24.04.2018, Bayern, München: Markus Söder, Bayerischer Ministerpräsident (CSU), hängt ein Kreuz im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei auf.
Markus Söder hängte direkt ein Kreuz im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei auf / picture alliance

Kruzifix-Debatte - „Der Staat privilegiert das Christentum“

Ab 1. Juni muss in allen Behörden der bayerischen Staatsverwaltung ein Kreuz hängen. Es stehe als rein kulturelles Symbol für christlich-abendländische Identität. Für Michael Wladarsch, Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit, ist damit das Neutralitätsgesetz verletzt

Chiara Thies

Autoreninfo

Chiara Thies ist freie Journalistin und Vorsitzende bei next media makers.

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Herr Wladarsch, Sie sind Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit in München. Was ist das?
Wir begreifen uns als Vertretung der Konfessionsfreien. Der Bund für Geistesfreiheit existiert seit 1870 und sind den Religionsgemeinschaften – zumindest theoretisch – rechtlich und in allen anderen Belangen gleichgestellt. Wir stehen in der freigeistigen Tradition, die explizit gegründet wurde, um eine Alternative zu den tradierten und gesetzten Religionen zu haben. Das müssen nicht zwingend Atheisten sein, sondern beispielsweise auch Agnostiker oder Unentschlossene. Diesen Menschen wollen wir eine Stimme geben.

Sie kritisieren Markus Söders Gesetzvorstoß, dass im Eingang aller bayerischen Staatsverwaltungen bis zum 1. Juni ein Kreuz hängen soll, scharf in einem Statement. Wieso?
Ach ja, das ist im Prinzip ein Publicity-Stunt. Wir haben bald Landtagswahlen und die CSU zieht jetzt alle Register, um die treue Wählerschaft, die noch an das „C“ im Namen glaubt, an die Wahlurnen zu bringen. Das Thema begleitet uns schon lange. Das hat schon 1995 mit dem Urteil begonnen, ob Kreuze in Schulen und Klassenzimmern hängen dürfen. Damals hat sich Bayern schon auf einen Extraweg begeben. Hier wird eine bestimmte Religion vom Staat bevorzugt. Die jetzige Publicity mit den Kreuzen zielt ebenfalls darauf ab, Wähler von der AfD zurückzuholen oder sogar die AfD rechts zu überholen. 

Verstößt Söder gegen das Neutralitätsgesetz?
Im Grundgesetz steht drin, dass sich der Staat aus diesen Dingen herauszuhalten hat. Der Staat tut aber alles – und das nicht nur in Bayern, sondern bundesweit –, um die christlichen Religionen in den Vordergrund zu stellen und zu privilegieren. Unsere Forderung lautet hier Neutralität zu schaffen, gleiches Recht für alle. Das wird hier ganz klar nicht getan. Das hatten wir leider auch noch nie und es wird noch lange dauern, bis das kommt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jedoch 2011 erlaubt, dass Kreuze in Klassenzimmern hängen dürfen.
Ich verstehe dieses Urteil von 2011 ehrlich gesagt auch nicht so genau. Denn das Kreuz muss weiterhin abgehängt werden, wenn jemand das explizit wünscht. Aber die Argumentation klingt ähnlich wie bei Markus Söder. Er behauptet, dass das Kreuz kein christliches Symbol ist, sondern eins von kultureller Identität. Das ist für mich absolut nicht nachvollziehbar, das Kruzifix steht ganz klar für das Christentum. Folgt man Söders Argumentation, ist es normal christlich zu sein. Ist das aber wirklich die Identität von Bayern? Oder ist die gesellschaftliche Wirklichkeit eine andere? Hier wird etwas realitätsfernes herbeigeredet. 

Wollen Sie gegen den Entschluss vorgehen?
So langsam entsteht ein Gefühl dafür, dass es nicht-religiöse Menschen gibt, die auch nicht mit diesen Symbolen belästigt werden wollen. Jetzt lautet die Frage: Was kann man tun, wenn im Eingangsbereich der Behörde ein Kreuz hängt? Nicht reingehen, sondern den Pass zuhause ausgestellt bekommen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir werden prüfen, was juristisch möglich ist.

