Illustration zur Krise der Demokratie
Die älteste moderne Demokratie, die Vereinigten Staaten von Amerika, ist eine kranke Dame / Jan Robert Dünnweller

Vertrauensverlust der Volksparteien - Zur Krise der Demokratie

Rechtsstaat, freie Presse, Achtung von Menschenrechten – alles, was die westlichen Demokratien ausmacht, steht mittlerweile zur Disposition. Auch in Deutschland haben die Volksparteien der Mitte das Vertrauen der Wähler in die Demokratie seit vielen Jahren verspielt. Gibt es eine Lösung?

Autoreninfo

Julian Nida-Rümelin ist Professor für Philosophie in München. Er war Kulturreferent der Landeshauptstadt München und 
Kulturstaatsminister 
im ersten Kabinett Schröder.
Zuletzt erschien von ihm: „Die gefährdete Rationalität der Demokratie. Ein philosophischer Traktat“ in der Edition Körber. Foto: picture alliance

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Die Symptome sind offenkundig. Die älteste moderne Demokratie, die Vereinigten Staaten von Amerika, erlebt schon seit geraumer Zeit einen dramatischen Verfall der politischen Kultur. Inzwischen kann man von einem fortgesetzten geistigen Bürgerkrieg sprechen. Der vormalige Präsident Barack Obama hatte zu Beginn seiner Amtszeit versucht, die Gräben zwischen den Lagern zu überbrücken, dem rationalen Diskurs eine Chance zu geben. Da er nicht nur über Intelligenz, sondern auch über Charisma verfügte, zudem die ethnische Zerrissenheit des Landes in seiner eigenen Biografie überspielen konnte, bestanden dafür günstige Bedingungen. Obama scheiterte. Für die einen wurde er Messias, für die anderen Hassfigur. Sein oft zögerliches Lavieren machte es selbst seinen Anhängern schwer. Nach acht Jahren Präsidentschaft war das Land gespaltener als zuvor.

Der darauffolgende Präsidentschaftswahlkampf unterbot 2016 alles zuvor Dagewesene an Niedertracht, Ressentiment, wechselseitiger Herabwürdigung und Substanzlosigkeit. Das Ergebnis war die Wahl Donald Trumps, eines Präsidenten, der die zentralen Werte der Demokratie verächtlich macht und sich mit Leuten umgibt, die das demokratische Institutionengefüge erklärtermaßen zerstören wollen. Die jüngsten Wahlen zum Repräsentantenhaus und zum Senat haben die Spaltung der Nation festgeschrieben.

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Norbert Schmidt | Mo., 3. Dezember 2018 - 18:21

Prof.Nida-Rümelin": Auch in Deutschland haben die Volksparteien der Mitte das Vertrauen der Wähler in die Demokratie seit vielen Jahren verspielt." Ohne offene Debatten und möglichst unauffällig Entscheidungen fällen, den Bürger vor vollendete Tatsachen stellen, auch gerne mal kurz nach einer Wahl, das ist es, was Vertrauen zerstört. Ich habe da ein ganz anderes Demokratieverständnis. Ich beobachte ein solches Verhalten unserer Volksvertreter schon seit vielen Jahren. Beispiel: Im Jahre 2004 wurde ganz still und heimlich beschlossen, die Sozialabgaben auf Betriebsrenten von 50% auf 100% zu erhöhen. Natürlich ohne jeglichen Vertrauensschutz! Nur ein Beispiel unter vielen. Zitat Spahn:" Es geht vor allem darum, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen." Ja, darum geht es tatsächlich. Wenn die Vertreter der Volks-parteien endlich mal zugeben würden, dass sie vielfach das Vertrauen der Wähler gebrochen haben, dann wäre dies zumindest ein Anfang, Vertrauen langsam wieder zurückzugewinnen.

