Träumer von sozialer Gerechtigkeit? / picture alliance

Soziale Gerechtigkeit - So wird das nichts

Heute hat Karl Marx Geburtstag. Dass er gerade in Deutschland noch immer so verehrt wird, verwundert nicht. Denn uns bleibt soziale Gerechtigkeit wichtiger als die Freiheit. Das könnte uns teuer zu stehen kommen, denn wir leben von der Substanz, schreibt Alexander Grau

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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„Die Deutschen bedürfen weder der Freiheit noch der Gleichheit“, schrieb einst der Dichter Heinrich Heine in seinen „Englischen Fragmenten“. Denn schließlich seien sie „Ideologen, Vor- und Nachdenker, Träumer, die nur in der Vergangenheit und in der Zukunft leben und keine Gegenwart haben.“

So ändern sich die Zeiten. Als Heine die obigen Zeilen notierte, schrieb man das Jahr 1827 und Deutschland, das noch gar nicht Deutschland war, steckte tief im Biedermeier. Lang ist’s her.

Inzwischen ist Deutschland ein hochtechnologisiertes Land, wohlhabend und modern. Von häuslicher Innerlichkeit und Familienidyll ist nur noch wenig geblieben, stattdessen verwirklicht man sich selbst, lebt patchworkfamiliär und ist sozial, beruflich und räumlich flexibel.

Der Traum von sozialer Gerechtigkeit

Ideologen und Träumer sind die Deutschen allerdings noch immer. Nur die Träume haben sich geändert. Biedermeierliche Sittlichkeit etwa empfindet der zeitgenössische Germane als spießig und aus der bürgerlichen Ehe ist eine Lebensabschnittspartnerschaft geworden. Doch Freiheit, die über alltäglichen Laissez-faire hinausgeht, ist ihm immer noch ein Gräuel. Stattdessen träumt er von sozialer Gerechtigkeit.

Das belegt einmal mehr eine Studie, die das Marktforschungsunternehmen IPSOS Anfang der Woche veröffentlich hat – sinniger Weise anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Marx.

Demnach, so das Ergebnis, stimmen in Deutschland nur 38 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass individuelle Freiheit wichtiger sei als soziale Gerechtigkeit. Dabei liegt Deutschland unter den 28 Ländern, in denen die Umfrage durchgeführt wurde, auf Platz 25. Nur in der Volksrepublik China und dem traditionell in die Égalité verliebten Frankreich waren die Werte für die Freiheit noch schlechter.

Sozialdemokratismus als deutsche Staaträson

Entsprechend skeptisch gibt man sich hierzulande gegenüber der Marktwirtschaft. Die ermöglicht den Deutschen zwar ihren Wohlstand und ihren üppigen Sozialstaat, dennoch sind nur 49 Prozent davon überzeugt, dass sie das Beste im Menschen hervorbringt. Konkurrenz, Wettbewerb und Risiko sieht man in dem Land, in dem Sozialdemokratismus eine Art Staatsräson darstellt, äußerst skeptisch. Denn der deutsche Biedermeier des 21. Jahrhunderts sehnt sich nach sozialer Nestwärme.

Besonders spannend ist daher der Vergleich der deutschen Umfragewerte mit denjenigen anderer Länder. In Indien etwa (72 Prozent), den USA (66 Prozent) oder Südafrika (64 Prozent) zeigt sich eine große Mehrheit davon überzeugt, dass individuelle Freiheit wichtiger als soziale Gerechtigkeit ist, der weltweite Schnitt liegt bei 52 Prozent. Und in Ländern wie Indien und Malaysia denken etwa deutlich mehr als 80 Prozent der Menschen, dass die freie Marktwirtschaft das Beste im Menschen hervorbringt.

