Demonstration von Pulse of Europe für ein vereintes Europa
Demonstranten vom „Puls of Europe“ in Berlin / picture alliance

Europäische Werte - Die Summe aus Athen, Rom und Jerusalem

Im Vertrag von Lissabon begreift sich die Europäische Union ausdrücklich als „Wertegemeinschaft“, auch die EU-Grundrechtecharta ist „auf der Grundlage gemeinsamer Werte“ verfasst. Was aber genau sind diese Werte?

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Um die Frage beantworten zu können, was „unsere Werte“ seien, muss zunächst die ungleich schwierigere Frage beantwortet werden, wer „wir“ sind. Sind „europäische Werte“ Werte des Abendlands, Werte des Westens oder Werte des heutigen Europas, wie es unter Absehung von der Europäischen Union nicht gedacht werden kann? Sind also wir, die wir uns diese Frage stellen, Österreicher, Bulgaren, Belgier, Franzosen, Deutsche oder „EU-Bürger“ oder gar „Weltbürger“? 

Eine Frage der Identität

Die Frage nach den europäischen Werten ist die Frage nach der europäischen Identität. Das macht sie so schwierig, haben wir es uns doch in der Spätmoderne angewöhnt, von offenen Identitäten zu sprechen, von fluiden Persönlichkeiten, von multiperspektivischen Zugängen. Werte aber sind Grenzbegriffe. Sie umzäunen das Gebiet oder die Gemeinschaft derer, die sich dieselben Werte gegeben haben und entschlossen sind, sie durchzusetzen. In der Rede von den „universalen Werten“ schwingt ein Herkunftszeichen mit, das den Begriff relativiert. Allein die Überzeugung nämlich, dass es universale Werte gebe, zeichnet diese Werte als Werte des Westens aus. 

Was also ist der Westen? Der Westen ist, philosophiegeschichtlich gesprochen, die Summe aus Athen, Rom und Jerusalem. Der Westen ist der Raum derer, die die athenische Frage nach dem Guten, die römische Frage nach dem Gerechten und die Jerusalemer, die jesuanische Frage nach dem Wahren für unbedingt fragenswert halten, gestern, heute, morgen. Für alle seine Bewohner verbindliche Antworten wird der Westen nicht liefern können, aber die feste Zusage, sich das Fragen nicht austreiben, die Neugier nicht abkaufen, die Freiheiten nicht abtöten zu lassen. 

Der Westen ist dort, wo man gemeinschaftlich und friedlich nach dem Guten, nach dem Gerechten, nach dem Wahren in immer neuen Anläufen fragt – und dabei keine dieser drei Kategorien außer acht lässt. Es kann keine Gerechtigkeit geben ohne Wahrheit, kein Gut ohne Recht, keine Wahrheit ohne das Gute: Diese ineinander verschlungene Trias der Werte kennzeichnet den Westen.

Die Proklamation von Werten allein schützt nicht

Der auf dem Erbe von Athen, Rom und Jerusalem errichtete Westen ist zugleich das Ergebnis zweier Revolutionen, der Amerikanischen zunächst und dann der Französischen. Sowohl die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika 1776 als auch die Französische Revolution 1789 proklamierten mit den Menschenrechten „säkularisierte christliche Werte“ (Heinrich August Winkler), die indes programmatisch keinen spezifisch christlichen oder gar theokratischen Staat konstituierten. Jeder Mensch sollte frei nach Glück und Sicherheit streben dürfen. Die Menschen seien „von Geburt an frei und gleich an Rechten“. Diese Einsicht bewahrte die französischen Revolutionäre nicht davor, von 1792 an auf einen modernen Nationalismus einzuschwenken. Wir sehen: Die Proklamation von Werten schützt nicht vor praktizierter Barbarei. 

Dennoch entstand im Wechselspiel zwischen Europa und Nordamerika am Ende des 19. Jahrhunderts das bis heute gültige westliche Prinzip von Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie. Wie ist es heute um dieses westliche Prinzip bestellt? Im Lissabonner Vertrag von Dezember 2007 begreift sich die Europäische Union ausdrücklich als Wertegemeinschaft. Vierzehnmal erscheint der heikle Begriff. Ziel der Union sei es „den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern“. Die Reihe der Werte lautet: „Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte“. 

