In herbstlicher Landschaft vor schneebedeckten Bergen steht am 17.10.2013 die Wallfahrtskirche Sankt Coloman bei Hohenschwangau (Bayern)
Heimat wird jetzt zum Ministerium / picture alliance

Heimatministerium - Politik mit dem Sehnsuchts(w)ort

Die Debatte um ein künftiges Heimatministerium hält an. Doch Häme und Kritik können nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch das links-liberale Lager offener mit dem Thema Heimat umgehen sollte

Jöran Klatt

Autoreninfo

Jöran Klatt ist Politik- und Kommunikationswissenschaftler. Er hat am Göttinger Institut für Demokratieforschung gearbeitet und ist Mitglied der Redaktion von INDES-Zeitschrift für Politik und Gesellschaft.

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Der Plan, zukünftig das Innenministerium noch um den zusätzlichen Kompetenzbereich Heimat zu erweitern, stößt auch nach Wochen auf viel Kritik und Häme vor allem im linksliberalen Lager. Dabei könnte der „Heimatminister“ oder nach Seehofer auch eine „Heimatministerin“ eine gute Idee sein. Der Kompromiss der Möchtegern-Koalitionäre aus CDU, CSU and SPD zeigt, dass Politiker beginnen, Gefühle wieder wichtiger zu nehmen.

Vor allem in den Sozialen Medien wurde und wird gegen den Vorschlag polemisiert. Die Sprache der Internetöffentlichkeit mäandert in solchen Fällen üblicherweise zwischen humorvoller Satire und ernster Empörung: „Muss ich mir nun ne Lederhose kaufen?“ wird beispielsweise in einem Tweet gefragt.

An anderer Stelle wird der Hashtag „#Heimatministerium“ als Beleg dafür gesehen, wie sehr Gedanken und Sprache von rechts nun an Boden gewönnen. Auch ein eigens kreierter satirischer Twitter-Account (@bmhi_bund) war schnell zu finden.

In der Tat sollte, besonders vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, Vorsicht geboten sein, wenn es um Begriffe geht, die derartig das Kollektive und Sehnsuchtsorte ansprechen. Und dennoch wirken die Einwände aus linksliberalen Kreisen ein wenig reflexartig. Wenn es um die Empörungsmechanismen im Netz geht, scheinen sich jedenfalls die Lager in Sachen Viralität und Geschwindigkeit in nichts nachzustehen.

Vor allem ein Kritikpunkt wird immer wieder genannt: Derartige Ideen seien Versuche, an die AfD verlorene Wähler anzusprechen. In Wirklichkeit komme man ihnen jedoch entgegen und mache ihre Sprache salonfähig. Dafür gilt vor allem die Personalie Horst Seehofer als Beleg, denn wie kaum ein Zweiter steht der Bayer für eben dieses strategische Erbe Franz Josef Strauß‘. Der hatte bekanntlich von der Union gefordert, sie dürfe rechts von ihr keine Partei zulassen. Das linksliberale Spektrum nimmt diese Angriffsfläche gerne und wohl auch mit einer gewissen Genugtuung an: Immerhin erinnerten Seehofer und die CSU an alte Zeiten, als eben noch Personen wie Strauss für ein antimodernes Lager standen.

Eine andere Union

Doch die Union von damals ist nicht mehr die heutige. Dafür wird sie von außen gelobt, aber vor allem von innen kritisiert. In der Merkel-CDU rumort es kräftig, von einer „Sozialdemokratisierung der CDU“ ist die Rede und von der Basis wird seit längerem eine neue „Debatte um das C“ gefordert. Zweifellos hat sich die Union unter Merkel weiter „modernisiert“. Man will Motor des Fortschritts sein und die Errungenschaften der neuen sozialen Bewegungen eher ausbauen als zurücknehmen. Traditionelle und Konservative fühlen sich unter Merkel wohl tatsächlich ein wenig fremd im eigenen Lager.

