Illustration Kreisel mit den Farben der Parteien der von mehreren Händen gleichzeitig gedreht wird
Das alte Volksparteien-System, in dem SPD und CDU über die großen Verteilungsfragen debattierten, ist Vergangenheit / Kati Szilágyi

Parteienchaos - Die Getriebenen

Die deutsche Parteienlandschaft erlebt einen beispiellosen Umbruch. Sie wird sich erst wieder stabilisieren, wenn der Staat die neuen Anerkennungskonflikte in der Gesellschaft einhegen kann und in der Migrationspolitik Handlungsfähigkeit zurückgewinnt

Autoreninfo

Dieter Rulff ist freier Autor in Berlin.

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Bereits im Frühjahr beschlich Robert Habeck eine böse Vorahnung. Die dritte schwarz-rote Regierung unter Angela Merkel hatte ihre Arbeit aufgenommen und sah ihrer ersten Krise entgegen, da dachte der Grünen-Vorsitzende das bis dahin Undenkbare: „Es kann sein, dass es beim nächsten Mal sogar für eine Große Koalition nicht mehr reicht. Und dann haben wir keine Regierung, oder wie?“

Aus dem Erschrecken ist mittlerweile Gewissheit geworden. Die Große Koalition ist nicht mehr groß genug, um noch als Rückfalllinie für künftige Regierungsbildungen dienen zu können. Die SPD sah in ihr zunehmend den Quell allen Übels, das zu ihrem Siechtum geführt hat. Immer lauter erschallte in der Partei deshalb der Ruf nach einem „Neuanfang“, nach einem „Aufbruch“. Zuletzt griff dieser Ruf auch auf CSU und CDU über. Beide sind ihrer eigenen Kanzlerin merklich überdrüssig geworden.

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Ernst-Günther Konrad | Fr., 21. Dezember 2018 - 13:28

Immer wieder zulesen, faktisch falsch ist die Aussage, die AFD gäbe es wegen der Migration. Sie wurde bereits 2013 gegründet wegen der Eurokrise. Die eigentliche Migrationskrise fand 2015 statt.
Würde die AFD nicht ausggerenzt, sondern inhaltlich gestellt und dort wo Zusammenarbeit möglich ist auch in die Verwantwortung genommen werden, würde sich die Politik nicht ständig der Realität verschließen und Wahrheiten unterdrücken, würde nicht nur geredet, sondert auch etwas gesagt und danach gehandelt werden, kurzum, würden die Probleme gelöst werden, gäbe es auch Ruhe im Land.
Wer sich die Vitas einzelner AFDler anschaut, muss neidlos anerkennen, dass dort Leute ohne parteipolitische Vorbindungen bis hin zu CDUlern vertreten sind und die meistens vorher auf eine berufliche Ausbildung zurück blicken können und mit Fachwissen aufwarten können.
Das können viele Verantwortliche der etablierten Parteien nicht von sich sagen. Sie reden häufig über Dinge, die sie selbst nicht verstehen.

Dr. Florian Bode | Fr., 21. Dezember 2018 - 14:30

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Um sich mit der AfD in rationaler Weise auseinandersetzen zu können, müssten Ungereimtheiten der Narration vom "Neuen Deutschland" zugegeben werden. Entfernen die Parteien aber einzelne Steine aus der Mauer der Problemnegation, bricht das ganze Lügengebäude zusammen. Und das betrifft wahrlich nicht nur die Migration.

Rob Schuberth | Fr., 21. Dezember 2018 - 19:54

Antwort auf von Dr. Florian Bode

Werter Herr Dr. Bode, da schließe ich mich gern Ihren Worten an und erspare mir so meine Antwort auf den darüber stehenden Beitrag. Besser u. deutlicher kann man es nicht sagen.

Barbara Piele | Fr., 21. Dezember 2018 - 14:54

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Wollte gerade loslegen mit einem Kommentar... und dann kommen Sie mir
"dazwischen". :-) Gut geschrieben, keine Polemik. Das gefällt mir generell an
den Cicero-Leserbeiträgen. Meistens.
Ihnen ein schönes Weihnachtsfest (Auch wenn die Dame Mauz-Widmann eine Karte verschickt hat "Egal, woran Sie glauben...")

Christa Wallau | Fr., 21. Dezember 2018 - 16:36

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

... ist die folgende:
Da die Altparteien hoch und heilig und voller Abscheu jeglicher Zusammenarbeit mit der unliebsamen Konkurrenz abgeschworen haben (Man kann ja schlecht mit dem "leibhaftigen Teufel", als der die AfD von Anfang an gesehen wurde, paktieren!),
werden sie unter keinen Umständen effiziente Lösungsvorschläge von der AfD aufgreifen, sondern allenfalls Kleinstkorrekturen an ihrer verkorksten Politik vornehmen.