Drei Jahre später, in der „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ heißt es einerseits pragmatischer, andererseits hochfahrender, „auf der Grundlage gemeinsamer Werte“ soll eine „friedliche Zukunft“ dadurch erreicht werden, dass die Völker „sich zu einer immer engeren Union verbinden.“ Dieses Junktim gilt heute nicht mehr. Die „ever closer union“ wird nicht einmal mehr von der Europäischen Kommission gefordert. Man ist, salopp formuliert, froh, den Laden einigermaßen zusammenhalten zu können, trotz Brexit, trotz Visegrad.

Europäische Werte in der Krise

Die europäischen Werte befinden sich in der Krise, weil die europäische Identität unsicherer geworden ist denn je. Gibt es sie überhaupt? Die Peripherie drängt heute das Zentrum zurück, die Metropole den Kontinent, die Region die Nation. Wer zu den Werten vordringen will, muss für die Identität Platz schaffen. Und Identität kann es nicht geben, ohne jene erkenntnistheoretische wie politikpraktische Kategorie, die dem Konzert der Werte vorausgeht und ohne die jenes nicht klingen kann: die Kategorie des Gemeinwohls. 

Die europäischen Werte befinden sich auch deshalb in der Krise, weil das Gemeinwohl im Lissabonner Vertrag gar nicht und in der Grundrechtscharta nur ein einziges Mal auftaucht, im Artikel 17, der das Eigentumsrecht behandelt: „Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“ Das Allgemeinwohl setzt dem Eigentumsrecht eine Grenze. Das Allgemeinwohl begrenzt auch Weltbeglückungspläne, wie sie die Vereinten Nationen unlängst ausformulierten im „Globalen Migrationspakt“, der das Allgemeinwohl nicht einmal begrifflich kennt.

Das Allgemeinwohl als Grundlage

Das Allgemeinwohl trägt, in der klassischen Formulierung des klugen Abendländers Thomas von Aquin, der Tatsache Rechnung, dass „die Gutheit eines jeden Teiles immer vom Entsprechungsverhältnis zu seinem Ganzen abhängt. (…) Da nun jeder Mensch Teil eines bürgerlichen Gemeinwesens ist, kann der Mensch unmöglich gut sein, wenn er nicht dem Gemeingut gerecht wird.“ Auch das Gemeinwesen, auch die Region, die Nation, der Kontinent können nicht gut sein, wenn sie das Allgemeinwohl vernachlässigen.

Insofern lässt sich sagen: Die europäischen Werte haben eine Zukunft, wenn eine europäische Identität auf der Basis des Allgemeinwohls neu wird wachsen können. Gerade unter den Bedingungen der Flucht- und Migrationsbewegungen des 21. Jahrhunderts wird Europa ein Europa sein, in dem das Allgemeinwohl geachtet wird. Oder Europa wird gewesen sein.

Am 19. und 20. November 2018 fand in Wien auf Einladung der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eine internationale Tagung zum Thema „Europäische Werte, Rechtsstaat, Sicherheit“ statt. Beim Forum „Was sind unsere Werte?“ hielt Cicero-Ressortleiter Alexander Kissler dieses einleitende Referat.

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Kostas Aslanidis | Di., 20. November 2018 - 17:55

lese oder höre, muss ich wegen der Heuchelei nur lachen. Athen, Rom, Jerusalem. Aber vermischt mit Riad. Wie passt das zusammen. Jeder Mensch oder jede Kultur, haben verschiedene Werte. Das muss akzeptiert werden, aber die Wertewestler akzeptieren nur ihre Ansicht als die einzige Wahrheit. Wer das nicht akzeptiert, wird "demokratisiert". Werte eben. Die Neoliberalen setzen voll auf islamische Werte. Das ist übriggeblieben von den Werten.
Athen, Rom und Jerusalem, diese Wörter aus fanatischen neoliberalen Islamverteidigern zu hören ist so Grotesk. Die Werte der Westler sind Wertlos und leere Phrasen. Das Unwort des Jahrzehnts.