Neben dem Kreuz in den Behörden soll es an Schulen ebenfalls ein christlicher-Werte-Unterricht für Flüchtlings- und Migrantenkinder eingeführt werden. Was halten Sie davon?
Das halte ich für noch schlimmer. Bei einem Kreuz kann ich notfalls noch wegschauen. Unterricht bedeutet aber, dass da Menschen ein Nachholbedarf unterstellt wird. Ich befürchte, dass, wenn es so weitergeht, ich da auch zuzähle und zu einer Art Zwangsunterricht eingeladen werde. Nur weil ich bekennender Atheist bin und offensichtlich nicht richtig verstanden habe, wie das alles zu laufen hat. Wer maßt sich da an, wem beizubringen, was richtig ist? Wenn Herr Söder so weiter macht, ist er nicht mehr weit von Herrn Erdogan in der Türkei entfernt.

Das ist jetzt  ein harter Vergleich, den auch Christian Lindner bereits gemacht hat.
Ja, das stimmt. Natürlich sind wir von einem totalitär-religiösen Staat weit entfernt. Aber säkular sind wir auch nicht.

Für welche Werte treten Sie denn ein?
Das was uns als Menschen eint und allen gemeinsam ist. Es lässt sich unter Humanismus zusammenfassen. Wenn es um ein Regelwerk geht, wären das die allgemeinen internationalen Menschenrechte. Aber an sich geht um das Zusammenleben von Menschen und da kommt man auf die goldene Regel: Was du nicht willst was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. Die liegt in ihren verschiedenen Variationen natürlich auch vielen Religionen zugrunde. Das ist die simpelste ethische Regel, die sehr viele Probleme auch vermeiden könnte.

 

Michael Wladarsch

Michael Wladarsch studierte Psychologie und Philosophie in Bochum und Trier, sowie Grafik Design und Visuelle Kommunikation
in Trier, Schwäbisch Gmünd, Paris und London. Er ist Inhaber der Kommunikations- und Grafikdesign Büro  84 GHz - Raum für Gestaltung. Seit 2014 ist Wladarsch 1. Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit in München.

 

 

 

 

 

 

 

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Cecilia Mohn | Mi., 25. April 2018 - 19:43

Ich werde überall Kreuze hinhängen wo ich es nur kann - selbst trage ich auch wieder Kreuz an Kettchen- das wäre ja noch schöner, wenn dieses Zeichen der abendländischen Kultur verboten wird. Jetzt reicht es!!! Toll das Bayern sich etwas traut.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 26. April 2018 - 11:27

Antwort auf von Cecilia Mohn

Das Abendländische müßte dann noch durch vieles andere repräsentiert werden, wenn es um Kultur geht.
In Schulen und öffentlichen Gebäuden sollte es nicht hängen, aber natürlich an Ihrem Hals.
Ich habe auch eins in der Tasche.
Christus sagte, Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und gebt Gott, was Gottes ist.
Ich würde in einer Schule mit Kreuz oder anderem eine konfessionelle Schule sehen.
Religion hat mit diesem sichtbaren Tragen oder Aufhängen von jeweiligen Symbolen nicht mehr diesen privaten Charakter für mich.
Muss es privat sein?
Darüber kann man reden, aber dann müssen Schulen für alles geöffnet werden.
Wir hatten einen sehr schönen Umgang mit Religion mehr in Richtung spiritueller Haltung und eher unbestimmtem und offenen öffentlichen Raum.
Auch da macht Merkel für mich den Unterschied, evtl. weil die DDR-Führung, zu deren weitestem Bereich ich Merkel "zähle", in diesen Fragen evtl. keine Kultur hatte.
Daraus macht man bei Merkel Fortschritt?
Ich hoffe auf Kultur

Hans Friedrich | Do., 26. April 2018 - 19:19

Antwort auf von Cecilia Mohn

Gut, Sie können sich natürlich 10 Kreuze umhängen oder in jedem Zimmer ihres Hauses die Wände damit Pflastern. Gedanken sind frei und wenn Sie gute Gedanken mit dem Kreuz haben ist das alles o k. Aber erwarten Sie bitte nicht, dass ich und viele andere kein Symbol nötig haben, mit dem Abertausende ins Unheil gestürzt wurden. Denken Sie nur an die Kreuzzüge, die dem heutigen IS-Terror in nichts nachstanden.
Im übrigen verletzt Söder das neutralitätsgebot des Staates und stellt sich mit Erdogan und arabischen gottesstaatlern auf eine Stufe. Oh Gott kann man da nur rufen.

