Direktorin Martina Kelsch (l) steht am 09.11.2017 in der Grundschule Schmarl in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) vor der Klasse 4a, in der gerade Englisch-Unterricht stattfindet
Scheitert unser Schulsystem mit den Lehrern oder an den Erwartungen an sie? / picture alliance

Deutsches Schulsystem - Im Brennglas der Gesellschaft

Volle Klassen, Gewalt auf den Pausenhöfen, Helikopter-Eltern - funktioniert unser Schulsystem noch? Oder scheitert Schule gar an den Anforderungen, die von außen an sie gestellt werden? Ein Gastbeitrag von Katja Kranich und Bernd Saur

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Katja Kranich ist Schulleiterin des Stromberg-Gymnasiums in Vaihingen/Enz in Baden-Württemberg.

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Bernd Saur ist Vorsitzender des Philologenverbands Baden-Württemberg.

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„Viele Lehrkräfte sagen mir, dass sie durchaus dankbar wären, wenn man ihnen einmal sagte, was man genau von ihnen erwartet.“ So äußerte sich die baden-württembergische Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann Ende 2017 in einem Interview des Spiegel. Was auf den ersten Blick angesichts  verpflichtender Bildungspläne verwundern und irritieren mag, erschließt sich einem bei näherer Betrachtung durchaus als bedenkenswert. Aus dieser Äußerung der Kultusministerin spricht eine tiefe Verunsicherung gerade jener Zunft, für die das Lehren und die Wissenshoheit der Kern ihrer Profession sein sollte.

Aber weshalb ist die Erwartungshaltung an das Schulsystem und die Lehrkräfte so disparat und unklar geworden? In der Landesverfassung von Baden-Württemberg ist der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag verbindlich definiert. Der Bildungsplan gibt die Inhalte inklusive sogenannter Leitperspektiven vor. Man sollte also meinen, dass damit Aufgabe und Auftrag von Lehrkräften klar umrissen sind und daher die Anforderungen an unsere Lehrkräfte eigentlich eindeutig sein müssten. Die in Frau Eisenmanns Zitat zum Ausdruck kommende Verunsicherung kann also jedenfalls nicht systemimmanent bedingt sein. 

Brennglas der aktuellen gesellschaftlichen Realität

Es kann sich also nur um die Anspruchshaltung handeln, die von außen an die Schulen herangetragen wird. Wie immer der Spagat der Lehrerschaft derzeit auch aussehen mag, um diesen diversen Ansprüchen gerecht zu werden, niveaufördernd scheint er nicht zu wirken. Die neuesten IQB-Ergebnisse belegen, dass das Bildungsniveau an unseren Schulen sinkt und dass unsere staatlichen Bildungseinrichtungen trotz aller Bemühungen den an sie gestellten Anforderungen offenbar nicht mehr gerecht werden können

Schule ist ein Brennglas der aktuellen gesellschaftlichen Realität und des Zeitgeistes. Das heißt konkret, dass Probleme in der Schule gesamtgesellschaftliche Probleme widerspiegeln. Wenn die Kultusministerin im selben Interview davon spricht, dass die Schülerschaft heterogener geworden ist, dann liegt das nicht ausschließlich am Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung unter der grün-roten Landesregierung. Dann liegt das auch daran, dass unsere Gesellschaft zunehmend und mit beachtlicher Dynamik diffundiert und sich diversifiziert. Die individuellen Ansprüche steigen ebenso wie der Anspruch, persönliche Bedürfnisse möglichst unmittelbar zu befriedigen – und die Digitalisierung leistet dieser Entwicklung Vorschub. 

Dieser vorgelebte individualistisch-hedonistische Egozentrismus färbt selbstverständlich ganz automatisch auf die in unserer Gesellschaft Heranwachsenden ab. Auch wird von Eltern die Art und Weise, wie Wissen vermittelt wird, zunehmend in Frage gestellt. Dies ist zumindest bei akademisch gebildeten Elternhäusern am Gymnasium ein Trend. Die Unterrichtenden stehen damit immer öfter unter dem Zwang, sich zu rechtfertigen, warum es Bildung ohne Konzentration, Anstrengung, Fleiß und Disziplin nicht geben kann. 