Bemerkenswert sind auch die Antworten auf die Frage, ob herausragendes Talent sich im Verdienst niederschlagen soll. In Ländern wie Rumänien, Russland oder Südkorea bejahen mehr als 80 Prozent diese Frage, in den USA, in Italien, Indien und anderen Staaten immer noch deutlich mehr als 70 Prozent – der weltweite Durchschnitt liegt bei 69 Prozent. Nur in Deutschland, einem Land, das aufgrund seiner talentierten und gut ausgebildeten Techniker und Ingenieure wohlhabend geworden ist, denken lediglich 47 Prozent, dass größeres Talent auch ein höheres Einkommen zur Folge haben sollte – der niedrigste Wert weltweit.

Eine Quote für Untalentierte?

Die Gründe dafür sind leicht zu erraten. Denn für Talent kann man schließlich nichts. Wenn Untalentierte weniger Lohn bekommen, so ist das in der Logik deutscher Gesinnungsapostel schlicht diskriminierend. Wahrscheinlich wird es nicht mehr lange dauern und wir bekommen hierzulande eine Quote für Untalentierte – der Gerechtigkeit wegen.

Nein, Deutschland, so wird das nichts. Man braucht kein Schwarzseher zu sein, um zu prognostizieren, dass ein Land, das mehr in Umverteilung als in Wettstreit verliebt ist, das nicht Talent schätzt, sondern das Mittelmaß und wo individuelle Freiheit als Bedrohung gilt, dass ein solches Land die Mentalität und den Leistungswillen verloren hat, die zu der Anhäufung jenes Tafelsilbers beigetragen haben, das in Form schwarzer Nullen seit einigen Jahren verbraten wird.

Deutschland lebt von der Substanz. Und Wohlstand macht träge, verzagt und zugleich anspruchsvoll. Eine verhängnisvolle Kombination. Andere Länder, das zeigt die IPSOS-Studie deutlich, sind anspruchslos, dafür wagemutig, risikobereit und couragiert. Ihnen wird die Zukunft gehören. In Deutschland macht man sich derweil Sorgen um die soziale Gerechtigkeit. So viel hat sich hierzulande eben doch nicht geändert seit Heines Zeiten: Man ist immer noch gerne Ideologe, Vor- und Nachdenker, Träumer.

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Matthias Eberbach | Sa., 5. Mai 2018 - 10:55

Richtig ist, dass sich Leistungsbereitschaft lohnen und Lohnunterschiede geben muß. Nur auf welchem Niveau findet was statt? Der Mindestlohn in Deutschland ist bei knapp 9 €, Frankreich knapp 10 € und USA kämpft für 15 Dollar, also zwei der Staaten, die in den Artikel als Positivbeispiel erwähnt. Dann kommt der massive Mißbrauch in Deutschland dazu, eine viel zu hohe Schwarzarbeitsquote, weil der Zoll überfordert ist, und es fehlt ein Abstandsgebot zwischen Mindestlohn und Hartz IV. Letzteres müsste eben einen höheren Mindeslohn zu Folge haben. Daraus folgt: Leistung muß sich eben auch lohnen und das tut sie in den unteren Lohngruppen eben nicht.
Unsere hohen Sozialkosten, die in den nächsten Jahren rasant anwachsen werden müssten dringend umgebaut werden, was aber nur geht, wenn mehr Menschen aus Neidriglohnsektor und Hartz IV in Arbeit kommen

Friedhelm Habermann | Sa., 5. Mai 2018 - 11:27

kaum einer hat Ahnung von Ökonomie. Man muss Karl Marx nicht hassen, aber würde man gute Ökonomen wie Ludwig von Mises lesen, dann würde Marx schnell vergessen werden. Marxes Bücher sind unnötig kompliziert und verwirrt geschrieben und basieren größtenteils auf falschen Theorien.
Und Marx ist beileibe nicht der einzige zu Unrecht Verehrte. Dies schreibt Murray Rothbard in "History of Economic Thought": Adam Smiths Arbeitswerttheorie inspirierte englische Sozialisten bereits vor Marx. Smith gab dem Sozialismus Auftrieb, in dem er die falsche Theorie verbreitete, Miete und Profit gründen sich auf eben jene Arbeitswerttheorie. Ebenso fügte Smith die moderne soziologische Beschwerde über die angebliche Entfremdung des Arbeiters in der arbeitsteiligen Wirtschaft ein. Das Problem ist, Smith fügte der ökonomischen Wissenschaft nichts Eigenes hinzu, und das, was er hinzufügte, war falsch. Somit war es nicht zuletzt Adam Smith, der für den Aufstieg des Marxismus verantwortlich ist."