Yvonne Walden | Fr., 27. April 2018 - 13:59

Antwort auf von Cecilia Mohn

Nichts ist toll an dem Söder-Vorschlag.
Der Freistaat Bayern verletzt das staatliche Neutralitätsgebot, wenn er explizit das Anbringen von Kruzifixen in öffentlichen Gebäuden durchführt.
Es ist im übrigen eine Beleidigung von jüdischen Gläubigen, denen damit suggeriert werden soll: Seht da, ihr habt Jesus, den Sohn Gottes, unseren Erlöser, ans Kreuz genagelt!
So steht es zwar in den Heiligen Schriften des Christentums, ist jedoch unzutreffend, weil Jesus der Überlieferung nach von Pontius Pilatus zum Tod am Kreuz verurteilt worden sein soll. Und Pontius Pilatus war römischer Statthalter im damaligen Jerusalem.
Ob Herr Söder diese "Geschichten" überhaupt kennt?

Christa Wallau | Mi., 25. April 2018 - 20:14

... vom Christentum. Daher halte ich es fuer absolut richtig und notwendig, dass jeder Deutsche (bzw. Europaer) und der, welcher es werden will, Kenntnisse haben muss von den Grundlagen des christlichen Glaubens - ob er selber glaeubig ist oder nicht. Wir koennen unsere spezielle Kultur - sei es Literatur, Musik, bildende Kunst, Philosophie usw. - nur dann erhalten und weiter pflegen, wenn wir ein allgemeines Bewusstsein fuer den Anteil des Christentums daran beibehalten.

gut nachvollziehen und deswegen wären in einem verpflichtenden Ethikunterricht eigentlich auch grundsätzlich alle Religionen mit ihren Wertevorstellungen abzuhandeln, soweit es mich betrifft.
Ihre Sorgen teile ich nicht so sehr, denn ich glaube, dass auch völlig ohne Kenntnisse des Christentums, die europäischen Menschen die Werte des Christentum entwickeln werden.
Das Christentum würde ich als wirklich zu Europa gehörig empfinden, was ja fast einem Mysterium gleichkommt.
Ich möchte Sie nicht unnötig zu Widerspruch bewegen, indem ich Ihnen dies aus meiner Sicht erkläre.
Was auch immer Neues sich entwickeln würde, es stünde in der Tradition des Christentums.
Ich bin zufrieden mit dem Christentum, aber es war mir für meine Kinder sehr wichtig, dass sie ganz breit aufgestellt in ihre Welt gehen.
Sie sind getauft im Sinne meines Erbes für sie.
Wenn sie ihre Wege gehen, wird das einen Teil Erinnerung ausmachen oder weitergelebt werden.
Ich habe volles Vertrauen in sie.

Hubert Bauer | Mi., 25. April 2018 - 22:02

Ich bin selber praktizierender Christ mit vier Kreuzen in der Wohnung und ich halte den Bund für Geistesfreiheit für einen ziemlich sinnlosen Verein in Deutschland. Aber auch ich bin gegen Kreuze in Behörden. Das Kreuz ist ein Symbol des christlichen Glaubens und nicht der christlichen Werte. Und nur die christlichen Werte sind unsere Identität. Aber sie sind auch nur ein Teil unserer Identität und das auch in Bayern. Neben den christlichen Werten gehören auch die Werte auf Aufklärung zu unserer Identität, ebenso wie Demokratie und Rechtstaat. Das zusammen ergibt Europa bzw. die Westliche Welt. Kreuze gehören nicht in Behörden und politische Predigten gehören nicht in Kirchen.

