Symbole der drei Religionen Islam, Judentum und Christentum (Koran mit Koranständer (l-r), Kippa Kopfbedeckung, Chanukkaleuchter, Kaaba "Würfel", Kreuz und Torarolle) liegen am 23.11.2017 auf einem Tisch der Drei-Religionen-Schule in Osnabrück (Niedersachsen).
Koran, Kippa, Chanukkaleuchter, Kaaba, Kreuz und Torarolle / picture alliance

Kippa, Kreuz und Kopftuch - Warum Söder Recht hat

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder musste für seine Kruzifix-Initiative viel Spott über sich ergehen lassen. Die Kritiker aber missverstehen die Funktion religiöser Symbole in säkularen Gesellschaften. Von Alexander Grau

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Ohne Religion keine Kultur. Und ohne Kultur keine Religion. Denn beide sind Techniken der Zähmung des Bedrohlichen und Unbekannten, des Unberechenbaren und Chaotischen. Kultur und Religion stiften einen Raum der Sicherheit, der Ordnung und des Geregelten, also all dessen, was die Bedeutung des lateinischen cultura umfasst: Anbau, Pflege und Bearbeitung, aber auch Veredlung und Verehrung.

Kultur im Moment ihrer Erfindung bändigte also das Ungezähmte. Ein Mittel dazu war der Ackerbau, der die Landschaft ordnete. Ein anderes heilige Zeremonien, die das Jahr gliederten und die Götter berechenbarer machten. 

In säkularen Gesellschaften ist jedoch genau diese Verschmelzung von Religion und Kultur ein Problem. Denn der säkulare Mensch der Moderne will sich seine Kultur nicht religiös kontaminieren lassen.

Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahrzehnten in überaus großer Zahl Menschen nach Europa eingewandert sind, die eine sehr traditionelle Vorstellung von Kultur und Religion haben, die also davon überzeugt sind, dass das eine nicht von dem anderen zu trennen ist.

Der Bedeutungsverlust der Religion

Spätestens hier wird es kompliziert. Denn in westlichen Gesellschaften haben alle relevanten Subsysteme ein hohes Maß an Autonomie erlangt: Wissenschaft, Wirtschaft, Recht, Religion, Kultur. Sie alle funktionieren weitgehend unabhängig voneinander und nach ihrer eigenen Logik. Die Religion hat ihre normierende Funktion anderer Diskurse verloren. Deshalb ist man stets so peinlich berührt, wenn Geistliche sich zum Wirtschaftsleben äußern oder zu wissenschaftlichen Fragen.

Je deutlicher sich gesellschaftliche Diskurse jedoch von der Normierung durch die Religion befreien, je mehr sich Religionen also faktisch aus dem öffentlichen Raum zurückziehen, desto leichter sind ihre Symbole für areligiöse oder scheinbar religiöse Anliegen benutzbar. Das Ergebnis: Eben weil so gut wie alle gesellschaftlichen Diskurse autonom von der Religion verlaufen, werden ihre Symbole für außerreligiöse Anliegen instrumentalisiert. Das religiöse Symbol – oder was man dafür hält – wird zur Ikone gesellschaftlicher Auseinandersetzungen umgedeutet: sei es das Kreuz durch die Kruzifix-Initiative Markus Söders, die Kippa bei „Berlin trägt Kippa“ oder das leidige Kopftuch, das vor wenigen Jahrzehnten als das traditionelle Kleidungsstück der Muslima entdeckt wurde.

Schon klar: Die drei genannten Fälle unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Ihnen gemeinsam ist dennoch, dass es darum geht, mit Hilfe eines religiösen Symbols gesellschaftspolitische Anliegen zu formulieren.

Söder fortschrittlicher als seine Kritiker

Angesichts der zunehmenden Präsenz religiöser Symbole in der Öffentlichkeit von einer Rückkehr des Religiösen zu sprechen, geht daher an der Sache vorbei. Markus Söder hat das, anders als seine mitunter etwas einfältigen Kritiker, durchaus begriffen.