Hohe Anforderungen an die Lehrer

Der Lehrer soll heute als Lernbegleiter die Selbststeuerung des Schülers so sanft wie möglich anstoßen, auf keinen Fall soll er instruieren oder gar dozieren. Dabei soll sich der Schüler nicht anstrengen. Der Lehrer soll seine Klasse mit einer natürlichen Autorität als Respektsperson führen, gleichzeitig aber auch Coach und Lernbegleiter sein. Und strafen soll er überhaupt nicht. Strafen wird als pädagogische Bankrotterklärung gebrandmarkt. Wenn eine Lehrkraft dies nötig hat, dann hat sie den Beruf verfehlt. Und spätestens an dieser Stelle wird nachvollziehbar, was Lehrkräfte meinen, wenn sie unserer Kultusministerin sagen, dass sie dankbar wären, wenn man ihnen einmal sagte, was man genau von ihnen erwartet.

Umstrukturierungen institutioneller Art wie die derzeit in Baden-Württemberg anstehende Schaffung zweier neuer Institute, dem „Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung“ (ZSL) und dem „Institut für Bildungsanalysen“ (IBBW) im Rahmen des sogenannten Qualitätskonzepts werden wahrscheinlich ebenso wenig Effekte auf Art und Qualität des Unterrichts haben wie der verzweifelte Versuch, dem Ruf der Wirtschaft nach mehr Lebensweltbezug gerecht zu werden, indem man im Hauruckverfahren Informatik einführt, ohne dass die dafür notwendigen Lehrkräfte zur Verfügung stünden. Und ob der neue Leitfaden für die berufliche Bildung in der Oberstufe, die Studienabbrecherquote wirklich verringern wird, bleibt abzuwarten.

Spannungsfeld des Bildungsauftrags

In diesem Spannungsfeld zwischen staatlichem Bildungsauftrag einerseits und den verschiedenen Erwartungshaltungen von Eltern, Betrieben, Unternehmen und Hochschulen als zukünftige Wirkungsstätten der Schüler andererseits haben sich unsere Bildungseinrichtungen zu behaupten und zu bewähren. 
Vor diesem Hintergrund mag sich ein vages Gefühl einstellen, dass weder ein verändertes Konzept der Lehrerfortbildung noch ein alternatives Classroom-Management noch der Informatikunterricht ab Klasse sieben den Niveauabfall an den Schulen wirklich aufhalten wird. Das einzige, was den Schulen helfen würde, wäre ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass die Schule mit ihrem klaren Bildungsauftrag nicht permanent in Frage gestellt wird und vor allem die Grenzen des Machbaren akzeptiert werden. 

Das heißt konkret, dass wir in unserem gesellschaftlichen Machbarkeitswahn keine diffusen Erwartungen an Schulen stellen dürfen, mit der der Lehrerschaft quasi automatisch Inkompetenz unterstellt wird. Diese überzogene Erwartungshaltung überträgt sich zwangsläufig auf die Kinder. Was diese diffundierende Gesellschaft bräuchte, wäre die Erkenntnis und das klare Bekenntnis dazu, dass schulische Bildung immer nur einen Teilbeitrag zu einer gelingenden (Bildungs-)Biografie leisten kann. Sie ist kein Ersatz für Erziehung im Elternhaus, sondern immer nur Ergänzung. Es wäre das Bekenntnis zu einer Schule, die mit ihrem klassischen Bildungs- und Erziehungsauftrag unsere Gesellschaft zusammenhält und damit auch als Garant für den Werteerhalt in unserer Kulturnation wirkt. 

Lösung Privatschulen

Unser Schulsystem ist an einer deutlichen Grenze des Leistbaren angelangt. Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle die Frage stellen, ob wir das Schulsystem so, wie es die vergangenen 200 Jahre gewachsen ist, nicht für eine umfassende Privatisierung und damit eine Art Komplett-Individualisierung zur Disposition stellen sollten. Sollte nicht der Bildungskonsens konsequenterweise aufgehoben werden zugunsten vielfältiger Schulprofile mit unterschiedlichen Ausrichtungen und Anforderungen? Angesichts der Nicht-Vergleichbarkeit der Abiturnoten in Deutschland ist eine Einheitlichkeit ohnehin nicht gegeben – von Fairness ganz zu schweigen. Mit einem facettenreichen Privatschulangebot wären viele bedeutend besser bedient. Man sucht sich das aus, was man seinem Kind angedeihen lassen möchte: von Laissez-faire bis hin zu klarer und hoher Leistungserwartung.

