
- Geraune statt Klartext
Mit seiner Abschiedsrede in Warschau hat sich Hans-Georg Maaßen endgültig selbst aus dem Spiel genommen. Es bleibt die Frage: Warum manövrierte sich der geschasste Verfassungsschutz-Chef sehenden Auges in diese Lage?
Wenn jetzt auch noch Horst Seehofer zurücktritt, ist die Welt wieder in Ordnung und die sogenannte Große Koalition kann sich endlich an die Arbeit machen – zu tun gibt es ja bekanntlich genug. Könnte man meinen. Nur wird es so eben nicht kommen. Denn die jüngste Volte im Fall Hans-Georg Maaßen zeigt einmal mehr, welcher Riss nicht nur durch die Gesellschaft geht, sondern auch durch die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien. Daran würde auch die Abdankung des Innenministers nichts ändern, der sich seinerseits gezwungen sah, den noch amtierenden Verfassungsschutzpräsidenten in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, anstatt ihn wie ursprünglich geplant als Sonderberater ins eigene Haus zu holen. Anlass für dessen Entlassung ist jene Abschiedsrede, die Maaßen am 18. Oktober vor europäischen Kollegen in Warschau gehalten hatte.
Will Maaßen zum Märtyrer werden?
Dass diese Rede nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, wird schon daran deutlich, dass mehr als zwei Wochen ins Land gingen, bevor deren Inhalt publik wurde. Es besteht also ein grundsätzlicher Unterschied zum ersten Vorgang, nämlich Maaßens nachträglich autorisierte Passagen aus einem Hintergrundgespräch, das er Anfang September mit der Bild-Zeitung geführt hatte. Bekanntlich ging es da um die Frage, ob es nach der Tötung eines 35 Jahre alten Mannes durch Asylbewerber in Chemnitz zu Hetzjagden gekommen sei. Maaßen bestritt diese in vielen Medien wiedergegebene Behauptung und setzte damit eine politische Eskalationsspirale in Gang, die bis an den Rand des Koalitionsbruchs führte. Schon damals musste man sich die Frage stellen, ob er damit seine Kompetenzen überschritten hatte.