Wenn der bayerische Ministerpräsident davon spricht, dass das Kreuz „nicht ein Zeichen einer Religion, sondern für die geschichtlich-kulturelle Identität und Prägung Bayerns“ sei, so mag man in theologischen Seminaren die Stirn runzeln. Doch Söder hat mit seiner semiotischen Intervention die kulturellen Umformungsprozesse der Moderne auf den Punkt gebracht: Religiöse Symbole, egal ob Kleidungsstück, Fest, Ritual oder Zeichen, haben aufgrund der Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften ihre spezifische Bedeutung verloren. Nicht zuletzt aus der Außenperspektive stehen sie für die Kultur als Ganzes – vollkommen unabhängig wie religiös sie tatsächlich noch ist.

Das Gute daran

Der ebenso absehbare wie dümmliche Hohn und Spott, der Söder in den vergangenen Tagen aus dem Milieu der Modernen und Progressiven entgegen schlug, geht daher vollkommen an der Sache vorbei. Mehr noch: In gewissem Sinne ist der bayerische Ministerpräsident – ob bewusst oder unbewusst – seinen Kritikern intellektuell Jahrzehnte voraus. Denn tatsächlich stehen religiöse Symbole heutzutage vor allem für kulturelle Identität und Geschichte.  

Es ist bezeichnend, dass insbesondere die sich fortschrittlich wähnenden Religionsverächter einschlägiger Milieus die Funktion religiöser Symbole in säkularen Gesellschaften so missverstehen. Dass sie ausgerechnet von dem Konservativen Söder darüber aufgeklärt werden, wie religiöse Symbole in einer säkularen Gesellschaft funktionieren, macht die Sache allerdings schon wieder ganz unterhaltsam.

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Werner Gottschämmer | Sa., 28. April 2018 - 09:51

Mein Eindruck ist, die beiden führenden Kirchen in Deutschland versprechen sich vom Islam in Deutschland wieder mehr Einfluss der ihnen zurecht abgenommen wurde.

Was kann es besseres für sie passieren wenn nun der Islam Einzug in Deutschland hält, eine Religion die nicht zwischen Politik Gesellschaft und Religion unterscheidet. Für unsere christlichen Kirchen muss das doch das Paradies sein. Sie müssen doch endlos neidisch sein.

Brauchen wir mehr Erklärungen für die peinliche Anbiederung von den Kirchenfürsten an den Islam.

Ende der Beweisführung.

Gerhard Hellriegel | Sa., 28. April 2018 - 10:03

Herr Grau, Ihre ganze Motivationsforschung, ihre Gesinnungsschnüffelei können Sie an den Nagel hängen. Denn die Freiheitsrechte gelten davon vollkommen unabhängig - aus gutem Grund.
Weil nämlich sonst Leute aus ihrem Kultur- und Religionsgeschwurbel heraus beginnen, die Freiheitsrechte anderer zu beschneiden.
Herr Grau, wenn ich eines in meinem Leben gelernt habe: Überzeugung reicht nicht, wer gegen den Strom schwimmen will, muss sehr gute Argumente haben. Und daran mangelt es.

Jens Meißner | Sa., 28. April 2018 - 10:04

Beachtlich mit welcher Chupze hier Behauptungen als Tatsachen verauft werden "Ohne Religion keine Kultur. Und ohne Kultur keine Religion. "

Dieser Satz stimmt nur, wenn man einen rein religös geprägten Kulturbegriff anhängt, dann ist man allerdings in der falschen Position um überhaupt über Kultur zu streiten, weil man seinen eigenen Kulturbegriff über den der anderen Leute stellt. Religiöser Kulturbegriff halt...

"Wenn der bayerische Ministerpräsident davon spricht, dass das Kreuz „nicht ein Zeichen einer Religion, sondern für die geschichtlich-kulturelle Identität und Prägung Bayerns“ sei,"

... dann sieht man einfach nur, dass Söder ein Jurist ist, der von Juristen beraten wird. Würde Söder sagen das Kreuz wäre ein religiöses Symbol wäre diese ganze Aktion verfassungswidrig. Also gibt man dem Kind einen anderen Namen. Diese plumbe verfassungswidrige Umdeutung des Begriffs hier als Philosoph verteidigen ist ein intelektueller Bärendienst.

Michael Sander | Sa., 28. April 2018 - 10:34

Gut beobachtet und analysiert, Herr Grau!
Einerseits beklagt man in der Integrationsdebatte eine fehlende, positive deutsche Identität und fällt dann andererseits über jeden her, der die eigenen Traditionen wieder hochhält.
Im Gegensatz zu anderen religiösen Symbolen schließt das Kreuz niemanden aus und diskriminiert auch niemanden. Und das ist deshalb so, weil es eben weit mehr ist, als ein Symbol für das Christentum. Es ist ein Symbol für unsere christlich-abendländische Kultur.