… der jüngere Bruder des Kalifats, so wird ein Schuh daraus. Die europäischen "Werte" hat schon J. J. Rousseau 1772 in "Überlegungen zur Regierung von Polen" so zusammengefasst: "Heutzutage gibt es keine Franzosen, Deutschen, Spanier und sogar keine Engländer mehr,egal was andere sagen mögen: es gibt nur noch Europäer.
Alle haben sie denselben Geschmack, dieselben Wünsche, dasselbe Benehmen,
weil […].
In derselben Lage werden alle dasselbe tun, alle werden sie sich selbstlos nennen, und tatsächlich Schurken sein; alle werden öffentliches Wohl predigen, jedoch nur an sich selbst denken; alle werden Mäßigung preisen und für sich wünschen, so reich wie Krösus zu sein. Sie streben nach nichts außer Luxus, sie sehnen sich nach nichts außer Gold; sicher, dass ihnen Geld alle […] kaufen kann sind sie bereit, sich an den Erstbesten für Geld zu verkaufen. Was kümmert sie, […]?
Vorausgesetzt, sie finden Geld zu stehlen und Frauen zu verführen, werden sie sich in jedem Land heimisch fühlen.

Jede Kultur hat ihre Wahrheit, Erkenntnis, Berechtigung und Werte. Es ist verstörend, dass wir mit der totalen Vermischung aller Kulturen in rasender Geschwindigkeit, Kulturgut und altes Wissen für immer zerstören und unsere eigenen europäischen Werte aufgeben oder unterordnen. Integration kann in Quantität niemals gelingen. Das Recht des Stärkeren wird sich immer durchsetzen. Moral hat noch niemanden satt gemacht.

gabriele bondzio | Di., 20. November 2018 - 18:01

froh, den Laden einigermaßen zusammenhalten zu können, trotz Brexit, trotz Visegrad"....sich als Wertegemeinschaft zu begreifen, ist nicht gleichzusetzen, dass man es ist. So sehe ich die Quintessenz ihres Artikels, Herr Kissler.
Nicht umsonst spricht man von gespaltenen Gesellschaften in der EU. Die Werte passen nicht annähernd unter einen Hut.
Wenn die Mittelschicht, Kitt jeder modernen, zivilisierten Gesellschaft, nicht mehr von Aufstieg träumt, sondern sich vor Abstieg (Altersarmut, Gesundheitsversorgung, die persönliche Sicherheit, die Ausbildung der Kinder, verlotternde Infrastruktur) fürchtet, dann ist eine Grenze überschritten.

Bernhard K. Kopp | Di., 20. November 2018 - 19:23

Natürlich kann man einen Grundrechte- und politische Grundsätze-Katalog definieren, der ein Wertegerüst für EU-27 ist. Aber, in EU-27 ist nicht nur das Wohlstandsgefälle gigantisch, auch die historisch-kulturellen Erfahrungen, 21 Sprachen, und die Staats-, Rechts- und Demokratieerfahrungen sind sehr heterogen. Die sogenannten Grundfreiheiten in der EU-27 ( für Menschen, Kapital, Güter und Dienstleistungen) sind zumindest schillernd, weil sie auch, de facto, die Freiheit der jeweiligen Landeseliten beinhalten, mit politischem-staatlichem Missmanagement Millionen ihrer Bürger ausser Landes zu treiben, was sie auch reichlich tun, indem sie, manchmal mit grosser Hartnäckigkeit über Jahrzehnte, kein Investitionsklima schaffen, das den Bedürfnissen ihrer Bürger gerecht wird. Diese Heterogenität wird über mehrere Generationen nicht einzuebnen sein. Werte müssen auch den Respekt für das Anderssein beinhalten.

