Arbeiter verladen ein Wahlplakat für den SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel auf einen Anhänger.
Die SPD braucht einen Neuanfang, möchte sie als Partei nicht in die Bedeutungslosigkeit abrutschen / picture alliance

Zukunft der SPD - Mut zur Ehrlichkeit

Während noch alles über die CDU spricht, steckt gerade die SPD mehr denn je in einer Existenzkrise. Bis in die Parteispitze hinein kursiert nun dieses Papier zur Zukunft der Sozialdemokratie und wird viel diskutiert. Demnach hat die Partei nur eine Überlebenschance

Autoreninfo

Hans-Roland Fäßler ist Geschäftsführer der Polimedia Beratungsgesellschaft mbH und war langjähriges SPD-Mitglied. Der Medienberater half unter anderem Peer Steinbrück in seinem Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013.

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Auch für die älteste Partei Deutschlands gibt es keine Ewigkeitsgarantie. Die SPD kämpft ums Überleben. Wer daran zweifelt, ist blind oder nicht ehrlich. Die SPD leidet an Burn-Out. Das ist ein Zustand tiefer emotionaler, geistiger und körperlicher Erschöpfung. Patienten in dieser Situation verkrampfen, agieren wie gelähmt.  

Ist das ein Wunder nach 20 Jahren Regierung im Bund, mit nur einer Unterbrechung? Jede Wahl wirkt wie ein neuer Nackenschlag. Die Bundestagswahl markierte mit 20,5 Prozent nur den vorläufigen Tiefpunkt: Die SPD kann auch einstellig, nicht nur im Osten, sondern auch in westdeutschen Flächenländern, selbst in ihrem drittgrößten Landesverband in Bayern. 

Gestörtes Verhältnis zur politischen Macht?

In solchen Situationen, wenn unsere Partei der Macht überdrüssig wurde, war die sozialdemokratische Zerrissenheit meist besonders ausgeprägt. Unsere Kanzler Hermann Müller, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder wurden von den Funktionärskadern im Stich gelassen, und selbst Willy Brandt hätte sein Amt nicht aufgeben müssen, wenn ihn die Spitze der Bundestagsfraktion – namentlich eine andere legendäre Figur, Herbert Wehner – weiter gestützt hätte. Vorbei.

Ist die SPD die Partei mit einem gestörten Verhältnis zur politischen Macht? Es gibt keine andere politische Kraft in Deutschland, die ihre Partei- und Regierungsspitze so vehement und so hingebungsvoll diskreditiert, diffamiert und am Ende niedermacht wie die SPD. Die SPD ist also eine Partei, in der vor allem große Teile der Funktionseliten ein gestörtes Verhältnis zur Macht und – schlimmer noch und stets vehement bestritten – zur eigenen Mitgliedschaft haben. Die große Mehrheit der Mitglieder stimmte 2013 und 2018 für die Große Koalition, während weite Teile der Funktionäre sie bekämpft hatten - und weiter bekämpfen.

Der Kompromiss ist das Wesenselement jeder demokratischen Entscheidung. Wer keine absoluten Mehrheiten erringt, muss das Mögliche durchsetzen und sich nicht an dem messen, was durchzusetzen unmöglich ist. Alles hat seine Zeit, und alles hat seine Grenzen. Aber wir sollten unseren Blick auf die stattliche Bilanz dessen richten, was wir als Juniorpartner in der Großen Koalition durchgesetzt haben, und unser Regierungshandeln eben nicht als Revue der verpassten Möglichkeiten sehen. Das führt zu politischem Burn-out.

Die SPD darf sich nicht nur um sich selbst drehen

Dass jetzt, nach den Wahlniederlagen in Bayern und Hessen, vor allem durch Berufsfunktionäre wieder die GroKo-Debatte eröffnet wird, ist der durchsichtige Versuch, ein halbes Jahr nach dem glasklaren Votum der echten Basis das Ergebnis des Mitgliederentscheids zu „korrigieren“ und die Koalition zu beenden. Aber die SPD darf sich nicht nur um sich selbst drehen; ihre Politik muss den Menschen in unserem Land dienen.

Was wird jetzt gebraucht? Der Mut, schmerzhafte Diskussionen auszuhalten. Die Souveränität zu einer ehrlichen Analyse und der gemeinsame Wille, die Lage nicht schön zu reden und Probleme zu tabuisieren.

Und das ist die Lage:

 – Die meisten Menschen wollen uns die Führung des Landes nicht mehr anvertrauen. In fast allen Kompetenzfeldern hat die SPD dramatisch an Vertrauen verloren. 

 – Wir führen keine strategischen Debatten und setzen nicht die großen Themen, sondern erschöpfen uns im täglichen Klein-Klein. Viele haben den Eindruck: Die SPD gestaltet keine Politik mehr, sondern begnügt sich missmutig mit der Organisation ihres Betriebs.

 – Die SPD hat sich über viele Jahre daran gewöhnt, dass innerparteiliche Diskussionen taktisch bestimmt sind. Das ehrliche, teamorientierte, offene Ringen um den besten Weg ist selten. Dabei ist dies Voraussetzung für gute Lösungen in einer komplexen Welt.

 – In der Öffentlichkeit hat sich über viele Jahre der Eindruck festgesetzt: Die SPD ist innerlich zerrissen, mit sich selbst und mit Machtkämpfen an der Spitze beschäftigt. Sie agiert an den eigentlichen Problemen der Menschen vorbei. Das hat das Vertrauen dauerhaft beschädigt.   

 – Die SPD ist die Partei der Sozialpartnerschaft. Sie strebt schon immer nach dem Bündnis der Ohnmächtigen mit den Mächtigen, der Unglücklichen mit den Glücklichen. Sie verleiht denjenigen eine Stimme, die keine haben. Starke können und müssen mehr schultern als Schwache, aber eine demokratische Gesellschaft zu tragen ist die gemeinsame Aufgabe aller. Der Wesenskern der Sozialdemokraten ist die Bereitschaft zum sozialen Ausgleich. Wir haben den Draht zur Arbeiterschaft, unserer früheren Kernklientel, weitgehend verloren. Unsere Mandatsträger können sich diesen Wählergruppen kaum noch verständlich machen. Viele unserer (ehemaligen) Anhänger empfinden die SPD als lebensfern und als Teil der „Eliten“. 

Von der Volkspartei zur Delegiertenpartei

 – Führung und Basis der SPD haben sich voneinander entfernt. Die SPD hat sich in vielen Regionen von der Volks- zur Delegiertenpartei gewandelt. In der sozialdemokratischen Diaspora im Osten und Süden unseres Landes werden Parteiämter und Listenplätze für Wahlen nicht nach Wählerwirksamkeit, sondern nach Delegiertenaffinität vergeben. Diese Form von wählervergessener Selbstgefälligkeit hat uns nicht nur die jüngste bayerische Katastrophe beschert: Sie ist überall dort zu beobachten, wo die SPD nicht mehr in der Lage ist, Direktmandate zu erringen. Bei den vergangenen drei Bundestagswahlen gewann die SPD nur noch ein Fünftel der Direktmandate, 2017 im ganzen Osten nur noch ein einziges. Jetzt in Bayern kein einziges mehr. In den Regionen, in denen die SPD nicht mehr um Direktmandate kämpft, sondern der Platz auf der Landesliste über politische Karrieren entscheidet, wird der Binnendialog (Landesvorstand, ASF, Jusos, AG 60plus) wichtiger für die politische Karriere als das Gespräch mit den Wählern. Diese Binnenorientierung ist immer stärker spürbar. Manche verwechseln die Postings in den Echokammern ihrer Facebook-Gruppe mit dem Leben. An Wahltagen ist jedoch nicht entscheidend, was Delegierte, sondern was Wähler denken.

 – Der Eindruck ist gewachsen, dass die SPD für viele Mandatsträger eher Beruf denn Berufung ist. Wer keine wirtschaftliche Perspektive mehr außerhalb der Politik sieht, verengt seinen politischen Gestaltungsanspruch auf die Frage: Was wird aus mir?

Ist das Ende unausweichlich?

Ist das Ende der SPD nahe? Jeder sieht die Gefahr. Ist das Ende unausweichlich? Nein. Denn die Idee der Sozialdemokratie ist unverändert aktuell. Doch sie muss wieder herausgearbeitet und mit Leben erfüllt werden.

Die SPD ist die Partei der Arbeit. In ihrem historischen Gedächtnis lebt die Erkenntnis, dass es keine leistungslosen Erfolge gibt. „Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer“, hat uns Willy Brandt ins Parteibuch geschrieben, „darum besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“ Der Wesenskern der SPD ist es, den praktischen Mehrwert durch gelebte Gemeinschaft im Alltag herauszustellen. Unsere Losung, die aus dem Sprachgebrauch der Menschen fast verschwunden ist, lautet „Solidarität“.