Klaus Liebermann | Sa., 28. April 2018 - 10:43

Religiöse Symbole hätten aufgrund der Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften ihre spezifische Bedeutung verloren und ständen für die Kultur als Ganzes. Da scheint dem Verfasser wohl entgangen zu sein, dass die "abendländische Kultur" auf der heidnischen Antike aufsetzt, zwischen 700 und 1400 wesentliche Impulse aus der islam-arabischsprachigen Welt erhielt und ihre politischen Werte aus der Aufklärung bezogen hat. Die religiöse Kultur des Abendlandes ist bestenfalls eine Teilkultur.

Wolfgang Tröbner | Sa., 28. April 2018 - 11:21

Vielen Dank, Herr Grau, dass Sie die Kruzifix-Initiative von Herrn Söder thematisieren und die Kritik daran exakt als das charakterisieren, was sie im Kern ist. Nämlich dümmlich. Grüne, Linke und Rote überschlagen sich zur Zeit damit, ihre Ablehnung in immer neuen Facetten zu formulieren, bringen es aber nicht fertig, den neu importierten Antisemitismus überhaupt zu benennen und zu verurteilen. Mit ihrer Kritik entlarven sich diese Kritiker nur selbst und zeigen überdeutlich, wes Geistes sie sind und was von ihnen eigentlich zu halten sind. Herr Söder hat somit alles richtig gemacht, sonst würden sich diese Herrschaften nicht so aufführen. Getroffene Hunde bellen!

Andreas Balmert | Sa., 28. April 2018 - 11:34

"Der ebenso absehbare wie dümmliche Hohn und Spott, der Söder in den vergangenen Tagen aus dem Milieu der Modernen und Progressiven entgegen schlug, geht daher vollkommen an der Sache vorbei."

Nein, er trifft das Ziel sogar punktgenau!
"Denn tatsächlich stehen religiöse Symbole heutzutage vor allem für kulturelle Identität und Geschichte."
Und eben deshalb wird das Kreuz aus dem "Milieu der Modernen und Progressiven" heraus angegriffen. Nicht etwa wegen seiner religiösen Strahlkraft. Die ist den einschlägigen Adeptinnen und Adepten nämlich herzlich schnuppe.

Silas Loy | Sa., 28. April 2018 - 11:37

... brauchen nicht notwendig religöse Vehikel. Jedenfalls nicht im aufgeklärten Europa. Der Staat hat sich ausserdem bekenntnismässig neutral zu verhalten. Das ist eine der Grundbedingungen für ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Bekenntnisse welcher Art auch immer. Die Trennung von Staat und Bekenntnis ist elementar. Söder hat das einfach grundsätzlich nicht begriffen und zettelt einen populistischen Kulturkampf mit und in Landesinstitutionen an. Die Vermischung von Staat und Bekenntnis hatten wir zuletzt übrigens gut sichtbar mit den Parteiemblemen in den Nationalfahnen der DDR und des Dritten Reichs.

Fritz Gessler | Sa., 28. April 2018 - 12:14

... ABSOLUT NICHTS verloren: STRIKTE TRENNUNG VON STAAT UND KIRCHE ist die grundvoraussetzung eines zivilisierten zusammenlebens auf grundlage demokratischer verfassung.
und nichts peinlicher, als wenn deutsche politiker symbolisch die kippa für 5 (schweige)minuten aufsetzen, oder die 'christ'soziale CSU mit weihwedel und kreuz im klassenzimmer daherkommt (zwecks stimmenfang gegen künftige AfD-zuwächse - herr söder hätte 2015 auf seinem posten sein sollen, nicht heute erst sich auf bayerns christliche kultur (mit der es gar net so weit her ist, btw) besinnen mögen).
nebenbei: nicht das kreuz war das symbol der urchristen - sondern der FISCH (ICHTYS als akronym für JESOS CHRISTOS SOTER).

