Ruderboot auf einem Wattemeer
„Deutschfreundlich, ohne europafeindlich zu sein, das darf man auch als weltoffenes Einwanderungsland“ / picture alliance

Protektionismus - Die Sehnsucht nach Überschaubarkeit

Protektionismus ist keine Vorstufe des Nationalismus, er dient der psychischen Hygiene. Denn der Mensch braucht eine klare Vorstellung von sich selbst. An diesen neuronalen Rahmenbedingungen ändert auch die übers Knie gebrochene globale Vergemeinschaftung nichts

Martin Busch

Autoreninfo

Martin Busch arbeitet seit über 20 Jahren als Redakteur und Moderator für die Hörfunkprogramme von Radio Bremen. 2016 erschien seine Streitschrift „Deutschland, Deutschland ohne alles“. Im Dezember 2018 veröffentlichte er den Aphorismenband „Als Freiheit und Fortschritt begannen, Eigentore zu schießen“.

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„Ich will aber da sein!“, rief das kleine Monster in der Sesamstraße und wurde rübergeschickt zu den anderen. Angekommen, sagte es zufrieden: „Jetzt bin ich da!“ Doch die anderen meinten: „Nein, jetzt bist Du hier!“ „Ich will aber da sein!“, schrie das Kleine entsetzt. Und musste wieder und wieder auf die andere Seite laufen.

Wir sind von Haus aus Dualisten. Drinnen ist drinnen und draußen ist draußen, fasste Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble das Referendum der Briten über den EU-Austritt zusammen. Der Mensch ist kein „Sowohl-als-auch-“, sondern ein „Entweder-oder-Wesen“. Drittes Geschlecht hin oder her. Die Fans des VfB Stuttgart gaben Winfried Schäfer keine Chance, weil der Trainer aus Baden stammt. Antagonismen, Dichotomien helfen uns, uns selbst zu definieren. Wer keine Vorstellung von sich selbst hat, kommt nicht klar, kriegt Hirnsausen. An diesen neuronalen Rahmenbedingungen ändert auch die übers Knie gebrochene globale Vergemeinschaftung nichts. Wir haben vielleicht Industrie 4.0, bleiben aber Mensch 1.0. Und doch ist es kontraproduktiv, wenn jeder Zeitgenosse seine Wirklichkeit komplett eigenständig konstruiert, wie es in der digitalisierten, kapitalistischen Demokratie zunehmend den Anschein hat. Jeder ist sein Lieblingsautor und die einzige akzeptierte Autorität in der Lebensführung. Wenn aber das Ich zum Maßstab aller Dinge wird, wer kann dann noch behaupten, etwas gehöre sich nicht oder gehe nicht mit rechten Dingen zu?

Der Durst nach Ordnung wächst

Die Fifa hat 211 Mitgliedsländer. Mehr als die Uno. Der Wunsch, sich auch national zu definieren, ist – gut, dass John Lennon das nicht mehr erlebt – ungebrochen (siehe Medaillenspiegel bei Olympischen Spielen). Der Schriftsteller Robert Menasse erkennt die verschiedenen Nationalitäten der EU-Beamten in Brüssel an der Art, wie sie Fahrrad fahren, spricht den Menschen aber die Notwendigkeit einer nationalen Zugehörigkeit ab. Wieso reisen wir nach Thailand oder Indonesien, nach Mexiko, Australien oder Südafrika? Weil dort alles so ist wie zu Hause? Die Differenz generiert die Neugier. Andere Länder, andere Sitten. „Grenze zieht an“, so der Soziologe Alexander Deichsel.

Die Verantwortlichen einer internationalen Konferenz in Bremen, deren Teilnehmer aus allen Himmelsrichtungen angereist waren, gingen am Vorabend der Veranstaltung mit den Gästen essen. Beim Türken. Als gäbe es keine typisch bremische oder deutsche Küche. Kein anderes Land der Welt würde als Gastgeber derart verfahren. „Selbstvergleichgültigung“ hat das der evangelische Bischof Wolfgang Huber genannt. Deutschland soll kompromissbereiter denn je sein, während der Einzelne kompromissloser denn je ist. Ein Spagat, der immer mehr Leuten gegen den Strich geht. Gemeinschaftsfeindliche Beliebigkeit im Sozialen, individualfeindliche Rigidität im Wirtschaftlichen. Das ist der Status quo. Die Freiheit des Individuums beginnt, Eigentore zu schießen. Und die der Unternehmen ebenfalls. Die Solidarität benötigt ein Überbrückungskabel. Dass der Durst nach Ordnung wächst, darf nicht überraschen. Anders als manch Kunstschaffender meint, ist Verwirrung nämlich kein gesunder Zustand.

Naive Laissez-faire-Haltung

In einer TV-Dokumentation konnte man lernen: Dort, wo der Weiße Hai ist, ist das Wasser gesund und sauber. Auch ein freiheitlicher Rechtsstaat muss sich bisweilen mit drastischen Mitteln schützen. Um solch ein Vorgehen zu rechtfertigen, muss man nicht bei Thomas Hobbes oder Niccolò Machiavelli nachschlagen, der noch lebende, emeritierte Papst Benedikt sagt: „Der Mensch kann leichter bös sein als gut!“ Wenn unsere Gerichte entscheiden, so genannte Gefährder nicht in ihre Heimatländer zu schicken, weil nicht garantiert ist, dass sie dort nach unseren menschenrechtlichen Vorstellungen behandelt werden, dann ist das eine Einladung an alle Kriminellen dieser Welt. Sollen wir die Menschen auch hier behalten, weil sie in ihren Heimatländern weniger Lohn bekommen als in Deutschland? Gewalttäter und Einbrecher haben bei uns weniger zu befürchten als Verkehrssünder. Intellekt und Naturell der Gesellschaftsmitglieder sind der Markenkern unseres bodenschatzarmen Landes. Wir haben 3800 Kilometer Außengrenzen, über die jeder einreisen kann, der will. Was für ein naives Menschenbild liegt dieser Laissez-faire-Haltung zugrunde?