Detlev Flott | Sa., 5. Mai 2018 - 11:30

wir sind das einzige Land, in dem Sozialismus wirklich funktioniert. Wenn wir demnächst Belgien ablösen werden als das Land, in dem nach OECD Einschätzung die staatliche Abzocke weltweit am höchsten ist, treibt das nicht die Massen auf die Straßen, sondern die Freudentränen deutscher Bürger in die Augen.
Die vom Souverän erpresste Knete wird ja im Sinne der sozialen Gerechtigkeit umverteilt. Was gibt es viel Schöneres, als Mitmenschen an diesem Reichtum teilhaben zu lassen? Da verzichtet man doch gerne auf persönliche Freiheiten zu Gunsten sozialer Gerechtigkeit!
Die letzten Bundestagswahlen belegten, dass sich 87 % der Wähler für eine der Parteien entschieden haben, die sich um noch mehr soziale Gerechtigkeit bemühen. Hierzu gehört es natürlich auch, sich für offene Grenzen einzusetzen, so dass alle Mühseligen und Beladenen eingeladen werden, es sich am gedeckten Tisch bei uns gemütlich zu machen.
Lediglich die Hauptmelkkühe mit MINT- Hintergrund verlassen scharenweise das Land.

Klaus Dittrich | Sa., 5. Mai 2018 - 12:09

„Von häuslicher Innerlichkeit und Familienidyll ist nur noch wenig geblieben, stattdessen verwirklicht man sich selbst, lebt patchworkfamiliär und ist sozial, beruflich und räumlich flexibel.“
Ist dies wirklich gesamtdeutsche Wirklichkeit oder nur Spiegel großstädtischer Lebensweise?

„ . . . denken lediglich 47 Prozent, dass größeres Talent auch ein höheres Einkommen zur Folge haben sollte – der niedrigste Wert weltweit.“
Das Berliner Bildungssystem ist auf Gleichmacherei angelegt – jede/r bekommt seinen Schulabschluss; ob mit oder ohne Leistungswillen.

„ . . . wo individuelle Freiheit als Bedrohung gilt, dass ein solches Land die Mentalität und den Leistungswillen verloren hat, . . . „
Solange individuelle Freiheit – jede/ redet davon, lässt sich aber in die Gruppengemütlichkeit fallen – zumindest in Berlin als Synonym für Kampfradler, Autorennen etc. (den „Insignien“ eines nicht funktionierenden Rechtsstaates) wahrgenommen wird, kann man es den Menschen schlecht verdenken.

Gisela Fimiani | Sa., 5. Mai 2018 - 12:52

Ich fürchte, dass der Deutsche letztlich leider der Ideologie der Zentralplanung und dem Holismus anhängt, der Bewertung, dass der Staat dem Kollektiv und nicht dem Individuum dienen soll. Die Instinkte sehnen sich nach der Steinzeit und beherrschen auch heute unsere Emotionalität. Wenn aber in der Moderne das Prinzip der Unterordnung des Individuums unter das Kollektiv weiterhin als einzige Möglichkeit der Erhaltung einer sozialen Ordnung gesehen wird, führt dies notwendigerweise zum Totalitarismus. Anstatt unsere freiheitliche Demokratie weiter zu verbessern, schüttet man hier zu Lande das Kind mit dem Bade aus und setzt die beste Gesellschaftsordnung, die wir je hatten, aufs Spiel........damit das wohlige Bauchgefühl befriedigt wird. Wann wird der Deutsche sich der Sehnsucht nach dem Paternalismus endlich entledigen?
Ihr Beitrag, Herr Grau, beschreibt die Umstände trefflich. Als hätte es einen Kant nie gegeben......