Wäre dies ein gangbarer Weg aus dem Schuldilemma? Mit dieser Lösungsvariante ist keine Wertung verbunden. Vielmehr soll eine Alternative aufgezeigt werden, eine Alternative zu einem staatlichen Schulsystem, das an seine Belastungsgrenze gekommen ist und Gefahr läuft, den Stresstest der nächsten Generation nicht zu bestehen. Oder wird sich unsere Gesellschaft besinnen können und endlich anerkennen, was Schule de facto leistet und was Schule uns allen wert sein sollte? So sehr dies zu wünschen wäre, so wenig dürfte es ernsthaft zu erwarten sein.

Mehr über das Versagen unserer Schulen können Sie in der Titelgeschichte „Der Klassenkampf“ unserer Mai-Ausgabe lesen.

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wolfgang spremberg | Do., 7. Juni 2018 - 17:42

Nun rot / grün will vor allem Chancengleichheit bei unbegrenzter Zuwanderung auch in die Schulen / Klassen hinein. Wer es sich leisten kann (auch unter den rot / grünen) wird seine Kinder natürlich in Privatschulen oder niveauvolle Gymnasien schicken. Wichtig dabei : das Thema "Lernerfolg hängt vom Geldbeutel der Eltern ab" bleibt als fehlende "soziale Gerechtigkeit" den rot / grünen erhalten.
So sichert man sich seine Rolle....seine Mandate, Posten, Pöstchen.

Bernd Muhlack | Do., 7. Juni 2018 - 17:44

Hey ho, das Bild passt meiner Meinung nach nicht zum Inhalt des Artikels => das ist ja eine perfekte Traumklasse, obwohl ich die Sitzordnung anders gestalten würde. Ich bin ein 61er und wir waren damals im Gymmi vier Klassen à etwa 35 pupils, also stress pur für alle Beteiligten. Damals wurde das allerdings nicht medial breit getreten, gab es noch keine Berufsbetroffenen; lassen wir das besser.

Integration, Inklusion, Luftballion usw usf => Leute, bitte mal nachdenken und brrrrrr, hooooh!!! … nein, an den Pferden liegt es nicht, denn sie kennen den Weg, jedoch gibt die Kutscherin die falschen Befehle! … via mala und ab die Kirsche, nicht wahr?

Michael Bahr | Do., 7. Juni 2018 - 17:51

Die Autoren beschreiben den Verfall an innerer Haltung innerhalb des Schulsystems recht gut. Die Lehrer schlingern nicht nur wegen der von außen an sie herangetragenen individualistisch-hedonistischen Unverschämtheiten oder wegen verbohrt-ignorant-weltfremder Ideologien, die der Schule im Schweinsgalopp regelmäßig aufgezwungen werden. Nein, sie scheitern auch an sich selbst. Die Lehrer sind ja nun auch Teil der Gesellschaft und wenn die Gesellschaft sich nicht mehr auf einige Grundparameter einigen kann, die nicht angetastet werden, dann ist zu erwarten, dass auch die Lehrerschaft unter der Krankheit des Relativismus leidet.
Allerdings ist der Lösungsweg der Autoren ein Weg in die Hölle: eine Privatisierung des Schulsystems! Wählen können zwischen individuell zugeschnittenen Schulangeboten wird nur der Wohlhabende. Der Rest - also die große Mehrheit - wird mit billigstem Bildungsdreck abgespeist werden. Die Fragmentierung der Gesellschaft wird auf diese weise nur zementiert.

Per L. Johansson | Do., 7. Juni 2018 - 21:42

Das Problem ist, daß die Bildungspolitik in der Hand der gleichen weltfremden Weltverbesserer ist, die uns auch die „Flüchtlings“politik bescheren.
Man beklagt das sinkende Leistungsniveau? Leistung ist gar nicht mehr das Ziel !
Fragen sie mal Schulleiter. Die wissen sehr gut, daß ein wachsender Prozentsatz ihrer Absolventen gar nicht studierfähig sind.
Ist denen aber egal, weil
1) die Politik immer höhere Abiturientenquoten pro Jahrgang wolle. Und ohne rotes oder schwarzes Parteibuch wird man kaum Direktor.
2) man bei schwindenden Schülerzahlen als Schule um die Existenz kämpft und jeden Abgang/Abschulung von Schülern vermieden werden soll. Folglich wird das Niveau soweit gesenkt, bis man die Klassen mit Realschülern aufgefüllt hat.
De facto haben wir längst Gesamtschulen, auch wenn noch stolz Gymnasium auf dem Klingelschild prangt.
Wer heute als Lehrer versucht, die Anforderungen von vor 20 Jahren einzufordern, kriegt daher ganz schnell ein klärendes Gespräch beim Chef...