Verfassungspatriotismus als einigendes Band genügt nicht. Ethnozentrismus ist für die Kohäsion des Gemeinwesens zwar irrelevant, aber, so der kanadische Philosoph Charles Taylor, gemeinsame Vorstellungen von sozialen Räumen braucht es eben schon. Damit ist nicht nur die Gleichberechtigung von Mann und Frau gemeint oder die Religionsfreiheit. Die gerade beginnende Adventszeit ist zweifelsohne Teil unserer Leitkultur. Kulinarisch, musikalisch und symbolisch. Eierlegende Wollmilchsäue mögen hochinteressant sein, verlässlicher ist das Fachgeschäft. Selbst wenn es an verschiedenen Standorten Filialen gibt, ist deren Sortiment überall identisch. Diese Orientierung erhalten die Bürger der föderalen Bundesrepublik in diversen Kontexten nicht. Die negativen Konsequenzen spürt man von den Kindergärten bis zum Verfassungsschutz. Hier wäre weniger mehr. Viel mehr.

Berechtigte Globalisierungskritik

Erst kommt das Land, dann die Partei, hat Willy Brandt gesagt. Erst kommt das Land, dann das Ausland, sollten die heute Verantwortlichen sagen. Das gilt für Politiker wie für Wirtschaftsbosse, denen die indische und die chinesische Mittelschichten mittlerweile wichtiger sind als die eigene. Anders als bei uns wächst diese Gruppe dort auch. Hier, im angeblichen Stabilitätsanker des Kontinents, wächst dafür die Zahl prekär Beschäftigter (Kettenbefristung, Niedriglohnsektor) und die Zahl schlecht betreuter Kinder ebenso (das Ganztagsschulangebot hat überwiegend Kreisliga-Niveau). Die niedrige Arbeitslosigkeit dient derweil dazu, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen.

Der als Ketzer verbrannte Priester und Philosoph Giordano Bruno war vielleicht der erste Globalisierungsskeptiker. Der Italiener stellte im 16. Jahrhundert die Frage, ob der Verkehr zwischen Völkern, welche die Natur durch Meere und Gebirge, durch Sprache und Sitten geschieden hat, mehr nützt als schadet. Bruno jedenfalls vertrat die Auffassung, dass durch den Kontakt die Laster leichter vervielfältigt werden als die Tugenden. Der Slogan „small is beautiful“ stammt von einem Schüler Leopold Kohrs', dem Ökonom Fritz Schumacher. Der österreichische Philosoph Kohr verlangte in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts ein gesundes System kleinerer und leichter regierbarer Staaten. Diese würden seiner Ansicht nach nicht mehr die bedrohte Existenz von Grenzgebieten ehrgeiziger Nachbarn führen und somit dem Frieden auf Erden eher dienlich sein als die ständigen künstlichen Vereinigungsprozesse.

Deutschfreundlich, ohne europafeindlich zu sein

Klein, aber fein! Sind wir vielleicht „too big to function“? Pisa-Sieger in Europa ist Lettland, weltweit ganz vorne ist der Stadtstaat Singapur. Die sichersten Länder sind laut Global Peace Index Island, Dänemark und Österreich. Viele der glücklichsten Menschen leben in Dänemark, das mehrere Jahre die entsprechende Rangliste angeführt hat und nun lediglich von Norwegen überholt wurde. Die Zufriedenheit der Dänen hat sogar einen Namen: „Hygge“. Dieses Lebensgefühl hat auch was mit Überschaubarkeit zu tun. Mentaler Protektionismus ist keine Vorstufe des Nationalismus, er dient der psychischen Hygiene. Diese aufrechtzuerhalten, wird durch die unglaubliche Reizüberflutung unserer Tage erschwert. Deutschfreundlich, ohne europafeindlich zu sein, das darf man auch als weltoffenes Einwanderungsland. Ein bisschen Sowohl-als-auch geht eben doch. Oder wie es eine Kollegin neulich ausdrückte: Man kann ja das eine machen, ohne das andere zu lassen.

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Dr. Jürgen Herrmann | Di., 5. Dezember 2017 - 17:06

Sie haben Recht, Herr Busch!
Erst kommt das Land, dann das Ausland! und unser Land ist Deutschland, unsere Heimat.
Als Kinder haben wir gelernt, was es bedeutet ein Deutscher zu sein, das Positive (...Land der Dichter und Denker...) und das Negative (...Nazi...). Das alles sind wir und noch sehr viel mehr!
Nun kommen viele Migranten und viele sprechen von Integration? Nun, die Deutschen sind nicht von heute auf morgen deutsch geworden, und so werden Migranten auch nicht in einer Generation zu Deutschen! Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen und sollten uns frage, wie viele Migranten verträgt das "Deutschsein"!!!
Wir Deutschen müssen uns entscheiden, ob wir unser Land und unser Deutschsein aufgeben wollen, und wofür!!!
Wahrlich, das ist einer Volksentscheidung wert!!!
Die Politiker aber, die sich und uns dieser Frage nicht stellen, sollten wir als erstes entschieden abschaffen!!!

Klaus Wenzel | Di., 5. Dezember 2017 - 17:13

Unsere "Eliten" verstehen sich heute mindestens als "Europäer" oder gleich gar als "Weltbürger". Zumindest in offiziellen Bekundungen. Es geht schließlich um die ökonomische Wertschöpfung im großen Maßstab, da darf die moralische nicht hinten an stehen. Nationale Identitäten? Pfui, insbesondere, wenn es - aus bekannten und historisch guten Gründen - um die deutsche geht. Andere Länder und andere Völker haben da sichtlich weniger Probleme.
Folglich ist heute scheinbar davon nicht mehr viel übrig, wie Frau Özuguz und andere zu wissen meinen.
Das Individuum, so es nicht der globalen Elite angehört, bleibt jedoch überwiegend im regionalen Raum behaftet. Wo auch sonst? Das macht ja gerade die kulturelle und menschliche Vielfalt aus und Begegnungen interessant. Die spürbare deutsche Haltlosigkeit in Fragen der Identität, der gemeinsamen Werte und der "Heimat" werden uns, meine ich, als Schwäche ausgelegt, nicht als moralische Stärke. Jemand wird sich dies zunutze machen, fürchte ich.