Michaela Diederichs | Mo., 3. Dezember 2018 - 22:50

Antwort auf von Norbert Schmidt

Wer nicht offen kommuniziert, darf sich über Vertrauensentzug nicht wundern. Der Geist des Marschallplans für Europa soll nun in Afrika zünden. Dabei sind die Bedingungen grundverschieden. Was das zerstörte Deutschland mit Afrika zu tun hat? Nichts. In Nachkriegsdeutschland herrschte Aufbruchstimmung, der unbedingte Wille zum Wiederaufbau und es gab Menschen, die alle ein gewisses Bildungsniveau hatten, um daran mitzuwirken. Die USA gingen kein großes Risiko ein. Kredite und Subventionen zahlten die Deutschen mit barer Münze zurück. Afrika ist in großen Teilen im Mittelalter gefangen, hat eine völlig andere Mentalität als Europäer und Amerikaner und nur wenig Bildung. Wer will da investieren? Die Regierung verweigert Einblick in ihre Politik - SPD und CDU/CSU gleichermaßen. Wer soll solchen Menschen vertrauen? Nein, sie haben kein Vertauen verdient.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article184860246/Entwicklungshi…

Tomas Poth | Mo., 3. Dezember 2018 - 18:46

Ist es nicht eher eine Krise der beiden großen Parteien, besonders der SPD? Warum macht sich denn die SPD zum 3-fachen Kanzlerinnen-Wahlverein?
Bezüglich der Einlassungen zur globalen Herausforderung fehlt ihm der Mut zum Hinweis dass Armut und Hunger in den Regionen durch Überpopulation und wirtschaftlichem Fehlverhalten vorwiegend selbst geschaffen sind.
Die Verantwortung liegt immer zuerst dort und nicht hier.

Sehe ich auch so, das ist keine Krise der Demokratie. Eher sogar das Gegenteil, denn hier zeigt sich welche Kraft zur Erneuerung der hiesigen Demokratie in Deutschland doch noch vorhanden ist. Demokratie ist ein Kampf zwischen Wählern und Gewählten. Kampf deshalb, weil es keinem Menschen gefällt sich nach dem Willen anderer politisch positionieren zu müssen. Diktatoren lösen das Problem indem sie die Wähler physisch bedrohen, Politiker versuchen das über die Medien. Man sieht das auch daran, dass in vielen demokratischen Ländern Milliardäre Zeitungen besitzen, um Druck auf die Politik auszuüben oder gleich selbst in die Politik zu gehen. Der Kampf von unten geht dagegen anders: Man gründet eine neue Partei (keinen Wahlverein) oder geht demonstrieren. Natürlich wird das von oben "verteufelt", weil das das Selbstgefühl der Mächtigen beschädigt. In DE hat der Wähler die Politik gegen den Willen von Oben geändert, weil die Wähler noch nicht resigniert haben (wie anderswo).

Lässt China Weizen in Afrika anbauen? Umsonst?
Wenn sie sich nun aber nicht (be)helfen können?
Für mich nach wie vor ein Rätsel, dass asiatische Länder boomen, nicht alle, aber die anderen hängen auch nicht am Tropf oder irre ich und Afrika gleichbedeutend scheint mit "Welthungerhilfe".
Wenn es der Islam nicht ist, arabische Staaten dümpeln nicht unbedingt, dann ist es was?
Archaische Familienstrukturen?
Den "Kraal"chef anbeten kostet auch Zeit und Energie.
Helfen wird man trotzdem.
Offenlegung der Finanzen gegen Strukturhilfen?