Indes ist es seit jeher das große Dilemma des Konservatismus, wie der Historiker Andreas Rödder schreibt, „dass er heute verteidigt, was er gestern bekämpft hat.“ Konservatismus ist, so interpretiert, also nicht unbedingt eine rückwärtsgewandte Idee, sondern kann auch als Methode verstanden werden, mit nicht aufhaltbarem sozialem Wandel irgendwie umgehen zu können. Offenkundig tun sich mit diesem immer mehr Menschen schwer – und das nicht nur in konservativ-bürgerlichen Milieus. In der „Abstiegsgesellschaft“ (Oliver Nachtwey) und dem Zeitalter „sozialer Beschleunigung“ (Hartmut Rosa) werden immer mehr Gruppen zurückgelassen.

Die Gewinner der Modernisierung mögen die voranschreitende Liberalisierung der Gesellschaft als Befreiung oder Standortvorteil empfinden. Doch sowohl im technokratischen Politikverständnis Angela Merkels als auch im Modernisierungsdiskurs der Sozialdemokraten kommen die Verlierer immer weniger vor, die sich eine einfachere Welt wünschen. Als Folge gelingt es den Rechtspopulisten, die behaupten, die Vergangenheit wieder herstellen zu können, immer mehr Lücken der Repräsentation zu füllen – die auch im linken Spektrum entstanden sind.

Heimat für die Linke

Der Soziologe Didier Eribon hat in seinem biografisch geprägten Buch „Die Rückkehr nach Reims“ darüber berichtet, wie seine Heimatstadt, eine einstige sozialistische Hochburg, inzwischen eine des Front National geworden ist. Seine These: Der Aufstieg der sozialistischen Führungseliten hat einen Bruch dieser mit der Arbeiterklasse nach sich gezogen. Aus dieser entwachsen führen sie nun Ämter und Land und sitzen fest im Sattel. Und die anderen blieben salopp gesagt daheim an einem Ort, wohin diese Aufgestiegenen nicht mehr zurückwollen. Eribons Thesen über Frankreich treffen zum Teil auch für Deutschland zu: Auch hier fühlen sich einst Linke zunehmend politisch heimatlos. Die Beschäftigung mit Heimat könnte daher auch für die Linke eine gute Idee sein.

Inzwischen mehren sich daher Stimmen auch innerhalb der Linken, die kritisieren, dass diese den Bruch zwischen Modernisierungsgewinnern und Zurückgelassenen nicht auflöse, sondern sogar noch verstärke. So beispielsweise der slowenische Philosoph Slavoj Zizek, der moniert, dass man links lieber seine „Fetische“ pflege, anstatt die Auswüchse des Kapitalismus anzugehen. Die Linke treibe die Angst vor Kompromissen mit Rechts so sehr, dass sie unnötigerweise Menschen ausschließe, die eigentlich eine kapitalismuskritische Interessensvertretung bräuchten und für diese offen wären.

Indes ist derartige Kritik auch gar nicht so neu: Schon 1935 mahnte der (linke) Philosoph Ernst Bloch, dass die Menschen zu nüchterne, technische Analysen und Herangehensweisen an die Welt als einen Kältestrom empfänden. Gerade auch linke Politik, so Bloch, sollte daher auch so etwas wie einen Wärmestrom im Auge behalten; er meinte damit auch die Gefühle, Erwartungen und Sehnsüchte der Menschen. Eventuell sollte man daher auch im linken Lager der Hinwendung zu emotionalen Themen und Begriffen offener gegenüberstehen.

Offener Heimatbegriff

Nun mögen die Personalie Seehofer und das, was dieser sich unter Heimat vorstellt, manchem missfallen. Aber natürlich wäre auch er als Minister zu einer gewissen Neutralität verpflichtet. Als Minister für Heimat müsste er auch einen Begriff mit Inhalt füllen, der selbst sehr offen ist: Heimat kann daher rechts konnotiert werden, muss es aber nicht. Und auch in der CDU/CSU von heute ist mit „Heimat“ oft etwas Anderes gemeint als die Idylle eines 1950er Jahre-Heimatfilms.

Zwar mag Seehofer in der Tat eine Art kulturelle Hegemonie des bayerischen Way of Life im Auge haben. Doch der Heimatbegriff, auf den Seehofer auch innerhalb seiner Parteifamilie treffen wird, ist kein kulturhomogener. Heimat bedeutet heute zuweilen auch in der Union, eine integrative und auch multikulturelle Leistung erbringen zu müssen: Das zeigt sich etwa am Wandel des Begriffs der Leitkultur – er mag wiedergekehrt sein, doch was heute Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet mit diesem fordert, ist etwas anderes als noch zu Zeiten von Friedrich Merz. Gedacht als Richtlinien für ein gemeinsames Zusammenleben auf laizistischer säkularer Basis plädiert indes sogar der linke Philosoph Zizek für den Begriff.