Peter Dünkelhofen | Di., 5. Dezember 2017 - 17:19

Die westliche Zivilisation verliert ihren universellen Anspruch. Unsere Gesellschaft scheitert an Migration, Multikulti und Linksliberalismus. Es ist da völlig klar das man sich wieder an Werte und Ideale orientiert die funktioniert haben.
Das Drängen nach einem EU-Superstaat wird scheitern weil die Mensch die Gefahr erkannt haben die von der EU ausgehen.

Der globale Protektionismus wird die nächste Weltbewegung sein die sich manifestieren wird. Die Staaten der Welt werden in Zukunft versuchen ihre Wirtschaft zu schützen um Einfluss von Aussen zu minimieren und die Sozialenstandarts zu schützen. Man wird es auch als einen Wirtschaftspatriotismus verstehen. Bei diesem Wirtschaftspatriotismus wird es Chique sein für Chinesen, Russen, Amerikaner, Indern etc. Heimische Automarken zum Beispiel zu kaufen. Alle Grösseren Länder dieser Welt werden einen eigenen Konsumverhalten und Lebensstil aufbauen. Der Amercian Way of Life wird nicht mehr Global sein.

Christa Wallau | Di., 5. Dezember 2017 - 17:30

Prima! E n d l i c h spricht hier jemand über das, was die Grundlage für das Funktionieren aller
Vorstellungen vom menschlichen Zusammenleben auf dieser Erde ist: die psychische Verfaßtheit
des Menschen!
Langjährige CICERO-Leser wissen, daß ich in meinen Kommentaren schon oft daran erinnert habe, daß es nur mit einem r e a l i s t i s c h e n Menschenbild gelingen kann, vernünftige Lösungen zu finden. Man muß den Menschen in seinen Möglichkeiten, aber auch seinen Unzulänglichkeiten in die Überlegungen einbeziehen, wenn man funktionierende - das heißt: friedliche - Einheiten des Zusammenlebens haben will.
Anthropologen, Psychologen u. Soziologen
können dafür verläßliche Erfahrungswerte und Forschungsdaten liefern, falls sie unabhängige Wissenschaftler u. keine willfährigen Büttel der
jeweiligen Regierung sind.
Je kleiner (überschaubarer) und homogener die
Einheit, umso besser gelingt das Zusammenleben.
Und: Irgendwann ist eine Größe erreicht, bei der es
kritisch wird.

Schon einmal, 1989, habe ich eine Gesellschaft daran scheitern sehen, daß sie nicht mit einem realistischen Menschenbild, wie Sie, Frau Wallau, das zutreffenderweise nennen, operiert hat, sondern mit einem idealistischen, genannt „der Neue Mensch“. Nur hat es den nirgendwo gegeben und der Held von „Wie der Stahl gehärtet wurde“ war auch nur ein literarischer Held.

Ich habe den Eindruck, daß sich dieser Vorgang wiederholt. In beiden Fällen war eine, wenn auch unterschiedlich geartete, Ideologie der Hintergrund, und die Vorgänge an deutschen Hochschulen mit ihrer neuen Intoleranz zeigen das ganz deutlich.
Für die detaillierte Ausarbeitung dieser Ideologie gab es in der DDR sogar, man kann es sich heute kaum noch vorstellen, dutzende Forschungsinstitute für „wissenschaftlichen Marxismus-Leninismus“. Daran wurde ich erinnert, als ich erfuhr, daß es bereits 2015 insgesamt 146 Professuren für „Gender studies“ und 50 weitere an Fachhochschulen gab.

Liebe Frau Wallau! Wie immer ist es Ihnen gelungen, das "Problem" bzw. die
Ursachen zu erklären und zu benennen. Danke! Da ich persönlich bei meinen
Überlegungen zu dem sehr guten Artikel hier wirklich "Hirnsausen" bekam,
nehme ich den letzten Absatz Ihres Kommentars zu Hilfe. Ich habe die von Ihnen
beschriebene überschaubare, homogene Einheit einfach auf unser Parlament
übertragen. Vorher und nachher sozusagen. z.B. vom Wähler als politisch homogene
in ihrer Sonderstellung abgehoben wahrgenommene Einheit. Oft als Einheitsbrei
bezeichnet in ihrer Außenwirkung. Nun stieß eine neue Partei trotz vorhergehenden
Abwehrkämpfen bis zum Äußersten zu dieser homogen Einheit und es braucht m.E. kein wissenschaftliches Studium um das "Offensichtliche" zu erkennen. Nämlich
die von Ihnen beschriebene Unzulänglichkeit des Menschen, über seine z.B. ideologischen Schranken hinaus eine z u m i n d e s t Akzeptanz für Hinzukommende
zu entwickeln. Wobei wir schnell beim Thema Vorbild sind. MfG

Markus Michaelis | Di., 5. Dezember 2017 - 17:48

Ich stimme dem Artikel gerne zu. Das Problem ist, dass sich viele in Deutschland als Alternative zu weltoffen und global nur engstirnig, 100% Abschottung und brennende Flüchtlingsheime vorstellen. Hier scheint mir aber der weltoffene Standpunkt mehr in's Extreme gerutscht als ein eher traditionell-nationaler (der nach Maßstäben der 90er oder gar 70er immer noch global ist).

Was mich auch skeptisch macht, ist dass man weltoffen sein will, auch Menschen von überall willkommen heißt, aber noch nicht mal die AFD in den eigenen Reihen aushalten kann. Die AFD ist grundgesetzkonform (ja, so breit ist das GG, es ist eben nicht alles)- große Teile der Welt (=Ansichten dort) sind nicht grundgesetzkonform. Auch eine solche Aussage kann von vielen nur als AFD-Unterstützung und brennende Flüchtlingsheime gelesen werden. Bei dem Hass kann ich es vielen auch nicht verdenken. Aber es macht mich skeptisch, ob hinter "weltoffen und global" eine haltbare Weltsicht steht.

Bernhard Jasper | Di., 5. Dezember 2017 - 17:56

Der technologisch/globale Vortrieb ist nicht zu stoppen. Die Gehaltsabrechnungen der Angestellten großer deutscher Unternehmen werden inzwischen in Indien erstellt. Und wann fliegen die Menschen zum Mars? Im Jahr 2030?

