Eine Frau wirft wirft einen Stimmzettel in eine Box für Infratest dimap
Entscheiden Umfragen Wahlen? / picture alliance

Bayernwahl - Was „man“ so wählt

Betrachtet man die Bilanz der CSU in Bayern, so müsste diese am kommenden Sonntag mit 60 Prozent plus wiedergewählt werden. Wird sie aber nicht. Es scheint, als würden Wähler sich bei ihrer Entscheidung kaum noch an Sachfragen orientieren – woran dann? Von Alexander Grau

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Am kommenden Sonntag also passiert’s: Dann wird sich das ereignen, was Kommentatoren routiniert ein politisches Erdbeben nennen oder eine historische Zäsur. Am Sonntag wird die CSU, sofern die Demoskopen in den vergangenen Wochen nicht zu tief in den Maßkrug geschaut haben, deutlich unter die 40 Prozent fallen. Das Unvorstellbare, es wird Ereignis. Man hört schon jetzt Franz-Josef Strauß im Himmel toben.

Die Erfolgsgeschichte Bayerns

Dabei kann einem die CSU im Grunde leid tun. Denn wirklich falsch gemacht hat sie in den vergangenen Jahren wenig. Beziehungsweise in den vergangenen Jahrzehnten. Bayern steht so gut da wie kein anderes Bundesland. Schon lange hat sich der Freistaat abgekoppelt vom bundesüblichen Niedergang, vom Verfall des öffentlichen Raumes, struktureller Verwahrlosung, zu Tode reformierten Schulen, schlecht oder gar nicht integrierten Migranten, gestiegener Kriminalität, Überschuldung, Wirtschaftsschwäche und explodierenden Sozialkosten.

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Klaus Funke | Sa., 13. Oktober 2018 - 12:12

So sehr ich Herrn Grau ansonsten schätze, so sehr hat er diesmal tief ins Glas der Mediengaukelei geschaut. Und gewollt oder ungewollt gibt er preis, dass die Medien heute Politik machen, Parteien und Politiker hoch- und niedrig schreiben. Dass die Medien bei aller Schelte, die man ihnen erteilt, immer noch ein manipulatives Element in der Hand halten. Doch hat Herr Grau mit seiner Glaskugelschau auch Recht? Mich stößt die Trump-Wahl in Amerika immer noch auf wie Sodbrennen. Alle Vorhersagen lagen daneben. Man hatte des Volkes Stimmung nicht bedacht. Mir scheint es diesmal in Bayern ebenso zu sein. Ich war in den letzten Wochen viel in Bayern. Mit wem man auch sprach, die Grünen, auch die Linken und die SPD waren keine Option. Man schimpfte ein bisschen auf die CSU, aber man vertraut ihr wie immer. Und auch die AfD, die medial in die Schmuddel-Ecke gestellt wird, findet viel Beifall. Ich denke, die Wahlen werden zur Überraschung der Demoskopen ganz anders ausgehen als vorhergesagt.

Markus Michaelis | Sa., 13. Oktober 2018 - 13:36

Ich denke der Artikel trifft es ganz gut. Was ich dabei wahrnehme ist, dass die Verunsicherung über die Gesellschaft, die Werte, die Solidarität und das Vertrauen in die Mitmenschen auf allen Seiten gelitten hat (Euro, Europa, Migration, Globalisierung, Trump, Gleichberechtigung etc.). Ich denke, der Niedergang der Volksparteien hängt auch an dieser Verunsicherung, in der man sich fester an die "richtigen" Werte klammert, die sich gegen das jeweils erkannte "Böse" stemmen.

Christa Wallau | Sa., 13. Oktober 2018 - 14:51

Meiner Meinung nach verliert die CSU derart gewaltig an Zuspruch, weil sie sich nie eindeutig von Angela Merkel losgesagt hat.

Diese Kanzlerin ist das Bleigewicht, das die CSU als Fraktions-Partner der CDU mit sich herumschleppt und sie hindert, Boden zu gewinnen, statt zu verlieren. Die CSU wird dafür abgestraft, daß sie Merkel 2015 nicht in den Arm gefallen ist.

Die hip-modernen, betuchten und sich intellektuell dünkendenStädter bejubeln die Grünen, alle Enttäuschten und Verschreckten (Realisten!) wählen entweder AfD, die Freien oder die FDP, und nur noch die eingefleischte CSU-Klientel (alle langjährigen Profiteure!) hält der CSU die Stange. Das sind natürlich immer noch eine ganze Menge Amigos . Aber mit der absoluten Mehrheit ist es wohl endgültig aus.

Jürgen Keil | Sa., 13. Oktober 2018 - 16:03

Solche Wähler brauchen die Grünen. Wer will schon nicht gut und umweltbewusst sein. Und wenn tausende der Guten durch München demonstrieren, hinterlässt das eben bei vielen Bürgern Eindruck. Wir brauchen mehr von diesen, durch Frau Dr. Rottmann im Petitionsausschuss (Gemeinsame Erklärung 2018) des Bundestages geschmähten, selbstbewussten Bürgern. Bürgern, die politisch selbstständig denken, mutig und verantwortungsbewusst wählen. Aber das ist wohl eben nur ein Wunsch.