Kurz: Das Richtige und Notwendige wird nicht getan ,weil die "falschen" Leute es
fordern!

Als AfD-Mitglied bedauere ich es sehr, daß auf diese Weise meine Partei im Grunde
das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich für Deutschland erreichen
möchte.

Sehr geehrte Frau Wallau, Sie stärken das Narrativ, dass die AfD schädlich für Deutschland ist,weil sie die richtige Politik verhindere. Dieses Narrativ ist nachweislich falsch. Erstens ist doch die Strategie der Altparteien unter anderem, durch kleine passagere Korrekturen und Verbalerotik bzgl. Migration die AfD-Wähler zurückzugewinnen. Dies gelänge aber nur, wenn diese Politikkorrekturen auch die Ebene der Lippenbekenntnisse verlassen und in Handlung umgesetzt würde. Wird es aber nicht, weil der aufrechte Wille fehlt und die wahren Absichten ganz andere sind.
Eine substantielle Änderung wird es erst dann geben, wenn die AfD in den Ländern und im Bundestag so stark geworden ist, dass niemand mehr an ihr vorbeikommt. Das dürfte so ab 38% der Fall sein. Warten wir mal ab, die Zeit arbeitet für die AfD, die Altparteien mit ihren skandalösen Aktionen (Migration, Energiewende, Autofahrverbote, Industrievernichtung etc) ebenfalls. 6 Mio Arbeitslose haben schon einmal D gerockt - 1933!

Gerdi Franke | Fr., 21. Dezember 2018 - 13:40

Das wird mit den etablierten Parteien und deren vorhandenem Personal nicht möglich sein. Merkel hat das Parlament dem Denken entwöhnt. Es wären grundlegende Änderungen notwendig. In Deutschland wie in der EU. Aber es kommt einfach nichts!

weil das deutsche Wählervolk entpolitisiert wurde, wohl auch intentional. Den Gegenpol haben Sie in Frankreich; da geht es sogar bis ins Extreme: Die Gelbwesten wurden von einem grossen Polizeiaufgebot daran gehindert, in den Elyséepalast einzudringen, um den Präsidenten hinauszujagen. Hierzulande undenkbar, aus verschiedenen Gründen. Dazu kommt noch, dass der Deutsche seine Revolutionen am Stammtisch oder in Filzlatschen vor dem Fernseher macht.

Niemand hindert sie, das Richtige zu tun. Die Macht dazu hat die Regierung! Sie muss ihre Handlungsfähigkeit nicht "zurückgewinnen", denn niemand hat sie ihr weggenommen!

Jedoch gebricht es am Willen, das Richtige für Deutschland und seine Bürger zu tun!

Wie sagte meine Großmutter immer? "Der Kannich ist schon lange tot, nur der Willnich lebt noch!" Recht hatte sie!

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 21. Dezember 2018 - 14:27

und -sentences.
Da Herr Rulff die Strategie der Kanzlerin Lieblingsstrategen für gut befindet, reiht er sich gar ein?
Für mich die beiden größten Überraschungen der letzten Jahre, dass die Grünen ganz stark auf Merkel gepolt scheinen, nicht unbedingt auf die CDU und umgekehrt Merkel auf die Grünen und m.E. weniger auf ihre eigene Partei.
Eine innen- wie aussenpolitische "Allianz" Joschka Fischer und Angela Merkel?
Denn man muss keine gedanklichen Kunststückchen aufführen, um der CDU ihre Prozente zu sichern.
Die hat sie in Deutschland immer.
Den Grünen ginge es um die Macht?
Ich hoffe, dass es der SPD nach wie vor um Inhalte geht und den Erhalt unserer parlamentarischen Demokratie, die hoffentlich mehr ist als strategische "Spielchen".
Kurz: "gewogen und zu leicht befunden".
Mit freundlichen Grüßen von einem SPD-Mitglied

Ich möchte Ihnen, Frau D. Sehrt-Irrek nicht zu nahe treten, leben Sie aber wie die meisten Deutschen nicht in einer Wunsch bzw. Traum-Welt? Von rund ein drittel höre ich, dass es uns gut geht. Wenn ich dann lese, das 10 % der Sachsen notorisch Pleite sind, merkt man, dass alle Wahrnehmungen eben subjektiv sind.
Für mich persönlich ist mit der Ära Helmut Schmidt die glorreiche Ära der SPD zu Ende gegangen und mit jeden neuen Kandidaten wurde es schlechter. Dies auch im Vergleich zu allen Bundeskanzlers/ -rin.
Deswegen habe ich schon lange als Konservativer auch keine Hoffnung mehr (& will es auch nicht, da sonst die gleiche Soße...) das die CDU/ CSU auf die Fragen der neuen Zeit die richtigen Antworten haben.