Die „Identität“ einer Person ändert sich ständig. Eine „ewige“ Identität gehört in den Bereich der Mythen. Ortlos, zeitlos, ins Nichts gestellt, sucht der Mensch auch immer mit sich und der Welt in´s Gleichgewicht zu kommen. Bindung, Einordnung, den Ort seines Lebens, Geborgenheit, er braucht den Halt. Das erzeugt jedoch unlösbare Widersprüche. Und so kann es kein absolutes Gleichgewicht für den Menschen geben. Er fordert sich immer wieder von Neuem heraus, dabei können wir nicht wissen was wir tun, sondern erfahren es erst durch die Geschichte.

Ground Control to Major Tom
https://youtu.be/AFks9A9TCF0

Markus Michaelis | Di., 5. Dezember 2017 - 18:23

Antwort auf von Bernhard Jasper

Natürlich ist Identität nicht fix und natürlich hat der Begriff Identität in sich Widersprüche - wie alle Begriffe. Aber er ist einer der Begriffe, die Menschsein für die meisten Menschen mit bestimmen. Das Leben besteht zu einem Teil daraus, diese Widersprüche auf ewig auszutarieren - man muss sich Sysiphos glücklich vorstellen. Auch ein moderner Konferenzreisender zwischen München, NY, Schanghai und Johannesburg lebt seine Identität und gehört zu einem global verstreuten aber relativ kleinen Völkchen der "Ganz Globalen". Die meisten würden festgenagelt in der sibirischen Weite vergehen, weil es nicht ihrer Identität und Gruppe entspricht. Einige würden diesen Identitätswechsel zu etwas Neuem nutzen können.

Glücklich ist nicht der ohne Identität, sondern wer seine Identität mit seiner Lebensrealität im Gleichgewicht hält. Es ist ein Problem, dass die Identität vieler Migranten nicht zu ihrem Leben in D passt. Es ist gerade ein Identitätskonflikt.

Wolfgang Beck | Fr., 8. Dezember 2017 - 13:16

Antwort auf von Bernhard Jasper

Herr Jasper schreibt Identität in Anführungszeichen, und er behauptet, diese würde sich ständig ändern. Das Wort so geschrieben heißt wohl, er meint nicht Identität im ursprünglichen Sinn; dazu würde diese Behauptung möglicherweise passen. Andererseits aber ist es ein unumstößliche Tatsache, daß kein Lebewesen sein Identität auch nur im geringsten ändern kann. Herr Jasper wird immer Herr Jasper bleiben. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie ist es möglich, daß ein Begriff für einen Sachverhalt Verwendung findet, der im Grund die gegenteilige Bedeutung aufweist? Vermutlich liegt folgendes Problem vor: Es handelt sich um etwas, wofür es keinen eindeutigen und zudem allgemein verständlichen Begriff gibt. Auf Grund der Aussage, die er im Zusammenhang mit seinem Identitätsbegriff als Problem beschreibt, darf vermutet werden, daß er damit eher so etwas wie Identifikation mit all dem, mit dem das Individuum im Leben konfrontiert wird, meint - das ist aber wirklich was anderes.

Markus Michaelis | Di., 5. Dezember 2017 - 18:09

Dass viele (die meisten?) Menschen enge und stabile Beziehungen zu anderen Menschen/Gruppen wollen, steht denke ich außer Frage.

Bisher sprach man oft von Multikulti - jeder behält seine Beziehungen und man lebt in einem gemeinsamen Rahmen für Steuern und Abgaben. Interessant ist, dass das schon bei der ersten großen Einwanderung zerplatzt ist - davon redet im Moment niemand mehr.

Können wir einfach in solidarischen erweiterten Beziehungen leben? Genauso für Palästina wie für Israel wie für den Iran? Auch das wird wohl zerschellen. Auch die Linke kann nur mit der Welt solidarisch sein um den Preis des gemeinsamen "Superfeindes" der Kapitalisten.

Interessant ist dazu eine umgekehrte Betrachtung: man stelle sich einen Biodeutschen (oder Nigerianer) als Repräsentanten der deutschen Türken oder Palästinenser vor. Sehr kritisch. Warum eigentlich? Was unterscheidet hier einen Biodeutschen (Nigerianer) von einem z.B. Palästinenser, dass er nicht voll akzeptiert ist?

Eine zielführende Frage Herr Michaelis, die Sie da stellen. Meines Erachtens eine
Menschheitsfrage, die wenn ich mir die Welt so anschaue, insbesondere Ihre Beispiele beachtend, eigentlich nur negativ beschieden werden kann. Besonders kritisch sehe ich dabei den Begriff der Solidarität, ein für mich höchst empfindliches Gebilde, da inzwischen auch zu einer Art Kampfbegriff bzw. Totschlagargument mutiert. Zumal eine von oben missbräuchlich verordnete, schnell zu Überforderung des Individuums sowie der Gruppe führt. Und m.E. tödlich wenn sich der Anordnende seiner eigenen Anordnung zu dem entstehenden Gruppenzwang entzieht nach dem Motto " Einer ist immer gleicher". Solche "Experimente" wider die Natur sind zum Scheitern verurteilt. Wie ich schon Frau Wallau schrieb, bin ich
selbst mit dem Thema z.Zt. etwas überfordert, freue mich aber wie immer über die
sehr guten Beiträge hier im Forum, die mir helfen meine Gedanken zu ordnen.
Schönen Tag noch! MfG

Peter Krämer | Di., 5. Dezember 2017 - 18:19

Man macht es sich zu einfach, wenn man den unter dem Sammelbegriff "Populisten" verorteten immer wieder unterstellt, sie wären gegen Europa und Freizügigkeit, offene Grenzen würden pauschal abgelehnt.
Dabei kann die große Mehrheit sehr genau differenzieren, sie ist für Offenheit innerhalb Europas, aber will nicht ungezählte Menschen aus allen Teilen der Welt aus welchen Gründen auch immer ihr Land lassen.
Man lehnt Migranten ab, sie sich ohne rechtlichen Anspruch, also illegal, bei uns aufhalten, aber dennoch nicht zurückgeführt werden und Anspruch auf alle Arten von Unterstützung besitzen.
Es stellt das Rechtsempfinden des Bürgers auf den Kopf, wenn Flüchtlinge unter falschem Namen unkontrolliert einreisen können und zur Belohnung Zugriff auf Leistungen des Sozialstaates haben, die in deren Heimat unbekannt sind.
Ein Gemeinwesen kann durch Überdehnung zerstört werden, die Zahl der nach einem besseren Leben suchenden Menschen ist in Afrika und Asien
fast unbegrenzt.