Zu einem Artikel in der FAZ vom April 2015 https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/isabel-dos-santos-is…

gibt es einen sehr treffenden Leserbrief: "Seit 1980 verschwanden nach konservativen Schätzungen umgerechnet 1050 Milliarden Euro illegal aus Afrika - Erträge aus Korruption, Geldwäsche, Steuerbetrug oder Kriminalität der politischen und wirtschaftlichen Eliten. Besonders anfällig sind an Rohstoffen reiche Staaten wie Angola.Aber statt in Angola zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen bringt Frau dos Santos das Geld nach Portugal und in die Schweiz. Human Rights Watch berichtet von Dutzenden Milliarden Petro-Dollar, die an der Zentralbank vorbeigeschleust wurden. Angola(zweitgrößter Erdölproduzent und zweitgrößter Diamantenexporteur Afrikas) hat es bis heute nicht geschafft, für die fünf Millionen Einwohner seiner Hauptstadt Luanda einen öffentlichen Nahverkehr einzurichten. Volker Seitz, Botschafter a.D./Buchautor"

Ein Land wie Namibia, das doppelt so groß ist wie Deutschland (oder größer), aber nur knapp alle Menschen ernähren kann - die Einwohnerzahl kann man wirklich vernachlässigen im Gesamtzusammenhang, ein Kontinent, der riesig ist - dem glaubt Deutschland auf die Füße helfen zu können? Mir ist der Größenwahnsinn der BRD zu unbegreiflich. Deutschland kümmert sich um Dinge, die es nicht wirklich erfassen und begreifen kann, während unser Land verkümmert. Das begreift kein Mensch mehr. So geht Demokratie vor die Hunde. Mit dieser Regierung ist unser Land nicht mehr zu retten. Und schon gar nicht die Welt.

Joachim Wittenbecher | Mo., 3. Dezember 2018 - 18:58

…… ist eine der besten Analysen der letzten Zeit. Hinzufügen kann man noch: die SPD hat in weiten Teilen die für ihre möglichen Wähler relevanten sozialpolitischen Maßnahmen in einer umfangreichen Strichaufzählung aufgelistet; so auch im Wahlprogramm für die BTW 2017. Nur - es fehlte die Überschrift: die Gesellschaft wird nicht durch Strichaufzählungen zusammen gehalten, sondern auch (nicht nur - aber auch) durch eine gemeinsame Identität - heißt: Patriotismus (oder Leidenschaft?) für Deutschland und Europa. Dieses Kapitel lässt die SPD scheinbar bewusst rechts liegen - warum eigentlich? Man müsste sich nur an Willy Brandt oder Helmut Schmidt orientieren - oder an Herrn Nida-Rümelin. Eine wichtige Erkenntnis hat der Autor auch ausgesprochen: Das System Merkel funktioniert nur mit der SPD; nach meinem Eindruck heißt dies: Merkel kann sich nur im Amt halten, solange die SPD die Hauptarbeit macht. Es ist diese Erkenntnis, die SPD-Wähler in Massen von ihrer Partei flüchten lässt.

Hans Herzberger | Mo., 3. Dezember 2018 - 20:15

Demokratie hat keine äußeren Feinde, sie fault immer von innen heraus ! Volk und Wähler ist schon lange bewußt, dass er nach Wahlen zur Randfigur dekradiert wird. Leider erkennt die Politik und ihre Parteien die Gefahr nicht oder ignoriert diese ganz einfach. Der Wähler und Volk werden zur persona non grada und stören nur mit eigenen Vorstellung die heile Welt der "Wohlfühloase Pöstenchen hier und Pöstchen da". Das mag lange Jahre gut gehen, doch nun scheint ein Punkt erreicht, bei dem das ehemalige Vertrauen gänzlich aufgebraucht ist. Wähler und Volk gehorchen nicht mehr und entwickeln ihre eigenen Vorstellungen immer deutlicher und offensiver. Auch der Pakt Politik & Medien gerät ins Wanken man bemerkt Hinterzimmer-Absprachen und Schönfärberei in gegenseitigem Einverständnis. Deshalb sage ich, die Demokratie ist in allerhöchster Gefahr . Ein kleiner Funke kann alles zerstören. Viele Demokratie dauern lang aber manche auch eine Ewigkeit. Ich hoffe, ich habe unrecht !