Was die Aufgaben eines Innen- und Heimatministeriums überhaupt sein werden, wird sich ohnehin noch zeigen. Die Umgestaltung des ganzen Landes nach bayrischem Vorbild ist es sicher nicht. Vielleicht könnte mit Heimat eben jener Ort gemeint sein, in dem sowohl links-progressive als auch Bayern gerne gemeinsam leben. Vielleicht sollte das linke Spektrum sogar eher um die Verstetigung der Idee werben, als sie reflexartig abzulehnen. Mit wechselnden Mehrheiten wäre schließlich auch ein zukünftiger Heimatminister Cem Özdemir oder gar eine Heimatministerin Sevim Dağdelen denkbar. Der notorische Schwabe würde ein derartiges Amt wohl jetzt schon übernehmen, die Duisburgerin müsste man dagegen erst noch bitten.

Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke war vergangene Woche zu Gast in der Fernsehsendung „Münchner Runde“. Auch dort ging es um das Thema Heimat. Hier können Sie die Sendung nachsehen.

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Joachim Wittenbecher | Fr., 23. Februar 2018 - 16:48

Heimat ist ein emotionaler, nicht politischer Begriff. Die Politik sollte ihn den Menschen überlassen und ihn nicht instrumentalisieren. Ich habe jedoch den Eindruck, die Politik bemächtigt sich des Heimatbegriffes, um sich um den wichtigeren Begriff "Patriotismus" herum zu mogeln. Der Patriotismus (=geistige Zuwendung zum eigenen Land) wurde in Deutschland systematisch und mit negativen Folgen verdrängt. Im Unterschied zum üblichen Heimatbegriff umfasst der Patriotismus die gesamte Nation und die politische Freiheit. Ich sehe die Gefahr, dass ein neuer Heimatkult uns auf die "Vereinigten Staaten von Europa" und dessen Gliederung in Regionen, d.h. Auflösung der Nationalstaaten vorbereiten soll. Patriotismus würde ein Europa der Nationalstaaten ermöglichen. Interessant sind auch die Ausführungen zum Buch "Die Rückkehr nach Reims" - geschildert wird das Wegdriften einer einstmals linken Elite von der Bevölkerung, wodurch diese mit einen Rechtstrend reagiert - kommt mir bekannt vor.

Heinrich Niklaus | Fr., 23. Februar 2018 - 18:57

Antwort auf von Joachim Wittenbecher

Stimme Ihnen zu! Zum Beispiel: Robert Menasse: Heimat ist Region, Nation ist Fiktion. Ich glaube inzwischen, dass diese „Leute“ sogar einen Bürgerkrieg in Kauf nehmen würden, um ihre politischen Hirngespinste von der Europäischen Republik zu erzwingen.
Lange Zeit dachte ich, das Grundgesetz würde uns vor diesen Nationen-Vernichtern schützen. Das ist aber nicht der Fall. Unsere Karlsruher Richter waschen ihre Hände in Unschuld und schieben die Entscheidungen zum EuGH ab. Und der urteilt nur nach der Devise „Mehr-Europa“.

Heidemarie Heim | Sa., 24. Februar 2018 - 14:46

Antwort auf von Joachim Wittenbecher

Mir auch, sehr geehrter Herr Wittenbecher. Nämlich wie eine weitere Nebelkerzenveranstaltung mit ministerialer Expertise bezüglich des zu pflegenden Heimatgefühls. Und natürlich abzüglich der Drift in patriotische Untiefen oder gar in anschauungspolitisch alternative Heimaten rechts des bisher konversativsten, was die Parteienlandschaft bei uns und in inzwischen dennoch ganz Europa zu bieten hat. Ich persönlich finde es außerordentlich betrüblich, das es überhaupt auch nur eine Diskussion geschweige eines Ministeriums über den Begriff Heimat bedarf! Wieder eine "Selbstverständlichkeit" oder "Identitätsfrage(-problem)", die man bei anderen Nationen vergeblich sucht, oder? Für mich leider mehr und mehr befremdlich. Vielleicht bin mit fast 60 Jahren BRD-Biographie (West) aber auch irgendwie aus dem gesellschaftlich herrschenden Kontext gefallen ohne es zu merken? Rächt sich nun meine lebenslange Abneigung gegen deutsche Schlager;-)? MfG

