Ein Schild mit der Aufschrift "Nervenklinik"
Könnte es vielleicht sein, dass wir immer unselbständiger werden, je mehr Hilfseinrichtungen es gibt? / picture alliance

Psychologie - Das Dilemma des Psychobooms

Ob Streit mit den Nachbarn, den Arbeitskollegen oder dem Chef, jeder pubertär anmutende Konflikt kann heute zu einer psychiatrischen Diagnose umformuliert werden. Das sichert zwar die Zukunft von Psychotherapeuten, ob es das Befinden allerdings verbessert, ist mehr als fraglich

Autoreninfo

Dr. med. Burkhard Voß ist Neurologe und Psychiater und Autor von „Deutschland auf dem Weg in die Anstalt“ (Solibro Verlag).

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Theodor Ziehen (1862 – 1950) war seit 1892 Professor für Psychiatrie an wechselnden Universitäten und seit 1917 Professor der Philosophie in Halle an der Saale. Schon zu Schulzeiten sah er die Philosophie als sein letztes Lebensziel an, studierte aber zunächst Medizin, da er nur für dieses Fach das dringend benötigte Stipendium bekam. Das Faible für Philosophie begründete dann auch seine Spezialisierung auf Psychiatrie. Er betreute in Jena den im Januar 1889 wegen Syphilis eingelieferten Friedrich Nietzsche. Der zunächst seine philosophischen Neigungen nicht auslebende Ziehen verlieh 1923 der damaligen Psychiatrie das zynische Urteil „triviale Angelegenheiten und triviale Menschen“. Doch Zynismus und Realismus sind oftmals näher zusammen als vermutet.

Ein knappes Jahrhundert später wird das Dilemma des Psychobooms ein wenig klarer. Nun hat die Aufplusterung banaler Erziehungs- und Beziehungsschwierigkeiten ein Ausmaß erreicht, dass es offensichtlich nur noch Ärzte und Patienten, Therapeuten und Therapierte, Betreuer und Betreute, Coaches und Gecoachte gibt. In einer überalterten Gesellschaft, in der Fitness und Jugendlichkeit bis zum Lebensende ein erstrebenswertes Ziel sind, können sich Psychotherapie, Sozialpädagogik und Coaching, wo die subjektive Sichtweise der Patienten eine maßgebliche Rolle spielt, einem Verjüngungsprozess nur schwer entziehen. Die Abgrenzung zur Kinder- und Jugendbetreuung ist ein wenig durchlässiger geworden. Und wem kann man es in einer Epoche des ewig Jungbleibens überhaupt noch zumuten, erwachsen zu werden?

Allerlei Befindlichkeitsstörungen

Kindererziehung und Jugendbetreuung sind zu einem lebenslangen Projekt geworden für Adoleszente von 8 bis 80. Über 90-jährige Damen, die bei Jugendämtern anrufen und sich über ihre mindestens 70-jährigen Söhne beschweren, kommen nicht nur in Witzblättern und Bildschlagzeilen vor, sondern zunehmend auch in der Realität. Die juvenilen Gerontoathleten müssen nur lang genug Schwierigkeiten machen, um letztlich doch an die psychologische oder psychotherapeutische Hand genommen zu werden. Das könnte auch eine kompetente Erzieherin.

Ob Streit mit den Nachbarn, den Arbeitskollegen oder dem Chef, jeder pubertär anmutende Konflikt kann zu Befindlichkeitsstörungen führen, die wiederum in eine psychiatrische Diagnose umformuliert werden können. Kein Problem. Falls Depression nicht ganz so passend scheint, die reaktive Depression, auch Anpassungsstörung genannt, wird es in jedem Falle richten. Wie heißt es doch so schön: „Hier handelt es sich um Zustände von subjektivem Leiden und emotionaler Beeinträchtigung, die soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen wie auch schwerer körperlicher Erkrankung auftreten. Die Belastung kann die Unversehrtheit des sozialen Netzes betroffen haben, (…) Trauerfall, (…) Trennungserlebnis (…) kann dabei nur den Einzelnen oder auch seine Gruppe oder Gemeinde betreffen (…) .“