Für mich als parteiloser kommt nur die AFD in Augenschein, obwohl bei diesem Parteiensystem mir niemand garantieren kann, dass bei Machterhalt die Partei wie durch Frau Merkel gekarpert wird & auf einen anderen Kurs genötigt wird, ohne das ich als Wähler einen Einfluss habe.

Hans Herzberger | Fr., 21. Dezember 2018 - 15:41

Von den ehemals "Großen Volksparteien" wird nicht mehr viel kommen, sie haben ganz einfach im Volk das Vertrauen verloren. Die gesetzten Themen berühren das Volk nicht und die Themen im Volk will oder kann man nicht beachten. Also ignoriert man Volkeswille und das überlebt auf Dauer keine Partei und sei sie noch so groß. Auch das Parlament, hat man zum Einheitsbrei und zur Nickesel-Hütte degradiert ebenso die Wahl, Ernennung und Amt des Bundespräsidenten. Dessen Amt ist mittlerweile so beschädigt, dass seine Wahrnehmung bei dem Volk gleich Null ist. Herr Steinmeier wird nur noch als Statist im Lande wahrgenommen aber nicht als Oberhaupt des Landes. Die politische Landschaft zerlegt sich selbst und wird in wenigen Jahren eine ganz andere sein, bei der die jetzigen Comedy-Akteure keine Rolle mehr spielen werden. Neuanfänge sind bei allen nicht ersichtlich, man versucht es nur in Reanimation. Mit einfachen Worten gesagt : "Sie haben es vergeigt"!

Markus Michaelis | Fr., 21. Dezember 2018 - 16:41

Die Grünen sind wohl der neue Gegenpol zur AFD - daher auch ein Teil ihrer Stärke. Umso mehr stellt sich die Frage was oder wer grün ist. Der Autor stellt multikulturell und weltoffen heraus. Ich weiß nicht, ob es das trifft. Ich nehme es eher so war, dass Grüne sehr deutsch leben und denken. Das Multikulturelle und Weltoffene ist eher eine Hinwendung zu universellen Werten und Idealen, die nicht an einer Nation hängen - jeder ist willkommen mitzumachen. Diese Universalität ist in sich aber recht deutsch und ist weniger eine Offenheit gegenüber der realen Welt und den realen Menschen jenseits der Grenzen. Ganz im Gegenteil tickt der Großteil der Welt nach anderen Regeln und Grüne versuchen eher diese Regeln und die Welt hin zu den "universellen" Werten zu ändern. Das muss nicht schlecht sein, aber ich würde das nicht als "weltoffen und multikulturell" bezeichnen.

Karl Müller | Fr., 21. Dezember 2018 - 20:52

Antwort auf von Markus Michaelis

Wie denn auch, im Kern ist das auch eher eine weit rechts zu verortende ökoreaktionäre Partei, mit einem Schuss Klerikalfaschismus und weithin verwurzelter Naturwissenschaftsfeindlichkeit.
Eine Konkurrenz zur AfD wohl sicher, aber anders als formuliert ganz sicher kein Gegengenpol. Ist mir eh ein Rätsel, warum sich vermeintlich aufgeklärte Linke für deren vorwissenschaftliches Natur- und Menschenbild erwärmen.

Rob Schuberth | Fr., 21. Dezember 2018 - 20:06

M. E. wird es so, wie jetz, nicht auf Dauer weitergehen könne. Diese fundamentale u. radikale Ablehnung u. Ausgrenzung der AfD (mit ihren 6 Mio. Wählern) wird immer größere Verwerfungen der politischen Landschaften erzeugen. Kurzfristig wird es vllt noch 1 x mit Hilfe der Grünen zu einer Koalition ohne die AfD kommen, aber danach - und dadurch - wird dann Schluss sein. So eine Not-Koalition wird der Alternative dann die Mehrheit bringen. Sehen das die sogn. Alt-Parteien denn nicht?

Joachim Müller | Sa., 22. Dezember 2018 - 00:27

Die Grünen sind die Partei für Menschen, die schon alles haben, bis auf ein reines Gewissen.