Tomas Poth | Mi., 25. April 2018 - 23:26

es ist ein Kreuz mit dem Kreuz. Staatliche Institutionen müssen neutral sein, damit der Bürger, egal welchen Bekenntnisses , sich gleichgeachtet fühlen kann. Was die Bayern hier abziehen ist auf einer Stufe mit den widerlichen Versuchen der islamischen Verbände das Kopftuch oder Vollschleier in staatlichen und öffentlichen Einrichtungen durchzusetzen. Schickt diese religiösen Krawaller nach Haus in ihre Betstuben. Glaubensbekenntnisse sind reine Privatangelegenheit und müssen im privaten Raum verbleiben.

oliver pasch | Do., 26. April 2018 - 01:21

herr wladarsch hat sachlich recht . gleichwohl bin ich froh ob des bayrischen weges . unsere gesell-schaft droht an ihrer toleranz , oft nahe der gleichgültigkeit , zu ersticken . und jeder der seinen gniza gelesen hat weiss um die jüngsten verfehlungen des rechtstaates , der ist eh nimmer en vogue . im übrigen , lieber christlicher ana-chronismus statt babylonischer strasse .
schluss mit der selbstaufgabe . mir langt s . bavaria first , ohne unser geld kann berlin eh zusperrn .

Alexander Mazurek | Do., 26. April 2018 - 01:27

… nomen est omen?! Die übelsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte wurden im Namen der "Aufklärung" begangen, ob rassisch/eugenisch begründet, oder proletarisch oder neoliberal. Immer ganz "wissenschaftlich". Fakt. Der "Fortschritt" der "Aufklärung" und des Islam werden jeweils mit einer historischen Lüge gerechtfertigt - davor herrschte angeblich Dunkelheit, al-jāhiliyya. Beide "Fortschritte" fingen mit Völkermord an, Abu Quraiza und Vendée. Und so ging es weiter, das ist Tradition, bzw. Sunna. Z. Zt. führen die Säkularen, was den headcount betrifft, en marche!
Die e-i-n-z-i-g-e-n Meilensteine zivilisatorischen Fortschritts finde ich im Juden- und Christentum, sehr vereinbar mit der griechischen und römischen Philosophie, Maimonides (Der Führer der Verirrten) und Thomas von Aquin (Gegen die Heiden) sind mir die Zeugen dafür, Sokrates hat ja das Gewissen "erfunden": "...ich bin Euch, Brüder Athener, zugetan und Freund, dem Gotte werde ich aber immer mehr gehorchen als Euch...".

Tomas Poth | Do., 26. April 2018 - 11:23

Antwort auf von Alexander Mazurek

verbreitet mit den Schwertern während der Kreuzzüge, während der Missionierung auf allen Kontinenten, den Hexenverbrennungen der heiligen Inquisition, der Weihung der Geschütze auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkrieges oder wie war es gemeint mit dem Fortschritt durch Religion und deren üblen Verbrechen?

Alexander Mazurek | Do., 26. April 2018 - 01:42

… sind, heutiger "common sense", alle "Religionen" gleich unsinnig. Der Judaismus, das Christentum (Judaismus für Griechen), der Islam, die Kirche des Fliegenden Spaghetti Monsters und die Church of Satan. Egalité! Ist dem wirklich so? Das darf man noch fragen - liberté! Oder geht´s nur darum die Schuld für Verbrechen der "Aufklärung" samt Erben, zig Millionen Tote out-zu-sourcen, worauf die heutige fraternité der transatlantischen "Humanisten" und "Geistesfreien" wirklich hinausläuft? Wie sagte Jeschajahu Leibowitz treffend - alle "Humanisten" sind zwingend Atheisten, und damit, so sage ich, geistlos und tödlich.

Dieter Erkelenz | Do., 26. April 2018 - 06:15

Es erstaunt mich immer wieder, was es nicht alles gibt. "Bund für Geistesfreiheit". Das ist mir an sich sympatisch. Nur Frage ich mich, ob die "Geistesfreiheit" nicht selbstverständlich ist? Und erst wieder einmal reguliert werden muss.

Heinrich Jäger | Do., 26. April 2018 - 07:41

die Muslime abschrecken nach Bayern zu kommen und die AfD bis zur Wahl klein halten ,beides wird nicht funktionieren. Nach der Wahl werden die Kreuze wieder abgenommen genau wie die Wahlplakate.