Pragmatismus ist nicht erwünscht

Was sollte man da nicht hineinpacken können? Für Burn-out, der Leistungsvermeidungsdiagnose Nummer 1, eine Steilvorlage. Die nächsten Leistungsvermeidungsdiagnosen sind schon klar formuliert und werden medial aufbereitet in Lifestyle-Gazetten, VHS-Kursen und im Internet. Sie laufen sich schon mal warm und stehen kurz vor der Aufnahme in ein aktuelles Klassifikationssystem für psychische Erkrankungen: Prokrastination (Aufschiebeverhalten, vornehme Umschreibung für „den Hintern nicht hochkriegen“), Hochsensibilität, Geräuschempfindlichkeit. Den „Patienten“ mit der letzteren Diagnose könnte man Ohrenstöpsel verschreiben, aber solch unsensibler Pragmatismus würde in ein Fegefeuer von Ethikkonferenzen katapultiert. Man begegnet den Problematisierungsorgien der Überflussgesellschaft mit ausgeklügelten Formen der sprechenden Medizin: ambulante Psychotherapie, tiefenpsychologisch fundiert, verhaltenstherapeutisch perfektioniert, Angehörige inkludiert. Auf dass Keiner in seiner Misere zurückgelassen wird, und sei sie noch so selbstverschuldet.

Bei dem derzeitigen Wildwuchs an Befindlichkeitsstörungen, die nahezu willkürhaft in psychiatrische Diagnosen umgemünzt werden, wird das wohl nur der Anfang sein. Schaffen wir also neue Therapiestellen, die dringend benötigt werden. Ihre Tochter möchte Psychotherapeutin werden? Toll. Vielleicht wird sie eines Tages selbst ein Burn-out entwickeln, aber eines wird sie ganz bestimmt nicht: arbeitslos. Sollte sie eine psychotraumatologische Schwerpunktpraxis eröffnen wollen, ist Vorsicht angesagt.

Schon ist die Rede von sekundärer Traumatisierung, die dann auftreten soll, wenn der Therapeut zu viel von primären Traumata hören muss, welche die Betroffenen direkt erlebt haben. Psychotherapeuten, die sekundär traumatisiert sind, müssen demnächst selbst in Psychotherapie, wobei die entsprechenden Therapeuten dann in Gefahr sind eine … klar doch, tertiäre Traumatisierung zu erleiden. Im Gegensatz zur sekundären ist diese zwar noch nicht beschrieben, liegt aber schon in der Luft. Hier beginnt nun die Quadratur des psychotraumatologischen Kreises. In diesem laufen Traumaverursacher, Traumatisierte, Psychotraumatologen, Traumacoaches, sekundär und tertiär Traumatisierte wie schreiende Kinder um die Wette und sehnen sich nach weiteren Mitläufern. Sie werden sie bald bekommen.

Die Nebenwirkungen der Psychotherapie

Verglichen mit Ländern der dritten Welt ist es doch paradox: Je besser es uns geht, umso schlechter fühlen wir uns. Könnte es vielleicht daran liegen, dass wir immer unselbständiger werden, je mehr Hilfseinrichtungen und Mutterprothesen es gibt? Spätestens jetzt kann ohne therapeutischen Beistand nichts mehr bewältigt werden. Ob Kindererziehung, Pflege der greisen und dementen Eltern, Arbeitskonflikte, Gewichtsreduktion, Nachbarschaftsstreitigkeiten, Beziehungskonflikte, sexuelle Probleme, Hundeaufzucht, krumme Nase, OP ja, nein, Ehemann ist Parteimitglied der AfD geworden, Scheidung ja, Scheidung nein, Ex-Frau möchte Beziehung wieder aufleben lassen, Neustart ja, Neustart nein, Ehemann möchte nur Sex, aber keine Kinder, Ehefrau nur Kinder, aber keinen Sex…

Geschafft! Aus Psychologisierung ist Infantilisierung geworden, Deutschland ist im Kindergarten. So gut die ganzen Hilfen gemeint sein mögen, auch sie haben ihre Tücken. Beispiel Psychotherapie: Sie hat, genauso wie andere Heilmethoden und Pharmaka, Wirkungen und Nebenwirkungen. Letztere werden so gut wie nicht thematisiert. Wenn ausnahmsweise doch, sind die Ergebnisse frappierend. So wies der psychologische Psychotherapeut Eckert 2012 an Hand von Metaanalysen nach, dass circa 40 Prozent der Psychotherapien nicht wirken beziehungsweise es dem Patienten schlechter geht. Und welcher niedergelassene Neurologe und Psychiater kennt sie nicht, die Patienten, die jahrelang in Therapie sind, sich während der 50 Minuten recht wohlfühlen, aber sich in den Tagen und Jahren dazwischen de facto nichts ändert. Die gebetsmühlenartige Wiederholung von den zu wenigen Psychotherapieplätzen ist ein Mythos des müden Europas. In der kontinuierlichen Abwärtsdefinition dessen, was eigentlich psychisch krank ist, kann es niemals genügend Therapieplätze geben.