Susanne antalic | Sa., 5. Mai 2018 - 13:00

Sociale Gerechtigkeit ( DDR lässt grüssen) ist in Deutschland ein Synonym für NEID, am besten sollten alle das gleiche haben, ohne sich anstrengen zu müssen. Dazu fällt mir ein Spruch, von damals meine dreijährige Tochter, wir waren in Urlaub, sie wollte nicht zurück fahren, wir haben ihr erklärt, dass wir arbeiten und Geld verdienen müssen, darauf hatte sie geantwortet, wir können doch hier zu Bank gehen und Geld holen und hier für immer bleiben. Diese Ideologen glauben, dass das Geld zum leben auf den Bäumen wächst und das sollen erwachsene Menschen sein, aber wenn man sich unsere Regierung ansieht, könnte man es glauben.

Gerhard Hellriegel | Sa., 5. Mai 2018 - 13:09

„Die Deutschen bedürfen weder der Freiheit noch der Gleichheit“. Aber soziale Gerechtigkeit ist doch sowohl ein Aspekt von Freiheit wie von Gleichheit. Und die gegeneinander auszuspielen, ist geradezu absurd. Die Banken haben uns doch vorgeführt, was sie unter Wettbewerb, Freiheit, Risiko verstehen. Die hemmungslose Gewinnsucht auf Kosten von Gemeinsinn, Umwelt, Moral und Frieden auf "Talent" zu reduzieren, ist schon wagemutig.
Das ist aber nicht individuelles Versagen, sondern Konsequenz der Spielregeln. Und nein, die sind nicht gottgegeben.
Durch die neuen technischen Entwicklungen sollen Millionen ihren Arbeitsplatz verlieren. Während unsere fernen Vorfahren jede neue Technik, die Arbeit effektiver machte, als Glück für die Gruppe empfunden haben, ist es unter unseren Bedingungen für die Betroffenen eine Katastrophe. So herrlich ist diese Wirtschaftsweise.

Fritz Gessler | Sa., 5. Mai 2018 - 13:19

natürlich ist soziale gerechtigkeit (nicht mit gleichmacherei zu verwechseln!) die VORBEDINGUNG für tatsächliche (nicht bloss proklamierte freiheit (wovon & wozu, wohlgemerkt). vielleicht ist den deutschen ihre freiheit (viele kleine freiheiten) so selbstverständlich geworden, dass sie natürlich nicht mehr als allererstes eingefordert/angestrebt wird. in indien oder malaysia mag es grad umgekehrt sein: dort lechzt die mehrheit nach freiheit(en) - vom starren kastenwesen in indien oder den islamistischen vorschriften in malaysia... wär doch eine überlegung wert, oder?
der sozialen gerechtigkeit geht's aber schon seit schröder agenda 2010 (vom jahre 2000) jahr für jahr mehr an den kragen. im namen der freiheit: mietwucher, lohndumping, mindestrenten für die masse der staatsbürgeruntertanen und eine steuerlast für den mittelstand, dass dort immer mehr ans auswandern denken. und freiheit über alles für die globalen spekulanten-bankster.

Dr. Roland Mock | Sa., 5. Mai 2018 - 14:07

Habe die Studie auch gelesen. Könnte mich erschüttern, tut es aber nicht. Schon allein, weil die Fragestellung, was wichtiger sei, Freiheit o d e r Gerechtigkeit, impliziert, das eine schließe das andere aus. Und nach jahrzehntelanger Erziehung durch linke Lehrer und linke Medien und bei der Unbedarftheit einer deutschen Bevölkerungsmehrheit in ökonomischen Fragen ist es erstaunlich, daß überhaupt noch 38% Durchblick und Mut haben, sich zum Wert „individuelle Freiheit“ zu bekennen. Schon Milton Friedmann (für Linke: böser Neoliberaler?) erkannte, daß Freiheit nicht der Gegensatz, sondern die V o r a u s e t z u n g für Gerechtigkeit ist. Natürlich nicht für Gerechtigkeit á la Sozis: Steuererhöhungen, Umverteilung ohne Ende usw. Und die Franzosen: Naja, man schaue sich an, was die unter “Gleichheit“ verstehen. Besonders die tonangebenden Links-„Intellektuellen“ in ihren Stadtpalästen an der Champs Élysée. Sind halt, wie die Schweine in „Farm der Tiere“, etwas gleicher als gleich.