Ich fuerchte, Sie haben absolut recht, Herr Jaeger.
Das Ganze ist reines Wahlkampfgetoese seitens der CSU.
Wenn diese Leute haetten h a n d e l n wollen, waere dies
schon laengst moeglich gewesen.

wolfgang spremberg | Do., 26. April 2018 - 08:05

stört mich als "Kulturchristen" nicht. Was mir nicht gefällt sind die Belehrungen im ÖR. Hier wird den Hörern oft in naiv kindlicher Weise der (angebliche) Wille des Allmächtigen dargelegt. Da wird richtig politisch Stimmung gemacht. Oft für eine "gute Sache" die heute allgemein als "Flüchtlingskrise" bezeichnet wird.

Alexander Heumann | Do., 26. April 2018 - 08:36

gegen christliche Kreuze werden sich noch umschauen, wenn die Islamisierung und der freimaurerische ´global pact for migration´ der UN voranschreitet.
Das ursprünglich christliche (bzw. von der vorchristlichen Stoa als "göttliches Gesetz" aufgefasste) Naturrecht, das hier ins Feld geführt wird, wurde nach den Weltkriegen von seinen christlichen Wurzeln abgeschnitten. Ein großer Fehler, wie man noch merken wird.

Laurenz Manfred | Do., 26. April 2018 - 08:49

Wenn schon über religiöse Symbole gesprochen wird, so hätte Frau Thies ihren freigeistigen Interviewpartner auch auf Kopftuch, Burka o.ä ansprechen müssen. Hat sie aber nicht!

Alexander_Voss | Do., 26. April 2018 - 08:54

Ganz abgesehen davon, dass Deutschland tatsächlich so wenig säkularisiert ist, dass man von halb-theokratischen Strukturen ausgehen kann, ist diese Maßnahme bloß ein weiteres Beispiel für leere Symbolpolitik.

Wollte man mit den Freundliches-Gesichts-Wochen im Oktober 2015 zeigen, was für ein tolles, weltoffenes Land man ist, ohne substantiell etwas zu ändern, will man nun den erreichten Schaden, sprich das Abwandern aller konservativen Wähler zur AfD, wiedergutmachen, aber auch wieder, ohne substantiell etwas zu ändern.

Wir Deutschen sind Meister in solchen leeren Gesten, und die nicht vorhandene Säkularisierung unserer Gesellschaft ist dafür meines Erachtens der Hauptgrund, denn sie bedingt das vorsintflutliche Weltbild, das hinter dieser Ritualpolitik steckt.

Gerhard Hellriegel | Do., 26. April 2018 - 09:07

Selbstverständlich ist unsere Kultur von Griechen, Römern, Arabern, von Aufklärung, von Wissenschaft geprägt. Damit natürlich auch vom Juden- und Christentum. Ich bin zwar Atheist, aber ich finde, man muss seine Eltern nicht leugnen, nur weil man deren Weg verlässt.
Dies alles aber nun auf "christlich" zu reduzieren, ist die wohlbekannte Vereinnahmungsstrategie der Religiösen. Und dass man dabei auch keine Rücksicht auf Andersdenkende nimmt, ist altbewährte Tradition. Insofern im Westen nichts Neues.
Wenn Christen also damit wieder einmal dokumentieren, wes Geistes Kind sie sind, nehme ich das zur Kenntnis.

Hans Friedrich | Do., 26. April 2018 - 19:32

Antwort auf von Gerhard Hellriegel

Guten Tag Herr Hellriegel,
Sie schreiben mir aus der Seele.
Bei sallee Toleranz gegenüber unterschiedlichen Weltanschauungen:
Wenn Staatsführungen sich von ihrer Neutralitätspflicht entfernen und religiöse Symbolik betreiben, verstoßen Sie gehen ihren Amtseid. Söder vergisst, dass 1/3 der bayerischen Bewohner mit Religion nichts am Hut haben und kein Konstrukt im Jenseits brauchen.