Wortklauberei

Nicht nur Psychotherapie, auch der Beruf des Therapeuten hat seine Risiken. Da wundert es nicht, wenn einige Therapeuten nur die Patienten nehmen, die ihnen guttun. Um aus ihren Versicherten gut erscheinende Patienten zu machen, stellen immer mehr Krankenkassen Psychologen ein, die den (vermeintlichen)  Psychotherapiebedürftigen schon mal die richtige Wortwahl beibringen, um rasch an einen der begehrten Therapieplätze zu kommen. Aus „Mein Job kotzt mich an“ oder „Meine Tussi nervt“ wird dann flugs „Ich möchte mit Ihnen gemeinsam eine Lösungsstrategie erarbeiten, so dass …“.

Mit dem richtigen Psychovokabular lässt sich aus jedem trivialen Kinderkram eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung formulieren. Wie hieß das noch mal bei dem Psychiater und Philosoph Ziehen? „Triviale Angelegenheiten …“? Sollte da doch etwas Wahres dran sein? Vielleicht mehr als ein Körnchen?

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Axel Kreissl | Di., 20. Februar 2018 - 18:11

Als ich in den Sechzigern aufwuchs, gab es weit und breit keine Psychologen, aber viel Wald und Sportplätze. In einer Überflußgesellschaft erzeugen Marketingstrategen das Verlangen nach Produkten, die keiner braucht, und sie erfinden Krankheiten, die keiner hat, für Ärzte, die keiner braucht, im vorliegenden Fall für Psychologen. Sogar Kinder müssen schon zum Psychologen. Wären Zeit, Zuwendung und Liebe nicht besser? Danke für diesen Artikel!

Jörg Plath | Di., 20. Februar 2018 - 18:39

Kommt mir vor, als wenn der Autor vor Wut auf seinen Beruf kurz davor steht in die geschlossene Anstalt eingeliefert werden zu müssen... Aber ob es ihm da besser gehen wird???

Werner Peters | Di., 20. Februar 2018 - 18:55

Sehr gut, CICERO, dass Ihr mal dieses abartige Thema beleuchtet. Wir sind alle krank, nur die, die uns behandeln, sind noch kränker, wissen es aber nicht. Diese Scharlatane geben vor, das bei anderen heilen zu wollen, worunter sie selbst leiden.

Anouk Plany | Di., 20. Februar 2018 - 19:12

Ironie ist auch eine Vermeidungsstrategie, Trauma zu verdrängen. Warum hat der Autor sich denn für den Psychater-Beruf entschieden, wenn er Traumatisierung nicht ernst zu nehmen bereit ist?
Als Psychiater sollte man eigentlich wissen, daß Traumata erst dann an die Oberfläche gelangen, bzw. therapierbar werden, wenn äußerlich Ruhe und Sicherheit herrschen. Das heißt im Klartext: NUR in einer Wohlstandsgesellschaft ist der Raum vorhanden, Traumata zu fühlen und aufzuarbeiten. Der 2. Weltkrieg hat schlimmste Traumata in den Menschen verursacht, die an die nächste Generation (Symbiosetrauma) weitergegeben wurden. So ist es jetzt erst dran, diesen Wahnsinn psychisch aufzuarbeiten. Ihren Behandlungsschwerpunkt könnten Sie mal überdenken.

Michaela Diederichs | Di., 20. Februar 2018 - 19:27

Christian Buddenbrook fällt mir spontan dazu ein. Diese Charaktere gab es zu allen Zeiten, sind vor allem aber ein Phänomen der allzu satten Nachkriegswelt. Die Kriegsgeneration, von einem vernichtenden Krieg gezeichnet und mit Sicherheit schwer traumatisiert, hatte überhaupt keine Zeit sich um sich selbst zu kümmern. Versorgung, Unterkunft, Arbeit waren wichtig, alles andere musste zurückstehen. Seelische Nabelschau war das letzte, was dieser Generation in den Sinn kam.

