Kardinal Reinhard Marx (l), Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stehen am 11.03.2017 beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Hildesheim in einem Nebenraum der St. Michaeliskirche in Hildesheim (Niedersachsen)
Heilige Raute? Deutsche Medien stilisieren Merkels Rücktritt unreflektiert zu einer großen Geste / picture alliance

Hype um Merkels Rücktritt - Die deutsche Heilige

Ihre publizistischen Bodyguards feiern Angela Merkels Rückzug vom CDU-Vorsitz als politische Großtat mit Stil. Dabei ist ihre bleierne Regierungszeit noch nicht mal zu Ende

Autoreninfo

Frank A. Meyer ist Journalist und Kolumnist des Magazins Cicero. Er arbeitet seit vielen Jahren für den Ringier-Verlag und lebt in Berlin.

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Vielleicht muss man Jürgen Kaube zitieren, den brillant-trockenen Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, um zu verstehen, wie weit sich Angela Merkel den deutschen Journalismus gefügig gemacht hat. Auch ihn, den sonst so schwulstfreien Feuilletonchef, drängte es zu einer Laudatio: „Stil“ habe sie bewiesen, die Bundeskanzlerin, mit „ihrer Art des politischen Rückzugs“ – dadurch „der Würde von Amt und Person hoch angemessen“ gehandelt.

Stil? Volker Zastrow, kreuz- und querdenkender Politikchef der im selben Verlagshaus erscheinenden Sonntagszeitung, dichtete Angela Merkel unter Verweis auf das US-Leinwandepos „Wild – der große Trip“ einen überschweren Rucksack an, den sie mit ihrem Rücktritt als CDU-Vorsitzende ablege – um leichtfüßig über all die roten Teppiche der kommenden Kanzlerjahre zu tänzeln. So muss wohl, wer ihr im Parteiamt nachfolgen will, jenen kolossalen Rucksack schultern. Er ist voller Steine. Vor allem die Grenzsteine von 2015, welche die migrationsselige Regierungschefin aus dem Weg räumen ließ, als eine Million Migranten ohne jegliche Kontrolle in ihr Sehnsuchtsland strömten, die Bundesrepublik.

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Dieter Hegger | Fr., 7. Dezember 2018 - 10:19

Der Jubel um Merkel wird in ihren letzten Tagen kein Ende nehmen. In der vereinigten deutschen Presse, den Ö/R und den Profiteuren ihrer Politik. Auf die nackten Zahlen geschaut, steht sie aktuell, abzüglich CSU, bei ca. 20%. Das Land ist im gleichen Verhältnis gespalten. Wenn man Schulden, Verpflichtungen, Zustand der Infra-Struktur kaufmännisch sieht, wäre ein Insolvenzverfahren angesagt.

Die Heilige wird uns noch Jahre begleiten, selbst wenn sie nicht mehr im Amt ist. Das haben Heilige nämlich anderen voraus: sie werden nicht vergessen. Im aktuellen Fall ist das Vermächtnis ist so fürchterlich, dass es über Generationen nachwirken wird - quasi unauslöschlich. Die Beurteilung, ob Heilige oder Hexe, erfolgt meistens Jahrzehnte oder erst Jahrhunderte später.

Christoph Kuhlmann | Fr., 7. Dezember 2018 - 10:36

Offenbar kann man noch so viele Fehlentscheidungen treffen, Hauptsache es gibt keinen Streit. Diese in der Wirtschaft und wohl auch in Wissenschaft und Erziehung eingeübte Verhaltensweise führt regelmäßig zu Verlusten, die aufgrund der allgemeinen Kritikunfähigkeit die Träger dieser Fehlentscheidungen regelmäßig zuletzt treffen. Ein typisches Kennzeichen autoritärer Hirarchien. In denen auch viel antiautoritär orientierte Kommunikation blüht. Es geht halt um die Verfügungsgewalt über Ressourcen und Karrierechancen. Die einzig interessante Frage in diesem Zusammenhang ist die nach der Ideologie. Kann man das Konzept des konfliktfreien BlaBlas, das von Politologen ja zur asymmetrischen Demobilisierung aufgewertet wird, als Ideologie bezeichnen oder ist es nur ein dumpfer Reflex eines unreflektierten Herdentriebs? Politik für uninformierte Angsthasen, ohne Weitblick und Konzept. Die bisherigen Ideologien, die mir einfallen stellten ja an sich den Anspruch einer langfristigen Perspektive.

Romuald Veselic | Fr., 7. Dezember 2018 - 11:46

auf das Gute und Böse geteilt, sowie dunkles und helles Deutschland. Es ging so weit, dass man das Schablonendenken perfektionierte, die zu dieser Oxymoron-Anekdote führte: Wenn die Guten das Falsche tun, ist das nicht falsch.