Tomas Poth | Di., 20. November 2018 - 19:29

Stichwort Gleichheit:
Hier ist zu ergänzen dass die Gleichheit vor dem Gesetz gemeint ist, um das Missverständnis, wir wären alle gleich (alle Menschen sind ungleiche Individuen innerhalb der Gattung Mensch als gemeinsames, gleiches Merkmal in Abgrenzung zu anderen Gattungen), zu vermeiden.
Der Autor wird es wissen, aber nicht jeder Mensch will es so verstehen/verstanden wissen.
Stichwort Allgemeinwohl:
Das Allgemeinwohl kann nicht ohne das Wohl des Einzelnen gesehen werden, beides hängt untrennbar zusammen.
Stichwort Europäische Identität:
Athen, Rom und Jerusalem sind eine historische Wirkungsgröße, aber dennoch gibt es in jeder Teilnation unterschiedliche, ethnisch bedingte Kulturen, auch durch Einwirkung aus Asien und Mekka/Medina.
Wenn schon nationale Identitäten einem kontroversen Diskurs ausgesetzt sind, wie soll es mit einer europäischen werden? Eine "ever closer union" ist der falsche Traum.

Dimitri Gales | Di., 20. November 2018 - 19:56

ist ein hohler Diskurs. Das ist so wie mit "Liberté, Egalité, Fraternité", Worte, die über jedem offiziellen Gebäude in Frankreich stehen - was sind sie heute wert? Fragen sie mal einen ehemaligen Lohnabhängigen, der soeben in Paris obdachlos geworden ist und seine neue "Karriere" unter den Augen einer ungerührten Öffentlichkeit beginnt. Es gibt keine europäische Identität, seine Werte bestehen aus Wirtschaftsinteressen und politischem Kalkül. Das ist ja gerade das Problem: Das Interesse an Brüssel-Europa ist seitens der Bürger gering, im Gegensatz zu den 50iger Jahren, als man noch sagte: Wir müssen Europa bauen.
Es gibt nur etwas wie eine gemeinsame europäische Kultur; dabei müssen wir aufpassen, dass diese nicht zerstört wird durch externe Einflüsse, wir müssen sie bewahren, koste es, was es wolle, auch wenn verantwortungslose, naive, einfältige Protagonisten für offene Grenzen predigen. Auch die Migrationswellen sind eine Herausforderung der europäischen Immunkräfte.

Sepp Kneip | Di., 20. November 2018 - 20:00

Sind nicht die Verfassungen der einzelnen europäischen Länder ein Spiegelbild der europäischen Werte? Die EU tut gut daran, die Verfassungen der einzelnen Länder zu respektieren. Tut sie das nicht, wird sie zerbrechen. Natürlich ist es gut, wenn sich die Länder Europas ein Haus mit gemeinsamem Dach bauen. Ein Haus, in dem jeder nach seiner Facon selig werden kann. Ein Haus, das die Werte der einzelnen Staaten ernst nimmt und als eigene Werte einbaut. Ein Haus, in dem Gemeinsamkeiten gebündelt und nach außen vertreten werden, ohne die Identitäten der Länder zu zerstören.

Wenn die EU es nicht fertig bringt, ein Subsidiaritätsprinzip zu installieren, das diesen Namen verdient, wird sie zerfallen. Wenn die EU die Demoktatie, die man zwar wie eine Mostranz vor sich her trägt, immer mehr par ordre du mufti erstickt, wenn man den Ländern die Luft nimmt zum Atmen, wenn man sie derart gängelt, dass sie sich wehren, können aus einem solchen Gebilde keine "Europäischen Werte" entstehen.

dieter schimanek | Di., 20. November 2018 - 20:18

Natürlich gibt es die, das sind die Euros vom Michel. Die will jeder haben und bekommt sie natürlich auch. Es ist unser wichtigtes Exportgut. Mutti schleppt sie überall auf ihren Reisen mit und erkauft sich damit ein übersteigertes Selbstbewussein mit einer riesengroßen Hybris. "Wir sind ein reiches Land" ist Muttis Mantra. Geldeswert ist ist die Seele der EU, sonst nichts.