Wo Sozialdemokraten sich sichtbar und pragmatisch um Zusammenhalt kümmern, haben sie gute Wahlergebnisse erzielt. Der Parteirechte Buschkowsky ebenso wie der Parteilinke Scherf. Zusammenhalt ist keine ideologische Frage. Er ist Grundlage des Erfolgs.

Bündnis der Starken mit den Schwachen als Aufgabe 

Deshalb müssen wir für eine deutliche Erhöhung der Erbschaftssteuer eintreten. Hier werden pro Jahr etwa 300 Milliarden Euro vererbt, und es gelangen nur 6 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen - das sind gerade mal 2 Prozent. Es geht dabei nicht um „der Oma ihr klein Häuschen“ – hohe Freibeträge für niedrige familiäre Nachlässe dürfen nicht angetastet werden –, sondern es geht hier um angemessene Steuern auf zum Teil gewaltige, leistungslose Einkommen. Die Erbschaftssteuer wird von den Ländern erhoben. Wenn sie diese Mittel vor allem für die Finanzierung von Bildung einsetzten: wie viel wäre für die gesamte Gesellschaft gewonnen!

Die politische Aufgabe der SPD besteht darin, das Bündnis der Starken mit den Schwachen in der Gesellschaft zu organisieren. Bei der Bundestagswahl 1998 ist das der SPD zum letzten Mal geglückt. Zwei starke Führungspersönlichkeiten demonstrierten damals Gestaltungsanspruch, Kraft und Ausstrahlung weit hinein in die politische Mitte und nach links. In der rot-grünen Regierung kam ein starker Bundesinnenminister hinzu, der für „law and order“ stand. Die Menschen verbanden mit der SPD die Hoffnung auf Zukunft auf der Basis innerer Sicherheit. Wenn die SPD wieder erfolgreich sein will, muss sie das Bündnis der Starken mit den Schwachen neu begründen und mit Persönlichkeiten illustrieren, die diesen Wesenskern der Sozialdemokratie glaubwürdig verkörpern.

Verteidigung unserer Grundwerte

Die SPD ruht auf zwei Säulen: dem Grundgesetz, das Freiheit und Gleichheit garantiert und soziale Gerechtigkeit fordert, und unserem Grundwert der Solidarität. Das bedeutet, dass es mit Gegnern unserer Verfassung keine Kompromisse geben kann. Wir sind Otto Wels und Abertausenden von Sozialdemokraten verpflichtet, die der Nazi-Tyrannei aufrecht widerstanden haben. Viele haben dafür mit ihrem Leben bezahlt. Nicht vergessen sind die Genossinnen und Genossen, die dem stalinistischen Terror in der DDR zum Opfer gefallen sind, weil sie unsere Grundwerte verteidigt haben. 

Die SPD steht. Ihr historisches Gedächtnis funktioniert. Auch zur Lösung einer der drängendsten sozialen Fragen, der Wohnungsnot in den Städten, brauchen wir es nur zu aktivieren. Ende des 19. Jahrhunderts wurden – durch sozialdemokratische und gewerkschaftliche Aktivisten unterstützt –gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften gegründet, die für Arbeiter und Angestellte bezahlbaren Wohnraum schufen. Der Bedarf an bezahlbarem, arbeitsplatznahem Wohnraum in den Ballungszentren kann heute nicht mehr gedeckt werden. Polizeibeamte, Verwaltungsangestellte, Arbeiter und Handwerker, die in Berlin, München oder anderen Städten arbeiten, müssen zweimal täglich 30, 40 oder mehr Kilometer pendeln, weil sie sich Mieten nur noch im entfernten Umland leisten können.

Das ist mehr als nur eine Frage des individuellen Zeitaufwands und der nationalen Öko-Bilanz. Wenn die arbeitenden Menschen keinen Lebensraum mehr in den urbanen Zentren finden, wird auch gesellschaftlicher Zusammenhalt zerstört. Das darf die SPD nicht zulassen.

In München sind die Bodenpreise seit den 1950er Jahren um 34.000 Prozent gestiegen, bundesweit im Durchschnitt um 1800 Prozent. Wer die Bodenpreise nicht der Spekulation entzieht, bekommt die Mietenexplosion nicht in den Griff; auch nicht durch Mietpreisbremsen. Maurerlöhne, Beton und Glas sind nicht das Problem. Investoren legen die Gesamtkosten und damit auch die exorbitanten Grundstückspreise auf die Mieten um; natürlich einschließlich ihrer Gewinnmarge. 

Eigentum verpflichtet – auch beim Grundbesitz

Das Grundgesetz ist eindeutig: Eigentum verpflichtet. Aber es verpflichtet nicht zum Verlust. Grund und Boden sind jedoch aus sozialdemokratischer Sicht keine Wirtschaftsgüter; sie sind unverzichtbar und unvermehrbar. Wir müssen uns nur erinnern: Bund, Länder und Gemeinden, und die ihr nachgeordneten Institutionen oder die im Bundesbesitz stehende DB sind Großgrundbesitzer.

Olaf Scholz hat deshalb jetzt mit der SPD eine Gesetzesänderung angestoßen und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) angewiesen, „alle entbehrlichen Liegenschaften“ verbilligt und unter Umständen sogar gratis an Kommunen abzugeben. Das ist ein erster, großer Schritt auf dem richtigen Weg. Solche Gelände nicht nur an Investoren zu verkaufen, sondern sie in großen Teilen dem sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen, bringen die öffentlichen Hände um beträchtliche Einnahmen, aber es zahlt ein in gesellschaftlichen Zusammenhalt. 

Niemand wird enteignet, aber solche Politik bereichert unsere Städte um Menschen, die sich nicht mehr abgehängt, an den Rand gedrängt, allein gelassen fühlen. Das sind unsere Antworten auf eine der drängendsten sozialen Fragen der Zeit. Wir müssen sie nur aussprechen – und endlich umsetzen. Das ist Solidarität.

Rückkehr zur Volkspartei

Was jetzt gebraucht wird, ist der entschlossene Blick nach vorn. Wie wird die SPD wieder zur „Volkspartei“ – einer Organisation also, die Strömungen und Stimmungen in der Bevölkerung frühzeitig wittert, politisch bündelt und in mehrheitsfähige Lösungen verwandelt? Wie gelingt das in einer immer heterogeneren Gesellschaft und mit einer kurzfristig orientierten politischen Kommunikation in sozialen Medien?

 – Die SPD muss wieder das Gespräch mit denen suchen, die sich geringgeschätzt und nicht gehört fühlen. Wir brauchen wieder mehr Persönlichkeiten – auch in Führungspositionen – die selbst aus solchen Bevölkerungsgruppen stammen und aus dieser biographischen Motivation heraus Politik machen.

 – Die SPD als Partei der gelebten Sozialpartnerschaft braucht gestandene Gewerkschafter ebenso wie Persönlichkeiten mit langjährigen Erfahrungen in der Wirtschaft, die enge Netzwerke mit den Innovatoren von morgen bilden und die deutlich machen, dass Wirtschaftskompetenz in die Entscheidungen der SPD mit einfließt. Eine Partei, die die Exportnation Deutschland gestalten will, muss fairen Welthandel unterstützen. 

 – Die SPD muss wieder die politische Kraft werden, die das soziale Miteinander organisiert und für mehr Zusammenhalt pragmatisch einsteht. Mit dauerhaft sicheren Ansprüchen an den Sozialstaat, aber auch darüber hinaus. Teilhabe und Zufriedenheit speisen sich nicht allein aus dem verfügbaren Einkommen, sondern auch aus der Zahl der Sozialkontakte und dem Gefühl, gebraucht zu werden.

„Aussprechen dessen, was ist“

„Alle große politische Aktion besteht in dem Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist“, sagt einer unserer Gründerväter, Ferdinand Lassalle. Heute würde er vielleicht solche politische Kleingeisterei in seiner Partei mit Blick auf unseren Umgang mit den Problemen der Migration kritisieren. Die SPD spricht nicht klar aus, dass beileibe nicht alle, die kommen, Flüchtlinge sind, sondern eben auch Wirtschaftsmigranten, gewöhnliche Kriminelle – und wenige einzelne sogar Terroristen. Sie bemäntelt die gewaltigen Probleme mit der Integration im Einklang mit Merkels zweifelhaftem Glaubensbekenntnis: „Wir schaffen das“.

Manuela Schwesig hat dabei zu diesem Thema schon alles gesagt. „Erstens: Wer Schutz braucht, bekommt Schutz. Zweitens: Wer kein Bleiberecht hat, muss zurück. Drittens: Wer hierherkommt, muss sich an unsere Regeln halten, aber wir müssen auch die Voraussetzungen für gelingende Integration schaffen.“ Und sie hat hinzugefügt: „Ich bin sicher: Wenn man sich an diesen Dreiklang hält, stimmt die Mehrheit der Deutschen zu.“ Die Mehrheit der Deutschen - und der einfachen Parteimitglieder – schon. Aber die Mehrheit in sozialdemokratischen Gremien, in denen die Furcht vor falschen innerparteilichen Positionen herrscht? Als Andrea Nahles erklärte, dass wir nicht alle Flüchtlinge aufnehmen könnten, erhob sich ein Sturm der Entrüstung: bei den Funktionären der SPD...

