018 - 17:42

Liebe Frau Hildebrandt, niemand in Tübingen ist so
verhasst wie Boris Palmer - und das bestimmt nicht,
weil er Realsatire betreibt. Ich will Ihnen sagen, warum: Er nennt die Dinge beim Namen, vielleicht
manchmal etwas ungeschickt, aber den Kern des Problems betreffend. Für Schönredner und Realitätsverweigerer natürlich unerträglich. Und
da muss ich Ihnen sagen, fallen mir Realsatiriker
zu Hauf ein. Wer Boris Palmer als Redner erlebt hat, weiß, dass Ihre Loriot-Analogie nur aus einer
tiefen Abneigung gegen einen Politiker entsprungen sein kann, der selbst mir als Konservativen Hochachtung abverlangt. Wenn
Sie wissen wollen, was Hass und Hetze an Verletzungen mit sich bringen können, empfehle ich die Leserbriefspalten regionaler Zeitungen.

Ines Schulteh | Fr., 21. Dezember 2018 - 19:53

sagt Boris Palmer. Tübingen ist das im Westen, wass die Ostdeutschen für ihre Städte auch nicht wollen. Wo ist das Problem?

Ernst-Günther Konrad | Fr., 21. Dezember 2018 - 20:18

und da ist es wieder. Das typische Mainstreamverhalten in der Medienwelt. Wenn inhaltich nichts ernsthaft zu kritisieren geht, wird die Person selbst angegriffen. Ihre Intension ist klar. Sie wollen ihre Leser gegen Palmer aufbringen, vielleicht sogar einen "eigenen" Gesinnungsgenossen in die Spur bringen. So wie bei Sarrazin, Buschkowsky und weiteren Querdenkern, soll der Leser im Denken von Ihnen betreut werden.
Ich gestehe ihnen immer ihre eigene Meinung zu, die kann man teilen, muss man aber nicht. Was unser politisches Klima aber vergiftet hat sind Journalisten, die jede Neutralität in der Berichterstattung vermissen lassen und in Form betreuten Denkens versuchen Stimmung gegen andere zu machen durch persönlichen Angriff.
Herr Palmer hat eine Haltung und die vertritt er öffentlich. Der Mann lebt mit den Tübingern in ihrer Stadt und kennt das reale Leben.
Die Tübinger werden bei ihren nächsten Wahl seine Leistung und seine Darstellung bewerten. Das ist nicht ihre Aufgabe.

Gerda Hesse | Fr., 21. Dezember 2018 - 20:38

Unter einem " Wirklichkeitsverlust" leiden in diesem Lande ganz andere Damen und Herren.

Joachim Wittenbecher | Fr., 21. Dezember 2018 - 22:28

Vielfach wird bedauert, es gäbe keine Politiker mehr mit Ecken und Kanten, etwa im Stile eines Herbert Wehner oder FJS. Boris Palmer ist so ein Politiker. Jetzt ist es auch nicht recht. Zugegeben, seine ständigen Auseinandersetzungen in den sozialen Medien haben zu einer Überreiztheit auf beiden Seiten, bei Palmer und seinen Widersachern geführt. Vielleicht sollte Boris Palmer einfach einen gewissen Abstand zu den sozialen Medien halten. Aber jetzt zur Hauptsache: Palmer leistet für Tübingen eine respektable Arbeit. Die historische Innenstadt ist lebendig, es gibt verhältnismäßig wenig Leerstände. Ich kenne persönlich einen mittelständischen Unternehmer in Tübingen, der mir bestätigt hat, dass er bei Problemen mit der Stadt innerhalb von 48 Std. einen Termin bei Palmer bekommt. Mich hat das beeindruckt.

Gundela Casciato | Sa., 22. Dezember 2018 - 06:53

Ich wundere mich schon seit Jahren, dass BP Dinge ausspricht, welche unsere links-grün-verdrehten Mitbürger und Politclowns sich nicht einmal zu denken wagen.

Aber es ist wie immer, und auch ihn wird früher oder später das immer gleiche Schicksal ereilen...

"Kill the messenger"

Dieses Land hat fertig.

gabriele bondzio | Sa., 22. Dezember 2018 - 11:17

Wenn man so die Politszene im Auge hat, ist es schwer keinen Selbstdarsteller unter ihnen auszumachen. Aber nicht umsonst wird Palmer auch als grüner Sarrazin bezeichnet.
Unzweifelhaft und auffallend ist, dass Menschen an den rechten Rand gedrängt werden bzw. mit eher abfällig-kritischen Prädikaten belegt werden, weil sie anders denken, kritische Fragen stellen, eine Kurskorrektur fordern. Mich würde es daher nicht wundern, dass die Grünen der SPD folgen und ein Ausschlussverfahren gegen ihn anzetteln. Solches ist für mich, die ich Partei aus ihrer ganzen Problematik eher als überholt ansehe, ein weiterer Baustein auf diesen Weg. Die meisten Funktionäre verschanzen sich hinter ihren Gewissheiten, Halbwahrheiten u.a. – mögen die auch längst überholt sein und ihnen Mitglieder, sowie Wähler scharenweise davon laufen. Bei Palmer sehe ich noch eine durchaus differenzierte, eigne Meinung.

Ronald Lehmann | Sa., 22. Dezember 2018 - 16:15

Als politischer Gegner der Grünen, da ich aus der kirchlichen DDR stammend diese bestens kennen gelernt habe, ist ja der Herr Palmer einer der wenigen bei den Grünen, der noch ansatzweise Gedankengänge mitteilen kann. Wenn ich an die Frauenriege denke, bekomme ich Gänsehaut & kann die Wähler nicht verstehen, die statt SPD dann die Grünen wählen.
Ich muss immer an den Satz von Regina Hildebrandt denken. Da Sie zuerst kurz bei den Grünen war und danach zur SPD wechselte, war ihre persönliche Aussage: "Die Grünen wissen, wo gegen Sie sind. Aber nicht wofür!"
Auf den Punkt gebracht!
Auch wenn ich bestätige, dass wir Menschen nicht weiter so auf auf immer stetiges Wachstum setzen können. Aber diese Politik von Herrn Palmer geht zu Lasten der Wirtschaft & der einfachen Leut.
Der schlimmste Schildbürgerstreich war für mich als Dresdner die von grünen einmalig gefundene Fledermaus "Hufeisennase" beim Bau der Feldschlösschenbrücke.
Kommen Sie nach Dresden und bewundern Sie diese. MLG

Theo van Gogh | Sa., 22. Dezember 2018 - 19:40

Dass Palmer sich den Studenten vorknöpfte, der Missfallen über seine Person äußerte, war mir eine Nummer zu krass. Man muss, wenn man sich auf die Schiene des politisch inkorrekten Enfant Terrible begibt, jederzeit achtgeben, dass man nicht in einem schwachen Moment über die Stränge schlägt. Das verlangt sehr viel mehr Aufmerksamkeit, als wenn man mit dem Strom mitschwimmt und sich grundsätzlich nicht aus der Deckung wagt. Sofort haben dann alle „Recht“, welche Palmer aufgrund seiner politischen Einstellung etwas am Zeug flicken wollen.

Klaus Gerster | Sa., 22. Dezember 2018 - 21:41

Boris Palmer versucht sich immerhin nicht in Beliebigkeit, wie so viele seiner Kollegen. Allein dafür gebührt ihm mein Respekt.