Wolf Moderow | Di., 11. Juni 2019 - 09:59

Antwort auf von Joachim Wittenbecher

muss in allen Medien ein guter Artikel durch seltsame Kommentare ruiniert werden? Ich stimme Ihnen ja zu, aber ihre Formulierung klingt nach geheimer Verschwörungstheorie. Das ist es nicht. Ebenso wie es Kräfte gibt, die unsere EU gerne ganz auflösen möchten, gibt es Kräfte die den vollständigen Zusammenschluss anstreben. Das ist normal. Unser Problem löst das nicht: Ein bestehender Superstaat macht sich gerade lächerlich mit seinem Rechtsruck, die Trump-USA. Patriotismus ist auch in einem Superstaat möglich, und auch wenn es uns nicht so vorkommt, sind diese 50 Staaten sehr verschieden.
Das die EU sich zu einem Superstaat zusammenschließt, bedeutet nicht zwinged ein Verlust der "Heimat" oder der nationalen (Kultur-)Identität.
Das schlimmste Feind ist nicht die EU, sondern ihre Bürger selbst - wie viele lassen sich und ihre Kultur unhinterfragt "amerikanisieren"? Das führt uns u.A. zurück auf das Wirtschaftsystem bzw. den Kapitalismus. Aber "Links" ist dem kleinen Mann ja ein gräul.

Holger Stockinger | Fr., 23. Februar 2018 - 16:53

Mit 11 Jahren als "verdienter Schüler des Volkes" ausgezeichnet im Arbeiter- und Bauernparadies, die Apotheke meines Großvaters großzügig enteignet und meine Großmutter in der SED-eigenen Machart in der "Stadtzeitung" erwähnt als (was weiß ich nicht, war vielleicht mal 7 Jahre alt).

Heimat als Schimpfwort ist relativ typisch für "Willkommenshurraschreier" 2015, denen "Refugees welcome" noch heute als non-plus-ultra der Heiligenverehrung gilt ...

Per L. Johansson | Fr., 23. Februar 2018 - 17:31

Teil1

ZITAT: „Die Sprache der Internetöffentlichkeit mäandert in solchen Fällen üblicherweise zwischen humorvoller Satire und ernster Empörung:“

Ist das so? Mag sein. Oder man verlässt die linke Filterblase.

ZITAT: „In der Tat sollte, besonders vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, Vorsicht geboten sein.“

Nein, im Gegenteil, es wäre dringend geboten, bei solch einem Thema einfach mal Normalität zu leben. Es tut nicht einmal dem „Antifaschismus“ gut, ständig grundlos Nazidebatten zu führen.

ZITAT: „In Wirklichkeit komme man ihnen jedoch entgegen und mache ihre Sprache salonfähig.“

Apropos sprachliche Deutungshoheit...

ZITAT: „...CSU...antimodernes Lager“

Weil Links = modern, oder wie?
Und so geht es munter weiter im unreflektierten Linkssprech...

ZITAT: „Union unter Merkel weiter „modernisiert“. Man will Motor des Fortschritts sein und die Errungenschaften der neuen sozialen Bewegungen eher ausbauen als zurücknehmen.“

Klingt wie Wahlprogramm...

Giesela Kramski | Fr., 23. Februar 2018 - 17:31

Wenn "Heimat" in linken Lager auf Kritik und Häme stösst, dann muß "Heimat" richtig und gut für D sein. Denn da sind "die Linken" immerzu dagegen.

Per L. Johansson | Fr., 23. Februar 2018 - 17:36

Teil 2

ZITAT: „kommen die Verlierer immer weniger vor, die sich eine einfachere Welt wünschen“

Einfacher? Nein, anders!
Und dann wird es diffamierend. Das müssen also „Verlierer“ sein, so undenkbar erscheint den Linken, dass jemand schlicht eine andere Meinung haben könnte.
Liebe Linke, man kann und darf bei gleicher Datenlage und gleicher Intelligenz zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, weil man die Daten auf Basis unterschiedlicher Werte anders gewichtet.