Kommunale Spitzenvertreter fehlen in der Partei-Spitze

Wer ausspricht, was ist, wie der ehemalige Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, kassiert Rufe nach einem Parteiausschluss. Dabei sind die wenigen direkt gewählten Abgeordneten und vor allem die Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte die einzigen Mandatsträger, die nicht über eine von Gremien zusammengestellte Liste ins Amt kommen, sondern unmittelbar von Bürgerinnen und Bürgern gewählt und mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt werden. Sie werden mit einem persönlichen Vertrauensvorschuss ihrer Wählerinnen und Wähler direkt in kommunale Spitzenämter und Parlamente entsandt. Die Sozialdemokraten aus der Kommunalfamilie, die Ehrenamtlichen vor Ort – sie sind in der Parteispitze und im Vorstand der SPD nicht etwa nur unterrepräsentiert: Es gibt sie dort nicht, sie fehlen völlig. 

Warum das so ist? Kommunale Spitzenvertreter der SPD haben weder Zeit noch Lust und manchmal auch nicht das Geld, um nach Berlin zu fahren und ihre Erkenntnisse dort in Parteigremien vorzutragen, die sich in ihrer "Wir-schaffen-das“-Burg eingegraben haben. Jedenfalls haben Parteiführungen seit langer Zeit jeden ernsthaften Versuch unterlassen, kommunale Spitzenvertreter für die SPD-Spitze zu gewinnen – so, als gehe es auch ohne die kommunale Basis. Wenn Parteipolitik auf Wirklichkeit trifft und die Augen vor dem verschließt, was ist, dann geht es ab in den Keller.

Keine Toleranz der Intoleranz

Die SPD muss in der Integrationspolitik klare Kante zeigen: Null Toleranz gegenüber Intoleranz, keine rechtsfreien Räume, gesteuerte Zuwanderung. Null Toleranz gilt übrigens nicht nur gegenüber intoleranten Muslimen, sondern auch gegenüber intoleranten Rechtsradikalen und Neo-Nazis. Gleiches Recht für alle. Die Menschen in Deutschland müssen sich an jedem Ort wieder sicher fühlen können – das gilt für Flüchtlinge und Migranten genauso wie für Alteingessene. Und zu gesteuerter Zuwanderung gehört auch die Diskussion über den Vorschlag von Boris Pistorius, Flüchtlinge und Migranten bereits in Libyen in Auffanglagern registrieren zu lassen.

 – Die Welt erwartet von Deutschland mehr Engagement. Der „Ohne-mich“-Reflex der SPD in vielen außenpolitischen Fragen wird in allen Teilen der Welt als Wegducken wahrgenommen. Die SPD muss dringend notwendige strategische Debatten über deutsche und europäische Interessen in einer Zeit geopolitischer Verschiebungen anstoßen und führen. Das ist überzeugender Internationalismus. 

Bekämpfung von Populismus und Haifischkapitalismus

 – Die SPD muss gemeinsam mit ihren Mitstreitern in anderen EU-Staaten die kulturellen Spaltungen in Europa, besonders zwischen West und Ost, zum Kernthema machen, aktiv angehen und für einen Ausgleich von Interessen sorgen. Das ist der wirksamste Beitrag zur Bekämpfung der populistischen Kräfte in Europa.

 – Die SPD muss national und international den Kampf gegen Haifischkapitalismus in der Finanzwirtschaft und gegen das Machtoligopol digitaler Großkonzerne führen. Sie muss – den Errungenschaften der Aufklärung verpflichtet – den anonymen Pöbeleien und Denunziationen im Netz sowie Fake News entschieden entgegentreten. Freie Meinungsäußerung zieht ihren gesellschaftlichen Nutzen daraus, dass sie – zumindest in der Kommunikation innerhalb der SPD – mit offenem Visier, also unter Klarnamen, vorgetragen wird. Nur so entsteht demokratischer Diskurs; Postings unter Pseudonym mögen in autokratischen Systemen zum Selbstschutz nötig sein: in offenen Gesellschaft sind sie wertlos.

Direkte Kommunikation und flache Parteihierarchie

 – Der Kompetenzverlust, den uns die Wahlbevölkerung in Deutschland auf fast allen politischen Feldern ebenso schmerzhaft wie regelmäßig zumisst, steht in diametralen Gegensatz zu den Fähigkeiten, die eine große, sich der Politik verpflichtet fühlende Gemeinschaft von fast einer halben Million Parteimitgliedern individuell besitzt. Wenn die SPD wüsste, was die SPD weiß, wäre sie immer noch eine große Volkspartei.

Nur: die individuellen Kompetenzen unserer Mitglieder sind in der Organisationsstruktur kaum bekannt, und sie sind für die Funktionseliten auch nur von begrenztem Interesse. Dies zu ändern, wird zum Grundstein für den Neuaufbau der Partei.

 – Und die SPD muss sich selbst und ihre Organisation von Grund auf verändern. Die 150 Jahre alte Gremienwirtschaft stammt aus der Zeit vor der Erfindung des Telefons. Wenn etwas zur Erneuerung der SPD beitragen kann, dann ist es der Verzicht auf eine steile Parteihierarchie, die in den Gründerzeiten des 19. Jahrhunderts unverzichtbar war, aber heute aus der Zeit gefallen ist, weil Kommunikation nicht mehr durch Delegierte auf Ortsvereins-, Kreis-, Bezirks- , Landes- und Bundesebene organisiert werden muss; vom Zeit- , Reise- und Finanzaufwand ganz zu schweigen. Das Internet ist schon erfunden. Parteimitglieder können sich ortsungebunden jederzeit miteinander austauschen, wenn digitale Diskussionsforen eingerichtet sind. Diese Aufgabe ist kein Hexenwerk. Direkte Kommunikation und flache Parteihierarchie schaffen mehr Transparenz und mehr Partizipation: Sie führt heraus aus den Hinterzimmern mit ideologiefester Besetzung in angstfreie Räume. Dies ist eine Partei auf der Höhe der Zeit.

„Wir haben eine Aufgabe, die ist wichtiger als wir selbst“

Die notwendige Erneuerung muss neue Strukturen schaffen, Ämter nach den Kriterien von Kompetenz und Leistung vergeben und neue Gesichter nach vorne bringen. Veränderung ist schmerzhaft. Sie bringt Lebensplanungen Einzelner ins Wanken. Das ist der Preis der Erneuerung. Wird die SPD fähig sein, diesen Weg zu gehen? Werden die Delegierten eines Bundesparteitags Beschlüsse fassen, die auch ihrer eigenen Karriere, ihrer eigenen Zukunftsplanung zuwider laufen könnten?

Große Sozialdemokraten haben sich immer dazu bekannt: „Wir haben eine Aufgabe, die ist wichtiger als wir selbst.“ So müssen wir die Herausforderung angehen, vor der wir jetzt stehen. Ehrlich mit uns selbst, mutig für unsere Sache.

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Hans Herzberger | Mi., 31. Oktober 2018 - 10:35

Herausforderungen und Erneuerungen, Erneuerungen, Erneu...... usw ! Das sind die ewigen Phrasen dieser Partei, die es nicht schafft sich zu erneuern ! Zuerst sollte die Parteispitze erneuert werden, das ist die größte Heraudforderung !

Daniel Wischer | Mi., 31. Oktober 2018 - 10:45

An Fahrplänen, Gremiensitzungen und Papieren herrscht in der SPD ersichtlich kein Mangel. Seltsam ist dagegen, dass nach drei krachenden Wahlniederlagen (Bund, Länder) niemand Verantwortung hierfür übernimmt. Der Generalsekretär bescheinigt dem hessischen Spitzenkandidaten, dass er einen hervorragenden Wahlkampf gemacht, die richtigen Themen gesetzt habe und überhaupt ein toller Ministerpräsident in spe sei. Nach drei vergeblichen Versuchen, die Macht zurück zu erobern und erneuten Stimmenverlusten...Na dann.
Frau Nahles hingegen präsentiert einen "Fahrplan", der auflistet, was bereits sowieso vereinbart wurde in der Koalition. Das Papier dürfte so spannend sein wie das Telefonbuch einer Eifelgemeinde. Herr Stegner wird bei "Plasberg" vom politischen Gegner getröstet. Wie tief kann dieser Verein eigentlich noch sinken? Auch die im Artikel aufgelisteten Thesen und Empfehlungen ("Partei der Schwachen", "Sozialpartner" etc.) offenbaren, dass die SPD in den Neunzigern feststeckt. Traurig.