Michaela Diederichs | Do., 7. Juni 2018 - 22:01

Die Anmeldungen an Privatschulen werden steigen, die Segregation wird sich beschleunigen. Die staatlichen Schulen werden ihren Standard in den nächsten Jahren relativ zügig nach unten korrigieren. Mehr Privatschulen werden eröffnen. Lehrkräfte werden die Auswahl haben. Wer Qualität, Arbeitsdisziplin, Konzentration, Anstrengung und Fleiß haben will, wird auch bereit sein, mehr zu zahlen. Der Markt wird das regeln.

Arto Vogt | Do., 7. Juni 2018 - 23:27

Auch dem sonst Gleichgültigen dürfte längst aufgefallen sein, dass das allgemeine Bildungsniveau in unseren Breiten seit Jahren am Sinken ist. Dazu hat im wesentlichen die 68er Bewegung mit ihren anti-autoritären Tendenzen beigetragen. Während die sozialen Kompetenzen an den Schulen einen immer wichtigeren Platz eingenommen haben, wurden die zur Erlangung einer breit gefächerten Bildung notwendigen "harten" Fächer wie Mathematik, Geschichte, Physik, Chemie und Biologie immer mehr zurückgedrängt. Die Anforderungen an den Gymnasien wurden so weit gesenkt, dass heute 40 % der Schüler das Abi schaffen, obwohl die meisten für ein Studium dann gar nicht geeignet sind. Durch den hohen Anteil an Migranten sinkt das Niveau immer schneller und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Absolventen der leistungsorientierten asiatischen Universitäten Europa überrunden werden. Mit dem Verlust der Innovationskraft wird dann zwangsläufig auch der wirtschaftliche Niedergang einhergehen.

Georg Peters | Fr., 8. Juni 2018 - 00:22

Statt von Verbesserungen zu träumen, sollten Sie Sich einmal mit der realen Kultusbürokratie, z.B. in Hessen befassen.
Hinzu kommt, daß auch in finanzieller Hinsicht an Bildung gespart wird.
Fazit: Kein Hirn, keine Resourcen, Venceremos!

Peter Lieser | Fr., 8. Juni 2018 - 10:45

Antwort auf von Georg Peters

Schreiben Sie das einfach mal an die hessische Landesregierung. Da bekommen sie entweder gar keine Antwort , oder eine die sich gewaschen hat, sie werden gnadenlos aufgeklärt wie reibungslos alles abläuft, im weltoffenen Land Hessen.

Romuald Veselic | Fr., 8. Juni 2018 - 07:53

Selbststeuerung des Schülers so sanft wie möglich anstoßen, auf keinen Fall soll er instruieren oder gar dozieren. Dabei soll sich der Schüler nicht anstrengen. Der Lehrer soll seine Klasse mit einer natürlichen Autorität als Respektsperson führen, gleichzeitig aber auch Coach und Lernbegleiter sein. Und strafen soll er überhaupt nicht. Strafen wird als pädagogische Bankrotterklärung gebrandmarkt. Wenn eine Lehrkraft dies nötig hat, dann hat sie den Beruf verfehlt. Und spätestens an dieser Stelle wird nachvollziehbar, was Lehrkräfte meinen, wenn sie unserer Kultusministerin sagen, dass sie dankbar wären, wenn man ihnen einmal sagte, was man genau von ihnen erwartet. Zitat Ende.

Eine menschliche Persönlichkeit beginnt sich im 3. Lebensjahr zu formen. Lernen, bedeutet Disziplin, die vor Pubertät sich schon deutlich anbahnt u. das nachfolgende Leben bestimmen wird. Oder meint man, durch Laissez-faire wird man fundierter Flieger, Lokführer, Busfahrer oder einfach Wandanstreicher?

Stephan Unger | Fr., 8. Juni 2018 - 08:30

"Sollte nicht der Bildungskonsens konsequenterweise aufgehoben werden zugunsten vielfältiger Schulprofile mit unterschiedlichen Ausrichtungen und Anforderungen?"