ZITAT: „Rechtspopulisten“
Und da ist er wieder, der Lieblingskampfbegriff des Establishments. Wer wertkonservative oder nationalliberale Positionen vertritt, der ist kein gleichberechtigter Politiker, nein, der ist Populist.
Entlarvenderweise redet natürlich keiner von Linkspopulismus.

ZITAT: ...“links-progressive“
Und schon wieder. Wer das Ruder nach links zieht ist “progressiv“, wer nach rechts steuert vermutlich „reaktionär“?
Nein, liebe Linke, es geht immer um Veränderungen, nicht mehr, nicht weniger.

lieber Herr Johansson. Die deutsche Sprache wird heutzutage schon in einer Weise benutzt, die an Demagogie erinnert.

Henning Magirius | So., 25. Februar 2018 - 07:27

Antwort auf von Per L. Johansson

Werter Herr Johansson, schöne und kluge Begriffsanalysen. Erlauben Sie mir folgende Ergänzung: Der Begriff "Populist" wird abwertend verwendet, ist dies aber von seiner Wortherkunft gar nicht. Denn im Grunde genommen ist nur der Populist Demokrat. Er bemüht sich beim Wahlvolk um eine Mehrheitsfähigkeit seiner politischen Positionen. Im Gegensatz zum Establishment, das beim Vertreten seiner Positionen allein auf die Volkserziehungsfunktion der Medien vertraut.

Ursula Schneider | Fr., 23. Februar 2018 - 17:37

Vorab: Mir gefällt der Begriff "Heimatministerium" überhaupt nicht. Heimat u. Heimatgefühle haben mit Politik zunächst gar nichts zu tun.
Wir brauchen eine Politik im Interesse unseres Landes und sonst nichts. Wenn Herr Klatt dann auch noch schreibt, dass mit solchen "Sehnsuchtsorten" vor dem "Hintergrund der deutschen Geschichte" Vorsicht geboten sei, desavouiert sich der Begriff vollends.

Der Rest des Artikels ist Kraut und Rüben: die Abgehängten, die sich mit Globalisierung und sozialem Wandel schwertun, die bösen Rechtspopulisten, die ihnen eine einfache, heile Welt vorgaukeln, "heimatlose" Linke (was für ein Schlenker!), welche Kapitalismuskritik vermissen, und dann als Krönung: Heimat könne auch bedeuten, eine "multikulturelle Leistung" zu erbringen ...

Ich fasse es nicht!

Christa Wallau | Sa., 24. Februar 2018 - 10:53

Antwort auf von Ursula Schneider

Da Sprache und Denken auf's Engste miteinander verbunden sind (einander entsprechen), zeigt die totale Konfusion im Umgang mit Begriffen, wie unsicher, unpräzise und unlogisch das Denken in Deutschland ist. Interessengruppen (fast nur aus dem linken Parteienspektrum und andererseits aus der Wirtschaft) haben sich aller Begriffe bemächtigt, definieren sie nach ihrem Gusto, benutzen sie für ihre Zwecke bzw. erklären sie zu Unwörtern, werten sie also auf oder ab.
Und es gibt anscheinend keine Philologen mehr (unabhängige Geistesgrößen an den Universitäten), die über dieses unverschämte, schädliche und schändliche Treiben aufklären und ihm entschieden widersprechen.
Armes, v e r d u m m t e s Land, das solch ein Treiben zuläßt!
Ausgerechnet in Deutschland, das einmal als "Land der Dichter und Denker" bezeichnet wurde, geschieht immer wieder der totale Absturz.
Wir Deutschen sind offensichtlich ein labiles, zutiefst unmündiges Volk, bei dem daher alle Extreme möglich sind.

Ralph Lewenhardt | Fr., 23. Februar 2018 - 20:03

Keiner braucht ein Heimatministerium. Wir brauchen zu den grundlegenden Richtungen unserer Gesellschaftsentwicklung endlich Volksabstimmungen auf Bundesebene. Gegen die wehren sich Merkel und Co vehement, indem sie falsch behaupten, dies wäre gegen die unantastbare Verfassung. Genau die Verfassung, die sie mit 2/3 ihrer fraktionierten Parlamentsfunktionären mehrfach geändert haben, wenn sie ihnen im Wege stand. Ist es deren Verfassung oder die des Volkes?