Dr. Roland Mock | Mi., 31. Oktober 2018 - 23:11

Antwort auf von Daniel Wischer

Ich denke, die SPD steckt nicht „in den Neunzigern“, sondern im vorletzten Jahrhundert fest. Und was der Autor hier alles aufzählt, ist halt klassische SPD-Politik. Alles schon mal in dieser oder ähnlicher Form in Deutschland oder anderen Ländern exerziert. Mit den bekannten Ergebnissen.

Michaela Diederichs | Mi., 31. Oktober 2018 - 23:40

Antwort auf von Daniel Wischer

Eben nicht in den 90er Jahren steckt die SPD fest. Sie hat sich - weil Madame sämtliche Themen klaut und an sich reißt - Nebenkriegsschauplätze ausgesucht, die den normalen Bürger überhaupt nicht interessieren. Der überbordende Kampf gegen rechts, wenn gleichzeitig die Antifa die Autos von Bürgern abfackelt, interessiert nicht die Bohne. Gendertoiletten, Ehe für alle sind Themen von Minderheiten. Die ungezügelte Migration hat die Situation am Wohnungsmarkt geradezu unerträglich gemacht und führt zu einer Verschärfung der Konkurrenz im unteren Lohnsektor. Die SPD ist auf allen Nebenkriegsschauplätzen zuhause, nur nicht bei den drängenden Problemen der Menschen, die schon länger hier leben. Selbst die Gewerkschaften gehen langsam auf Distanz. Mit welchen Köpfen soll diese Partei sich erneuern? Mit Klein-Kevin? Der hat auch keine Antwort.
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-465983.html

Andreas Balmert | Mi., 31. Oktober 2018 - 10:45

Auf der Brücke zwischen dem oft geäußerten "Die SPD muss ..." und dem selten vernommenen "Die SPD wird ..." wartet das Scheitern.
Wie kommt die SPD vorbei?

gabriele bondzio | Mi., 31. Oktober 2018 - 10:46

kann ich was mit anfangen, da ich es in Realität an einer Bekannten erlebt habe. Nicht sehr weit von Depression entfernt. Sehr langer Heilungsprozess und schwer herauszukommen ohne psychische Betreuung. Aber
direkte Kommunikation und flache Parteihierarchie wären hilfreicher als dauerhafte Einnahme von Antidepressiva der Parteispitze.

Susanne Dorn | Mi., 31. Oktober 2018 - 10:52

…die sich so weit vom Souverän entfernt haben, Land und Bürger hassen und nur noch unermesslichen Schaden anrichten, können nicht erwarten, mit positiven Wählerstimmen überschüttet zu werden.

Wer 20, 30 oder 40 Jahre unter einer Käseglocke sitzt, ohne jegliche Berufserfahrung, Weiterbildung und Wahrnehmung von Entwicklungen, sowohl national als auch international, nimmt die Probleme und Sorgen der Bürger nicht mehr wahr.

Diese Generation von Politikern ist auch nicht mehr lernfähig!

Nicht besser sieht es allerdings beim Parteiennachwuchs aus. Außer Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal ist auch hier kein Fundament zu erkennen, das diese Nachfolger befähigen würde, eine Industrienation zu führen, unsere Demokratie zu verteidigen, Erschaffenes zu bewahren und unseren Wohlstand zu mehren, wie es der Amtseid vorschreibt.

Yvonne Walden | Mi., 31. Oktober 2018 - 16:54

Antwort auf von Susanne Dorn

Hans-Roland Fäßler hat in vielerlei Hinsicht Recht mit den Kritikpunkten, die er seiner Partei ins Stammbuch geschrieben hat.
Wenn er schreibt, daß "ihre Politik den Menschen in unserem Lande dienen muß´", stellen wir als politische Beobachterinnen und Beobachter erschrocken fest, daß selbst die SPD-Politik inzwischen der Herrschenden Klasse mehr dient als uns einfachen Bürgerinnen und Bürgern. Das Bündnis der SPD-Spitzenpolitikerinnen und SPD-Spitzenvertreter mit den Mächtigen ist unübersehbar. Auch SPD-Funktionärinnen und -Funktionäre werden seit langem als Teil der Eliten empfunden. Wie sollen solche InteressenvertreterInnen die Interessen der großen Mehrheit, der Kleinen Leute wirksam vertreten?
Besonders hervorzuheben ist der Vorschlag von Herrn Fäßler, die Erbschafts- und auch Schenkungssteuer endlich sozial-gerecht zu gestalten.
Dazu hören wir Wählerinnen und Wähler aus der SPD-Zentrale so gut wie nichts. Heißt daß, auch die SPD befürwortet eine Freistellung der Superreichen?

und Bürgerinnen hat nicht nur die sPd der Altersarmut, Kinderarmut, dem Pflegenotstand usw. usw. viele Jahre lang überlassen. Dann waren plötzlich Milliarden über Milliarden da. Ohne Obergrenze. Jetzt will man von denen, die Arbeitsplätze schaffen sollen, Wohnungen bauen, Afrika retten usw. usw. mehr Geld. Dafür schlachten die ihr Sparschwein ? Oder geht das in den Preis ein bzw. zu lasten von Investitionen ? Man will den Wählern zeigen, dass man doch für sie da ist. Es reicht aber nur für eine kleine Kindergelderhöhung oder 1 zusätzliche Pflegekraft pro Pflegeheim. So wird das nichts.

Wolfgang Tröbner | Mi., 31. Oktober 2018 - 10:57

Der SPD fällt jetzt auf die Füße, was eigentlich schon seit langem bekannt ist, bislang vom Wähler aber ignoriert wurde: Es ist eine reine Funktionärspartei, in der nur Karrieristen das Sagen haben und die Basis nur als Stimmvieh gebraucht wird. Die eigentlichen Entscheidungen werden im Hinterzimmer von diesen Karrieristen getroffen, für die Parteiarbeit nur Beruf und Sprungbrett für die eigene Karriere ist, aber in den wenigsten Fällen wirkliche Berufung. Der Wähler hat jetzt verstanden, dass es diesen Funktionären nur um das eigene Fortkommen geht, nicht aber um sein Wohl. Weshalb wurde ein Schulz bei der letzten BTW so abgestraft? Weil das Programm schlecht gewesen wäre? Nein, man nimmt es diesen Personen nicht mehr ab, dass das Wohl des Wählers für sie relevant wäre. In den diversen Koalitionen mit der ähnlich gestrickten Merkel haben sie das hinlänglich bewiesen. Man schaue sich das derzeitige Spitzenpersonal an. Nahles, Kühnert, Schwesig - die wollen mich vertreten? Nein danke!

Tomas Poth | Mi., 31. Oktober 2018 - 11:00

und das hier präsentierte Papier:
Wie Schwesig und Nahles hier zitiert werden, dass ist nicht nur schwach sondern sehr lau. Wer gewalttätige "Antifa" protegiert der hat das Trauma Weimarer Zeit noch nicht überwunden, im Gegenteil er versucht andere in das Trauma Weimar hineinzuziehen, um dann durch "Kampf" dieses Trauma zu heilen.
Liebe SPD ihr seid z.Z. total verpeilt und es fehlen euch die altvorderen Köpfe.

Schröder haben wir Brioni und Cohiba verziehen. "Hol mir mal ´ne Flasche Bier" war er eben auch. "Frauenpolitik und so Gedöns" - geschenkt. Sein beinahe Gelalltes "Sie kann es nicht, sie kann es einfach nicht" hat sich bewahrheitet. Authentisch, ehrlich, aus kleinen Verhältnissen nach oben gekommen, wusste er wenigstens noch um die Sorgen der sogenannten "kleinen Leute". Seine für viele so schmerzhafte Agenda 2010 hält Madame bis heute am Leben. Sie dankt es ihm. Die SPD nicht. Erfolg ist nichts Beschämendes. Der Mensch sehnt sich nach Erfolg und Kollektiv - von klein auf. Es gibt da diese schöne LBS-Werbung: "Wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden", sagt ein Kind zu seinem sehr alternativen Vater. Die SPD kümmert sich um die "Väter", nicht um die Kinder. Die Sehnsüchte der Spießer haben die SPD groß gemacht. Die SPD ist einfach kein Sehnsuchtsort mehr.