Reiner Jornitz | Sa., 28. April 2018 - 13:07

Im Oktoberdiesen Jahres sind Wahlen , er wird genauso wie Horst Seehofer von Angela Merkel zurückgepfiffen , wieSöder schon sagte " Der Islam gehört zu Deutschland" Ein verrücktes aus den Fugen geratenes Schauspiel was die im Parlament schon länger sitzenden fabrizieren

Karola Schramm | Sa., 28. April 2018 - 13:21

doch leider ist mir dieser Artikel zu kurz. Hätte noch stundenlang die Ausführungen von Herrn Grau lesen können, denn ich denke und sehe das ähnlich wie er. Dennoch klare Argumente, die hier vorgetragen sind. Es geht um die Kultur als Ganzes. Immerhin essen wir immer noch mit Messer und Gabel, das kann hin und wieder auch anders sein, dennoch gehört das Essbesteck auch zu uns.

Jacqueline Gafner | Sa., 28. April 2018 - 13:41

einen Zweibeiner mit einem verkehrt herum getragenen Baseballcap zielsicher als Baseball-Spieler zu identifizieren oder aus dem neonfarbigen Marken-Schuhwerk auch schon etwas älterer Semester Rückschlüsse auf deren physische Fitness zu ziehen. Auch steckt nicht hinter jedem als Foulard getragenen Arafat-Tuch eine Pro-Palästina-Aktivistin oder sind sogenannte Heiland-Sandalen ein sicheres Indiz für die religiösen oder politischen Präferenzen ihrer Träger. Weshalb sollte das im Fall eines in hiesigen Breiten ursprünglich klar christlich konotierten religiösen Symbols wie dem Kreuz, das jemand an einer Kette als Halsschmuck trägt, anders sein? Fraglos sind strenggläubige Muslima mit Glatze und Piercings im Gesicht ebenso selten wie bekennende Christen mit Turban oder buddhistische Mönche mit Dreadlocks, doch in einer Zeit, in der eine "everything goes"-Haltung im Westen klar verbreiteter ist als religiöses Bekennertum, wirkt der "Anti-Kruzifix-Kreuzzug" der Progressiven ziemlich schräg.

Christa Wallau | Sa., 28. April 2018 - 14:12

Wie fast immer, lieber Herr Grau, finden Ihre Ausfuehrungen meine volle Zustimmung.

Es ist genau so, wie Sie schreiben:
Religioese Symbole stehen in unseren westlichen.
saekularen Gesellschaften heute fuer unsere
kulturelle Identitaet und Geschichte.
Je weniger den Menschen der Glaube an sich bedeutet, umso mehr beduerfen sie der
ZEICHEN und RITEN, welche ihre Gesellschaft
(den Staat u. grosse Kulturraeume wie ganz Europa) zusammenhaelt. Woher sollen diese denn anders kommen als aus der langen Tradition,
die eindeutig spezifisch bestimmt ist, in erster Linie
vom Christentum.

Ob Schroeder seinen Vorstoss seinem Intellekt oder
- was ich eher vermute - seinem gesunden Menschenverstand und dem seiner Bayern, auf den er wegen der Wahl rekurrieren muss, verdankt,
ist letztlich egal. Recht hat er!

Frank Linnhoff | Sa., 28. April 2018 - 14:55

Weisswurst und Bier sind hundertmal identitätsstiftender für Bayern als das Kreuz.

Gerdi Franke | Sa., 28. April 2018 - 16:00

Auch wenn es einige stört, wir dürfen uns nicht verbiegen lassen. Vor allem nicht als Bayern. Sicher träumen auch hier einige von einer globalen Zukunft ohne Grenzen, allseits offenen Sozialsystemen und Rechtlosigkeit. Aber die haben meistens nicht an Aufbau und Gestaltung dieses Landes mitgearbeitet und müssen eben dorthin gehen wo sie ihre Träume realisiert sehen! Ich stehe schon zu unserer Kultur, unserer Heimat, unserem Land! Und zu unserem Ministerpräsidenten!

Harro Meyer | Sa., 28. April 2018 - 16:47

Da irrt Alexander Grau: Eine säkulare Gesellschaft wie die Demokratie kann kein religiöses Symbol wie das christliche Kreuz haben. Das ist nur einem bis zur Unendlichkeit verbogenen Katholiken, wie dem Söder möglich. Allah möge ihm beistehen.