Reiner Jornitz | Fr., 23. Februar 2018 - 20:55

Kann es sein das die CSU das Wort Heimat stigmatisiert? Kann es sein ob diese Partei, die doch selbstherrlich und arrogant Jahrzehnte lang regierte möglicher Weise ihre Felle davon schwimmen sieht? Keine Konkurrenz durch die SPD , aber jetzt taucht die AFD am Horizont auf mit bis zu 20% in manchen Wahlkreisen. Kann es auch sein das krampfhaft aber nicht ehrlich mit dem Heimatministerium Emotionen verbunden werden wollen um der AFD zu schaden? Oder wollen die zahnlosen Tiger der Altparteien CSU krampfhaft versuchen das Blatt noch zu wenden ?
Ich sehe das als Heuchelei! Mutti hasst Deutschland !!!

Sepp Kneip | Fr., 23. Februar 2018 - 22:24

Es ist kein Wunder, dass bei dem,was in diesem Land von Merkel angestellt wird, eine gewisse Sehnsucht nach Heimat aufkommt. Nun hat die CSU diesen Trend erkannt und bekommt ein Heimatministerum. Aber was soll das? Es ist Augenwischerei. Das vermittelt keine Heimat und bringt die Heimatgefühle, die durch die Massenimmigration verloren gehen, nicht zurück. Gerade Seehofer, der die großen Töne gegen die "Flüchtlings"-Politik Merkels gespuckt hat, hat seine eigenen Worte gefressen und die Bürger verraten. Da ist es mit einem Heimatministerium nicht getan. Die illegale und wilde Immigration muss gestoppt werden.

Heimat kann nur erhalten werden, wenn es zu einer kontrollierten Zuwanderung kommt. Wenn diejenigen, die zu uns kommen,sich integrieren, hier selbst eine Heimat finden und keine Parallelgesellschaften bilden. Nur scheint das von unserem links/grünen Polit/Medien-Kartell nicht erwünscht zu sein. Gegen die Massenimmigration wird sich der Bürger aber immer mehr zur Wehr setzen.

Markus Michaelis | Fr., 23. Februar 2018 - 22:39

Mir wären dazu noch zwei Punkte wichtig: zum Einen, fände ich es gut, wenn man sich bei Heimat nicht zu sehr auf das Bild des abgehängten "Modernisierungsverlieres" einschießt. Ich glaube hier tun sich die "Progressiven" keinen Gefallen. Nicht nur, weil es kein so netter Zug ist, sondern auch, weil, nur als ein Beispiel, der aufgeklärte Westen gerade selber eher weltweit gesehen auf der modernen Verliererstraße ist. Der Gegensatz zwischen proklamierter Weltoffenheit, der Ablehnung anderer Gruppen innerhalb der eigenen Nation und der tatsächlichen Buntheit der Welt, gegenüber der man vorgibt offen zu sein, wird einen irgendwann in Erklärungsnot bringen. Ich würde mir hier mehr Offenheit für andere Weltsichten und Lebensweisen wünschen.

Zum Anderen haben wir in Deutschland über Jahrzehnte Erasmus, Städtepartnerschaften und viele Auslandsverbindungen gefördert, als Beitrag zu einer gesunden Gesellschaft. Es scheint mir grotesk die Förderung von Heimat dann prinzipiell abzulehnen.

Mathias Trostdorf | Sa., 24. Februar 2018 - 00:56

Ich wollte nochmal darauf hinweisen, daß sich "links" und "liberal" ausschließen.

Jochen Röschmann | Sa., 24. Februar 2018 - 01:14

Das Gegenteil von Rückwärtsgewandtheit dürfte dann "Fortschritt" sein.
"Fortschritt" ist vor allem für "Linke" ein zentrales Thema (für "Rechte" allenfalls in technologischer Hinsicht), in meinen Augen ist "Fortschritt" ein Mythos, auf mittlere oder lange Sicht gibt es nur ein "Auf und Ab".
Für einen "Linken" ist jemand, der beim "Fortschritt" auf die Bremse treten will, reflexhaft "rückwärtsgewandt". Wenn ich auf der Autobahn, z.B. von Hamburg nach München, das Gefühl habe, zu schnell zu fahren, und bremse, fahre ich trotzdem immer noch nach München, und nicht zurück nach Hamburg.
"Reform" hat übrigens von seiner eigentlichen Bedeutung etwas rückwärtsgewandtes, der Begriff wird heutzutage jedoch von den "Fortschrittlichen" okkupiert.