Wolfgang Tröbner | Do., 26. April 2018 - 09:21

nehme ich zur Kenntnis, teile sie aber nicht. Deutschland ist ein christlich geprägtes Land und das Kreuz steht symbolisch dafür. Auch wenn es hierzulande viele gibt, die keiner der Kirchen angehören, heißt das noch lange nicht, dass sie das Christentum ablehnen und z.B. Atheisten sind. Ich bin z.B. einer dieser zahlreichen Menschen. Obwohl kirchlich nicht gebunden, betrachte ich mich selbst als gläubigen Christen und keineswegs als Atheisten. Ich denke, dass es in der heutigen Zeit mit einem immer aggressiver auftretenden Islam extrem wichtig ist, sich zu den Wurzeln unserer Kultur und unseres Landes zu bekennen. Herr Söder, auch wenn er Politiker ist und als solcher agiert, hat dies erkannt. Und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Im Gegensatz zum Islam grenzt das Kreuz heute niemand mehr aus. Im Gegenteil. Die hierzulande Schutz suchenden Muslime kommen ja auch deshalb in unser christlich geprägtes Land, weil sie hier etwas finden, was sie dort, wo der Islam herrscht, eben nicht finden.

Volkmar du Puits | Do., 26. April 2018 - 10:40

...dessen Sinn es ist, den Leuten die Ohren mit Nebensächlichkeiten zu verstopfen! Jemand, der seine Energie darauf verwenden will, zu sehen, was man rechtlich gegen dieses Gesetz machen kann, dient dem Zeitgeist und der derzeitigen Politik. Da wird alles goutiert, was von dem großen rosa Elefanten ablenkt. Das hat nichts mit "politischer Kultur" zu tun.

Wolfgang Henning | Do., 26. April 2018 - 10:58

Alle Parteien, und auch die öffentlich-rechtlichen Medien, beeilen sich, immer wieder zu betonen, dass unsere kulturellen Wurzeln christlich-jüdisch sind. Insbesondere in Bayern werden diese christlichen Traditionen gepflegt und von der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung auch gelebt und gewünscht. Dennoch herrscht Religionsfreiheit, oder das Recht, keiner Konfession anzugehören. Zur Toleranz gehört aber auch, dass diese Minderheiten das religiöse Empfinden der Bevölkerungsmehrheit akzeptieren. Niemand wird durch die christlichen Traditionen "belästigt". Es ist nicht hinzunehmen, dass eine Minderheit der Mehrheit ihren Willen aufzwingt. Sonst haben wir als Nächstes die Forderung, dass alle Kirchen und das Glockenläuten abgeschafft werden. Das hat nicht einmal der Kommunismus geschafft.

Bettina Diehl | Do., 26. April 2018 - 11:08

Christliche Nächstenliebe, Vergebung der Sünden, die 10 Gebote (Du sollst nicht lügen, stehlen, töten etc). Liebe, Hoffnung, Glaube...An all dies erinnert das Kreuz. Wobei die Christliche Nächstenliebe ja vor allem von den Moslems sehr gerne in Anspruch genommen wird, Dann müssen sie auch das Kreuz ertragen. Ich bin schon lange aus der Kirche ausgetreten und verachte die Pfaffen, die sich derzeit wieder penetrant in die Politik einmischen. Und nochmals: Es sind gerade die, die sich über das Kreuz aufregen, die lautstark an den humanitären Imperativ predigen. Als ich kürzlich an unserer bayerischen Schule vorbeifuhr, sah ich das Kreuz an der Wand. Das hat mich sehr gefreut und mir Hoffnung gegeben, hoffentlich nicht im Islam aufgehen zu müssen!!!

Manfred Steffan | Do., 26. April 2018 - 11:21

das Bundesverfassungsgericht hat den Weg einer rigorosen Trennung von Staat und religiöser Symbolik (Kruzifix-Entscheidung) verlassen mit den beiden jüngsten Kopftuch-Entscheidungen (für Lehrerinnen und für Kita-Erzieherinnen), gestützt darauf, dass das Grundgesetz eben keinen laizistischen, sondern eine säkularen Staat konstituiert. Dagegen gab es keinen Protest. Zulässig wurde das Kopftuch trotz religiöser Konnotation, weil es eben kein ausschließlich religiöses Zeichen ist. Die bayerische Staatsregierung baut darauf jetzt auf mit dem Kreuz ausdrücklich nicht als religiösem Zeichen, sondern als Symbol abendländischer Zivilisation, evident: 1. historisch. 2. alltagsprägend: Kreuze mit und auch ohne religiöse Intention (z.B. das Rote Kreuz oder das militärische Eiserne Kreuz) begleiten unseren Alltag. 3. ideengeschichtlich: Die Aufklärung fand in der Auseinandersetzung mit dem kirchlichen Regime, aber eben auf der Basis von Wertvorstellungen statt, die das Christentum entwickelt hatte.