Bryan Hayes | Sa., 5. Mai 2018 - 14:10

dass 98% der großen Medien linksgerichtet bis linksextrem sind und auch viele weitere Organisationen, Ministerien etc. ebenso schlecht ticken und ihr Linksgift tagein, tagaus in die Gehirne träufeln.

Christa Wallau | Sa., 5. Mai 2018 - 14:16

herrscht überall in D, besonders im Bereich der Bildung, wo es sich sehr fatal, weil demotivierend, auf die jungen Menschen auswirkt. Statt in einer Gruppe ähnlich stark oder schwach begabter Kinder u. Jugendlichen zu lernen und zu möglichst hohen Leistungen herausgefordert zu werden, dampft man in deutschen Schulen alle Schüler auf Mittelmaß ein, weil sich dann alle "wohler fühlen" (angeblich) und sich solidarischer (!) verhalten.Man merkt nur nichts davon. Im Gegenteil: Noch nie gab es so viel Mobbing und unsoziales Verhalten wie jetzt.
Die Gleichmacherei hat auch auf dem Arbeitsmarkt dazu geführt, daß a l l e nach einem Jahr Arbeitslosigkeit über einen Kamm geschoren werden: Leute, die bisher gearbeitet und solche, die noch nie einer Arbeit nachgingen,
Arbeitswillige genauso wie Arbeitsverweigerer.
Oder in der sog. Sozialhilfe: Menschen, die selbstverschuldet in Not geraten, werden genauso behandelt wie die, welche schuldlos sind an ihrem Schicksal.
Ja: S O wird das NICHTS !

Hannes Jäger | Sa., 5. Mai 2018 - 17:00

Sehr guter Artikel und ein sehr guter Ansatzpunkt: Etwas beißig könnte man zusammenfassen: Mit der Reproduktion von angezieltem Mittelmaß, wird soziale Gerechtigkeit nicht abgebaut, sondern reproduziert. Wenn man den untalentierten Leuten einredet, Untalent wäre eine Tugend, werden sie nicht besser, während dagegen talentierte Leute sich entweder davon nicht abbringen lassen oder dort ihr Glück versuchen, wo Talent gefragt und honoriert wird.

Hans W. Koerfges | Sa., 5. Mai 2018 - 17:48

An den Autor ein Danke für den Artikel. Präzise beschrieben und das Wesentliche an den Schluss gestellt. Wir leben doch seit Dekaden von der Substanz. Das ist in der Geschichte schon öfters so passiert. Die Lehre für die Überlebenden. Man kann immer noch Gras essen.

Werner Schütz | Sa., 5. Mai 2018 - 18:00

Lieber Herr Dr. Grau, da bin ich aber anderer Ansicht.
Um beides zu vereinbaren, haben sich damals einige der Gründerväter unserer BRD Gedanken gemacht. Allen voran Müller-Armack, der ja dafür den Begriff "Soziale Marktwirtschaft" geprägt hat. Sogar der 1973 verstorbene FDP Politiker Karl-Hermann Flach meinte "Liberalismus heißt Einsatz für größtmögliche Freiheit des einzelnen Menschen und Wahrung der menschlichen Würde in jeder gegebenen oder sich verändernden gesellschaftlichen Situation. Der Liberalismus ist nicht auf ein Gesellschaftsmodell festgelegt. Liberalismus bedeutet demnach nicht Freiheit und Würde einer Schicht, sondern persönliche Freiheit und Menschenwürde der größtmöglichen Zahl. Freiheit und Gleichheit sind nicht Gegensätze, sondern bedingen einander. Die Freiheit des Einzelnen findet ihre Grenze in der Freiheit des anderen Einzelnen, des Nächsten. Insoweit ist Liberalismus nicht Anarchismus, sondern eine politische Ordnungslehre".

