Vertreter Nord- und Südkoreas reichen sich über einem Tisch die Hand
Ein Treffen von Vertretern Nord- und Südkoreas im Jahr 2015 / picture alliance

Entspannung zwischen Nord- und Südkorea - Wie sicher kommt dieser Frühling?

Mit seiner Entspannungspolitik hat Südkorea klug agiert, Nordkorea reagiert – für ein Treffen könnte Kim Jong-un nun sogar erstmals südkoreanischen Boden betreten. Selbst Donald Trump könnte am Ende mitspielen

Für Ende April haben Nord- und Südkorea ein Gipfeltreffen vereinbart. Was das bedeutet? Nach elf Jahren sollen die Staatsoberhäupter beider Koreas zum ersten Mal wieder von Angesicht zu Angesicht miteinander sprechen. Es wäre auch die dritte historische Zusammenkunft unter Beteiligung eines liberalen Präsidenten in Südkorea: Das Gipfeltreffen im Jahr 2000 begleitete Präsident Kim Dae-jung und 2007 Präsident Roh Moo-hyun. Dieses Mal also Moon Jae-in. Dieser hatte bereits im Wahlkampf 2017 deutlich gemacht, gegenüber Nordkorea die entspannende, sogenannte „Sonnenschein“-Politik seiner liberalen Vorgänger fortzuführen. In seiner Berliner Rede im Juli des vergangenen Jahres hatte er eine konkrete „Friedensinitiative für die koreanische Halbinsel“ vorgestellt. Das geplante Gipfeltreffen im Frühling mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un könnte nun den Beginn der Realisierung dieses Friedensplans einläuten.

Es gibt keine Garantie dafür, dass dieses Treffen tatsächlich zu langfristigen substanziellen Fortschritten, wie der atomaren Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel, führen wird. Aber so die wie bisherige jüngste Entspannungspolitik zwischen den Koreas verlaufen ist, lässt sich zumindest hoffen.

Zeichen der Entspannung auf beiden Seiten

Präsident Moon hatte in seiner Berliner Rede eine offene Einladung an Nordkoreas Führung ausgesprochen. In seiner diesjährigen Neujahrsrede ergriff schließlich Kim Jong-un, der Vorsitzende der Partei der Arbeit Nordkoreas die Initiative: Zur Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Südkorea entsandte er nicht nur Athleten und eine staatliche Unterstützergruppe, sondern neben dem nominellen Staatsoberhaupt Nordkoreas – Kim Yong-nam – auch seine jüngere Schwester Kim Yo-jung in ihrer Funktion als Mitglied des Zentralkomitees, aber vor allem als seine enge Vertraute. Zur Abschlussfeier schließlich kam der ebenso ranghohe Vizevorsitzende des Zentralkomitees der Partei der Arbeit, General Kim Yong-chol.

Als Kim Jong-un nun die ebenso hochrangige Delegation aus Südkorea bei ihrem Gegenbesuch empfing, zeigte er nicht nur Verständnis für die gemeinsamen Militärmanöver der USA und Südkoreas, die im April anstehen und von Nordkorea sonst immer als Provokation verdammt wurden. Er versicherte sogar, dass Raketen- und Atombombentests bis auf Weiteres ausgesetzt würden. Damit machte Nordkoreas Oberste Führer deutlich, dass er wohl ernsthaft an Gesprächen zur Entspannung interessiert ist. 

Eine Hotline zwischen den beiden Staatslenkern einzurichten, ist eine weitere vertrauensbildende Maßnahme, die eine Entspannung sichern soll. Auch dass Kim eingewilligt hat, das Gipfeltreffen dieses Mal nicht in Pjöngjang, sondern auf südkoreanischem Boden in der Demarkationszone an der Grenze zwischen den beiden Koreas stattfinden zu lassen, ist ein Zeichen des proaktiven Entgegenkommens. Es wäre das erste Mal seit dem Koreakrieg, dass ein nordkoreanischer Staatsführer südkoreanischen Boden betritt; und es wäre nicht zuletzt Kim Jong-uns Debüt auf internationalem diplomatischen Parkett. 

Dass das Treffen im Grenzgebiet und nicht in Seoul stattfinden soll, lässt sich zum Teil mit etwaigen Sicherheitsbedenken der nordkoreanischen Seite erklären, kann aber auch darauf zurückgeführt werden, dass dieses Mal die konkreten Inhalte der Verhandlungen im Vordergrund stehen sollen und weniger die Bilder von Jubelparaden. 

Des Weiteren ist die Kurzfristigkeit, mit der dieses Treffen im Frühling vereinbart wurde, insbesondere für nordkoreanische Verhältnisse bemerkenswert. Offenbar ist es auch im Interesse Pjöngjangs, diese Gelegenheit nicht verstreichen zu lassen, bevor sich das Zeitfenster wieder schließt, und die positive Dynamik der Winterspiele zu nutzen, um Nägel mit Köpfen zu machen. 