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 3. Dezember 2018 - 22:39

Die Krise der Volksparteien ist in unserem Lande auch eine Krise des Meinungsdiktats. Eine politische Elite, medial gestützt, nimmt für sich in Anspruch allein wissend zu sein. Dabei gerät der Staat in immer mehr internationale Krisen. Nach der Bankenkrise kommen Atomausstieg, Schuldenkrise und Flüchtlingskrise. All diese sind auf globale Einflüsse zurückzuführen. Das gilt auch für die Klimapolitik mit Auswirkungen auf Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Migration führt zu Ängsten in „abgehängten“ Regionen und Jobs.
All diesen Veränderungen steht der Wähler „alternativlos“ gegenüber. Parteien und Politiker nationaler „Fürsorge“ werden diffamiert, gleich in welchem Land sie aktiv sind. Dabei übersehen die Parteien in den westlichen Demokratien dass sie das Internet nicht beherrschen. Dort gewinnen „alternative Politik“ und politische Meinungen immer mehr Einfluss. So konnte ein Trump das Weiße Haus erobern.
Die Krise der Volksparteien ist damit keine Krise der Demokratie.

Ulrich Jarzina | Mo., 3. Dezember 2018 - 23:52

Auch die Medien befinden seit Jahren schon in einer tiefen Vertrauenskrise. Insbesondere die teils extrem tendenziöse Berichterstattung rund um die Ukrainekrise hat diesen Trend massiv verstärkt. Dem starken Anstieg kritischer Zuschauer-/Leserzuschriften wurde begegnet, indem man mehr und mehr Online-Beteiligungsmöglichkeiten einschränkte oder im Falle von SZ, NZZ etc. gänzlich strich.

Auf Kritik wurde mit Diskursverweigerung reagiert.

Die Parteien handelten ähnlich - entgegen ihren hochtönenden Behauptungen, sie "hätten verstanden." Mehr noch: Am Beispiel des Migrationspaktes konnte man sehen, wie seitens der Politik und der großen Medien versucht wurde, eine Debatte bereits im Vorhinein zu verhindern. Das ist zutiefst undemokratisch.

Als Gesellschaft verhalten wir uns untereinander allerdings auch nicht wirklich besser. Viel zu oft reagieren auch wir auf sachliche Kritik mit Diskursverweigerung, oder machen den "Gegner" nieder.
So kann Demokratie nicht funktionieren.

Reinhardt Graetz | Di., 4. Dezember 2018 - 00:36

Ja, Prof. Nida-Rümelin hat Recht. Die Demokratien stehen unter Beschuss, die Volksparteien scheinen am Ende ihrer Fahnenstangen angekommen zu sein.
Das Fatale ist aber, dass die braunen "Alternativen" gar keine sind, sondern nur vom Regen in die Traufe führen würden.
Wenn man jedoch in die Agenda von Bannon & Co schaut, ist das ja alles nicht vom Himmel gefallen. Sie wollen wieder das große Rad drehen, bis wieder alles in Scherben gefallen ist.
Spätrömische Dekadenz 2.0.

Alexander Mazurek | Di., 4. Dezember 2018 - 01:21

... Scheinwelt. Glauben tief an schöne Märchen, wie die Demokratie, die Dreiteilung der Staatsgewalt, checks & balances, die unsichtbare Hand des Marktes, die "freie Presse". Zu schön, um wahr zu sein. "Versucht nicht, den Löffel zu verbiegen, das geht nicht. Es gibt nämlich gar keinen Löffel". Blue or red pill -gefälligst-, was darf's sein?

Christoph Kuhlmann | Di., 4. Dezember 2018 - 04:40

großer Teile der Bevölkerung passen nicht mehr zusammen. Die Globalisierung ist gut für Konzerne, vernichtet aber die Existenzgrundlage großer Teile der Mittelklasse In den USA und Europa. Es ist eigentlich simpel, sorgt dafür dass die Bürger dieser Länder mehr verdienen und richtet euch nicht so sehr nach den Interessen der Industrie an billigen Arbeitskräften und einer schrankenlosen Welt für Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräfte. Macron wird gerade durch die gelben Westen auf die Realität der Gruppen hingewiesen, welche man lange Zeit als Modernisierungsverlierer bezeichnete und die zusammen Mehrheiten bilden. Sie tragen Trump, die Koalition in Italien haben für den Brexit gestimmt und sagen in der Regel nein zu den Folgen der Globalisierung. Insofern ist die "Krise" der Demokratie ihr ureigenster Ausdruck. Sie verleiht dem Protest der Mehrheit gegen die Missachtung ihrer Interessen zugunsten von Minderheiten wie Einwanderern und Eliten Geltung.