Klaus Damert | Sa., 5. Mai 2018 - 19:47

Traumhaft! Sowohl Heine als auch Herr Grau. Dank und nochmals Dank! Es fehlen noch ein paar Quoten für die Gerechtigkeit: Abitur auch für ausländische Analphabeten, damit diese hier studieren können und vor allem eine Ausländerquote in der Polizei, damit man sich in Parallelgesellschaften durchfragen kann. Es ist einfach nicht mehr lustig. Lesen und Rechnen ist auch nicht mehr nötig, es gibt ja das Internet. Und die Programmierung machen Grundschüler - was allerdings viel über das Niveau führender Politikerinnen aussagt. Wer so etwas in verantwortlicher Stellung von sich gibt, sollte wenigstens wissen, was Programmierung ist - sagt einer, der einige Jahre genau das gemacht hat. Leistungsprinzip ist obsolet, die DDR läßt grüßen. Dort gab es dieses Prinzip nur im Sport, da allerdings erfolgreich.

Horst Brandner | Sa., 5. Mai 2018 - 21:25

dass diejenigen, die die Arbeit machen mehr bekommen, als die jenigen, die Glück haben. Zum Glück haben zählen Erbe, Reichtum, die richtigen Gene und auch Talent.
Was der Mensch aus sich macht, ist etwas ganz anderes. Talente vorkommen, das Erbe wird verfressen. Was Leistung ist, definiert die Gesellschaft. Wenn das Abzocken von Sparern Leistung ist, dann ist an der Gesellschaft etwas faul. Wenn geschickte Vertragsgestaltung zu Imperien wie Microsoft führt, hat jemand die Zeichen der Zeit richtig erkannt. Da ist ein Talent eben nicht verkommen.

Martin Michael | Sa., 5. Mai 2018 - 23:27

Als Libertärer kann ich nur hinzufügen das bei Hedonismus gepaart mit einem zu großen Schuss Altruismus, nichts gutes herauskommen kann. Das das werden die jungen Leute noch selber leidvoll erfahren. Gott sei dank, bin ich nicht mehr ganz so jung.

Konrad Perfeud | Sa., 5. Mai 2018 - 23:38

Die Deutschen ignorieren nicht nur die Grundlagen für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg. Sie verstehen auch nicht, dass gesellschaftliche Sicherheit und Stablität fragil sind und nicht jedes soziale Experiment verkraften werden.

Wolfgang Tröbner | So., 6. Mai 2018 - 09:53

"Wahrscheinlich wird es nicht mehr lange dauern und wir bekommen hierzulande eine Quote für Untalentierte – der Gerechtigkeit wegen." Köstlich, Herr Grau, einfach köstlich! Ich fürchte allerdings, dass wir eine solche Quote bereits haben(möglicherweise sogar übererfüllen) und zwar in der Politik. Wie sonst soll man sich diese Ansammlung von talentbefreiten Politikdarstellern in Bund und Ländern erklären? Legt man die Messlatte an, die diese Personen gern selbst verwenden, um andere zu beurteilen ("Wir werden die neue österreichische Regierung an ihren Taten messen", so Merkel in Bezug auf die neue Regierung unter Sebastian Kurz), was bleibt dann unterm Strich noch übrig? Machtwillen und Gier nach Versorgung ja. Aber Talent? Nein.