Hans Jürgen Wienroth | Di., 20. November 2018 - 21:13

Gemeinsame Werte sind für ein Zusammenleben von unverzichtbarer Bedeutung. Allerdings muss sich die Gemeinschaft über diese Werte einig sein und nicht nur das Wort verwenden.
Das war weniger problematisch, solange in Europa die christlichen Werte ein gemeinsamer Konsens waren. Wenige Ausnahmen wurden aus der Gemeinschaft ausgestoßen.
Heute erwarten manche Politiker, dass die Werte im Rahmen der Zuwanderung (täglich?!) in der sich ständig wechselnden Gemeinschaft neu ausgehandelt werden. Aber wer verhandelt dort miteinander und wie werden die Ergebnisse in der „Gemeinschaft“ vermittelt? Sind Werte nicht von Haus aus etwas „beständiges“? Was geschieht, wenn größere Teile der neuen Gemeinschaft ganz andere Werte mitbringen, die mit den früheren nicht vereinbar sind?
Ist unter diesen Umständen eine (soziale) Gemeinschaft möglich? Wie stellen sich die Politiker diese Gemeinschaft vor?

herbert binder | Di., 20. November 2018 - 21:20

"Alles was kommt"
Ziemlich zu Beginn des Films (Arte) bat die
Lehrerin (Isabelle Huppert) ihre Schüler, sich Gedanken über folgenden Satz zu machen:
"Gäbe es ein Volk von Göttern, so würde es sich
demokratisch regieren. Eine so vollkommene
Regierung paßt für Menschen nicht." [s.a. www.
textlog.de/2372]. Demokratie ist der Eckpfeiler westlicher Werte, und diese kulminieren in ihr.
Die Stütze zerbröselt merklich. Es fehlen total
Wille und Fähigkeit zu hegen, zu pflegen und vor allem (und das im weitesten Sinn) zu verteidigen. Deshalb auch meine große Befürchtung, daß sich das Archaische (eine Daseinsform, die schon mehr als einen Fuß in der Tür hat) durchsetzen wird - quasi zurück zu den Anfängen, zu den Wurzeln
der Menschheit.
Wenn wir mit ihrem Artikel auch wieder einen
blendend geschriebenen Text vor uns haben, sehr
geehrter Herr Kissler, aber Ihren aufscheinenden
Optimismus kann ich nicht teilen: kein "oder" -
Europa w i r d "gewesen sein werden".

Michaela Diederichs | Di., 20. November 2018 - 21:34

Wer erinnert sich noch an den französischen Revolutionskalender? Wohl nur Historiker. Damals hatte man ein neues Zeitalter ausgerufen. Alles Alte musste weg - auch in der Sprache und dem Kalender bis Napoleon dem Spuk ein Ende bereitete. Das erinnert ein wenig an unsere heutige Zeit mit den Global Goals 2030. Die wenigsten Menschen kennen diese, so wenig wie den Migrationspakt. Im Internet ist zwar alles zu finden und nachzulesen, aber wer die Begriffe nicht kennt, sucht nicht danach. Eine Revolution findet im Hintergrund statt, so geräuschlos wie möglich und ohne die Bevölkerung der EU aufzuklären wie es in Demokratien selbstverständlich sein sollte. Revolution von oben sozusagen. Heraus kommt dann Umerziehung wie einst in der DDR oder UdSSR. Werte sind immer einem gewissen Wandel unterzogen. Aber was jetzt passiert ist krass und geht eben nicht vom Volke aus. Das wird sich in den bevorstehenden EU-Wahlen niederschlagen. Davon bin ich überzeugt. Guter Konter!

Marc Gause | Mi., 21. November 2018 - 04:09

Europäische Werte? Das bedeutet, dass die Eliten über den Gesetzen stehen während die kleinen normalen Bürger die Gesetze einhalten müssen.

Egal ob Euro, EU-Dublin3, Abgaswerte - Immer werden Gesetze, Verträge und Vorschriften gebrochen. Nicht vom kleinen Bürger, sondern von den Eliten. Und bestraft wird keiner von denen.

Europäische Werte, ja ja wird in Sonntagsreden gerne verkündet. Und Montags sind all diese Werte wieder vergessen oder es werden wieder Gesetze gebrochen.

Wir haben in Europa Frieden, weil wir uns auf gemeinsame Gesetze und Werte verständigt haben. Aber wenn "wir" Gesetze nicht mehr einhalten wollen, obwohl "wir" sie selber eingeführt und unterschrieben haben, ist der Frieden Europas in Gefahr, durch die Eliten.