Immer wieder klasse ihre Ideen, liebe Frau Diederichs! In der Tat könnte man das oben aufgeführte Dilemma der SPD auch prima in einer anderen zur Zeit angesagten Reklame unterbringen. Kennen Sie den Spot,....."Denken Sie nicht ab und zu, toll was andere Wagen so an neuen Assistenzsystemen haben? Sie haben nur einen Assistenten. ("Fahr da vorne links.., Nein doch lieber rechts...!) Und der heißt...Wir wissen auch nicht wo Andrea hinmöchte... aber wir kaufen Ihr …???
Ein Neuwagen für den kleinen Spießer könnte Teil der Lösung sein;-) Bis bald! MfG

Parteien sind halt immer auch Sehnsuchtsorte. Wir sehen das gerade bei den Grünen, zu denen sich die Wähler flüchten. Die kommen so frisch, so jung, so dynamisch, so selbstsicher und zukunftsorientiert daher. Aber haben sie wirklich Konzepte? Ideen sind das eine, ihre Umsetzung das andere Thema. Ausschließlich E-Mobilität in den Städten? Ich bitte um ein Konzept. Das wird noch nicht mal auf dem Land funktionieren. Die Leitungen und Kapazitäten sind nicht vorhanden. Ein ganzer Straßenzug pendelnder Menschen, die abends ihre Autos ins Netz hängen - Zack ist alles duster. Von den Städten nicht zu reden. Niemand stellt die Grünen, weil die Etablierten mit sich selbst und Rechts beschäftigt sind und hier ganz besonders die SPD. In der Zwischenzeit muss der "kleine Mann" ertragen, dass sein Diesel eigentlich nichts mehr wert ist. Für einen Neuwagen fehlt das Geld. Kleiner Mann, was nun? frag ich mal mit Fallada. LG MD

martin falter | Mi., 31. Oktober 2018 - 11:05

aber die SPD wird die Umkehr nicht schaffen.
Zu viele Posten und Gehälter hängen daran.
Lieber geht man unter. Dabei würde die SPD mehr gebraucht als denn je, aber nicht diese SPD.
Sie hat sich irgendwo zwischen Merkel und Genderwahn verloren. Schön wird in dem Artikel rausgearbeitet wie sich die SPD von ihren Wählern entfernt hat. Es gibt keinen Weg zurück.

Wolfgang Selig | Mi., 31. Oktober 2018 - 11:30

Das ist eine nette Analyse, aber noch viel zu unkonkret. Das eigentliche Problem ist ein anderes: die SPD hat in weiten Teilen das völlig falsche Personal. Das ist wie bei der Firma Quelle kurz vor der Pleite. Mir nützen in Zeiten der Digitalisierung 10 Spezialisten für Versandhauskataloge nichts, wenn kein einziger eine website erstellen kann.

Die Parteiführung (inkl. Präsidium und Vorstand!) müsste eine klare Ansage machen: wir wollen jetzt in den nächsten 10 Jahren nur noch Leute in neuen Funktionen sehen, die außerhalb des Politikbetriebs schon mal mindestens 5 Jahre etwas anderes als Lehrer, Anwalt oder Politologe gearbeitet haben bzw. studiert haben. Nur dann bekomme ich schrittweise vernünftiges Personal zurück. Keine Politologiestudenten mit 20 Semestern wie Herr Kühnert als MdB, sondern z.B. den Anlagenelektriker, der Betriebsratserfahrung hat und vielleicht auch schon im Stadtrat saß, auch wenn er eine schlechtere Rechtschreibung und Grammatik hat.

Justin Theim | Mi., 31. Oktober 2018 - 11:37

"Sie verleiht denjenigen eine Stimme, die keine haben. Starke können und müssen mehr schultern als Schwache,..."

Das Problem der SPD ist ein ganz anderes. Sie hat sich als Partei der Nichtdeutschen profiliert, als Partei, die Deutschland ablehnt, das Steuergeld seiner Bürger aber gerne nimmt und verplempert. als Partei, die Grundgesetz und Strafgesetzbuch mit Füßen tritt, wenn es um die Belange von Migranten geht, als Partei, die sich mit Gewalttätern, seien es Migranten oder Antifa verbündet oder gemein macht, die dafür sogar gesetzliche Voraussetzungen schafft (z.B. Abschaffung der Extremismusklausel durch Schwesig), die aktiv Abschiebungen von migrantischen Straftätern verhindert, deren Bürgermeister und Oberbürgermeister Gewalttaten gegen Frauen in ihren Gemeinden verharmlosen und die darüber empörten Bürger kriminalisieren.

All das fehlt in Ihrer Aufzählung, Herr Fäßler, und ist ein weiterer Beleg für die Realitätsblindheit der SPDler.
Wir haben die Nase jedenfalls voll!

wolfgang spremberg | Mi., 31. Oktober 2018 - 21:58

Antwort auf von Justin Theim

Sie haben vollkommen recht. Wer duldet/ Offene Drogenszenen ? toleriert die Willkür arabischer Clans ? Wer kauft Linksextremisten die "Rote Flora" ?
Willy 1973 : Wir müssen jetzt natürlich zuerst an unsere eigenen Landsleute denken.
Das ist verdammt lang her.

Birgit Jacob | Mi., 31. Oktober 2018 - 11:43

Man sollte in der ganzen Diskussion nicht die kritiklose Haltung der SPD zur EU Politik vergessen. Höhere Beiträge an die EU ohne Bedingungen, die Tatsache, dass Scholz bereits an einer europäischen Arbeitslosenversicherung arbeitet, wo jedem der noch halbwegs klar bei Verstand ist, bewusst ist, dass dies einer weiteren Nettozahlung gleichkommt. Die Aufrechterhaltung des EU Apparates ist wichtiger, als die Lösung der nationalen Probleme. Für die künftigen Herausforderungen, welche aus der Digitalisierung und Globalisierung entstehen, hat die SPD keine Antworten. Ich kann nicht einmal erkennen, dass die SPD sich mit diesen Themen beschäftigt.
Die einzige Antwort welche die SPD liefert, ist die weitere Verausgabung von Steuergeldern, ohne wirklich die Probleme zu lösen. Das quittiert der Wähler zu Recht mit dem Entzug seiner Wählerstimme.

Rotmann Jens | Mi., 31. Oktober 2018 - 11:58

Leute die Bit für ein Bier aus Bitburg halten werden dieses Land nicht regieren können. Auch wenn sie in der Nähe geboren wurden.
Und der Merz ? Der ist doch auch schon 62 und es gibt die Rente mit 63 , dank Nahles. Keine Ahnung warum sie nicht alle nach diesem Strohhalm greifen.
Ich wünsche mir jüngere, dynamische Leute, wobei für mich 40 plus auch schon alt ist ;-)

Robert Müller | Mi., 31. Oktober 2018 - 12:00

Etwa nach der Hälfte des Textes habe ich aufgehört zu lesen. Ich glaube nicht das danach noch etwas wichtiges geschrieben wurde. Was hier ganz sicher fehlt ist eine Geschichte, die die Wähler und konkret im Text - die Leser - anspricht, mitfiebern lässt. Ich erinnere an Obamas "Yes, we can!" Das da ist dröges business as usual. Erneuerung geht so!! sicher nicht.

Linda Berckhemer | Mi., 31. Oktober 2018 - 21:04

Antwort auf von Robert Müller

Doch - auch ich wusste nicht so recht, was ich mit dem Anfang
des Artikels anfangen sollte- der
2.Teil wurde glücklicherweise sehr viel konkreter.... nur nützen wird das alles wenig. Ich denke nicht,
dass es auf Nahles, Stegners oder auch Kühnerts und Weitere irgendwie Eindruck hinterlässt und
dann auch Konsequenzen mit sich bringt. Wie auch... wie soll eine persönliche Zukunft von „Berufspolitikern“ mit abgebrochenem oder nicht abgeschlossenem Studium aussehen? Wohl nicht so berauschend...

Paul J. Meier | Mi., 31. Oktober 2018 - 12:54

„Lasst euch nicht zu Lumpen machen! Zeigt menschliches Verhalten, wo immer es möglich ist, und vor allem, schießt vor allem nicht auf Eure eigenen Landsleute!“

Auch das ist ein Zitat Willy Brandts!

Wenn einem als (möglichst) objektiv-kritischer Geist das Gefühl vermittelt wird, ein Feind zu sein und wenn man auf das Niveau eines "Anhängers"

(Viele unserer (ehemaligen) Anhänger empfinden die SPD als lebensfern und als Teil der „Eliten“. )

reduziert wird, dann impliziert das das ganze Missverständnis! Wir haben 2018, die Bevölkerung hat sich weitgehend emanzipiert, ist gebildet und viele sehen sich auf Augenhöhe mit diesen Pseudoeliten! Als langjähriges Ex-Mitglied blutet mir immer noch das Herz, wenn ich sehe was aus dieser altehrwürdigen Partei geworden ist! Mut zur Wahrheit und keine performativen Widersprüche mehr, also einfach formuliert, auch tun was man sagt. Und anders als der arrogante Özdemir, der sich gestern bei Lanz über Basisdemokratie lustig gemacht hat!

Ralf Müller | Mi., 31. Oktober 2018 - 13:02

Ihre Analyse ist treffend.
In einem Punkt muss ich allerdings energisch widersprechen.
Null Toleranz auch und bedingungslos gegen jede Form von Linksextremismus.
Ich denke an Sie haben dies in Ihren Ausführungen lediglich vergessen.

Herr Müller hat recht. Selbstverständlich muss die SPD Radikalismus und Extremismus in jeder From bekämpfen. Das gilt natürlich auch für den Linksextremismus.