Gerhard Krohmer | Do., 26. April 2018 - 11:31

Unsere heutigen Werte und Normen resultieren nicht nur aus christlichen Quellen, wie derzeit gebetsmühlenartig wiederholt wird. Die in den Zeitaltern Renaissance und Aufklärung entdeckten bzw. wieder entdeckten Werte sind für unser heutigen Denken mindestens genauso wichtig. Begriffe wie Gewaltenteilung, also Legislative, Judikative und Exekutive stammen nicht aus dem Christentum, um nur ein Beispiel zu nennen. Also nur - wenn überhaupt - Kruzifixe an die Wände zu nageln, ist zu wenig. Warum nicht auch Bilder oder Figuren von Justitia, der Göttin der Gerechtigkeit ?
Und von wegen Trennung zwischen Kirche und Staat. Nach wie vor sind für den Einzug der Kirchensteuern die staatlichen Finanzämter zuständig.

Gut versteckt in Artikel 140 des Grundgesetzes steht, dass Artikel 137 der Weimarer Verfassung Bestandteil des GG sei. Und dort steht: "Es besteht keine Staatskirche."
Kein Problem: wir haben ja zwei.

Gottfried Meier | Do., 26. April 2018 - 16:14

Ich finde gut, wenn Kreuze aufgehängt werden, obwohl ich Atheist und aus der katholischen Kirche ausgetreten bin. Mich stören die Kreuze überhaupt nicht, weil ich damit nur Gutes in Verbindung bringe.

Hanno Woitek | Do., 26. April 2018 - 16:20

Das größte Völkermorden der Geschichte ist im Namen und unter diesem Kreuz, auf ausdrücklichen Wunsch der katholischen Kirche vom Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert durch Europa, Vorderer Orient, Süd- und Mittelamerika gebracht worden. Vielleicht war Hitler dagegen sogar bescheiden. Aber das geht diesem Söder nicht in seinen kleinen Kopf

Anne Karsten | Do., 26. April 2018 - 17:49

Ich trage ein Kreuz, ich bin einverstanden,wenn überall ein Kreuz hängt. Unsere deutsche und europäische Kultur ist davon geprägt, und wir , sollten dazu stehen, und nicht aus falsch verstandener Toleranz ( oder aus Angst ?) das Kreuz aufgeben. Ich bin schon lange aus der Staatskirche ausgetreten, weil ich mit deren politische Agenda nicht einverstanden
bin, ich bin ein Christ ohne Kirche

Guido Schilling | Do., 26. April 2018 - 19:24

Religion ist Privatsache; egal ob Kippa, Hidschab oder Kreuz. Das kann zu Hause, in der Kirche, der Moschee oder der Synagoge stattfinden aber nicht in der Öffentlichkeit und schon gar nicht in Behörden.
Ob in Bayern tatsächlich die Mehrheit der Einwohner noch in der Kirche ist, wage ich zu bezweifeln.

Arno Scharlé | Do., 26. April 2018 - 21:20

Sehr traurig, dass es Herr Söder immer wieder schafft, auf so simple Weise an die niederen Instinkte vieler Menschen anzudocken. Seine Aktion hat aber so gar nichts mit christlichen Werten zu tun, sondern mit dem heuchlerischen Erstrahlen seiner Person. Widerlich, was der Mann alles tut, um sich beim Wahlvolk anzubiedern. 'Söder' ist geeignet, umgangssprachlich eine Art Schimpfwort für jemanden zu sein, der glaubt, er könne einen dummdreist verschaukeln, während man daneben steht.

Freiwillig ein Kreuz als Kette zu tragen oder als Schnitzerei in der eigenen Wohnung aufzuhängen, ist selbstverständlich etwas anderes, als dazu gezwungen zu sein, darunter zu arbeiten. Jedem Beamten in Bayern rate ich, das Holz postwendend an die Adresse der Söders zu senden. Denn nur dort ist die zwangsverordnete Nachhilfe in christlicher Werteerziehung dringend vonnöten.