Die europäischen Werte haben eine Zukunft, wenn die Eliten "wieder" bereit sind sich dem Recht unterzuordnen, wie es in Demokratien üblich ist.

Wolfgang Selig | Mi., 21. November 2018 - 05:11

Das Referat ist mir zu abstrakt. Wenn die Kategorien von Athen, Rom und Jerusalem das „Gute“, „Gerechte“ und „Wahre“ sein soll, dann müssten nichtwestliche Werte ja anders sein. Ich denke nicht, dass z.B. die gegenteiligen Kategorien „schlecht“, „ungerecht“ und „unwahr“ vom Süden oder Osten unterschrieben werden würden und das wäre gegenüber vielen Leuten dort (z.B. überzeugten Buddhisten) m.E. auch grob unfair.
Die Sache ist viel einfacher: es handelt sich m.E. um einen Verteilungskonflikt. Ein überalterter, träger Kulturraum träumt noch von der vermeintlichen Glorie früherer Jahrhunderte. Dem gegenüber steht ein stark personell wachsender, oft noch bildungsferner, junger Kulturraum, der nichts mehr zu verlieren, aber einiges zu gewinnen hat. Und der greift jetzt an. Ende offen. Übertragen auf den Sport: Bis jetzt liegt der Westen 0:1 hinten, es sind aber erst wenige Minuten gespielt.

Verteilungskonflikt trifft es auf den Punkt. Unser Kulturraum erinnert mich mehr und mehr an die Südstaaten der USA aus dem Klassiker "Vom Winde verweht". Da geht zwar primär um eine Liebesgeschichte, aber eine Kultur ging dort auch unwiderruflich unter.

Sabine Keil | Mi., 21. November 2018 - 05:44

Gemeinsame Werte sind Blei oder Gold

Gundi Vabra | Mi., 21. November 2018 - 07:46

Schön und gut dieser „Wertekanon“, doch ist er hilfreich im globalen Kontext der Wanderungsbewegungen durch Migration? Heute vergleicht sich Mensch nicht mehr mit seinem Nachbarn, sondern sieht via Internet, Lebensverhältnisse die erstrebenswert oder nicht sind und macht sich auf den Weg, bzw. derjenige, der da ist, kann nirgends hin.

Wenn Menschen einwandern ist ihre Grundeinstellung wichtig um zu wissen, passen sie zur aufnehmenden Gesellschaft oder nicht.

Konkret sehe ich im Westen vorherrschend
„Hilf dir selbst dann hilft dir Gott“
selbstbestimmt, selbstverantwortlich!
Anders bei Kulturen die hinten dran sind mit der Entwicklung die
„So Gott will“
über sich bestimmen lassen, ohne Eigeninitiative, ohne Fleiß.

Diese Grundeinstellung die anerzogen wird ist es die darüber entscheidet ob jemand tüchtig ist, Erfolg hat, etwas aus seinem Leben macht. Das Hineinlegen in die soziale Hängematte zu ermöglichen und sich darauf auszuruhen ist ein Lockruf der abgestellt gehört.

Gerdi Franke | Mi., 21. November 2018 - 08:44

ist demokratisch nicht abgesegnet. Also ein reines Produkt der Eliten. Sie ist weder Wirtschaftsgemeinschaft noch Sozialgemeinschaft noch Wertegemeinschaft. Wenn sie etwas werden will sollte sie versuchen, sich eine demokratische Basis zu schaffen. Aber die EU weiss natürlich, dass sie dann anders aussehen würde!

Auf dem Punkt, ihr Kommentar.
Diese "Europäer" fürchten nichts mehr als des Volkes Willen.
Wir sind immer noch eine EWG.
Dieses "Europäische Parlament" verdient den Namen nicht, denn das Kernrecht, den Haushalt zu bestimmen hat es nicht und wird es auch nie haben ...

Jens Rotmann | Mi., 21. November 2018 - 08:48

Ich bin seit ca. 35 Jahren auf der Suche nach diesen westlichen / europäischen Werten. Sobald uns jemand auf dieser Welt, Waffen, Auto's oder andere Wirtschaftsgüter abkauft - interessieren doch Werte nicht mehr. "Man muss im Gespräche bleiben" heißt es dann - geführt über die Bankkonten.