Das kluge Agieren von Südkoreas Präsident Moon

Woher Nordkoreas neuerliche Gesprächsbereitschaft kommt? Sie kann sowohl auf ein gesteigertes Selbstvertrauen, als auch auf gesteigerte Bedürfnisse Nordkoreas zurückgeführt werden. Das Atomprogramm Nordkoreas gilt als weitgehend abgeschlossen und einsatzbereit und dient als großzügiges Sitzpolster am Verhandlungstisch: Innenpolitisch verfolgt Kim Jong-un Reformen zur Wirtschaftsentwicklung, die durch das verschärfte Sanktionsregime behindert werden und durch eine mögliche Wiederaufnahme des Wirtschaftsaustauschs mit Südkorea und anderen Ländern beschleunigt würden. Unabhängig davon, was sich Nordkorea vor diesem Hintergrund vielleicht wirklich wünscht, hat es bisher zu einer Entwicklung geführt, die das Potenzial für tatsächliche Annäherung und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel hat.

Die bisherige positive Entwicklung ist jedoch vor allem darauf zurückzuführen, dass der südkoreanische Präsidente Moon so klug agiert. Während er von Anfang an deutlich machte, auf Nordkorea zugehen zu wollen, stellte er gleichzeitig fest, dass man Provokationen seitens Nordkoreas nicht toleriere und eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel anstrebe – bislang ein rotes Tuch für Nordkorea. Auch das internationale Sanktionsregime zu verstärken und aufrechtzuerhalten, stand immer auf seiner Agenda. Diese Kombination aus ehrlichem Gesprächsangebots und klarer Ansage unterscheidet ihn sowohl von seinen liberalen Amtsvorgängern, die einen weichen Kurs, als auch von den Rechtskonservativen, die einen harten Kurs verfolgten.

Ebenso neu ist seine Informationspolitik gegenüber den Anrainerstaaten sowie gegenüber den USA. Nicht nur werden alle Schritte zur Annäherung mit der US-Führung abgesprochen. Nach dem Treffen mit Kim Jong-un entsandte Moon auch hochrangige Delegationsmitglieder in die USA, nach Japan, China und Russland, um die Regierungen entsprechend aus erster Hand zu informieren und so gegenseitiges Vertrauen zu schaffen.

Kritik kommt von der rechtskonservativen Opposition

Trotz der für die koreanische Halbinsel sehr erfolgreichen Schritte zur Entspannung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen, ob das Gipfeltreffen zu substanziellem Erfolg führen wird. Neben der fragilen internationalen politischen Situation kommen noch innenpolitische Faktoren hinzu. Kritiker der Moon-Regierung werfen ihr vor, sich zum Gehilfen der nordkoreanischen Führung gemacht zu haben, da sie durch die Aushandlung des Gipfeltreffens die Atomwaffen-Strategie Nordkoreas legitimiert hätten. Sie argumentieren, es ginge Kim Jong-un nur darum, durch das Verbessern der Beziehungen zu Südkorea Zeit gewinnen, eine Lockerung der Sanktionen erreichen und einen Keil zwischen Südkorea und die USA treiben zu wollen. Die neueren sanfteren Töne seien lediglich Show, die ihre eigentlichen Ziele verschleiern solle. 

Auch wenn alle Schritte der aktuellen Entwicklungen kritisch betrachtet werden müssen, sind die meisten dieser Argumente allerdings weder überzeugend noch hilfreich und im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv für den Annäherungsprozess: Es ist nicht überraschend, dass diese Einwände fast ausschließlich von der rechtskonservativen südkoreanischen Opposition kommen, die seit dem Amtsantritt jegliche Ansätze der angeblich „pro-nordkoreanischen“ Moon-Regierung zur Entspannung zu konterkarieren versucht. Umso näher dem rechten Rand, desto schriller die Töne bezüglich des Annäherungsprozesses. Die Motivation der Opposition liegt hauptsächlich darin, die im Juni anstehenden regionalen Wahlen dazu zu nutzen, das rechtskonservative Lager aus der Krise herauszuführen. Denn neben der ihres Amtes enthobenen rechtskonserativen, ehemaligen Präsidentin Park Geun-hye, der nun 30 Jahre Haft drohen, steht offenbar auch ihr rechtskonservativer Vorgänger Lee Myung-bak kurz vor einer ähnlichen Strafe.

Die Rolle der USA

Die entscheidenden Hebel aber werden natürlich in Washington und Pjöngjang betätigt. Wenn man Kim Jong-uns Aussage glauben kann, dass Nordkorea auf sein Atomprogramm verzichtet, wenn es seine Sicherheit garantiert bekäme, dann kommt es jetzt vor allen Dingen darauf an, dass die USA mitspielen. Denn ein Atomprogramm zu unterhalten, wurde von Nordkorea durchgängig mit der Bedrohung durch die Vereinigten Staaten begründet. US-Präsident Donald Trump hat zumindest in den vergangenen Wochen bezüglich der Entwicklungen um Nordkorea bemerkenswert neutral und teilweise sogar konstruktiv auf seinem Twitter-Account reagiert. So auch nach der Nachricht von der Vereinbarung über ein koreanisches Gipfeltreffen. In den USA stehen im November die sogenannten midterm elections (Halbzeitwahlen) an und für Trump wäre ein außenpolitischer Erfolg auf der chronisch krisenhaften koreanischen Halbinsel eine große Hilfe. Das könnte die US-Führung folglich zu einer konstruktiven Nordkorea-Politik im Sinne weiterer Entspannung motivieren. 