Justin Theim | Di., 4. Dezember 2018 - 07:59

Dieses Wort verharmlost den derzeitigen Zustand und verweist ihn in den Bereich des urplötzlich ungewollten Schicksalsschlags, der uns ereilt. Nein, es ist keine Krise, es ist der kriminelle Angriff auf unsere Grundwerte und Freiheiten, geführt von den Altparteien und der Journaille, der die Demokratie gefährdet. Wobei die Altparteien ja immer von "unserer" Demokratie reden und dabei natürlich ihr eigenes Demokratieverständnis meinen. Danach darf der Bürger einmal alle 4 Jahre wählen, ansonsten soll er gefälligst die Schnauze halten und schlucken, was ihm serviert wird. Selbstverständlich ist kein Politiker an seine Versprechen gebunden, wegen derer er gewählt wurde, allermeist wird das Gegenteil gemacht. Mit der EU hat man sich einen demokratisch nicht legitimierten Übervater geschaffen, dessen Befehlen man unbedingt gehorchen muss, seien sie auch noch so nachteilig für uns Bürger. DAS ist keine Krise - das ist ein Staatsverbrechen!

Karl Müller | Di., 4. Dezember 2018 - 09:32

Was für ein Unfug. Offenkundig ist die gelenkte "Demokratie" mit betreutem Denken durch die Medien in Parteienhand ziemlich in Konflikt mit der Wirklichkeit. Hier ist das Machtsystem welches dieses Konstrukt stützt langsam am Ende seiner manipulativen Möglichkeiten,leider laufen immer noch zu viele Verblendete diese "Volksparteien" hinterher obwohl diese ad nauseam gegen die Interessen der Wähler handeln.

Yvonne Walden | Di., 4. Dezember 2018 - 11:44

Frage: Gab respektive gibt es in Deutschland überhaupt eine "Demokratie", also die "Herrschaft des Volkes"?
Unser Staatsvolk setzt sich soziologisch überwiegend aus Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusammen. Diese unselbständig Beschäftigten zählen im Wesentlichen zu Einkommensbezieherinnen und -beziehern mit kleinen und mittleren Einkünften.
Vertreten unsere bisherigen "Volksparteien" wirklich deren ureigene Interessen?
Die Unionsparteien wurden seit Gründung der BRD im Jahre 1949 vom Großkapital "gesteuert", also von den gleichen Großindustriellen ausgehalten, die schon die Nazi-Dikdatur finanziell erst ermöglichten.
Und die Sozialdemokraten sind 1959 (Godesberger Programm) auf den gleichen Dampfer aufgesprungen, um eine finanzielle Angleichung an die übrigen Parteien zu erreichen. Was ja auch funktioniert hat, denn auch die SPD hängt seither am "Tropf des Großen Geldes".
Wo also gibt es eine Volksherrschaft, eine wirkliche Mitwirkung aller? Nirgendwo, leider.

…. Sie haben recht, eine echte Volksherrschaft gibt es nirgends. Es gibt aber Staaten, die wesentlich mehr direkte Demokratie praktizieren, die Schweiz z.B; aber auch diese Vorzüge sind mit weiteren Nachteilen erkauft - in der Schweiz besteht konträr zu dem System der Volksabstimmungen eine institutionalisierte Allparteien-Regierung, von den Sozialdemokraten bis zur rechten SVP. Das Godesberger Programm der SPD sehe ich positiv, es hat den Weg zur Volkspartei bestätigt und weiter geebnet - mit einem Wahlergebnis von 46% bei den BTW 1972. Heute unfassbar. Viele Grüße J.W.