Joachim Wittenbecher | Mi., 21. November 2018 - 09:00

… werden heute häufig als Schlaginstrument gegen Andersdenkende benutzt. Herr Kissler hat daher recht, wenn er u.a. Allgemeinwohl und europäische Identität als prägend herausstellt - dazu gehört in besonderer Weise der weltliche Rechtsstaat. Religiöse Überspitzungen jeglicher Art gehören seit der Aufklärung nicht zur europäischen Identität.

Michaela Diederichs | Mi., 21. November 2018 - 12:35

Antwort auf von Joachim Wittenbecher

Religiöse Überspitzungen werden aber mehr und mehr geduldet.

Pfeiffer Gerd | Mi., 21. November 2018 - 09:54

Als Exportweltmeister kann man sich keine Werte leisten - da geht es um Kohle !
Mit Moral und Werten muss in diesem Fall sehr flexibel sein. Und das sind wir! Gelle Frau Merkel,Herr Maas und viele,viele Andere...... !

helmut armbruster | Mi., 21. November 2018 - 10:05

an großen Worten hat es in Europa noch nie gefehlt. So hat die Französische Revolution die Menschenrechte verkündet und dann Hunderte wegen nichts guillotiniert.
Ein George Washington und ein Benjamin Franklin haben die in Europa erfundenen Menschenrechte ebenfalls in die US-Verfassung aufgenommen und haben sich dessen gerühmt. Und dabei waren beide Sklavenhalter.
Die europäischen Kolonialmächte - GB, F, E, NL, P, B - haben weltweit indigene Völkerschaften zu ihrem Besitz erklärt, haben sich berechtigt gefühlt sie gnadenlos auszubeuten oder gar physisch zu vernichten und haben sich dabei noch als Kulturbringer und gute Christen verstanden.
Die Scheinheiligkeit gehört vor allem zu Europa und sie scheint keine Grenzen zu kennen.

Gregor P. Pawlak | Mi., 21. November 2018 - 10:25

Ich muss sagen, es leuchtet mir nicht ganz ein, was Sie uns mit Ihrem Beitrag sagen wollen...

Klaus Schmid | Mi., 21. November 2018 - 11:26

Und was wird von diesen "Werten" übrig bleiben wenn in ein paar Generationen eine islamische Mehrheit die Werte bestimmen kann? Zuwanderung und reichlicher Kindersegen werden das bewirken.
Aber so wie in Berlin Politik gemacht wird hat man sich damit schon abgefunden.

Bernhard Jasper | Mi., 21. November 2018 - 11:56

Die Qualitäten sind ja vorhanden, von der Geschichte geliefert. Substanz oder eben: das europäische Erbe. „Athen, Rom und Jerusalem errichtete den Westen“. Ja, so ist es.
Unsere kulturelle Identität ist auch zu finden in der Kunst- und Musikgeschichte, in Architektur, Städtebau, Malerei, Plastik, Literatur. In dem Guten, Wahren, Schönen.

Treten neue Akteure auf den Plan, wollen sie auch definieren was als „heilig“ gilt (metaphysisches Phatos). Mit modernen Kommunikationsmitteln wird das dem Laien eingeprägt. Ständig wird versucht neue Bedürfnisse und Aufsässigkeit zu schüren. Z.B. wollen einige Traditionen erhalten, andere wollen sie zerbrechen, oft abhängig von der relativen Stellung innerhalb der Struktur der Gesellschaft.

Schreibt man zukunftsorientierte Entwürfe ab, treten die Unterschiede und Konflikte wieder deutlich zutage. Nicht Integration, sondern Eigenständigkeit ist wieder gefragt. Eine neue weltgeschichtliche Situation.

Markus Michaelis | Mi., 21. November 2018 - 14:12

Wo ich zustimme ist, dass "Weltbürger" und "universelle Werte" zu simplen Kampfbegriffen verkommen sind. Das sind dann keine schwierigen Ideen mehr, die neben anderen (oft gegensätzlichen) Ideen um Richtungen ringen. Die Begriffe scheinen mir in D heute so ausgehölt, dass man damit meint, dass man sich für die bunte Welt nicht interessiert, sondern sich herauspickt, was einem passt und das versucht als verbindlich für alle zu erklären.