Karin Zeitz | Mi., 6. Dezember 2017 - 20:34

Antwort auf von Peter Krämer

und wenn ja, wie viele? Manche Schutzsuchenden haben sich nicht nur unter einem, sondern unter mehreren falschen Namen registrieren lassen. Das hat mehrere Vorteile. Man kann ganz gut mit den Mehrfachunterstützungen leben und den abgelehnten Asylantrag kann man mit anderer Idendität und Lebensgeschichte erneut stellen. Es sind leider nicht nur ehrliche Menschen gekommen, obwohl uns das anfänglich so suggeriert worden ist. Der Ansturm der Migranten hatte die totale Überforderung der deutschen Bürokratie zur Folge und ich sehe nicht, dass die Versäumnisse bis jetzt tatsächlich aufgearbeitet werden konnten.

Josef Garnweitner | Sa., 9. Dezember 2017 - 14:23

Antwort auf von Karin Zeitz

zu behaupten: Wenn nicht von gewisser Seite "Werbung" für die deutschen Sozialsysteme gemacht worden wäre, wir hätten keinen einzigen Flüchtling oder Migranten im Lande. Wer konnte daran interessiert sein? Die GRÜNEN jedenfalls äußern doch völlig ungeniert, daß sie eine Überfremdung anstreben. Und die SPD schwimmt auch auf dieser Welle.

Wir hätten sicher einige zigtausend Studenten, die gerne in Deutschland studieren wollen. Wenn allerdings die Qualität unserer Unis weiter so absinkt, wird das auch nachlassen.

Dennis Staudmann | Di., 5. Dezember 2017 - 18:56

des Evangelischen Kirchentags im April diesen Jahres sinngemäss: "Es mag sein, dass es heute vielen Menschen in den USA schlechter geht, Fakt ist aber auch, dass es dafür auch vielen Menschen auf der Welt besser geht.". Wie so oft sind die USA eine Art Vorschaufenster in die Zukunft. Niemand, der dort die kleinen Städte und ländlichen Gebiete bereist, wird sich wundern, warum Trump gewählt wurde. Armut und Obdachlosigkeit, weil man den Menschen jahrelang vorgeschwärmt hat, wie gut und unausweichlich die Globalisierung für sie ist. Genutzt hat es nur den Grosskonzernen und deren Aktionären, die dadurch profitieren, so billig wie möglich produzieren zu können und dann ein zweites Mal, weil sie keine Zölle mehr für ihre Waren bezahlen müssen. Es ist klar, warum man Trump auch in Deutschland so sehr hasst. Allein der Gedanke, er könnte diesen "schönen" Plan zerstören, macht Angst. Die Obdachlosigkeit nimmt auch in Deutschland dramatisch zu. Das ist mehr als ein Indiz, was uns bevorsteht.

und Schützling der Großindustrie, hat nur Worthülsen posaunt. Es geht vielen in den USA schlechter und in der Welt auch. Nur die von ihm angezettelten Angriffskriegen, die ganze Länder vollständig zerstört haben, bezeugen es. Die Globalisierungfans gehen über Leichen um ihre Profite zu sichern. Das sich die deutsche Presse anmasst für die USA Bürger zu sprechen, ist ein Paradoxon. Ein Redakteur in "Berlin", masst sich an, besser die Situation in den USA zu kennen, als seine Bürger. Das ist Propaganda, wie üblich.

Sven Kleb | Di., 5. Dezember 2017 - 19:04

das ist eine ganz hervorragende Ananlyse. Leider werden Sie mit dieser Einschätzung, die sich sachlich und nüchtern an der Realität ortinetiert, bei unseren schwerst ideologisierten Politikern, Kunstschaffenden und Journalisten zur Zeit nur wenig Gehör finden. Aber es ist beruhigend, dass die Deutungshoheit immer rissiger wird.

Thorsten Sippel | Di., 5. Dezember 2017 - 19:33

Will die Menschheit überleben, wird sie sich vor allem psychologisch evolutionär weiter entwickeln müssen. Das lässt der Text völlig außer Acht. Erist also nur eine heutige und bereits morgen veraltete Momentaufnahme.

...es geht hier nicht um die "Menschheit", sondern um das gedeihliche Zusammenleben der einzelnen. Es geht um Vielfalt, die durch "Globalisierung", ungehemmte Einwanderung kulturfremder und Massentourismus zerstört wird. Es geht um den sozialen Frieden, der durch Überbevölkerung und lokaler politischer Verwerfung und deren Konsequenzen gefährdet ist. Es geht um die Politikerkaste, die besoffen von Gutmenschlichkeit und Relativismus ohne Not die Lebensgrundlagen Europas gefährden.

Josef Garnweitner | Sa., 9. Dezember 2017 - 14:50

Antwort auf von Michael Seip

aber dieses ganze Globalisierungsgedöns berücksichtigt den Menschen nicht. Obwohl der die Folgen zu tragen hat. Nicht nur in Deutschland, aber nirgends so extrem wie dort.

Ich kenne Länder, da käme niemand auf die abwegige Idee die eigene Identät, die eigene Kultur in Frage zu stellen, zugunsten von sog. Globalisierung.

In Japan, einem der weltweit global am breitest aufgestellten Länder kommt niemand auf die Idee Patriotismus als Schimpfwort anzusehen. In China ebenso. Vermutlich in 21o von 211Ländern.

Und die Politik der USA seit 1oo Jahren hat nur das eine Ziel "Alle Macht den
Amerikanern"

Der Begriff Globalisierung ist ein Alibibegriff und dient doch nur dazu handfeste wirtschaftliche Interessen durchzusetzen zum Wohle einiger sehr weniger auf dieser Welt.

