
- Küsschen, Küsschen
Mit dem Haushaltsplan für 2019 geht Italien erneut auf Konfrontationskurs zur EU: Zur Finanzierung kostspieliger Wahlversprechen plant die Regierung eine hohe Neuverschuldung. Hinter dem Entwurf steckt vor allem der euroskeptische Innenminister Matteo Salvini. Ein Porträt
An dem Tag, an dem Matteo Salvini nicht in den Nachrichten auftaucht, dürfte in Italien wohl der Notstand ausgerufen werden. In der Flüchtlingskrise gibt er den Feldherrn, beim venezianischen Filmfestival den Superstar, bei der Prozession die Madonna. Und angesichts seiner nie versiegenden Mitteilungsflut auf Twitter, Facebook und Instagram fragen sich manche Landsleute, ob Salvini als Innenminister, stellvertretender Ministerpräsident und Parteivorsitzender der Lega nicht ausgelastet genug ist. Im Wassertaxi eskortiert von Polizeibooten, beim Gala-Essen am Canal Grande umschwärmt vom Hofstaat, der einst zu Berlusconi gehörte, am Strand seine Freundin küssend, die Moderatorin Elisa Isoardi. Da wurde sie gerade mit dem Diva&Donna-Preis geehrt, der den Koryphäen des italienischen Vorabendprogramms vorbehalten ist.
Wenn man ihn nur ließe, würde Matteo Salvini wahrscheinlich auch die Führung des Weltraums übernehmen – unter dem Motto „Italien zuerst!“, natürlich. Er hat nicht nur von Trump gelernt – sondern auch von Marine Le Pen, von Geert Wilders, von Viktor Orbán. Und nicht zuletzt von Wladimir Putin, den er wegen italienischer Begehrlichkeiten nach russischem Gas in der Krimkrise unterstützte und dafür 2014 mit einem Treffen bei Tee und Keksen belohnt wurde. Salvini machte sich als Gegner der Russlandsanktionen der EU stark, was ihm die Stimmen italienischer Unternehmer einbrachte. Putin war auf der Suche nach neuen Ansprechpartnern in Europa und wurde bei Salvini fündig, der 1997 mit Hammer und Sichel als „padanischer Kommunist“ in das „Padanische Parlament“ eingezogen war, das Umberto Bossi auf dem Höhepunkt der Lega Nord geschaffen hatte.