Alfred Kastner | Mi., 31. Oktober 2018 - 13:03

Viele Sozialdemokraten hängen noch immer einer vergangenen Epoche nach. Die SPD muss den Bürgern einen Weg aufzeigen, wie sie Fortschritt und Gerechtigkeit in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung glaubwürdig voran bringen kann.
Es gibt viel zu verteidigen.
Etwa die soziale Sicherheit, die durch Tarifverträge, Gewerkschaften und Unternehmen geschaffen wurde.
Aber auch Neues zu erkämpfen, zum Beispiel bessere Bildungschancen und soziale Gerechtigkeit. Der Streit zwischen CDU und CSU beim Thema Asyl hat verdeckt, dass auch die SPD dabei uneins ist und es ihr nicht gelingt, sich hier klar rechtsstaatlich zu positionieren. Die SPD war bereits in der letzten Legislaturperiode die stärkere Regierungspartei.
Kanzlerin Merkel hatte es jedoch geschickt verstanden, die SPD für sich arbeiten zu lassen und die Erfolge ihrem eigenen Konto gutzuschreiben. Die SPD besitzt nun aber die Chance, dem bevorstehenden Richtungsstreit innerhalb der CDU die eigene Geschlossenheit entgegenzusetzen.

Petra Horn | Mi., 31. Oktober 2018 - 13:18

Das mußte jetzt wieder kommen. Das ist bei den Linken wie das Amen in der Kirche. Kein Schriftstück oder Interview ohne daß man diesen Angriff raushaut und natürlich dabei auf die AfD zielt. Das entlarvt das ganze Gerede über den Bezug zur Basis als substanzlos.
Es fehlt nur der Verweise auf das "Pack".
Wer so ideologieverbohrt und kommunikationsaversiv ist, hat den Untergang verdient. Egal wie alt. Eigentlich sollten sie doch aus ihrer Geschichte gelernt haben, aber nein.
Alles geht einmal zu Ende. Die SPD hatte ihre Chancen.

Hermann Neumann | Mi., 31. Oktober 2018 - 13:34

1. Raus aus der Koalition
2. Entmachtung von Nahles,
dem Grinsekater Scholz usw.
3. Junge Leute wie Kühnert usw. in die Verantwortung nehmen.
4. Sachthemen wie Renten, Mieten, Pflege, Medizinische Versorgung, weg von der
Agenda 2010, Senkung der Stromkosten uvm. Themenfelder die sie beackern können und Wähler zurückgewinnen können.
Es wird ein schwerer, Dornen gepflasterter Weg werden und es wird viel Zeit brauchen, aber ohne diesen wird es keine Zukunft mehr für die SPD geben.

Wolfgang Ezer | Mi., 31. Oktober 2018 - 13:39

Der Westen stand für die alleinige Entwicklung nahezu aller modernen Technologien. Seien es Fortbewegung , Transport , maschinelle Produktion , Kommunikation , Unterhaltungselektronik , Informationstechnologien oder die "weiße" Industrie ( Waschmaschinen , Kühlschränke u.s.w. ).
Jede dieser neuen Industrien hat in den westlichen Ländern neue Arbeitsplätze entstehen lassen , neue Fabriken und Produktionsstätten.
Die Sozialdemokratie hat die politischen Interressen dieser Arbeiter vertreten.
Doch sind diese Industrien und deren Produkte nun überwiegend ausgereift und in die Jahre gekommen.
Es müssen sich angesichts des Umstandes , daß der Westen nicht mehr der alleinige Inhaber moderner Industrien ist , andere Fragen gestellt werden.
Wie können wir im Westen gegen die Konkurrenz aus Ostasien bestehen ? Haben wir zukünftig das geeignete Personal , welches in der Lage ist hochwertige Technologien zu entwickeln ?
Schulvergleichstudien wie TIMMS geben diesbezüglich Anlaß zur Sorge.

Markus Michaelis | Mi., 31. Oktober 2018 - 13:53

Ich glaube das wichtigste für eine funktionierende (und auch halbwegs glückliche) Gesellschaft ist Vertrauen. Ich muss darauf vertrauen, dass sich alle an die offiziellen Regeln halten und keiner hinten rum gegen mich arbeitet. Es gibt Gesellschaften mit Vertrauen aber nur beschränkter Solidarität, die trotzdem funktionieren. Wenn dann Solidarität dazukommt ist es toll. Vertrauen ist aber ein heikles Gut, mit dem man nicht beliebig Experimente machen kann - sowohl in Wirtschafts- wie in Migrations- und Gesellschaftsfragen. Solidarität ist aber auch sehr erstrebenswert: nur ist eine weltweite und besonders eine einseitig erklärte Solidarität mit Ländern, auf deren Probleme man kaum Einfluss hat, Unsinn. Hier könnte die SPD ehrlicher sein - man kann und muss nicht alle Probleme der Welt lösen. Bereits innerhalb Europas ist das eine sehr schwierige Lage, die wir zuerst angehen sollten, bevor man (einseitig) Verantwortung für die ganze Welt übernimmt.

Mathias Trostdorf | Mi., 31. Oktober 2018 - 13:53

Die Analyse stimmt zwar in etwa, trifft aber so oder ähnlich auch auf die anderen Parteien zu. Vielleicht hat sich in dieser Zeit, die ja von "Diversität" und Multikulturalismus geprägt sein soll, das Parteiensystem in einer Gesellschaft mit zu vielen unterschiedlichen Interessen ja auch prinzipiell erschöpft, und ein Abstimmungssystem zu großen Themen wäre viel sinnvoller und würde verhindern, daß sich Bevölkerung und "Politik" immer mehr entfremden?
Bei der SPD kommt natürlich zur visionsfreien Politik auch noch das furchtbar schlechte und stellenweise peinliche Personal hinzu- ob man nun an den ehemals selbstherrlichen Schulz, den mehr als naiven Kühnert, den unsympathischen Stegner oder die prollige Nahles denkt.
Das wird in dieser Konstallation nichts mehr mit den Genosserlnnen und Genossen von der (ehemaligen)"Sozialdemokratie".

Robert Flag | Mi., 31. Oktober 2018 - 14:09

Wann war denn Hermann Müller Kanzler ???
In welchem Land ? Auf welchem Planeten ?

Hans-Roland Fäßler | Do., 1. November 2018 - 11:58

Antwort auf von Robert Flag

Hermann Müller war von März bis Juni 1920 sowie von Juni 1928 bis März 1930 deutscher Reichskanzler. Auch sein politisches Ende war von dieser Welt. Er wurde im Streit um die Arbeitslosenversicherung von der SPD-Reichstagsfraktion gestürzt.

Michael Engelhardt | Mi., 31. Oktober 2018 - 14:39

Wenn das, was der Autor vorschlägt, wirklich umgesetzt würde, könnte ich mir sogar vorstellen, irgendwann wieder SPD zu wählen, wie ich es früher oft getan habe. Eine Kompletterneuerung ausgehend von ihren Grundwerten wie Solidarität ist die einzige Chance für die Partei. Alle Einzelforderungen müssen sich dann von diesen Grundwerten ableiten lassen. Auch wenn es schwerfällt: hier könnte sogar die FDP mit ihrem Erneuerungsprozess ein Vorbild sein.
Der Funktionärskader vom Schlage eines Kevin Kühnert geht am besten zur Linkspartei oder zu den Grünen. Sie gehören nicht in eine SPD wie ich sie kenne. Hier braucht es eine Erneuerung an Haupt und Gliedern, aber vor allem an den Gliedern!

Gustav Fischer | Mi., 31. Oktober 2018 - 14:46

ISt Herrn Fäßler eigentlich aufgefallen,daß seine Zitate ausnahmslos,außer dem von Willy,von Parteifunktionären kommt die dem von ihm zu Recht kritisierten Umstand "Der Eindruck ist gewachsen, dass die SPD für viele Mandatsträger eher Beruf denn Berufung ist"alle Ehre macht? Ach ja noch was „Wir haben eine Aufgabe, die ist wichtiger als wir selbst“
Rudolf Scharping. Parteitag 1975 Mannheim.Abwahl durch Lafontaine.Beides würdevolle Vertreter der Toskana Fraktion.Die Farbe Rot kannten die nur von der Weinsorte. Manchmal wünsche ich mir schon den Onkel Herbert zurück.

Johann Betz | Mi., 31. Oktober 2018 - 14:48

"Mehr Demokratie wagen" war einst ein Versprechen, das viele, vor allem junge, Wähler dazu bewogen hat, die SPD zu wählen. Die heutige SPD sollte mal eine ernsthafte Gewissenserforschung betreiben, was aus diesem Versprechen geworden ist.