wolfgang spremberg | Sa., 24. Februar 2018 - 09:39

Der HSV spielt mal wieder gegen den Abstieg. Trotzdem gehen zig tausende ins Stadion, tausende begleiten "ihren Verein" zu Auswärtsspielen. Warum ? Weil sie die Spielweise des HSV so toll finden ? Oder die Satzung ? Nöh. Es geht um Emotionen, Gemeinschaftsgefühl, Solidarität, manchmal auch irrational. Auch ein Verein, eine Firma, eine Redaktion kann ein Stück Heimat sein. Heimat hat viel mit Gefühlen zu tun, die hat man oder nicht. Man kann sie fördern oder vernachlässigen. Wichtig sind sie auf jeden Fall. Wer keine Gefühle hat ist arm dran.

Elke Halefeldt | Sa., 24. Februar 2018 - 11:15

„Muss ich mir nun `ne Lederhose kaufen?“ Keine Sorge, Patrick, Sie sollten nur anerkennen, dass in einem toleranten Land auch Toleranz gegenüber einheimischen Traditionen angesagt wäre.

Selbst wenn der Begriff „Heimatministerium“ zugegebenermaßen konservativ klingt: Bei der ARD-Themenwoche Heimat 2015 wurde in einer Umfrage bei Wahlberechtigten die Beziehung zu dem Begriff „Heimat“ erhoben. Danach ist für 52 Prozent der Befragten Heimat sehr wichtig, für weitere 38 Prozent wichtig. Konkret verbinden drei Viertel bis über 90 Prozent der Befragten Heimat sehr stark oder stark mit den Aspekten: Familie, Freunde, Verwandtschaft / „Zuhause“, wo man lebt / Wohlfühlen, Geborgenheit, Sicherheit / Landschaften, Städte, Umgebungen / Kulturelles wie Sprache bzw. Mundart, Traditionen, Gebräuche. Heimat ist nicht nur ein verkitschter „Sehnsuchtsort“, sondern die Vertrautheit und positive Identifikation mit bekannten Menschen, Dingen, Phänomenen – sicher auch für Migranten und Flüchtlinge.

Maria Anna Dewes | Sa., 24. Februar 2018 - 12:44

Der Begriff "Heimat" ist verknüpft mit Possessivpronomen. Impliziert wird damit naturgemäß ein theoretischer Besitzanspruch, der das Gefühl vermittelt, dass jemand in "seiner Heimat" irgendetwas bestimmen können soll. Tatsache ist, dass der Einzelne , ob arm oder reich gar nichts bestimmen kann oder verändern kann. Wer über unser Leben bestimmt, sind internationale Finanzdienstleister mit einem finanziellen Volumen, das jedes Bruttosozialprodukt eines Nationalstaates übertrifft. Wer bestimmt sind multinationale Konzerne, die grenzüberschreitend allein gewinnorientiert agieren. Die europäische Politik ob rechts oder links hat sich selbst zum Hanswurst und Leibdiener dieser Finanzdienstleister und Konzerne gemacht. Anstatt mit einem "Heimatministerium" die Menschen zu sedieren, wären eigene Denkansätze vonnöten, wie man mit den Fakten einer, schon allein bedingt durch den technischen Fortschritt, multikulturellen globalen Welt human umgeht und diese als lebenswerten Ort gestaltet.

Klaus Dittrich | Sa., 24. Februar 2018 - 13:12

„ . . . kommen die Verlierer immer weniger vor, die sich eine einfachere Welt wünschen. Als Folge gelingt es den Rechtspopulisten, die behaupten, die Vergangenheit wieder herstellen zu können, . . .“
„Verlierer“ (unsinniges Wort) wünschen sich keine einfachere Welt, sondern eine ehrlichere Welt.
Welche „Rechtspopulisten“ haben erklärt, die Vergangenheit – welche? – wieder herzustellen?