Uwe Dippel | Mi., 21. November 2018 - 16:34

Und 100%-iger EU-Gegner. Ich.

Bin ich schizophren? Ganz im Gegenteil. Europa ist ein Kontinent der Vielfalt und der Traditionen, wie oben im Artikel schön beschrieben.
Die EU hat sich mehr und mehr auf eine Ein-Volkung eingeschossen; also den Einheitsbrei nach einem social reengineering, aus dem wie Phönix aus der Asche alle Europäer transformiert hervorkommen.

Jacqueline Gafner | Mi., 21. November 2018 - 17:24

europäische - respektive westliche - Werte respektieren das ideelle Postulat eines grundsätzlich freien, eigenverantwortlichen und venunftsbegabten Individuums, das gewillt und im Regelfall auch fähig ist, aus dem eigenen Leben das Beste zu machen, ohne dabei die gleichgearteten Bestrebungen seiner Mitmenschen systematisch mit Füssen zu treten. Weder Gott noch Teufel, sondern ein empathiefähiges Wesen, das sein eigenes Glück und Wohlergehen nicht kaltschnäuzig auf dem Unglück und Elend anderer aufbaut, sondern sich, nicht zuletzt auch aus Eigeninteresse, als Teil einer - wichtig - als solche erfass- und erlebbaren Gemeinschaft versteht, deren Mitglieder prinzipiell am selben Strick und in dieselbe Richtung ziehen, ohne sich dabei als Individuum aufzugeben.

Renate Genth | Mi., 21. November 2018 - 17:33

In meinen Augen ist der Hinweis auf "Werte" leeres Gerede, zumal sich fast alle Werte letztlich auf das Geld herunterbrechen lassen. Werte sind in der Regel abkäuflich, zumal in Zeiten, un der der Ökonomismus die leitende Ideologie ist.
Die Spezifik Europas ist und bleibt für mich die Aufklärung. Und deren Kompendium wird immer mehr verletzt und schon tendenziell zerstört. Die Wiederkehr von Religion und Bigotterie zeigt es an.

Jochen Vogt | Do., 22. November 2018 - 07:35

Antwort auf von Renate Genth

Gibt es denn tatsächlich so ein "Kompendium" der Aufklärung? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir das in wenigen Sätzen erklären könnten. Ich habe während meines naturwissenschaftlichen Studiums auch Vorlesungen in Philosophie der Aufklärung besucht, hatte aber eher den Eindruck gewonnen, dass Aufklärung nicht das ist wofür es manche Zeitgenossen halten: nämlich ein Fundament auf das man aufbauen kann, damit das Leben gelingt. Nur nebenbei: Die "goldene Regel" menschlichen Handelns wurde schon von Jesus Christus gelehrt.

Anton Schober | Mi., 21. November 2018 - 23:15

Wenn mir nichts gescheites einfällt ... , da fange ich mal mit der "Summe" an.
Diese 3 Städte Phrase kenne ich schon aus meiner bayrischen Gymnasialzeit vor x Jahrzehnten.
Vergessen wird: im Mittelalter (nur bei uns) blühte der Islam in Kunst, Kultur und NATURWISSENSCHAFTEN: Wir haben arabische Zahlen und Chemie (Alkohol!) Fast alle Sterne tragen arabische Namen und zahllose arabische Fachbegriffe (Zenit). Thomas von Aquin war unbedeutend in Relation zu arabischer Philosophie.Dieses Europa entstand in der Neuzeit nachdem Kompass und Schießpulver aus dem Osten bei uns die Europäisierung der Welt ermöglichte.
Die Aufklärung war die absolut notwendige Überwindung der erstarrten europäischen Christianisierung. 200 Jahre später fiel nach WK I der Feudalismus: 3 Kaiser (und 1 Sultan).
Kalender inkl. Tierkreiszeichen kommen aus dem alten Orient. Nachts kreisen immer noch die alten römischen Götter über unseren Köpfen und die Wochentage sind unsere germanischen Götter.