Thomas Glauninger | Sa., 28. April 2018 - 16:50

Der Söder versucht hier wie Erdogan durch Symbolpolitik die konservative Grundstimmung im Land in Popularität umzumünzen. Die Erklärung fürs Feulleton auf die sich Grau hier bezieht, ist eine Feigenblattargumentation und hat mit Söders eigentlicher Motivation nichts zu tun. Wenn Grau in seiner verquasten Argumentation die Anhänger einer strikteren Trennung von Staat und Religion als einfältig und dümmlich tituliert, fällt das auf ihn und den Cicero zurück.

Gerhard Krohmer | Sa., 28. April 2018 - 17:41

.....daher bitte ich die Redaktion, den Beitrag mindestens 1 Woche stehen zu lassen.
Besonders kann ich nicht erkennen, was der Autor unter "Religion" versteht. Eine Offenbarungsreligion wie z.B. das Christentum oder was sonst ?
Vielleicht komme ich weiter, wenn andere Kommentare vorliegen.

Reinhard Hötger | Sa., 28. April 2018 - 17:57

Ohne Religion sehr wohl Kultur!
Ich habe seit langer Zeit keinen Artikel hier mehr gelesen, bei dem ich so ziemlich bei jedem Satz entgeistert den Kopf schütteln mußte. Die säkuläre Gesellschaft, eine der Haupterrungenschaften der Aufklärung, dient dem Autor offensichtlich lediglich als Schimpfwort.
Meine These ist eher: je höher der Bildungsstand eines Volkes, desto unwichtiger die tradierten Religionen.
Mir reicht es schon vollständig, daß deutsche Beamte wie Buddhas hinter ihren Schreibtischen thronen. Sie müssen dann aber weder Kreuz, noch Halbmond, noch Swastika hinter sich an der Wand hängen haben.
Kleiner Tipp an den Autor, der das eigentlich schon selber wissen müßte: Andersdenkende als 'einfältige Kritiker' zu beschreiben, die nur 'dümmlichen Hohn und Spott' drauf haben, steigert das Niveau und den Wahrheitsgehalt des eigenen Artikels nicht im Geringsten... SO SAD...

Hans Jürgen Wienroth | Sa., 28. April 2018 - 18:56

Zwei weitere Aspekte stehen für die hier geäußerte Interpretation:
Wollen wir wirklich jedes Merkmal guten Benehmens und Zusammenlebens in Gesetzen festschreiben und mit Strafe belegen? Wie wollen wir die Achtung füreinander und die Wertschätzung des anderen in Gesetzen beschreiben und einfordern? Oder sind diese Werte heute überflüssig?
Wie beschreiben wir Religionsfreiheit für eine Religion, in der jeder Nachkomme eines Gläubigen automatisch Angehöriger dieses Glaubens wird und keine Möglichkeit hat, später als Erwachsener einen anderen Glauben zu wählen ohne mit dem Tode bedroht zu werden?
Was sind da schon Kruzifixe als Zeichnen für die Werte unseres Zusammenlebens, die hoffentlich immer noch die 10 Gebote als Grundlage haben, auch wenn diese nicht in Gesetzen festgeschrieben sind? Atheisten unter den Kommentatoren sollten sich fragen, welche Werte für sie das Zusammenleben regeln. Wer will immer nur egoistisch an sich selbst denken?

Dr. Roland Mock | Sa., 28. April 2018 - 19:02

Das ist die beste Verteidigungsschrift zu Söders Kreuz-Intitiative, die ich in den letzten Tagen gelesen habe. Kompliment. Was übrigens die „peinliche Berührtheit“ betrifft, welche Kundige erfaßt, wenn Geistliche über Wirtschaft sprechen: Das liegt m.E. weniger daran, daß die Religion es nicht mehr vermag, hier Normen zu setzen. Diese ganzen von Jahr zu Jahr mehr dem Marxismus sowie radikalen ökologischen Ideologien verfallenden Bischöffe von Käßmann über Bedford-Strohm bis hin zu (ironischerweise) Marx haben schlicht keine Ahnung von Wirtschaft. Für sie ist Wirtschaft auf ihre Heilslehre gemünzte Ideologie, und mehr als immer wieder den Bibelspruch vom Kamel und vom Nadelöhr zu zitieren, können sie nicht zur Erhellung wirtschaftlicher Zusammenhänge beitragen. Müssen sie auch nicht.