Wohin müssen wir uns psychologisch evolutionär weiterentwickeln ?
Wer bestimmt das Ziel ? Was wird mit denen die nicht wollen ? Können ?
Umerziehung ? Ich denke es ist vernünftiger, die Menschen so zu nehmen wie sie sind.
Basis unseres Handelns muss ein realistisches Menschenbild sein. Alles andere führt zu Chaos oder Diktatur. Wir sollten uns freuen, das wir, global gesehen, zur Zeit an einem langen Hebel sitzen und diesen nicht einfach aus der Hand geben.

Hans Jürgen Wienroth | Di., 5. Dezember 2017 - 19:43

„Protektionismus ist keine Vorstufe von Nationalismus“, diese richtige Erkenntnis ist für den sozialen Zusammenhalt unseres Landes bedeutend. Politiker reden von „gemeinsamen Werten“ ohne diese zu benennen. Es wird von Integration gesprochen, ohne zu sagen, was darunter zu verstehen ist. Wurde ein Bürgermeister für „Integrationsleistung“ geehrt, weil er „Flüchtlingen“ Unterschlupf gewährt hat?
Politiker in multinationalen Funktionen wie EU und UN wollen die Bedeutung ihrer Position durch multinationale Bevölkerungen stärken. Rücksicht auf nationale Sozialsysteme oder die Probleme multikultureller Bevölkerungen müssen sie nicht nehmen, diese Verantwortung belassen sie in der nationalen Politik. Geld, das sie nicht selbst erarbeiten müssen, lässt sich leicht ausgeben. Sie müssen keine Rücksicht auf Import von ethnischem oder religiösem Zwist nehmen weil innere Sicherheit national bleibt. Sollte man als Mensch 1.0 über die Zukunft einmal nachdenken, bevor man handelt?

Ralph lewenhardt | Di., 5. Dezember 2017 - 19:45

ist ein vielfach gescheitertes Hirngespinst gegen das Wettbewerbsnaturell des Menschen.
Wirtschaftlicher Protectionismus und bilaterale Verträge sind fairer und berechenbarer. Globaler Freihandel ein Vertragsgebilde zur Verschleierung von Protectionismus zugunsten exportstarker Nationen.

Dimitri Gales | Di., 5. Dezember 2017 - 20:01

der Nomade, jederzeit bereit, das Land wegen seines Jobs zu wechseln, keine feste Heimat mehr, die geografische und ethnische Herkunft wird verwässert...... - alles im Sinn einer merkantilen Universalität, im Dienst einer allmächtigen Wirtschaft. Das ist eine Illusion. Die Menschen brauchen eine Identität, sonst entwickeln sie seelische Störungen. Oder archaische Reflexe, wie man sie zur Zeit in England gegenüber anderen EU-Bürgern beobachten kann. Die Menschen in Europa möchten ihr Land als ihr Haus betrachten können. Und entscheiden können, wer als Gast in dieses Haus aufgenommen wird. Was heute die Merkel-Regierung vollzieht (Missachtung des Dublin-Abkommens, ein klarer Rechtsbruch und anderes mehr) ist eine "Politik" gegen das gesunde Volksempfinden.
Die Reaktionen gegen EU-Bürger, die jetzt aus England berichtet werden, könnten auch eine Gegenreaktion auf die massenhafte Einwanderung sein, die von der damaligen Regierung Blair veranlasst wurde.

... das ein menschenwürdiges Familienleben ermöglicht. Das ist in D. in großen Bevölkerungsteilen trotz "reichem Land" Geschwafel kaum realisierbar.

Im Vergleich zu den 80er u. 90er Jahren war dies in D. in großen Teilen mit einer VZ-Erwerbstätigkeit möglich. Heute? Für 10 Mio. an der Armutsgrenze eine Paradiesvorstellung. Innerhalb einer Generation u. ohne Krieg ging es in D. für viele Erwerbstätige so rapide bergab. Euro halbierte das Eink. (bei gl. Preisen) u. das Vermögen u. A2010 schafft durch den NL-Sektor u. H4 Armut per Gesetz.

Die Zuwanderungspolitik von Merkel ist das i-Tüpfelchen auf ihre neoliberale Ausrichtung obendrauf. Bei 1,1 Mio. offenen Stellen auf dem Arbeitsmarkt gibt es 3,76 Mio. einheimische AL und (NEU!) ca. 2 Mio. Zugewanderte. Damit ist Integration für alle gar nicht möglich!!!

Cecilia Mohn | Di., 5. Dezember 2017 - 20:42

Genau so ist es, Herr Busch. Hoffentlich setzt sich diese Meinung endlich als vernünftig durch. Wir brauchen keine Globalisierung, sondern eine Kooperation vieler souveräner Staaten. Wer soll sich denn in der allgemeinen Soße auf Dauer wohl fühlen? Verschiedenheit ist das, was uns ausmacht.
Und: die Kriminellen dieser Welt werden nach Deutschland eingeladen. Genau das ist der Zustand, den wir erreicht haben. Raus aus der Sackgasse, umkehren - ehe es zu spät ist.

Svenja Gerwing | Di., 5. Dezember 2017 - 21:52

Jeder, Grünen-Wähler und sogar Frau Merkel schliessen ihre Haustüren ab, mutmasslich des Gefühl der Sicherheit wegen. Umso schizophrener der Umstand, dass die Türen unserers Landes, unseres Kontinents und unserer Wertegemeinschaft ausgehängt wurden!

Joost Verveen | Mi., 6. Dezember 2017 - 03:44

Das alles braucht kein Mensch. Sich vor diesen Giften zu schützen ist Protektion. Daher der Begriff: Protektion ist das lateinische Wort für Schutz.

Achim Scharelmann | Mi., 6. Dezember 2017 - 07:23

Die Familie ist die Keimzelle allen Sein`s. Ohne Vater und Mutter, oder sprich Erzeuger gibt es keine Nachkommen, geschweige denn, der Nachwuchs wäre überlebensfähig, noch abgesichert. Das zieht sich wie ein roter Faden durch eine ganze Gesellschaft und ist nur förderlich, solange das einzelne Individium die Zusammenhänge und ihre Abläufe erkennen und für sich selbst nutzen kann. Der globalistische Gedanke steht dem gegenüber, denn mit der Gier nach mehr Macht und Reichtum über den ganzen Erdball verschwimmen die Komturen und es ist zwar möglich, Resourcen weltweit zu nutzen, aber unmöglich, gesellschaftliche Verhältnisse im Sinne einer Famile, Stammes oder Volkes herzustellen, denn dazu sind die Unterschiede viel zu groß und es wird eher dazu beitragen, daß es zu Verwürfnissen kommt, als zu einer universellen Freundschaft, denn man kann nicht everybodys Darling sein. Die halbe Welt war 30 Jahre mein Arbeitsplatz, ich weiß von was ich spreche, das geht nie gut, wenn sie es auch meinen.