Norbert Schmidt | Mi., 31. Oktober 2018 - 15:27

Zitat Fäßler:"Die SPD spricht nicht klar aus, dass beileibe nicht alle, die kommen, Flüchtlinge sind, sondern eben auch (überwiegend) Wirtschaftsmigranten, gewöhnliche Kriminelle – und wenige einzelne sogar Terroristen. Sie bemäntelt die gewaltigen Probleme mit der Integration..." Dies ist nur ein Beispiel, wenn auch ein sehr typisches, was belegt, dass sich die SPD Funktionäre in einer vom Volk abgehobenen und realitätsfernen Welt befinden. Da wundert es natürlich nicht, dass die SPD immer weniger Wähler findet. Mein Fazit ist ebenfalls: Die SPD Basisleute, vornehmlich aus dem Kommunalbereich, müssen so schnell wie möglich die derzeitige Funktionärsschicht ersetzen. Nur so kann die SPD als breitaufgestellte Volkspartei überleben.

Per L. Johansson | Mi., 31. Oktober 2018 - 15:41

Zitat: „für eine deutliche Erhöhung der Erbschaftssteuer eintreten.“

Diese alte Neiddebatte soll die SPD retten?
In der Hoffnung, daß sich schon eine Mehrheit finden wird, die sich freut, eine Minderheit „hochdemokratisch legitimiert“ teilweise zu enteignen?
Natürlich alles unscharf formuliert, damit jeder meint, er wäre keines der Opfer?

Erbschaftsteuer ist, egal in welcher Höhe, unsozial, weshalb es sie in vielen hochsozialen Ländern gar nicht gibt (z.B. Schweden, Norwegen, Österreich etc.)
Warum sollte man auch Menschen dafür bestrafen, daß sie etwas ansparen, um es ihren Liebsten zu hinterlassen?
Mit welchem Recht besteuert man das bereits vom Erblasser zu Lebzeiten voll besteuerte (!) Vermögen noch einmal zusätzlich?
Will man, daß jeder sein Geld komplett verkonsumiert? Denn nur so entgeht man dieser Zusatzsteuer.
Wäre solch egoistisches Verhalten wirklich gesellschaftlich wünschenswert?
Wer ein Erbe aufbaut verhält sich sozial! Warum ihn steuerlich benachteiligen?

Die allermeisten Vermögenswerte werden nicht "angespart", sondern durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "geschaffen" (Sozialprodukt). Oder von denjenigen, die Millionenvermögen vererben, bereits ererbt.
Deshalb führen die Behauptungen von Per L. Johansson in die Irre.
Selbst in den USA zahlen die Erbinnen und Erben großer Vermögen, insbesondere Produktivvermögen, eine angemessene Erbschaftssteuer, die diese Vermögenden nicht wirklich ärmer macht.
Die deutsche Lösung, wonach Firmenerben nach 10 Jahren überhaupt keine Erbschaftssteuer zahlen müssen, ist absolut unsozial
Sie wurde von den Großvermögenden durchgesetzt, und die SPD hatte seinerzeit nicht einmal etwas dagegen einzuwenden.
Nun wundert sich Frau Nahles, weshalb der SPD die Wählerinnen und Wähler davonlaufen.
Selbst die CDU-Wählerinnen und CDU-Wähler scheinen mittlerweile zu erkennen, daß diese Partei lediglich für die Reichen und Superreichen Partei ergreift. Das dürfte mit einem neuen Vorsitzenden Merz nicht anders sein.

Wem soll es besser gehen ? Den Arbeitnehmern des betroffenen Betriebes ?
Die alles erwirtschaftet haben (Die beim Daimler mehr als die bei Ford ?) ? In dem man Kapital aus dem Unternehmen abzieht ?
Oder wollen Sie mehr Geld für den Staat ? Für....? Hätte man schon längst haben können. Geld war genug da.

Zitat: „Die allermeisten Vermögenswerte werden nicht "angespart", sondern durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "geschaffen" (Sozialprodukt). Oder von denjenigen, die Millionenvermögen vererben, bereits ererbt.“

Und was ändert das? Dann hat eben ein Vorfahr das Geld als Lohn für seine Arbeit erhalten und angespart, statt es für nicht bleibende Werte zu verkonsumieren.
Der Betreffende hat es somit bereits versteuert. Und wenn jemand doch einmal etwas dafür kauft, wird es natürlich nochmal versteuert (Mehrwert-, Tabak- etc.). So weit, so normal.
Aber findet zwischendurch eine Übergabe z.B. vom Vater zur Tochter statt, dann nimmt sich unsere Gesellschaft einfach nochmal einen Extrateil davon.
Mit welcher Rechtfertigung?
Warum die Fürsorge für die eigenen Nachkommen (wohl das natürlichste Motiv überhaupt !) de facto bestrafen? Nichts anderes ist das.
Wer etwas aufbauen, etwas weitergeben will, der wird bei uns zusätzlich (!) belastet. Warum?
Ist das fair? Ist das klug?

Erbschaftsteuer ist, egal in welcher Höhe, unsozial, weshalb es sie in vielen hochsozialen Ländern gar nicht gibt (z.B. Schweden, Norwegen, Österreich etc.)
Warum sollte man auch Menschen dafür bestrafen, daß sie etwas ansparen, um es ihren Liebsten zu hinterlassen?
"Mit welchem Recht besteuert man" Eigentum verpflichtet!

"das bereits vom Erblasser zu Lebzeiten voll besteuerte (!) Vermögen noch einmal zusätzlich?"
Weil jedes voll besteuerte Geldvermögen noch mal besteuert wird, wenn man damit etwas kauft. Oder zahlt Ihnen irgendeine Firma das Benzin?

"Will man, daß jeder sein Geld komplett verkonsumiert? Denn nur so entgeht man dieser Zusatzsteuer."
Aber nicht Umsatz- und Produktsteuern! Durch Umsatzsteuer und Beitragsbemessungegrenze ist die Steuerbelastung Reicher (und ihrer Erben) oft gering verglichen mit normal Verdienenden.

"Wer ein Erbe aufbaut verhält sich sozial!"
gegenüber den Erben. Wer es besteuert, verhält sich sozial gegenüber der Allgemeinheit

Jürgen Peters | Mi., 31. Oktober 2018 - 15:53

Herr Fässler ist mit seiner Analyse gut und interessant gestartet. Daraus hätten sich wirklich gute Folgerungen entwickeln lassen. Doch die erste Forderung war gleich wieder der gleiche alte Langweiler: Steuererhöhung. Ich kann es nicht mehr hören. WIR HABEN SO VIELE STEUEREINNAHMEN WIE NIE ZUVOR! Ist das laut genug für SPD-Funktionäre? Ich befürchte, es fehlt schlichtweg das Verständnis für wirkliche Probleme.
Diese sieht aber auch Herr Fässler nicht: ein paar Beispiele: Beschimpfung der eigenen (Ex)wählerschaft als Nazi bzw. dumm statt auf ihre realen Probleme einzugehen, Überbürokratisierung immer weiterer Lebensbereiche (z.B. DSGVO, weitere Beispiele kennt jeder aus seinem eigenen Lebensbereich), Entdemokratisierung durch Zensurgesetze (z.B. Netzwerk"ermächtigungs"gesetz), die verfassungswidrig privatwirtschaftlich ohne vorgesehenen Rechtsweg durchgesetzt werden sollen.....
Ich habe es nicht geschafft, den Artikel zu Ende zulesen. Kam noch was wichtiges?

Jutta Wölk | Mi., 31. Oktober 2018 - 16:13

Hallo, Herr Hans- Roland Fäßler, Ihre Aussage:
" Null Toleranz gilt übrigens nicht nur gegenüber intoleranten Muslimen, sondern auch gegenüber intoleranten Rechtsradikalen und Neo-Nazis. !"
Meine Frage:" Wo bleibt Ihre Toleranz den radikalen Linken gegenüber?"
Auch Null-Toleranz?
Feundlichst
Jutta Wölk

Per L. Johansson | Mi., 31. Oktober 2018 - 16:28

Zitat: “Das bedeutet, dass es mit Gegnern unserer Verfassung keine Kompromisse geben kann. Wir sind Otto Wels und Abertausenden von Sozialdemokraten verpflichtet, die der Nazi-Tyrannei aufrecht widerstanden haben...
Nicht vergessen sind die Genossinnen und Genossen, die dem stalinistischen Terror in der DDR zum Opfer gefallen sind... „

Warum koaliert man dann mit der Partei „DieLINKE“, ehemals PDS, ehemals SED genannt?
Der SED muß man gar keine antidemokratischen, totalitären Absichten unterstellen. Die haben diese jahrzehntelang bewiesen.
Mit diesem Erbe, das auch in der Person vieler Parteimitglieder fortbesteht, scheint man bei der SPD aber kein Problem zu haben.
Die rechte Hälfte des politischen Spektrums dagegen wird verteufelt und ausgegrenzt, selbst im privaten und beruflichen Umfeld.
AfD-Anhängern nennen führende SPDler pauschal den "Braunen Bodensatz der Gesellschaft". Frei übersetzt: Nazidreck.
Wer spaltet hier unsere Gesellschaft?