Meinen Sie so wie in den USA, wo das dazu geführt hat, dass Privatschluen so ziemilch jede Metric nach oben hauen, die für Schülergenerierung relevant ist und auf die eigentlichen Schlüsselkompetenzen wie anspruchsvollen Unterricht zugunsten zufriedener Zahler verzichten?

Ja, wir verlangen von unseren Pädagogen viel, weil Bildung einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft hat ... und damit meine ich nicht nur eine Ausbildung, die die Autoren des Artikels wohl anstreben.

"Oder wird sich unsere Gesellschaft besinnen können und endlich anerkennen, was Schule de facto leistet und was Schule uns allen wert sein sollte?"

Ja und daher muss man eine privatisierung und Segementisierung wie in den USA verhindern. Dann lieber mehr Geld für Lehrkräfte und Pädagogen an staatlichen Schulen.

Gerdi Franke | Fr., 8. Juni 2018 - 08:31

Deutsche Schulen sind schon lange gescheitert. Gescheitert an den Anforderungen, die von den Eltern und von der Politik an sie gestellt werden.Eltern können und wollen nicht mehr Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder übernehmen. Der Staat bastelt an Lehrkräften und am Lehrstoff. Und die Klassen werden belastet mit Inklusion und Migranten ohne Sprachkenntnisse. Es geht immer weiter bergab!

Benno Pluder | Fr., 8. Juni 2018 - 09:35

"Der Lehrer soll heute als Lernbegleiter die Selbststeuerung des Schülers so sanft wie möglich anstoßen, ..."
Da haben die Lehrer aber Glück, dass sie die Kinder nicht auch noch selbst zur Welt bringen müssen.
Der im Artikel angesprochene vor- und nachgelebte "individualistisch-hedonistische Egozentrismus" schlägt in dem Sinne voll durch, dass sich immer mehr Eltern weder der eigenen, ursprünglichen Verantwortung für ihre Kinder noch des damit ganz selbstverständlich verknüpften Erziehungsauftrages bewusst sind oder aber Beides ignorieren.
Wird schon jemand übernehmen. Klappt ja bei der Wartung des Autos auch. Wofür bezahlt man denn Steuern, wenn nicht auch für die "Aufzucht" der Kinder durch Personal.

Michael Krause | Fr., 8. Juni 2018 - 10:26

Man fragt sich angesichts des Artikels wie es Lehrer in den vergangenen Jahrzehnten geschafft haben, ihre Schüler ordentlich zu unterrichten und auf das Leben vorzubereiten. Heute wissen Lehrer offensichtlich noch nicht einmal "was von ihnen erwartet wird".

Hanns Baum | Fr., 8. Juni 2018 - 10:44

Es war einmal... das allgemein anerkannte Soll der Schulen und ihrer Lehrkräfte, ihre Schülerinnen und Schüler mit einem aus Geisteswissenschaften, Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften/Mathematik wohl geschnürten Bildungs-Paket in das Leben zu entlassen. Dann kamen die 68-er Jahre und die Entdeckung des Laissez-Faire, danach die Verdrängung der Gesiteswissenschaften zu Gunsten von MINT, dann die Heterogenisierung der Schülerschaft von der Migration bis hin zur Inklusion. Dazu die Verteufelung der Sekundär-Tugenden und die Neutralisierung der Lehrerpersönlichkeit ("Lerncoach") bei der Wissensvermittlung, die Ächtung von Tafel und Kreide sowie die Inflation bei den Zensuren. Diese Entwicklung war und ist der Tod differenzierter, den Schülertalenten angemessener und niveaugerechter Bildung und Erziehung. Es bräuchte den Mut, manches was gut war, wieder einzuführen, anstatt mit immer neuen Ideen an den Schulen herumzudoktern - gell , Frau Eisenmann.