Konrad Schiemert | Sa., 28. April 2018 - 20:15

Söder hat kein Recht und Söder fortschrittlich zu nennen ist übertrieben. Er wird allein von der Machterhalt getrieben, tut alles nur für die Prozente. Ich hoffe, dass die Meinung v. H. Grau nicht von allen bei Cicero geteilt wird.

Ernst Seler | Sa., 28. April 2018 - 20:17

Söder rechtfertigt seinen Impuls mit dem Hinweis auf die Verfassung, der "Ehrfurcht vor Gott". Kleinen Kindern die Furcht eintrichtern, das konnten wir verhindern. Nun sind Erwachsene dran, gut so?! Gehört zum Selbstbewußtsein Religion?! Natürlich soll jeder seinen Glauben haben, jedoch wenn der Staat per Symbol das verordnet, mit "Leichnam", dann wird einfach das Alte Testament ignoriert, das Götzenanbeterei untersagt. Da ist der Islam hier fortschrittlicher. Der Impuls von Söder weist nicht in die Zukunft - das ist Satire?! - er weist zurück ins Mittelalter, wo die Fürsten den Glauben der Untertanen bestimmten. Wer nicht will, kann ja auswandern. Das staatlich verordnete Symbol spaltet unsere Bevölkerung, das wird sich schon noch erweisen. Der Evangele Söder benutzt das katholische Kruzifix, 33 Jahre, nachdem ich vor unserem Kinde das Kruzifix im Klassenzimmer entdeckte. Ob die Erwachsenen sich das gefallen lassen?!

Klaus Decker | Sa., 28. April 2018 - 21:07

Hohn und Spott von Kirchen und (pars pro toto) der FDP. Die Experten der Instrumentalisierung entdecken plötzlich den Kern der biblischen Botschaft: Einen größeren Erfolg hätte Herr Söder gar nicht erzielen können. Mutmaßlich hätte die Mehrzahl der Kritiker gegen einen Halbmond im Amtszimmer nichts einzuwenden. Nach dem Motto: Nehmt den Menschen doch nicht ihre Identität. Über eine kulturelle Prägung durch das Christentum sind wir doch längst hinaus. Die richtige - politisch korrekte - Amtshandlung hätte in der Aufhängung des GG bestanden. So wäre die bayerische Identität angemessen zum Ausdruck gekommen - oder vielleicht doch nicht? die Bayer haben das GG ja abgelehnt. Dann doch besser die Römischen Verträge.
Ohne Ironie: Der Beitrag von Dr. Grau bietet wohl
doch die einzig richtige Perspektive!

Dimtri Gales | Sa., 28. April 2018 - 21:36

ist wohl als Reaktion auf den islamischen Alleingeltungs-und Dominanzanspruch zu sehen. Andere Religionen gelten nicht. Gerade Migranten aus dem arabischen Kulturraum haben hierzulande (und überall in Europa) Probleme der Anpassung - eben wegen ihrer überstarken religiösen und daher kulturellen Identität. Söder hat Recht, das Kreuz ist ein Symbol unserer Kultur; ich als Atheist sehe das auch so.

Heiner Hannappel | Sa., 28. April 2018 - 21:38

Das war Klartext, wie wir ihn uns wünschen.Unser europäischer Okzident muss endlich einmal erkennen, in welcher Gefahr seine Kultur und seine damit unzertrennbare Religion steht, selbst wenn wir alle nicht mehr der christlich geprägten Religion gestatten unseren Alltag zu bestimmen.Warum also sollen wir einer Religion, die nicht christlich geprägt ist,wie die des Islams die alle Christen als "Ungläubige",die es egal wie zu bekehren gilt betrachtet, den Raum geben, den wir unserer uns prägenden christlichen verweigern.Einer religiösen Gesellschaftsordnung also,die des Islams, die die unsrige ablösen will und somit unsere Kultur der ihren unterordnen will.Es nützt absolut nichts,vor offenkundigen Tatsachen die Augen zu verschließen, denn mit dem ungebremsten Zustrom Millionen Islamgläubiger Menschen wächst auch die Gefahr eines Zusammenstoßes der Religionen, indem die Europäer nur etwas zu verlieren haben, wenn sie ihre Religion,Kultur und Werte nicht verteidigen. Stehen wir zu uns!