„So beispielsweise der slowenische Philosoph Slavoj Zizek, der moniert, dass man links lieber seine „Fetische“ pflege, anstatt die Auswüchse des Kapitalismus anzugehen. Die Linke treibe die Angst vor Kompromissen mit Rechts so sehr, dass sie unnötigerweise Menschen ausschließe, die eigentlich eine kapitalismuskritische Interessensvertretung bräuchten und für diese offen wären.“
Für mich ist Zizek ein Linker – nicht die selbsternannten Salonlinken, die entweder von Vater Staat leben (Astas) oder mit Sozialstatus (a la Schweiger) protzen.

Peter Huber | Sa., 24. Februar 2018 - 13:38

Mein neue Heimat ist die Schweiz. Zum Glück habe ich mich schon vor ca. 30 Jahren dafür entschieden, mit dem direkten Blick über den Bodensee in ein Land in dem ich nicht leben möchte. Die Artikel im Cicero und die Beiträge der Foristen bestätigen mir, Peter Huber du hast richtig gehandelt, Glückwunsch !

Achim Scharelmann | So., 25. Februar 2018 - 18:31

Heimat ist gefühlt dort wo man sich wohlfühlt und sein Auskommen und seinen Lebensmittelpunkt hat. Heimatlos kann man mitten in Deutschland sein, wenn man in der falschen Ecke wohnt und andere nur oberflächlich kennt und keine Beziehungen hat. Heimat hat mit dem Begriff Deutsch und Volk nur soviel zu tun, daß man weiß einem Staat anzugehören und unter dessem Schutz steht, mehr nicht. Kultur und Traditionen entstehen ausschließlich von innen heraus und der Staat ist nur das Behältnis es zusammenzuhalten um eine Gemeinsamkeit für alle erträglich zu machen. Der Staat ist nur das äußere Schutzschild, die Bürger erfüllen ihn mit Leben, der eine mehr, der andere weniger, denn das liegt an der Mentalität des Einzelnen, es gibt halt Vereins- und Feierheimer, aber auch introvertierte und beide Gruppen können große Leistungen erbringen und hiervon partizipiert der Staat als solcher um seinen orginären Aufgaben gerecht zu werden, was aber nicht heißt, daß er darüber stehen darf.

Wolfgang Beck | Mi., 28. Februar 2018 - 10:10

Antwort auf von Achim Scharelmann

"Heimat hat mit dem Begriff Deutsch und Volk nur soviel zu tun, daß man weiß einem Staat anzugehören und unter dessem Schutz steht, mehr nicht."
"Kultur und Traditionen entstehen ausschließlich von innen heraus und der Staat ist nur das Behältnis es zusammenzuhalten um eine Gemeinsamkeit für alle erträglich zu machen. Der Staat ist nur das äußere Schutzschild, die Bürger erfüllen ihn mit Leben, der eine mehr, der andere weniger,..."
Vorsicht, der Staat ist aber auch und vor allem der demokratische Rechtsstaat, demzufolge nach unserem der Aufklärung verpflichtetem Verständnis nicht einfach nur irgendein Behältnis oder ein Schutzschild. Dieses hier ausgesprochene Staatsverständnis paßt folglich mehr zu einer Beschreibung des Obrigkeitsstaates.

Ernst Laub | Mo., 26. Februar 2018 - 14:39

Ein BRD-Heimatministerium hat mit Jodeln und Dirndl und auch mit Heimatliebe und Patriotismus nichts zu tun. Vorbild ist wohl das Department of Homeland Security der Vereinigten Staaten und die von ihm errichteten und verwalteten Fema Camps!…….. Irgendwo muss man die immer zahlreicher werdenden Dissidenten doch unterbringen.

Willy Ehrlich | Mo., 26. Februar 2018 - 16:38

Können Sie das mit dem "links-liberal" nicht endlich mal lassen? Links und Liberal hat sich jahrzehntelang widersprochen und die "Vereinigung" ist nur - aus welchem Grunde auch immer - mediengemacht.

Es war schon schlimm genug, dass die bevormundenden Grünen einen "Freiheitskongress" veranstalteten, obwohl sie allenfalls etwas von der Freiheit für Legehennen verstehen.

Vereinigen Sie doch einfach mal die Linke und die AfD zu irgendetwas Sinnlosem.