Die jesidische Journalistin Düzen Tekkal spricht am 28.03.2017 in Berlin bei der Buchvorstellung "Inside Islam - was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird"
Düzen Tekkal habe von ihrem Vater gelernt, Deutschland als einen Ort der Chancen zu begreifen, sagt sie / picture alliance

Düzen Tekkal - Die Klartext-Aktivistin

Fast wäre Düzen Tekkal Staatsministerin für Integration geworden. Als Jesidin kennt sie sich aus mit Minderheiten und Migration – und weiß deshalb, dass Beschönigung schadet

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Düzen Tekkal ist eine Journalistin, die zur Aktivistin wurde. Grundsätzlich ist das eine problematische Kombination. Allerdings nicht, wenn man die Karten offen auf den Tisch legt und seinen Interessenkonflikt klar benennt. Den nämlich zwischen journalistischer Neutralität auf der einen und persönlichem Engagement auf der anderen Seite. Tekkal, die 39-jährige Fernsehreporterin mit kurdisch-jesidischen Wurzeln, macht das. Als sie vor vier Jahren zum ersten Mal in den Irak ging, um für „Stern TV“ den Völkermord des „Islamischen Staates“ an den Jesiden zu dokumentieren, sei aus ihr eine Menschenrechtsaktivistin geworden: „Mein Anspruch reichte nicht mehr, nur als Journalistin neutrale Berichterstattung zu betreiben“, sagt sie. „Deswegen habe ich auch klar gesagt, dass der Film etwas Persönliches ist, weil ich wegen meiner jesidischen Herkunft selbst betroffen bin.“

Aus der Betroffenheit hat sich inzwischen echte Hilfe entwickelt. Tekkal gründete den Verein Hawar.help, der unter anderem gemeinsam mit dem deutschen Entwicklungsministerium Frauen aus IS-Gefangenschaft dabei unterstützt, mit Handwerks- und Alphabetisierungsprogrammen in ein halbwegs normales Leben zurückzufinden. Tekkal kommt gerade aus Mossul, wo sie mit Entwicklungsminister Gerd Müller unterwegs war. Es ging um den Wiederaufbau der Stadt, sie besuchten auch die Moschee, in der IS-Anführer al Baghdadi das Kalifat ausgerufen hatte. „Da kam natürlich einiges hoch in mir, weil die gefangenen jesidischen Frauen zuerst dorthin verfrachtet und auf Märkten wie Sklavinnen verkauft wurden. Mir wurde regelrecht schlecht bei dem Gedanken.“

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gerhard hellriegel | Sa., 9. Juni 2018 - 10:05

Ach ja, Identität: ich habe meine Bekannten gefragt, ob jemand Probleme mit seiner Identität habe. Antwort: Abwinken, zuweilen Lachen. Auch nach Heimat habe ich gefragt: war schon besser, aber die meisten sind öfters umgezogen. Habe dann gefragt, ob sie wissen, wo sie zuhause sind. Positiv. Ist das also wieder nur eine Sau, die von Politik und Medien durch's Dorf getrieben wird, auf Stimmen- oder Abonnentenfang? Oder handelt es sich auch da um Schönsprech, weil man nicht sagen will, dass man keine (weiteren) Ausländer haben möchte? Gefragt: was gehört zu Deutschland? Gemeint: was gehört nicht zu Deutschland. Gefragt: was ist Heimat? Gemeint: hier sind zu viele Fremde. Gesagt: christlich-abendländische Tradition. Was gemeint? Aufklärung? Gesagt: Werte. Gemeint: deutsches Geld den Deutschen. Gesagt: Schutz der deutschen Frau. Gemeint: Kopftuchverbot. Gesagt: keine Politik mit Religion. Gemeint: bayrische Amtsstuben.

Heinz Meier | So., 10. Juni 2018 - 15:36

habe ich wenig bis nichts zu kritisieren. Die Unsicherheit in der deutschen Gesellschaft könnte daraus resultieren, dass hier eine real säkulare Gesellschaft ihren Standpunkt nicht offen ausspricht, bzw. keine Stimme hat. Das religiöse scheint hierzulande überwunden (nicht so sehr eine Pfarrerstochter oder manche Parteinahmen).
Tatsche ist aber, dass hierzulande die Religion nichts mehr bedeutet und allenfalls im Privaten noch gelebt werden kann, der Staat sich aber nicht deutlich dazu positioniert. Wie kommt eine Gesellschaft, die sich von religiösen Bindungen und Überzeugungen emanzipiert hat, dazu, sich wieder in die Niederungen mittelalterliche Geistesstrukturen zu begeben?
Atheisten wacht uf.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 16. Juni 2018 - 13:37