Yvonne Walden | So., 6. Mai 2018 - 10:30

Wer "Marktwirtschaft" schreibt, sollte immer das Adjektiv "kapitalistische" hinzufügen.
Denn von dieser vielbeschworenen kapitalistischen Marktwirtschaft profitieren diejenigen, die ihr Produktivkapital einsetzen können, also Aktionärinnen und Aktionäre in großem Stil.
Die größte Gefahr in einer kapitalistisch-geprägten Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung ist die nachlassende Motivation derjenigen, die eben nicht zu den Profiteuren dieser Ordnung gehören, also insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Wirtschaftswachstum beispielsweise kommt bei uns unselbständig Beschäftigten so gut wie gar nicht an. Wen wundert es also, wenn die große Mehrheit unserer Bevölkerung eine möglichst hohe soziale Sicherheit anstrebt, weil der soziale Absturz jederzeit erfolgen kann - mit unabsehbaren Folgen.
Da hilft dann auch die persönliche Freiheit nicht weiter.
Wir sollten also gerade jetzt und heute die Lehren von Karl Marx und Friedrich Engels nochmals rekapitulieren und verinnerlichen.

Arnold Dreis | So., 6. Mai 2018 - 10:44

Hallo Herr Grau,
jetzt verstehe ich aber irgendwas nicht.
Soziale Gerechtigkeit soll die Freiheit ausschließen?
Wer hat denn diese Umfragen in Auftrag gegeben?
Sozialausgaben werden doch heutzutage sogar von Milliardären befürwortet, damit die Masse der Abgehängten nicht revoltiert.

helmut armbruster | So., 6. Mai 2018 - 11:43

ein Zitat von Schopenhauer:
Seltsamerweise suchen die Deutschen im Himmel, was direkt vor ihren Füßen liegt.
Ich habe in Italien, Spanien und Tunesien gelebt, habe die Mentalität des Mittelmeers kennen gelernt und stimme Herrn Grau, Heine und Schopenhauer voll und ganz zu.
Wir ticken anders! Unerklärlich bleibt mir, dass wir es trotz zweier katastrophal verlorener Kriege und mit einer solchen Mentalität trotzdem zu Wohlstand gebracht haben.
Aber - wie Herr Grau sagt - voraussichtlich nicht mehr lange.

Ratbod Klingelhöfer | So., 6. Mai 2018 - 13:22

Nicht herausragendes Talent, sondern der Marktwert einer Person sollte sich im Gehalt niederschlagen. Diese beiden Größen korrelieren zwar, aber nicht jeder herausragend Talentierte hat auch einen hohen Marktwert (Trägheit, Krankheit o.ä.).

Ich hätte also bei der Frage nach der Relation von Talent und Gehalt mit "nein" gestimmt, die Autoren der Umfrage hätten von mir aber (s. obige Erörterung) eine Bejahung erwartet. Aufgrund solcher sprachlichen Ungenauigkeiten in der Fragestellung ist die Interpretierbarkeit der Ergebnisse geschwächt, wodurch die Umfrage zur Makulatur werden könnte.

Karoline Vomich | So., 6. Mai 2018 - 14:39

Über 60% der Ehen haben bestand, bis zum Tode eines Partners, Tendenz steigend

Die geschiedenen Ehen dauern 14-15 Jahre im Durchschnitt und damit länger als 11 Jahre im Mittelalter! Tja, damals war selbst die Ewigkeit ziemlich heruntergekommen!

Jacqueline Gafner | So., 6. Mai 2018 - 14:45

in Deutschland etwas ausgeprägter als anderswo? Als Individualist lebt es sich zwar freier, aber auch riskanter denn als Teil einer Herde von erklärterweise Gleichen, die als "Gesamtkörper" wehrhafter erscheinen als in der Landschaft versprengte "Einzelmasken", die in kritischen Situationen primär auf sich allein gestellt sind. Antrieb für das Streben nach "sozialer Gerechtigkeit" wäre mithin nicht eine betont edle Gesinnung, sondern eher ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis, das nicht als solches deklariert und dem im Zweifelsfall auch ein Teil der persönlichen Freiheit geopfert wird, auf die Menschen weltweit für gewöhnlich ebenfalls Wert legen. Dito, was die überdurchschnittlich hohe Ablehnung des Leistungsprinzips angeht, das der postulierten Gleichheit (nicht Gleichwertigkeit) aller Menschen widerspricht und, zumindest vom materiellen Ergebnis her, somit "neutralisiert" werden muss. Ob es am Ende vielleicht doch sowas wie ein typisch deutsches Wesen gibt?