Erich Haug | Di., 20. Februar 2018 - 20:03

Meine Schwiegermutter, 78Jahre, lebt alleine in einem Dorf in Belarus.
Sie ist Selbstversorger. Hühner, Schweine, Kartoffeln, Gemüse usw.
Anlässlich eines Besuches in Deutschland fuhren wir in die Wieskirche und zu den Königsschlössern.
Übernachtung in einem Gasthaus.
Zum Abendessen wollte Sie Brot und Tee!
In Ihrem Schlafzimmer wollte Sie auf dem Boden Schlafen weil das Bett so schön war!
Ihr ganzes Leben hat diese Frau als Melkerin geschuftet, Partisanen und Wehrmacht erlebt.
Ihre größte Freude ist, wenn Kinder, Enkel und Urenkel kommen.
Ihr Pflichtbewusstsein für Haus und Garten ist ungebrochen.
Natürlich ist Ihr Leben nicht ohne Tränen verlaufen.
Aber Sie hat sich bis heute einen gesunden Humor bewahrt.
Für solche, wie im Beitrag erwähnte Probleme, hat Sie einfach keine Zeit gehabt.

Dimitri Gales | Di., 20. Februar 2018 - 20:29

Psychologie und wissenschaftlicher Psychologie, die nur an Unis gelehrt wird. Gerade in Deutschland gibt es eine Menge privater Institute, die behaupten, Psychologen und Psychotherapeuten auszubilden. Um das Ganze zu maskieren nennt man das "Psychologischer Berater" oder ähnliches. Es gibt aber das Psychotherapetengesetz (nur approbierte Psychologen und Fachärzte dürfen Psychotherapie anbieten und ausführen), aber wo kein Kläger, kein Beklagter. Auch Heilpraktiker, ein deutsches Unikat, das es sonst nirgends auf der Welt gibt, dürfen ungestraft psychotherapeutisieren.
Ich halte das hier im Artikel beschriebene Phänomen für bedenklich. Denn einfach irgendwelche pseudowissenschaftliche Etikette zu verwenden ist unseriös und kann zu Missbrauch führen. Und ob das laienhafte Herumpsychologisieren wirklich Probleme löst bezweifle ich. Ausser es handele sich um Placebo-Effekte.

Andreas Schneider | Mi., 21. Februar 2018 - 00:03

Das kommt dabei heraus, wenn man über etwas schreibt, von dem man offensichtlich keine Ahnung hat, schlecht recherchiert und dann seine eigene abstruse Vorstellung zusammenschraubt. Was für eine Verschwendung von Zeit und Energie! Die hätten Sie lieber dafür aufbringen sollen, sich mit Betroffenen und Fachleuten zu unterhalten, dann wäre vielleicht etwas Nutzbringendes dabei herausgekommen. So reihen Sie sich nur in den Chor derer ein, die die Psychotherapie und Psychiatrie sowie deren Patienten und Ausübende seit Beginn ihres Bestehens diffamieren. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihre Meinung dazu ändern werden, ohne dass Sie jemals die Hilfe derer in Anspruch nehmen müssen, die Sie in diesem Artikel so schlecht schreiben! Andreas Schneider, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, leitender Oberarzt einer psychosomatischen Fachklinik

Dieter Erkelenz | Mi., 21. Februar 2018 - 07:00

Na, endlich, dass sich mal jemand diesem Thema öffentlich annimmt! Wie so oft wird auch hier maßlos übertrieben. Es entwickelt sich ein "Psychomasochismus", den der Autor treffend beschrieben hat. Nachdem ich diesen Essay gelesen haben, bin ich wieder psychisch!! gesund. Heureka!

Gerdi Franke | Mi., 21. Februar 2018 - 08:48

Ja, es ist auffällig. Wie in den letzten Jahren kriminelle Taten immer häufiger zu einer psychiatrischen Diagnose umformuliert werden. Man braucht nur die Übergriffe der Migranten anschauen. Alle natürlich nur aufgrund psychischer Überlastung. Was reiben sich die Psychotherapeuten die Hände!

Ralph Barthel | Mi., 21. Februar 2018 - 08:53

Mit diesem Artikel steigt der Wert von Cicero um viele Prozente.

Voll aus dem Leben gegriffen. Besser geht es kaum. Und erfreulich ist diese Themenerweiterung im stile des Spiegels vor dem Kopf ohne Brett vor der Stirn.