Manfred Gimmler | Sa., 28. April 2018 - 22:39

Welche gesellschaftspolitischen Anliegen werden denn bitteschön mit Hilfe von Kippa, Kreuz und Kopftuch formuliert?

Es ist und bleibt mit Blick auf die Geschichte einfach richtig, daß in einer aufgeklärten Bürgergesellschaft Religion eine Privatangelegenheit bleiben muß. Das zu begreifen kann doch nicht so schwierig sein.

Übrigens: Lassen sich auch zwischen Agnostizismus und kultureller Identität Verbindungslinien herstellen? Man hört und liest leider nichts darüber.

Sigrun Stoellger | Sa., 28. April 2018 - 23:19

Bahn frei für Odins Hammer! Der wurde wieder mal unterschlagen....

wolfgang spremberg | So., 29. April 2018 - 10:07

Wenn der Allmächtige alle Menschen gleichzeitig über seine Vorstellungen informiert und sich nicht so missverständlich ausgedrückt hätte, hätten wir weniger Probleme.

Armin Latell | So., 29. April 2018 - 11:07

Wow. Super Begriff, musste seine Bedeutung erst einmal ergoogeln. War eine echte Bildungslücke.
Ihre Analyse empfinde ich als sehr gut erkannt und in Worte gefasst. Ich selbst bin 2015 aus der Kirche ausgetreten, trotzdem ist für mich unsere auf das Christentum basierende Kultur die Grundlage unserer heutigen Gesellschaft. Und dazu gehört definitiv das Kreuz. Inhaltlich möchte ich aber doch hinzufügen: ob das von Ihnen so benannte Milieu wirklich fortschrittlich und progressiv ist, darf man doch bezweifeln. Erst recht, ob das ein Vorteil ist (was Sie ja nicht behauptet haben). Auch seinen intellektuellen Vorsprung um Jahrzehnte möchte ich nicht bestätigen. Weder einen bewussten noch einen unbewussten. Aber einen ganz gewichtigen Grund für Söders „Aufklärung“, der noch 2012 behauptet hatte, der Islam gehöre zu Bayern, haben Sie nicht erwähnt: dort stehen Wahlen an, bei denen er befürchten muss, Stimmen an die AfD zu verlieren. So sieht es nämlich wirklich aus.

Paul Müller | So., 29. April 2018 - 11:31

"Religiöse Symbole, egal ob Kleidungsstück, Fest, Ritual oder Zeichen, haben aufgrund der Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften ihre spezifische Bedeutung verloren. "

Mit dieser Aussage muss ich leider vollkommen widersprechen. Es hat den Anschein als versuche der Autor auf "Teufel komm raus" diesen Beschluss zu verteidigen.
Unsere Gesellschaft erlebt momentan eine Näherung zum Rechts-Konservativen und der Islam wächst in Deutschland.
Eine Maßnahme, wie die vom Herrn Soeder, ist stark anti-progressive und für mich hat es in den Anschein als wolle er in Bayern auf AfD-Stimmenfang gehen.
Religiöse Symbole haben in Deutschland nicht ihre Bedeutung verloren, es leben 45 Mio. Christen in Deutschland und solche Maßnahmen versuchen die Leute in das "Boot" der CDU/CSU zu holen, die sich in einer liberalen und globalisierten Welt verloren vorkommen.

Ihnen noch einen schönen Tag

Dr. Armin Schmid | So., 29. April 2018 - 14:24

Angeblich befriede man eine Gesellschaft, wenn man die Religion aus der Öffentlichkeit verbannt oder gleich ganz verbietet. Als kulturelle Basis des Zusammenlebens reichten hierzulande die deutsche Sprache und das Grundgesetz.

Ich sehe hingegen religiöse Symbole als Zeichen dafür, dass der Staat eben nicht alles ist. Die schlimmsten Massenmörder des 20. Jahrhunderts waren Mao, Stalin und Hitler als Verfechter eines areligiösen totalitären Staates.

Das Kreuz steht sogar explizit für "Mein Reich ist nicht von dieser Welt.", ausgesprochen beim Verhör Christi durch Pilatus am Tag seiner Hinrichtung.

Bei Islam und Scharia sieht das anders aus. Dass sich die Geschichte des Abendlandes über weite Strecken anders darstellt, steht auf einem anderen Blatt.