Die Hauptforderung der USA ist, dass Nordkorea sein Atomprogramm „gänzlich, überprüfbar und unumkehrbar“ auflöst. Das scheint Machthaber Kim nun als Verhandlungssache in Aussicht gestellt zu haben mit der Bedingung, dass Nordkoreas Sicherheit garantiert wird – selbstverständlich ebenso gänzlich, überprüfbar und unumkehrbar.

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Michael Murmurachi | Do., 8. März 2018 - 09:50

Die Kehrtwende von NOKO ist nichts Neues. Die USA haben zuvor dann immer wieder riesige Summen bezahlt und dafür nichts bekommen. Neu ist, dass die Sanktionspolitik von Trump gegen NOKO und China Früchte trägt. NOKO ist wirtschaftlich schon in die Knie gegangen. Kim kann seine nächsten Verbündeten im Regime wohl nicht mehr angemessen entlohnen. Die erforderliche Unterstützung scheint gefährdet.

Darüber hinaus wird Kim erkannt haben, dass er es mit Trump mit einem hartnäckigen Gegenspieler zu tun hat. Leere Zugeständnisse werden Kim nicht weiterhelfen.

Trump handelt so, nicht wegen der midterms, er verfolgt nicht mehr die Politik der „Demokratisierung der Welt“. Von sich aus will er keine militärischen Konflikte, aber auch keine militärische Bedrohung für die USA: „Frieden durch Stärke“ ist seine Strategie.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 8. März 2018 - 10:32

ich habe in meinem Leben die Mauer fallen sehen und jetzt auch noch die Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea.
Die Sache scheint durchzusein.
Durchaus im Sinne der USA, aber ich hoffe stärker noch im Sinne der Region für die Korea fast federführend steht oder Japan, jedenfalls nicht als Appendix zu China.
Ich hoffe sehr, dass ich auch noch die Freigebung Tibets erleben darf, Entschuldigung, dass die Tibeter auch noch ihre Loslösung von China feiern dürfen.
Das wäe eine schöne Moderne in Verbünden selbstbestimmter Staaten oder Völker.
Der Gipfel für mich wäre aber wohl die Freigabe der russischen Enklave Kaliningrad an ein neues, altes Volk, die Prussen. Von mir aus kann man es dann auch in Land des ewigen Friedens umbenennen oder Kant-Land.
Es dürften dort dann keine schweren Waffen oder Abfangschirme installiert werden.
Das wäre dann ein Land wie ein Seismograph. Bräuchte es Waffen, wäre es um die Welt geschehen.
Als EU-Land würde es aber alle seine Beiträge entrichten:)

Rudolf Stein | Do., 8. März 2018 - 10:48

Nun haben es die Koreaner endlich kapiert: es macht viel mehr Sinn, direkt miteinander zu reden als sich von US-Amerikanern und Chinesen vertreten zu lassen. Deren Spiel ist kein koreanisches, sondern wird nur von Eigeninteressen geprägt.

Dr. Roland Mock | Do., 8. März 2018 - 14:01

„ Friedensinitiativen“ und „Charmoffensiven“ hat es immer wieder seitens Nordkoreas gegeben. Den Status Quo- ein seit Machtergreifung durch Kim Il Sung geteiltes Korea und ein in der Steinzeit lebendes, zeitweilig hungerndes, geknechtetes Volk in der Nordhälfte des Landes -hat dies nicht um ein Jota geändert. Kim jun. wird sich definitiv n i c h t auf eine Verschrottung oder wirkliche Kontrolle seiner Atomwaffen einlassen. Denn diese sind einzige Garantie dafür, daß sein System weiter existiert. Er kalkuliert - vermutlich zu Recht- daß keine Macht es wagt, ein Regime militärisch anzugreifen, welches die Hand am Atomknopf hält. Im übrigen: Nicht die USA sind es m.E., welchen die Schlüsselrolle im Koreakonflikt zukommt. Schutzmacht Nordkoreas ist China. Noch. Und solange die Chinesen ihre kommunistischen Glaubensbrüder nicht fallenlassen, können alle anderen (USA, Rußland, Südkorea) sich noch so sehr um eine definitive Befriedung der Halbinsel bemühen. Es wird nur Kosmetik sein.

Peter Lieser | Fr., 9. März 2018 - 10:21

Vielleicht hat Trump alles richtig gemacht, manchmal gibt es halt auch einfache Lösungen oder verständliche Drohungen. Da wird jetzt aber unsere "hoch intellektuelle Merkel" staunen, dass man ohne stupid German (Steuer)Money und seichtes unterwürfiges Geschwätz was bewegen kann.