Peter Lieser | Mi., 21. Februar 2018 - 08:55

Bis zu diesem Satz habe ich den Artikel gelesen ! Nun bin ich absolut sicher , dass Dr. med Burkhard Voß selbst ärztliche Hilfe braucht. Auf so eine Argumentation kommt man nur wenn man seine geostationäre Umlaufbahn verlassen hat. Zum Glück ist es kein kostenpflichtiger Artikel gewesen, und ich hätte bezahlt, dann wäre ich jetzt selbst aus Frust reif für die Klapse. Mit manchen Autoren, wird die Geduld des Cicero -Käufers arg strapaziert. Naja wir leben in einer Demokratie - da muss man halt einiges aushalten können......;-)

helmut armbruster | Mi., 21. Februar 2018 - 09:49

Wir halten nichts mehr aus, sind wehleidig und kleinmütig geworden.
Ein Beispiel: Mein Onkel, ein 1,87 großer Mann, war 5 Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft, kam erst 1949 wieder nach Hause und wog noch 45 kg. Seine Verlobte hatte inzwischen einen anderen geheiratet, da mein Onkel als vermisst galt und man jahrelang keine Nachricht von ihm hatte.
Trotzdem hat er nur eine Woche nach seiner Heimkehr wieder gearbeitet, 48 Std. die Woche. Als wäre nie was gewesen.
Es gab keine Erholungskur und keine psychologische Behandlung. Keine Hilfe von außen. Mein Onkel hatte seinen Lebensmut trotz allem nicht verloren, war ein fröhlicher und optimistischer Mensch und trug den Spitznamen Sunny Boy.
Wer würde so etwas heute so unbeschadet überstehen? Einfach so, ohne jede Hilfe?

Helmut Bachmann | Do., 22. Februar 2018 - 07:30

Antwort auf von helmut armbruster

würden sowas auch heute überstehen, und viele nicht, wie damals auch schon. Einfach mal schlau machen.

Christa Wallau | Mi., 21. Februar 2018 - 10:16

Zweifellos ist der Psychoboom das Ergebnis einer
egozentrischen Überflußgesellschaft.

Er zeigt jedoch noch etwas viel Grundsätzlicheres: Sehr v i e l e Menschen - mögen sie in Armut oder im Luxus leben - haben offenbar ein tiefes Bedürfnis nach mitmenschlicher Hilfe bei der Sinnfindung für das eigene Leben, nach Zuspruch, Trost, seelischer Entlastung usw.
Diese Bedürfnisse befriedigte früher die Religion
bzw. die Kirche.
Heute bezahlen die Bedürftigen dafür Psychologen und Gurus der unterschiedlichsten Art und Qualität.
Es ist genau so, wie Jesus es sagte:
Der G l a u b e ( = das Vertrauen) h i l f t, ob nun an einen Therapeuten oder an Jesus Christus, der gesagt hat: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist." und: "Ich bleibe bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt."
Mag sich also jeder fragen, wie sehr er bedürftig ist und zu wem er seine Schritte lenken will.

Yvonne Walden | Mi., 21. Februar 2018 - 10:31

Ehemals fraß die Revolution ihre Kinder, heute ruiniert unsere kapitalistische Arbeits- und Lebensweise unsere Gesundheit. Und niemand weiß, wie wir dies ändern könnten, um endlich gesund zu leben.

Fritz Gessler | Mi., 21. Februar 2018 - 10:43

allerdings sei den vielen simulanten und tachinotikern auch zugute gehalten, dass massiver arbeitsdruck und reale vereinsamung (bei alten, arbeitslosen) grund vieler dieser hyper-empfindlichkeiten sein mögen. und bei den jungen: fehlende emotionale familien-geschwistersozialisation als einzelkind einer alleinerziehenden mutter. die schlimmsten und wehleidigsten psycho-creepies sind einzel-söhne alleinerziehender mütter. ohne vater(figur) geht's halt doch nicht so recht. kaputte familien produzieren kaputte kinder, die nie erwachsen werden und ewig unter psychosomatischen wehwehchen laborieren. je mehr power-mutti und je früher in die kita abgeschoben, umso unselbständiger später der sohn. töchter haben's leichter: werden wie die gleiche furie die mama.

Stephan Unger | Mi., 21. Februar 2018 - 11:09

Es wäre doch mal interessant mit anzusehen, ob die zunehmende soziale Isolation der Menschen (Rückzug in Echokammern, Identity Politics als Schutz vor Kritik, Safe Spaces etc.) mit der Zunahme des Bedars korreliert.

"Auf dass Keiner in seiner Misere zurückgelassen wird, und sei sie noch so selbstverschuldet." <-- Sobald etwas pathologisiert wurde, dann fragt man nicht mehr nach der Schuld. Das ist der Witz einer Krankenversicherung und wenn der Autor da was gegen hat, dann soll er einen Gegenvorschlag bringen.