Yvonne Walden | Sa., 13. Oktober 2018 - 16:34

In Bayern, zumindest im ländlilchen Raum

In Bayern, zumindest im ländlichen Raum, dominiert die CDU. Dort waren bzw. sind alle relevanten politischen Positionen von CSU-Mitgliedern besetzt.
Daraus hat sich im Verlaufe der Jahre, Jahrzehnte eine Spezl-Wirtschaft entwickelt getreu dem Motto: Eine Hand wünsch die andere.
Deshalb ist es gut und richtig, wenn diese Beziehungsgeflechte aufgebrochen werden, um auch in Bayern frische politische Luft hineinzulassen.
Die GRÜNEN sind zwar keine revolutionäre Partei, aber dennoch insgesamt längst nicht so verknöchert wie die Partei der Altvorderen, die CSU. Bleibt zu hoffen, daß eine künftige, nicht CSU-geführte bayerische Staatsregierung viel Neues bewirkt, damit die Abwahl der CSU keine Eintagsfliege bleibt.

gabriele bondzio | Sa., 13. Oktober 2018 - 18:10

hat sie in den vergangenen Jahren wenig."
Aber ich gebe Ihnen vollkommen recht, Herr Grau, dass die Meinungsmache in den Medien massiven Einfluss auf die Menschen haben muss. Scheint wie mit der Dauerwerbung zu sein, die täglich und an jeder Ecke auf die Menschen einschlägt. Irgendwann trifft sie einen schwachen Moment. Sonst könnte ich mir auch nicht erklären, dass gerade die Grünen in Bayern Aufwind haben sollen. Ihr Grundgeist hat sich nicht geändert. Ob er nun im Gewand einer (zunehmend bärbeißigen) Frau Roth oder in der liebreizenden Verpackung, einer Frau Baerbock, daherkommt.Wir werden es am Montag wissen.

Per L. Johansson | Sa., 13. Oktober 2018 - 19:23

Zitat: „Dabei kann einem die CSU im Grunde leid tun. Denn wirklich falsch gemacht hat sie in den vergangenen Jahren wenig.“

Nicht primär im Parlament in München, aber sehr wohl in Berlin und Straßburg. Und da werden deutsche Interessen „höheren“ Zielen geopfert.
Europ. Schuldenvergemeinschaftung unter Bruch von Maastricht. Masseneinwanderung unter Mißachtung von Grundgesetz Art.16. Beides, um die Utopie vom EU-Einheitsstaat mit Einheitswährung nicht sterben zu lassen.
Man kann einwenden, es sei eine Landtagswahl. Ja, aber jeder weiß, daß die Machtverhältnisse in der Ländern auch über deren Grenzen hinaus Einfluß nehmen.
Das liegt weniger an Bundesrat oder Bundesversammlung (würde die jemand vermissen?). Nein, der Einfluß läuft direkt über die Parteien und ihre Herrscherseilschaften, die überall ihre Finger drin haben und de facto den Abgeordneten in Land- Bund- und Europaparlament ihr Abstimmungsverhalten diktieren.
Und daher kann u. muß man sie auch überall dafür abstrafen.

Michaela Diederichs | Sa., 13. Oktober 2018 - 22:02

Ihrer Analyse kann ich weitgehend zustimmen. Allerdings war schon mit der BTW 2017 zu erkennen, dass die Zeichen auf Sturm stehen, die Bayern auf Krawall gebürstet sind. Sie haben gewarnt, aber die Zeichen wurden nicht erkannt. Konnte Seehofer bisher CSU-Positionen durchsetzen? Wohl eher nicht. Diese Regierung trägt die Handschrift der CSU wohl nur in der Interpunktion, wenn überhaupt. Ausrufezeichen fehlen komplett. Darauf haben die Bayern aber m. E. gewartet. Die CSU ist unbedeutend geworden, hat sich aufsaugen lassen vom System Merkel und hält bedingungslos daran fest, obwohl dieses am Ende ist. Das ist der vielleicht alles entscheidende und für mich unbegreifliche Fehler. Im Juni wäre eine Entscheidung zum Guten möglich und fällig gewesen. Sie kam nicht. Was vermutlich folgt: die Quittung.

Gottfried Meier | Sa., 13. Oktober 2018 - 22:14

Ich würde ja verstehen, wenn es ein echte Alternative gäbe. Dass diese politischen grünen Geisterfahrer an die 20% Anhänger in Bayern haben sollen, ist nur mit einer Massenpsychose erklärbar. Man kann nur hoffen, dass die Wahlforscher wieder einmal falsch liegen.

Helmut Bachmann | So., 14. Oktober 2018 - 00:06

weil sie mit Merkel regiert. Der aktuelle MiPrä wird auch mit den Grünen ins Bett gehen. Der sagt, was ihn an der Macht hält. Das wissen die Leute. Ein realistischer konservativer Kurs ist nicht erkennbar, Feigheit überall.

Ulrich Riehm | So., 14. Oktober 2018 - 20:59

Was soll man dazu schon sagen bzw. wie kommentieren? Wenn es so manchem Bürger zu gut geht und er von einer 'Erfolgsgeschichte' profitieren darf, wenn ein gutes Leben samt allumfassender Daseinsvorsorge zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dann verliert mach eine/einer möglicherweise das Fundament aus den Augen und spaziert schlafwandelnd über'n Regenbogen ...