Antwort auf von Heinz Meier

Vor allem benötigen wir UNSERE Verständigung bevor man einen neuen Turm zu Babel baut, der damals allein wegen der Ziegel eingestürzte.
Wir brauchen vor allem UNS und die, die VERSTÄNDIG dazukommen.
Ich bin bei aller Menschenfreundlichkeit gegen die Aufgabe Europas.
Ansonsten geht doch bitte in die Euch am Herzen liegenden Länder und baut dort auf und lebt dort mit den Menschen zusammen.
Ich bin sicher, dass die sich darüber freuen werden.
Winnie Schäfer wird im Iran gefeiert, der Trainer Marokkos? sah wie Lex Barker aus.
Unsere europäischen Champions spielen in China, den USA und Gott weiss wo.
Hört auf Europa ziellos vollzupumpen.
Die `Welt ist genug´ und sicher willig, europäische Kompetenz aufzunehmen.
Unsere Gesellschaft ist real, spirituell und transzendental, das beinhaltet Philosophie und christl. Religion.
Christus ist nicht überholt, muss/te aber weitergeschrieben werden.
Europa IN die Welt.
Lasst Merkel vor der Welt predigen, wir kommen selbst ganz gut zurecht.

Joachim Wittenbecher | So., 10. Juni 2018 - 19:24

…..…. die Deutschen selber", so wird Frau Tekkal in dem sehr guten Beitrag von Herrn Marguier zitiert. Dem kann man nur zustimmen. Wenn die Deutschen es nicht endlich fertig bringen, einen geläuterten Patriotismus zu leben ( der über einen trockenen rein akademischen Verfassungspatriotismus hinausgeht), können wir Zuwanderer nicht wirklich integrieren, assimilieren, zu Unseresgleichen werden lassen, weil wir selbst nicht beschreiben können, wer wir sind. Mangelnder Patriotismus der einheimischen Gesellschaft wird so zum Integrationshindernis für Zuwanderer.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 11. Juni 2018 - 10:00

Freiheit" und damit geht Frau Tekkal in die CDU?
Das ist auch, neben anderem, mein Empfinden, weshalb ich nicht in der CDU sein kann.
Von daher erklärt sich evtl. auch ihre Nichtberücksichtigung für den angedachten politischen Posten.
Fliesenleger, das hat doch auch Walter Riester gelernt?
Ja, Deutschland ist ein Land der Chancen und der Freiheit.
Frau Tekkal ist richtig hier und wird hoffentlich viel beitragen können dazu, dass Deutschland es auch für viele andere wird.
Ob ich ihrer Einschätzung des Irakkonfliktes zustimmen kann, kann ich aus dem Artikel nicht entnehmen.
Ich war stolz, dass Schröder nicht miteinmarschiert ist, nicht weil die Vorkommnisse nicht haarsträubend genug gewesen wären, sondern weil die ganze Richtung der Aktion nicht zu den Erzählungen passte.
Für den JugoslawienEINGRIFF war ich nur, weil er m.E. schon beschlossene Sache war durch die USA und nur Europa noch verhindern konnte, dass Serbien zu einer Angelegenheit für die USA und den N.O. wurde.
Fail?

Heidemarie Heim | Mo., 11. Juni 2018 - 16:58

wäre sie mit Sicherheit auch für die CDU, aber in Nachfolge der vorherigen Integrationsbeauftragten auch für weite Teile der Bevölkerung gewesen. Eine Deutsche mit Migrationshintergrund, wenn auch scheinbar problembehaftet was zumindest Teile unserer türkischstämmigen Mitbürger betrifft. Ich weiß allerdings gerade nicht;-( , ob meine Anmerkung was die kurdisch-jesidische Kombination betrifft, auf die Ablehnung der Redaktion stößt. Doch so ganz kann ich mich der Theorie nicht verschließen, das dies, sowie die relativ kurze Parteizugehörigkeit ein Hemmnis darstellte. Dazu noch ihre kompromisslose Haltung in allem was erfolgreiche Integration betrifft, dürfte ein nicht unerhebliches Hindernis in den Überlegungen der Verantwortlichen eine Rolle gespielt haben. Oder interpretiere ich da zu viel hinein weil mir Frau Tekkal so sympathisch erscheint? Schade! Denn es wäre interessant gewesen ,wie lange es gedauert hätte vonseiten links/grün, sie in`s passende Schubfach zu verfrachten. MfG