Markus Michaelis | Di., 4. Dezember 2018 - 12:06

Ich glaube nicht, dass der Kern der Demokratiekrise die Volksparteien sind - das ist mehr Symptom und Begleiterscheinung. Der Kern der Demokratie liegt in einer gemeinsamen Weltsicht (die auch realitätstauglich ist) und auf deren Basis ein gegenseitiger Respekt und Vertrauen (um sich aber unbedingt zu streiten - ohne Streit keine Demokratie). Dieser Kern ist abhanden gekommen, weil die Welt sich verändert, weil die Gesellschaft sich verändert. Weite Teile der (akademischen) "Elite" etwa denken in "universellen Wahrheiten" (Klimawandel, universelle Menschenrechte, universeller Rechtsstaat, universelle Demokratie, universelle Buntheit etc.). Der Nationalstaat ist dafür zu klein geworden - man agiert (in seiner Vorstellung) weltweit mit allen "guten" Kräften. Große Teile der Bevölkerung werden dabei nicht zu demokratrischen Streitgegnern, sondern zu Zurückgebliebenen, die es für die richtige Sache einfach zu überwinden gilt. Von anderen Seiten her ähnliche Gräben.

Wolfgang Tröbner | Di., 4. Dezember 2018 - 12:35

"In Frankreich ... ist es mit dem überaus geschickt agierenden ... Macron gerade noch einmal gut gegangen." Ist dem Autor entgangen, dass es in Frankreich (und zwar nicht erst seit dem letzten Wochenende) schon seit geraumer Zeit brodelt? In welcher Beziehung hat Herr Macron, der sich von Anfang an als neuer Sonnenkönig inszeniert, geschickt agiert? Das genaue Gegenteil ist doch der Fall. Macron hat alle Zeichen des beginnenden Sturms übersehen. Beschäftigt er sich zuviel mit sich selbst? Und da sind wir mitten im Problem der westlichen Welt. Ebenso wie in Frankreich hat die Politikerkaste von CDU und SPD auch in Deutschland vollkommen übersehen, dass sie nicht gewählt wurden, damit sie ihre Visionen umsetzen, sondern um die Interessen der Wähler wahrzunehmen. Und was passiert stattdessen? Die wirklich wichtigen Entscheidungen werden hinter dem Rücken des Souveräns gefällt. Es wird sich auch hier bitter rächen, wenn man das Vertrauen des Wählers so schamlos missbraucht.

Henrik Wittenberg | Di., 4. Dezember 2018 - 13:04

Warum erlauben die derzeit in den Parlamenten vertretenen Parteien keine Mehrfachmitgliedschaften?

Dann könnten sich alle Bürger mit ihren Anliegen jederzeit in allen Parteien einbringen und so stärker als bisher den politischen Kurs unserer Demokratie mitbestimmen.

Zusätzlich wäre die Einführung von Losverfahren ein gutes Mittel, um die »stillgelegten« Wähler wieder zu reaktivieren, die sich schon lange nicht mehr an Wahlen oder Abstimmung beteiligen, weil sie von den dominierenden Parteien, die in ihrer derzeitigen Funktion unsere Demokratie eher verstopfen (»Darmverschluss der Demokratie«), nicht mehr erreicht werden.

Gisela Fimiani | Di., 4. Dezember 2018 - 13:30

Ein großer Wurf! Entscheidend scheint mir aber zu sein, dass es der Nationalstaat ist, der in Krisenzeiten zu Lösungen kommen kann. Dem, die res publica verteidigenden, Bürger, bietet sich jedoch ein anderes, erschreckendes Szenario. Das Peter Prinzip: Eine intellektuell überforderte, kultur -historisch ungebildete Poltikerkaste, die vor allem das Erklimmen von Karriereleitern beherrscht, strebt das imperium paternale an. In diesem, kann man sich der Verantwortung gegenüber dem Bürger entziehen. Im angestrebten EU oder UN Imperium, finden diese Politiker endlich ihre wahre Berufung. Die Nation verschwindet, der Bürger wird zum Gattungswesen Mensch degradiert, dessen Lenkung, ohne Verantwortung, bequemer nicht sein kann. Die Krise geht wahrlich weitaus tiefer. Es muss darüber gesprochen werden, ob wir die freie Gesellschaft in der Demokratie wollen, die res publica, oder den Despotismus des imperium paternale (Kant). Nur der Nationalstaat wird die res publica verwirklichen können.