Gerdi Franke | Mi., 6. Dezember 2017 - 08:57

Das ist genauso ein Schlagwort der Unternehmensberatungen und Politik-Beratern wie vor zehn Jahren die Diversifikation und Globalisierung der Wirtschaft. In der Wirtschaft wird das heute peu a peu still und mit viel Kosten zurückgefahren. Und auch bei der Globalisierung des Volkes wird man lernen. Und viel Geld verbrennen. Leider nur bei den Staaten, nicht bei den Beratern!

Jochen Röschmann | Mi., 6. Dezember 2017 - 08:59

Ich vermute, dass es über alle (politischen) Lager hinweg den Konsens gibt, das Menschen sich zusammentun, Gemeinschaften bilden, ein -wie auch immer geartetes- 'wir' bilden, und dass dies auch gut so ist.
Ich wage zu behaupten, dass die Definitien eines 'wir' stets etwas 'anderes' exkludiert.
Bei der 'Open Borders' Fraktion (Leute dieses Schlages leugnen diesen Zusammenhang) ist dies die moralische Verwerflichkeit derjenigen, die ihren Standpunkt nicht teilen.
Ob es aus diesem Dilemma einen Ausweg gibt?

Udo Dreisörner | Mi., 6. Dezember 2017 - 09:17

...genau so ist es. Danke für diesen tollen Bericht.

Fritz Gessler | Mi., 6. Dezember 2017 - 10:44

alleine die gegenüberstellung deutsch - europäisch verrät doch eine grundlegende bewusstseinsspaltung. als ob deutschland nicht teil europas wäre! :))
gerade deutschland ist (mittlerweile, gottseidank) ein europa im kleinen. man kann sich europa zur not ohne estland (z.b.) oder ohne österreich oder norwegen vorstellen - aber doch nicht ohne deutschland (und/oder ohne frankreich und england).
deutschland ist in wirklichkeit fast zu gross für diesen kleinen kontinent - ein (geburts)fehler, den es übrigens mit russland (und der türkei!) teilt.
deutschland ist gigantisch - zu gross für die deutschen. :)

helmut armbruster | Mi., 6. Dezember 2017 - 11:05

gäbe es keine Abgrenzung, wären wir nur eine Einheitsmasse.
In Wirklichkeit sind wir aber alle Individuen und damit kleine, abgegrenzte und besondere Welten für sich.
Nur die unsägliche Gleichmachungs-Ideologie der letzten Jahrzehnte wollte und will uns weismachen, dass es auf die Unterschiede nicht ankommt.
Das ist wirklichkeitsfremd und kann nicht funktionieren.
Ein Fremder bleibt zunächst ein Fremder, egal woher er kommt u. welche Hautfarbe oder Religion er hat. Er kann hoffen in die Gastgesellschaft aufgenommen zu werden, wenn es ihm gelingt Sympathien u. Vertrauen (das Gefühl geben, dass er nicht schadet) zu erlangen.
Automatisch geschieht das nicht, wie uns die Gleichmachungs-Ideologie (Bsp: Mulitkulti) unterjubeln will.

Großartig: jeder gesunde Mensch sucht nicht die Gesichtslosigkeit in der Masse, sondern das Leuchten des eigenen Gesichts, nicht aus falschem Egoismus, sondern einfach deshalb, weil es Leben bedeutet. Je vollständiger einer ist, je mehr Identität er hat, umso weniger muß er vom anderen nehmen. Er wird Stück für Stück unabhängig oder souverän und das ist die Voraussetzung für echten Frieden. Wie wird man souverän? Dazu fand ich ein Buch im Bücherschrank meines Vaters vom Physiker und Priester Bernhard Philberth von 1997 mit dem Titel: "DER SOUVERÄN".
Die Rede ist von Gott. Um die Gottesfrage kommen wir auf dem Weg zur Identität nicht herum, denn er ist der Souverän. Meine Lehre daraus: unabhängig wird man durch den Kontakt mit Gott. Meine Schlußfolgerung für eine Welt, in der wir gut und gerne leben: VEREINFACHUNG; VERTIEFUNG UND VERZICHT und speziell für Europa:
EIN EUROPA DER SOUVERÄNEN VATERLÄNDER, kein EU Einheitsbrei!

Torsten Knecht | Do., 7. Dezember 2017 - 18:48

Antwort auf von Axel Kreissl

... haben alle gemein: - eine eigene Kultur, Sprache, Geschichte, Landesgrenzen usw.

Durch das künstliche Konstrukt der EU, der Freizügigkeit von Waren und Personen, soll (!) ein Meta-Staat geschaffen werden. Damit ist die Bürokratie nebst politischer Macht noch weiter vom Bürger entfernt. Das ist für die neoliberale Lobbyisten prima. Ein zusätzliches Gehäuse (EU) über den nationalen Staatsapparat. Im Prinzip war die UdSSR ähnlich aufgebaut. Wie das geendet hat, weiss jeder. Kein Volk liefert sich freiwillig u. auf Dauer einer Zentralregierung aus, an die sie Abgaben entrichtet u. von ihr Befehle (Gesetze u. Vorschriften) empfängt.

Die EU (nicht Europa an sich) ist ein Lobby-Konstrukt das gebastelt wurde, um den Profit der Unternehmen zu maximieren. Nicht mehr u. nicht weniger. Identitäten u. Kultur zu vertiefen war nie das vorrangige Ziel.

Um die EU stärker zu machen, muss sie sich vertiefen (Nationalstaaten) u. nicht vereinheitlichen!