Im Endeffekt hat der Auto natürlich vollkommen recht. Die Infantilisierung der Menschen ist unerträglich, doch ist es der Preis, den man für stetiges Wachstum zahlen muss.

Sehe er es positiv: Er ist der positivste Freundersatz in deren Leben und noch immer besser, als eine Computer.

Bernd Eifländer | Mi., 21. Februar 2018 - 11:39

Kein Artikel ohne Seitenhieb auf die AFD. Ich wage nicht zu zählen wie viel Ehefrauen bereits in Behandlung sind ? Geht es eigentlich noch ?

Nils Mittrach | Mi., 21. Februar 2018 - 12:41

Vielleicht stimmt es, dass Ursache vieler Leiden nur Lappalien sind. Vielleicht sind viele früher daran wahnsinnig geworden und wurden der damaligen Schule nach auch entsprechend behandelt. Immer wieder den Ball auf den Menschen (den Arbeitnehmer,etc.), in diesem Fall den Patienten) zurückzuspielen, ist eine gewohnte Masche. Viele Menschen erkranken auch wegen psychischer Probleme am Ende an Krebs! Und das ist dann wirklich keine vermeintliche Einbildung mehr. Vielleicht sollten Sie sich als Verfasser des Artikels etwas mehr um die Umstände Ihrer Patienten kümmern, als die Folgen bei Ihren Patienten Ihnen selbst vorzuwerfen. Sicher sind die Menschen "weicher" geworden, nur die Zeiten haben sich auch geändert! Und die meisten Menschen kommen, wenn sie ehrlich sind, da nicht mehr mit. Gewohnheiten und Gewissheiten werden allesamt in Frage gestellt. Und da gebe ich Ihnen recht, da erfordert es auch seitens der Psychologie eine ehrliche Antwort im Sinne des medizinischen Eides.

Helmut Bachmann | Do., 22. Februar 2018 - 07:37

Antwort auf von Nils Mittrach

Der Autor versteht nicht mal den Unterschied zwischen einem banalen Auslöser und dem dahinterstehenden Leid. Er denkt, dass man nur leidet, wenn man Schlimmstes erlebt hat und offenbart damit, dass er von Psychotherapie nichts versteht.

Monique Nilsen | Mi., 21. Februar 2018 - 12:48

Im psychotherapeutischen Bereich sind regelrechte Interdependenzketten durch die Macht der Wissenden entstanden.

Um es mit Grönemeyer zu sagen: wann ist der Mensch ein Mensch?

Franz Dreesen | Mi., 21. Februar 2018 - 15:49

Hr. Voß nennt die Dinge beim Namen,bestimmt wird er bald als Nestbeschmutzer
gebrandmarkt werden,von denen die gut daran verdienen.
"....Mit dem richtigen Psychovokabular lässt sich aus jedem trivialen Kinderkram eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung formulieren..."Und damit neue Einnahmequelle generieren.Mir ist schon lange klar,das das ganze
Psychogedöns überwiegend dem Profitstreben
unseriöser Akademiker geschuldet ist.

Brigitte Hesse | Mi., 21. Februar 2018 - 21:58

Dazu gehört dann wohl auch der Fall einer 80jährigen Dame, der gestern in den Nachrichten zu finden war. Die Dame sieht auf dem Foto recht gesund und sehr fidel aus. Das reicht ihr wohl nicht. Sie hat sich bis zum BGH vorgekämpft, sicher mit kräftiger Unterstützung, um gegen ihre Sparkasse zu klagen, die da auf ihren Formularen nur von Kunden und Sparern spricht. Und dadurch fühlt sich Frau M. nun als Mann.
Hoffentlich kostet sie das nicht zu viel Geld. Dann wäre alles Ersparte weg und sie kriegt einen Nervenzusammenbruch. Zu Recht.

Gerhard Krohmer | Mi., 28. Februar 2018 - 17:04

Man muss schon unterscheiden zwischen seriöser ernsthafter Psychotherapie und allen möglichen pseudopsychologischen Spielchen.
Ein Laie tut sich da sehr schwer. Ernsthafte Therapie ist für den Patienten sehr anstrengend und dauert in der Regel mehrere Jahre. Da ziehen es viele vor, zu irgendwelchen mehr oder weniger selbst ernannten Fachleuten zu gehen und merken gar nicht oder viel zu spät, bei welchen Scharlatanen sie gelandet sind.
Im übrigen gibt es sehr viel hohles Gerede,. Verbal gut verpackt, hört sich jede Binsenweisheit ungemein gebildet und wissenschaftlich an.