Holger Stockinger | Di., 4. Dezember 2018 - 14:13

verwechselt, kann schnell zum ANBETER von etwas werden, das dem sogenannten Menschenverstand abhold wäre.

"Masseneinwanderung" und "Fremdenfeindlichkeit" sind mit keiner Toleranz-Ideologie aus der Welt zu schaffen.

Die "Diktatur" der Moralprediger ist stets totalitär.

"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (Valentin).

Herr Nida-Rümelin sollte sich nichts vormachen: "Demokratie" ist nicht das, was politisch als "korrekt" vorgeschrieben wird.

Ein Demokrat ist derjenige, der erst anhört, was ein Gegenargument sein könnte!

dieter schimanek | Di., 4. Dezember 2018 - 18:02

Als ehemaliger, jahrzehnte langer Wähler der SPD, kann ich für meine Person diesem Artikel in kaum einem Punkt zustimmen. Ich selbst und Freunde von mir sind wegen Schröders Agenda nicht mehr Wähler dieser Partei. Das Merkel der SPD viel zu verdanken hat, sehe ich auch so. Das ist der nächste Minuspunkt auf meiner Liste. Sie hat ermöglicht, das Merkel autokratisch und keinsfalls sozialisiert regieren konnte und noch kann. Der Sozialabau wird durch Migration, Spurwechsel, Familiennachzug und Einwanderungsrecht fortgesetzt. Wohlklingende Absichtserklärungen um den eigenen Hals zu retten sind glatte Lügen. Das Problem unglaubwürdig zu sein, hat sich die SPD redlich verdient.

Josef Meyer | Mi., 5. Dezember 2018 - 09:38

Bravo Herr Poth ! Endlich äußert ein Kommentator die Meinung über die Hauptgründe der Armut, die ich schon seit mindestens 30 Jahren vertrete !

Peter Schultheiß | Mi., 5. Dezember 2018 - 09:44

Die von Ihnen angesprochene "Freie Presse" trägt nicht unwesentlich zum Niedergang der Demokratie bei. Sie lebt auf der einen Seite von Auseinandersetzungen, nicht von Harmonie, und nennt jede Diskussion in den Parteien und Parlamenten Streit und verschärft damit die Aversionen der Bürger gegen die Politiker. Auf der anderen Seite übernimmt sie oft ungeprüft den Politik-Sprech der Politik-Eliten, obwohl jeder normal Denkende den Unsinn erkennt. Man denke nur an den Migrationspakt. 96-mal wird der Ausdruck "Wir verpflichten uns, ..." oder "Verpflichtung" verwendet, und unisono behaupten Politik und Presse, es gäbe keine Verpflichtungen für Deutschland. Wem kann man denn noch glauben?

wolfgang spremberg | Mi., 5. Dezember 2018 - 17:35

Die Stichworte : Bevölkerungswachstum, Digitalisierung und Klimawandel sollten eigentlich jedem der einigermaßen bei Verstand ist in kürzester Zeit klar machen, dass man in Afrika in absehbarer Zeit keine Lebensverhältnisse schaffen kann, die den Menschen dort eine Perspektive bietet. Es werden verständlicherweise mehr kommen wollen. Viel mehr. Uns wird nichts anderes übrig bleiben als "Todeszäune" zu bauen (Martin Neuffer) sonst gehen wir unter. Damit müssen wir uns schnellstens und ehrlich auseinandersetzen.