Ich, 91 Jahre alt , stimme Herrn Baum zu mit all Details. Ich ergänze: Die Schule, Grundschule bis Klasse 4, mit verbindlicher Empfehlung, fürs Gymnasium= Oberschule für a l l e sozialen Schichten. 1946 Abitur nach Kriegsdienst (1943 Luftwaffenhelfer, 1944/45 Soldat, Studium mit Abschluss sofort nach der vorgeschriebenen Mindeststudiendauer. Das war der Normalfall. An der Oberschule gab es oft Nachlässe auf das obligate Schulgeld, Studiengebühren nach belegten Vorlesungen,Stipendien waren an Bedürftigkeit orientiert. So lernten die Leute, die Teil jener wurden, denen man das Wirtschaftswunder zuschreibt, dessen Erträge die 68er finanzierten.
Motto war, gleichberechtigt mit den egoistischen Motiven, etwas zu erreichen, die Chancen, die der Staat bot, zu ergreifen, begleitet von einer Gesinnung, wie sie Kennedy aussprach: Frage nicht, was der Staat für dich tun kann, sondern frage, was du für ihn tun kannst. Wir waren Individualisten, dankbar für die Leistungen aller Steuerzahler.

Brigitte Simon | Fr., 8. Juni 2018 - 14:19

...verlieren an Substanz und Bedeutung". Dies ist
bei Merkel noch nicht angekommen. Wie sollte
sich, so ihre Prognosen und Pläne, jeweils im
Konjunktur gehalten, Deutschland eine digitale
Revolution vollbringen? Ja, sie weiß es, denn:
"Merkels "Bärendienst" für die Digitalisierung
und Schulbildung" sieht so aus:
In einigen Jahren steht Deutschland weltweit
an der Spitze der Digitalisierung.
Eine erneute "Bildungsoffensive im Bildungsbe-
reich" soll diesmal umgesetzt werden. Merkel macht also Nägel mit Köpfen. Sie zaubert eine
Staatsministerin für Digitales aus ihrem Hut, den sie noch nie trug. Sie präsentiert uns Dorothee Bär
für ein bäriges Programm. Frau Bär dankt es ihr
mit einem "tabula rasa".
Für die Bildung brauchen (so ihr Jargon) Schüler
nur noch Tablets, Sportsachen und Schulbrot. Das
reicht heutzutage, um einen Schulranzen zu füllen.
Kinder tragen viel zu schwere Schulranzen mit ver-
alteten Schulbüchern. Sie weiß wovon sie spricht.

Brigitte Simon | Fr., 8. Juni 2018 - 14:44

Sie verweist auf ihren dicken und schweren Diercke
Weltatlas aus den 80er Jahren, den sie bis Ende der
90er Jahre tragen mußte.
Bärs Pech: Ein Luft-Taxi hätte ihr den Schulweg ab-
genommen. Und noch ein weiterer Tabletvorteil:
"Besser die Schüler lesen Goethes Faust auf dem
Tablet-Computer als irgendeinen Schund auf Pa-
pier. Auch Kleinkinder können Tablet-Computer
ohne Bedenken nutzen. Es gibt für 2-jährige Kin-
der tolle Lern-Apps. Frau Bär hat ein Herz für
unsere Kinder.

Dieser aktuelle Wissensstand vergrößert meine
apokalyptische Vision des deutschen Bildungs-
stands.
Wie sagte Vivien Leigh in ihrem Film "Vom Winde
verweht":
"Morgen ist ein neuer Tag" oder meinte sie eine
andere Bundesregierung"?

Jochen Meyer | Fr., 8. Juni 2018 - 18:29

Sehr geehrte Frau Kranich, nach dem Artikel fiel mir Sloterdijk ein: sehr, sehr viele Worte und dann plötzlich ein, zwei Sätze, die alles auf den Punkt bringen. Chapeau.
Ich denke, es ist die Entgrenzung aller Bereiche unserer Gesellschaft. Es gibt kein Recht auf Respekt vor Dingen, Ideen oder Menschen mehr. Ein individueller Grund, Respekt einzufordern, scheitert an nicht mehr praktizierten gesellschaftlichen Vereinbarungen. Spitzenleistungen in der Technik, Medizin oder im Leistungssport z.B. sind noch möglich, weil einzelne Menschen unsere traditionellen Bildungs- und Kulturwerte noch für sich beanspruchen und Ehrgeiz entwickeln. Wer das nicht will, wird alimentiert. Kein Absturz, im Gegenteil, wer weit unten ist fordert am meisten und begnügt sich mit einem Lebensniveau, auf dem das Jammern gepflegt wird und die eigenen Unfähigkeiten, zumindest nach außen, nicht mit eigener Schuld in Verbindung gebracht werden. Also warum soll ich unter Anstrengung lernen? Wozu? Meine Zensuren ...