Wolfram Fischer | So., 6. Mai 2018 - 15:27

Sehr guter Kommentar, Herr Grau!
Wenn ich lese, daß hierzulande 47% der Meinung sind, mehr Talent solle auch mehr Geld bringen, meinen die anderen demzufolge, jeder - gleich ob schlau oder dumm - soll das gleiche Einkommen erhalten.
Vielleicht sind viele Untalentierte aber auch nur weniger fleissig? Und viele Taletierte halt weniger faul? Sollen also auch die Faulen nun gleich viel abbekommen von Kuchen wie die Fleissigen? Wer beurteilt, wer Talentiert ist, und wer einfach nur faul?
Es erschüttert mich, daß bei uns jemand, der bissl mehr hat (und i.A. ist einfach konsequentes "nicht faul sein" eine mindestens sehr sehr bedeutsame Ursache dafür!) ganz fix der Ungerechtigkeitsdebatte anheimfällt... die "Reichen" muss man schröpfen... alles andere ist ungerecht! Und die Grenze zum "Reich sein" haben auch z.B. viele Ingeneieure, die dieses Land und seinen Wohstand erhalten, nach Ansicht der Linken ja sowieso schon längst erreicht. So wird das tatsächlich nichts mehr mit Deutschland!

Wolfram Wiesel | So., 6. Mai 2018 - 21:02

2030 werden ca. 25 Millionen Rentner in Deutschland leben. Davon werden ca. 4 Millionen Pflegefälle sein. Davon wiederum ca. 2 Millionen "dement". Es erden zwischen 6 - 8 Millionen Spezialisten/Fachkräfte fehlen. Ca. 50 % aller Lehrer/Ausbilder sind älter als 50 Jahre. Ca. 40 % aller Richter (Justizpersonal) sind älter als 50 Jahre. Ca. 7,5 Millionen sind sog "funktionale Analphabeten". Das sind Menschen, die nicht mehr als drei Worte in Deutsch verständig lesen und/oder schreiben können. Ca. 15 % der Zuwanderer sind Analphabeten (oder ähnlich) und ca. 70 % sind für den deutschen Arbeitsmarkt völlig unqualifiziert. Über 900 000 Nicht-EU-Ausländer erhalten HARTZ-IV-Leistungen. Tendenz steigend. Über 1 Million EU-Ausländer sind im Hartz-IV-System. Die Kindergeldzahlungen an im Ausland lebende Kinder hat sich seit 2010 verzehnfacht. Deutschland zahlt zusätzlich 1 Mrd. über die UNO für syrische Flüchtlinge....usw., usf. etc.
No way out .....

André Oldenburg | Mo., 7. Mai 2018 - 06:54

Es ist schon interessant, welche Menschen in meiner Umgebung mehr soziale Gerechtigkeit oder das nette bedingungslose Grundeinkommen fordern. Es sind gerade die Menschen, die, um es so freundlich wie möglich auszudrücken, die alles, aber nicht die Arbeit erfunden haben.
Wenn die Schwachen und Faulen das gleiche Gehalt bekommen sollen wie die Schlauen und Kräftigen, werden die sich aber nicht mehr anstrengen. Die Unterschiede sorgen für Wettbewerb und der Wettbewerb für Fortschritt und der Fortschritt für Arbeit.
Soziale Gerechtigkeit führt nur zur Armut für alle.
Warum sind eigentlich sozialistisch und kommunistische Symbole nicht verboten? Über 100 Millionen Menschen sind diesen kruden Weltanschauungen zum Opfer gefallen (Schwarzbuch des Kommunismus).

Marc Walther | Mo., 7. Mai 2018 - 08:32

Danke, genau das ist Deutschland. Und das ist auch seine Zukunft im Abstieg.