Tomas Poth | Fr., 7. Dezember 2018 - 11:55

wie die Leitmedien sich zu einer Hofberichterstattung über die Jahre haben einfangen lassen. Ausbaden werden das die Nachfolger müssen.
Diese Huldigung/Verklärung wird kein zweites mal gewährt werden.
Hatte Merkel wirklich bittere Erfahrungen in der DDR mit Unfreiheit machen müssen. Sie war doch ein Teil des DDR-Systems mit den Funktionen die sie inne hatte.
Mit Abkühlung der Konjunktur werden all die merkelschen Fehler, Euro, Energiewende, Migration den Nachfolgern mit macht schmerzlich auf die Füsse fallen.

herbert binder | Fr., 7. Dezember 2018 - 11:59

Frau Merkel muß zu 100 Themen sagen, was sie denkt, und sie sagt es immer so, daß man mit-
erlebt, wie die Gedanken in ihr entstehen und dann gesagt werden [Kleist: Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden]. Die meisten Politiker spulen ab, was sie drauf haben. Bei Frau Merkel werden wir Zeuge, wie Geist und Natur zusammenfinden, und eben deshalb ist sie schön. Ich bin verführt von der Wucht ihrer Schönheit.
Also: Martin Walser und Angela Merkel eint, daß
sie beide in der Nachspielzeit sind (im Sport heißt
das dann 90+). Bei M.W. bin ich sicher; Merkel aber wird weiterleben, mit oder ohne AM.

Gisela Fimiani | Fr., 7. Dezember 2018 - 12:18

Ein trefflicher Beitrag, vor allem in Bezug auf Frau Merkel. Woran aber liegt es, dass sie Medien und große Teile anderer Organe und Organisationen derart einlullen konnte? „Hat man dieDemokratie dann intus.......“ , ist, wie ich glaube, der “Schlüsselabsatz“. Haben wir die Demokratie wirklich „intus“? Dissonanzen werden in diesem konsenssüchtigen Land nach Kräften vermieden, gar verdammt. Alternativen, auch zu sich selbst, setzen Selbstkritik voraus. Die Selbstkritik vermag die eigene intellektuelle Eitelkeit, Besserwisserei, Feigheit, Arroganz zu erkennen, ja sie kann für die unentbehrliche Demut im Denken sorgen. Diese Art der Demokratie, die sich durch den Streit um die besseren Argumente auszeichnet, ist (von Ausnahmen abgesehen) nicht präsent. Die, einst vom „Feind“ verordnete Demokratie, wird in eine gelenkte, paternalistische Regierungsform überführt, die dem Regierunsvergötternden, sowie dem opportunistischen Profiteur frönt. Will man hier zu Lande die anstrengende Deokratie ?

werner offergeld | Fr., 7. Dezember 2018 - 15:53

Um Himmels Willen. Jetzt auch noch eine Heilige in der (C)apitalistischen (D)eutschen (U)nion. Schlimmer geht`s nimmer. Nur keine schlafenden Hunde im Vatikan wecken. Aber durch eine großartige Spende von Mohn, Bauer, Porsche, Springer, BMW und Konsorten wird sich der Vatikan vielleicht doch noch erweichen lassen.

Kistner, Gerd | Fr., 7. Dezember 2018 - 20:21

„….um zu verstehen, wie weit sich Angela Merkel den deutschen Journalismus gefügig gemacht hat.“ Wollen Sie uns veralbern, Herr Meyer. Wer Koch und wer Kellner ist in diesem Deutschland, diese Frage ist doch wohl geklärt. Staatstragende Medien und eine selbsternannte geistliche (ideologische) Elite haben die Hosen an. Eine nackte Kaiserin, deren Emotionen der Intellekt nicht gewachsen ist (ja, so etwas gibt es auch bei hochintelligenten Menschen) springt eben doch, wenn das „eine Welt Stöckchen“ gehalten wird (s. Energiewende nach Fukushima, nicht zu bewältigender Migrationsdruck seit 2015). Die Angst vor schlechter Presse und schlechten Bildern kann einem arg im Nacken sitzen. Der Internationalsozialismus hat viele Gesichter, da haben wir alle noch bittere Erfahrungen zu machen.

Mathias Nägele | Fr., 7. Dezember 2018 - 22:22

Man rege sich nicht über die Suggestivmedien auf! Sie sind es nicht wert. Man muss schweizer oder österreichische Medien lesen oder ansehen um einigermaßen objektiv informiert zu werden. Es sollte jetzt eher der Focus darauf gelegt werden, wie weitere zwei Jahre Merkel verhindert werden können. AKK wird das nicht bringen. Sie ist eine Parteivorsitzende von Merkels Gnaden (wenn auch das kleinere Übel gegenüber dem Büttel der Finanzindustrie Merz). Dreizehn Jahre Alternativlosigkeit sind genug. Hoffentlich macht Seehofer jetzt weiter, Merkel aus dem Amt zu bringen. Meine Hochachtung für die Prügel, die er von den Suggestivmedien dafür einstecken muss, hat er.

Margrit Morf | So., 9. Dezember 2018 - 03:20

Ja ganz genau, es gibt halt kein "gutmütigeres Volk als das Deutsche...." .Napoleon lässt grüssen.

Pfeiffer Gerd | Mo., 10. Dezember 2018 - 11:26

........wird es wahrscheinlich Heiligen-Bildchen geben, mit Sammelalbum von der Rama. Das größte Irrenhaus der Welt gilt als eröffnet , Deutschland wurde überdacht.

Willy Ehrlich | Mo., 10. Dezember 2018 - 12:16

Man schaue sich die Medienberichterstattung über die Wahl von AKK zur Parteivorsitzenden an.

Da wird auf allen Kanälen kommentiert und definiert, wie wichtig diese Wahl für:
Innenpolitik, Außenpolitik, Europapolitik etc. etc. ist.

Was für ein Schmarren!

Frau AKK hat absolut GAR NICHTS in der deutschen Politik zu sagen.

Aber sagen Sie da bloß nicht weiter, sonst merkt das noch jemand.