Inhaltlich wären linke Sozis wie Martin Neuffer zur Frage von Migration (Die Reichen werden Todeszäune ziehen.) heute "Nazidreck. 1980 waren sie NDR Intendanten.....
Solange Sozis von einem Sozialstaat mit offenen Grenzen, bezahlbarem Wohnraum für alle (in Blankenese ?), oder mehr Bildungsgerechtigkeit durch unbegrenzte Zuwanderung träumen werden sie nicht erfolgreich sein. Das ist nicht links, das ist Stuss.

Benno Pluder | Mi., 31. Oktober 2018 - 16:34

"Die SPD ist die Partei der Sozialpartnerschaft. Sie strebt schon immer nach dem Bündnis der Ohnmächtigen mit den Mächtigen, ... Sie verleiht denjenigen eine Stimme, die keine haben. "
Bündnis der Ohnmächtigen mit den Mächtigen?
Ja wisst Ihr denn wirklich nicht, in welcher Gesellschaft Ihr lebt?
Seit wann haben Mächtige so ein Bündnis nötig?`
Selbst der legendäre Ausruf "Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche" diente letztendlich genau dazu, die Mächtigen noch mächtiger zu machen und die Ohnmächtigen in dem Glauben zu wiegen, im Bündnis zu stehen.
Ihr gebt denen eine Stimme, die keine haben? Schon vergessen? Ostdeutschland in den 90gern? Kein Wort und keine Aktion gegen das Wüten der Treuhand, die Deindustrialisierung des Ostens, einhergehend mit dem Verlust zigtausender Arbeitsplätze.
Die Bischofferoder Kumpels hätten Euch gebraucht, verließen sich vielleicht sogar auf Euch. Fehlanzeige.
Wer braucht diese SPD, und wer glaubt ihr noch?
Hört die Signale.

Hermann Schmidt | Mi., 31. Oktober 2018 - 17:06

Ich versuch's mal kürzer zu machen: sucht Euch einen Parteivorsitzenden, der mindestens so gut aussieht wie der Habeck, charmant ist, gut reden kann und ein bißchen was in der Birne hat. Mit Kevin geht das schon in die richtige Richtung, aber er ist halt ein bißchen klein.

Karin Zeitz | Mi., 31. Oktober 2018 - 18:24

doch gemäß Neuem Testament Johannes 2,1-6 “an ihren Taten sollst du sie erkennen“ müssen wir uns fragen, was die SPD aus ihren Erfolgen 1998 gemacht hatte: Einführung von Hartz 4, Förderung der geringfügigen Beschäftigung und Leiharbeit, Ermöglichen von Dumpinglöhnen auf Kosten der Allgemeinheit durch Aufstockung, Liberalisierung des Finanzsystems u.v.m. Das alles diente nicht der eigenen Klientel, sondern dem Großkapital. Nicht umsonst wurde der Brioni-gekleidete Bundeskanzler Schröder als “Genosse der Bosse“ beschimpft. Das seitdem verlorene Vertrauen konnten die hauptamtlichen Funktionäre nicht wiedergewinnen. Die derzeitigen Spitzenfunktionäre haben nicht mehr den “Stallgeruch“ arbeitender Menschen, sondern den klinischen Duft “Kreissaal, Hörsaal, Plenarsaal“. Da helfen auch noch so schöne Absichtserklärungen nichts, ohne eine radikale Erneuerung des Spitzenpersonals, eine schonungslose Analyse der Fehlentwicklungen der Vergangenheit und zukunftsorientierte Projekte geht es nicht.

Peter Ruppert | Mi., 31. Oktober 2018 - 18:43

Ein Artikel, der passt wie die Faust aufs Auge.
Die Führungsriege, klammert sich nur den die Posten, an das Wahlvolk nicht. Nach der neuen pol. Situation im Land, dauert sowiso nicht mehr lange,da gibt es eine neue Regierung, nur ohne der SPD. Dann dauert es lange bis sie wieder gewählt wird.

Ingo Meyer | Mi., 31. Oktober 2018 - 20:11

Ich denk, dass bei aller Solidarität nach außen, die SPD die Solidarität nach innen vergessen hat. So ein wenig denken, im Sinn von "Germany first" würde gerade der SPD-Klientel gut tun. Sollen die Steuern der Aldi-Kassiererin (und wenn es nur MwSt.) ist, die Banken von Italien retten, obwohl in dem Land genügend Reichtum zur Rettung des eigenen Landes vorhanden ist. Das Gleiche galt für die Eurorettungspolitik. Immer war die SPD im Sinne der Internationale dabei, das Geld unseres Landes großzügig einzusetzen. Hier verfällt dafür die Infrastruktur oder entsteht erst gar nicht. Ich wundere mich ohnehin immer noch, dass die SPD als Oppositionspartei dem Euro zugestimmt hat und noch schlimmer: Eichel hat einen hohen Beamten der Bundesbank zurückgepfiffen, als der die "Eintrittswürdigkeit" Greichenlands an Hand harter Daten bezweifelt hatte. Das ist zwar lange her, kennzeichnet aber die SPD in ihrer internationalen Hilfsverblendung. Wähler ziehen langsam von dannen. Da fing es an!

Norbert Schmidt | Do., 1. November 2018 - 13:10

Antwort auf von Ingo Meyer

Lieber Herr Meyer, Sie haben ja sowas von recht.
Die SPD-Funktionäre handeln seit Jahrzehnten nach dem Grundwert (in Anlehnung an einen Satz aus der deutschen Literatur):
"Ein guter Deutscher denkt an sich selbst zuletzt". Wer da immer noch die SPD wählt, der verhöhnt damit natürlich auch die von Ihnen erwähnte Aldi-Kassiererin. Dass dies immer mehr Menschen so sehen, wird in dem Niedergang der SPD als Volkspartei bei den letzten Wahlen mehr als deutlich. Und das ist dann auch gut so.

Markus Gerle | Do., 1. November 2018 - 11:13

Das wird so nichts. Der SPD mangelt es an Glaubwürdigkeit, an Logik und an positiven Aussagen. Somit kann diese Partei eigentlich weg. Nur ein paar Beispiele aus dem Artikel, warum das so nichts wird: Wenn die SPD wie z. B. in NRW die Grunderwerbssteuern fast verdoppelt und die Kommunen anhält, sich über die Grundsteuern zu sanieren, so nimmt man der Partei nicht ab, dass sie für bezahlbares Wohnen steht. Wenn die SPD versucht, mit einer beispiellosen Hetzkampagne Selbständigen die Existenzgrundlage zu entziehen (Nahles gegen gut-verdienende Freiberufler z. B. in der IT), so nimmt man der Partei nicht ab, die Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu vertreten. Und warum sollte ich die SPD wählen, wenn die Erbschaftssteuer erhöht wird? Ich habe nicht zu erben, ergötze mich aber nicht daran, wenn anderen mehr weg genommen wird. Davon habe ich ja auch nichts. Was kann die SPD Positives für mich, der seinen Lebensunterhalt durch Arbeit erwirtschaftet, bewirken? Offensichtlich gar nichts!

Arnold Wagner | Do., 1. November 2018 - 13:15

Die SPD ist ein Sanierungsfall und schafft den Turnaround nur mit einer klaren am Wähler orientierten strategischen Management-Agenda („Road-Map“) die deutsche und internationale Zukunftsfragen für breite Wählerschichten zielorientiert beantwortet.

Es braucht allerdings auch einige Top „charismatische Anführer“ die Konzepte und Visionen in die breite Masse der Gesellschaft zielführend transportieren können. Was kann die SPD im Sinne von „Best Practice“ derzeit ganz aktuell von den anderen Parteien lernen?

Michael Sauer | Fr., 2. November 2018 - 02:17

in den USA gibt es eine Bundeserbschaftssteuer, die großzügige Ausnahmen und Freibeträge kennt, so dass nur ganz wenige sie zahlen müssen, Ehegatten zahlen nichts und Kinder haben einen jährlich nach oben angepassten Freibetrag pro Kopf von derzeit ca. 5,7Millionen US-Dollar. Darüber wird es allerdings ungemütlich. Und ja, die seit langem von Demokraten regierten Ostküstenstaaten erheben deutlich früher eine Erbschaftssteuer für den einzelnen Bundessaat. Das als Anmerkung zu den USA-Verhältnissen, die von Linken immer gern ohne Erwähnung der Ausnahmen und Freibeträge erwähnt werden. Da die "gleichmäßige" Besteuerung bei uns vom BVG extrem hochgehalten wird, glaube ich auch, dass die jetzige Neuregelung einkassiert werden wird. Die genaue Bestimmung der Bemessungsgrundlage ist extrem schwierig und hat früher wie bei der Vermögensteuer zu langen Rechtsstreitigkeiten geführt, so dass der Aufwand oft in keinem Verhältnis zum Ertrag stand. Also ein typisch linkspopulistischer Vorschlag

Henriette Schmitt | Fr., 2. November 2018 - 09:04

Erbschaftssteuer, Bodenpreise, personelle Erneuerung besonders der Spitze....
Daran werde ich sehen, ob ich diese meine Jahrzehntepartei jetzt wieder wählen kann.