Daniel Sunnus | Mi., 6. Dezember 2017 - 11:24

der Gesellschaftsmitglieder sind der Markenkern unseres bodenschatzarmen Landes." Treffender lässt es sich nicht formulieren, Herr Busch.

Oder vielleicht doch? "Denn nichts ist so kennzeichnend für unsere Kultur, als die Tatsache, dass es sich um eine wissensbeflissene Kultur handelt." (Karl Popper)

Wie dem auch sei: Der Mensch ist ein Tiefenwesen, kein Breitenwesen. Veränderung ("Modernisierung") darf die jeweilige Generation nicht überfordern. Sonst ist es immer eine Veränderung zum Schlechten. Und damit das Gegenteil eines aufgeklärten Modernitätsbegriffs.

Jacqueline Gafner | Mi., 6. Dezember 2017 - 13:17

und bin ich solidarisch mit mir und meiner Familie, dann - in dieser Reihenfolge - mit meinen persönlichen Freunden, mit meinen Arbeitskollegen und Nachbarn, mit den Menschen der Region, in der ich lebe, mit dem Land, dessen Staatsbürgerin ich bin, etc. pp. Weltbürgerin bin ich keine, Europäerin nur insoweit, als mir die Angehörigen des eigenen Kulturkreises im Regelfall näher stehen als die anderer Kulturräume, denen es - unter umgekehrtem Vorzeichen - nicht viel anders gehen dürfte. Diversität ist nicht nur in der Natur, zu der auch Menschen weiterhin gehören, kein Nachteil, sondern ein klarer evolutionärer Vorteil. An einer irgendwie eingemitteten Monokultur als Ziel, die sich rund um den Erdball zieht, kann vernünftigerweise niemand interessiert sein, und sei es nur aus Risikoüberlegungen. Zudem wäre dies das Ende des "Multikulti-Konzeptes", dem glühende Internationalisten doch gemeinhin huldigen. Kulturelle Vielfalt ist ohne spezifisch unterschiedliche Kulturräume nicht zu haben.

Meinen Überlegungen nach wären Sie nicht nur Weltbürgerin sondern auch Teil des Universum.
Der entscheidende Punkt ist das jeweilige Hintergrundbild.
Die Welt für den Weltbürger, das Universum für uns Teilchen, keinesfalls aber das Universum auf dem Hintergrund Deutschlands.
Die USA weiten sich m.E. evtl. "ungefragt" sowohl auf die Welt als auch das Universum.
Nur Frau Merkel und damit gewissermassen als Alleinstellungsmerkmal, bildet, überspitzt gesagt, das Universum in Deutschland ab.
Das ist eine solch halsbrecherische Gedankenoperation, dass ein Kommentarfeld nicht ausreicht, es zu beleuchten.
Ich tippe, wieder überspitzt, auf eine Verwechslung von Universum, Welt etc. und ihr `Ich´.
Dass Jesus in Räumen denken konnte sagt schon alleine sein Satz `Gehet hin in alle Welt und predigt den Heiden´.
Dies aber nur ZU Ihren klugen Überlegungen.
MfG

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 6. Dezember 2017 - 14:09

Wenn wir schon im "Neuronalen" sind, dann ist es m.E. jedoch weniger die Überschaubarkeit als das Mittun und Gestalten der eigenen Umgebung sowie generell die Kennung des globalen Raumes und die eigene Verortung.
Was ich jedenfalls ausschliesse ist, dass eine Person "Ich" sagt und sich gar nicht kennt.
Man lernt sich übrigens immer genauer kennen im Umgang mit vielen Menschen.
Deshalb bildet Reisen, was man schon früher wußte.
Die bequeme Einladung der Welt zu sich entstammt evtl. dem Internetzeitalter und der Suggestion der aufgehobenen Entfernung, die sich jedoch meist im Akt des Miteinanderauskommenmüssens wieder einstellt.
Es soll allerdings Leute geben, die auch per Internet Variationen ausmachen können.

Frank Bauer | Mi., 6. Dezember 2017 - 15:00

Der Autor spricht ein zentrales Problem der deutschen Gesellschaftsdebatte an: Differenz, Unterschiede, jegliche Form von Abgrenzung soll möglichst verschwinden. Daher ja auch die Ideologie von "no border", offenen Grenzen für jedermann einerseits und die Diffamierung des Wunsches nach Identität, einer verbindlichen Ordnung andererseits. Nicht umsonst ist das "Identitäre" verfemt. Unter "kosmopolitisch" wird ein ähnlich universeller Einheitsbrei beschworen, wie in so viele Einkaufsstraßen aufweisen: überall dieselbe Ansammlung von Ladenketten. Der internationlistisch aufgestellte Mensch soll beliebig austauschbar sein, ganz im Sinne der globalen Wirtschaft. Während man das Nationalgefühl bei Kurden und Palästinensern emsig verteidigt, soll der pc-Deutsche sich bestenfalls als "Europäer", besser noch als Weltbürger fühlen und auch noch die eigenen Selbstverständlichkeiten mit gerade erst gekommenen Migranten aushandeln. Die neue deutsche Ideologie.

Sam Walther | Mi., 6. Dezember 2017 - 17:48

Danke für Ihren Beitrag.
"man" kann sich noch so bemühen, und Sie haben sich sehr, aber "man" kommt am richtig verstandenen Marx nicht vorbei. Erich Fromm spricht vom neuen Menschen-Typ dem: "Homo Konsument".

Weswegen ausgesprochen in Deutschland diese extreme Form von Selbstverleugnung stattfindet, hat selbstredend viele Ursachen. Womöglich zuerst die deutsche Geschichte, mit ihrer Schuld, die Umerziehung und nicht zuletzt haben sind wir, - im Sinne Nietzsches, - doch die größten "Instinktlügner" unter uns.
Nachdem wir die Weltmeister im Überheblichen waren, sind wir nun Weltmeister in alles Verstehen und im alles nett finden.
Diese "Revolution" ist längst in unseren Universitäten und Volkshochschulen angekommen ...-:)
Gute Wünsche ..

Dr. Lothar Sukstorf | Di., 19. Dezember 2017 - 21:23

WIR wollen WIR bleiben dürfen. Ist das zuviel verlangt? Oder ist man damit gleich Nazi und Rassist oder Rechtspopulist?