Claudia Martin | So., 29. April 2018 - 16:24

D ist mittlerweile multikulti und multireligiös. Söder ? Wer ist Söder ? Religiöse Symbole gibt es viele. Und es werden immer mehr in D.

Joachim Baumeister | So., 29. April 2018 - 16:55

Es stimmt, Söder hat recht. Auch ich sehe das Kreuz mehr an als ein religiöses Symbol. Gerade in Zeiten der Migration und teilweise radikalen "Symbolistik" orientalischer Lebensweisen und des Islamismus mittels Kopftuch und anderer Abgrenzungen, ist es geboten unser angestammtes sozio-kulturelles Fundament sichbar zum Ausdruck zu bringen. Dass Deutsche ihr eigenes Land diskreditieren und herabwürdigen, in dem sie all das negieren, ist für mich immer wieder irritierend und unverständlich. Man entsinne sich: früher hingen z.B. ich Gerichtssälen Kreuze und auch in Schulen. Die falsche und unangebrachte Rücksichtnahme auf Zuwanderer anderer Kulturen und Religionen wird unsere angestammte Kultur weiter bechädigen. Und mir ist auch nicht klar, was die Kritiker und Beschimpfer der Kreuze eigentlich bezwecken. Was stellen die sich vor? Es ist z.Z. ein Kreuz mit dem Kreuz.

Bernhard K. Kopp | So., 29. April 2018 - 17:45

Wir können von Glück reden, dass noch kein 'Progressiver*In' die Abschaffung des Bundesverdienstkreuzes - weil religiös ausgrenzend - verlangt hat. Wenn man allerdings jemanden an den Kabinettstisch holt, bezahlt und auf Lebenzeit versorgt, der meint, dass es, ausser ein bisschen Sprache, kaum eine charakterische deutsche Kultur gäbe, dann darf man sich über nichts mehr wundern. Wenn Kulturnihilismus am Kabinettstisch sitzt, dann bekommen zu Ehrende mit moslemischem Hintergrund vielleicht einen Bundesverdiensthalbmond.

Frank Linnhoff | So., 29. April 2018 - 18:49

Nicht von ungefähr soll der Staat nach unserer Verfassung religionsneutral sein. Wenn in Amtsstuben, immerhin ein Raum der staatlicher nicht sein kann, ein Kruzifix aufgehängt werden soll, dann ist die Religionsneutralität hin. Mit Sicherheit werden BürgerInnen, für welche Religionsneutralität ein hohes Gut ist, gegen die Verordnung des Herrn Söder klagen. Letztlich wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Enno Klatt | So., 29. April 2018 - 23:37

Es geht nicht um dümmlichen Hohn oder Spott, sondern um die unglaubliche Unverfrohrenheit eines CSU- Politikers Söder mit einer dümmlichen Aktion Stimmung für die Landtagswahlen zu machen. Hört her ihr dummes Walvolk, ich stehe ein für die christlichen Werte in Bayern. Die anderen Parteien sind des Teufels.
Söder ist nichts weiter als die bayrische Kopie eines Donal Trump. Beschämend ist, wenn der Autor vom intellektuellen Vorspung Söders faselt. Söder geht es um Machterhalt und nicht im entferntesten um einen intellektuellen Diskurs.

Katha Haller | Mo., 30. April 2018 - 08:46

Sehr guter Artikel. Unsere Gesellschaft braucht gemeinsame Symbole bzw. Werte (Was ist an den 10 Geboten schlecht?) Eines der Symbole davon ist nun mal das Kreuz. Wenn wir das nicht verstehen, werden wir als Gesellschaft auseinander brechen. Es wird dann dunkel in Europa werden.

Ich bin i. Ü. nicht getauft und nicht religiös bin aber für eine Vermittlung von mehr gemeinsamen Werten und Symbolen in der Gesellschaft. Ich bin nicht für eine stärkere Kirche, da der Klub den Wandel nicht versteht.

I. Ü. finde ich die Kirchen gerade absolut unfähig die Menschen bzw. die Gesellschaft zu leiten und zu gestalten. Dort geht es nur um das Geld. Sie sind wie große Konzerne bei denen nicht die Menschen im Vordergrund stehen. Sie werden so weiter
Mitglieder und Einfluss verlieren. Es wird entweder eine neue Kirche entstehen oder die Alten müssen revolutioniert werden.