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Zypern - Bundesregierung weiß nichts über russisches Schwarzgeld

Berlin rückt von den umstrittenen BND-Vorwürfen gegen Zypern ab. Von Schwarzgeldkonten will die Bundesregierung ebenso wenig wissen wie von Geldwäsche - offenbar muss sie den Weg für ein Hilfsprogramm freimachen. Schon am Freitag könnten in Brüssel die Würfel fallen

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Eric Bonse berichtet seit 2004 aus Brüssel über Europapolitik. Er betreibt auch den EU-Watchblog „Lost in Europe“.

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War was? Monatelang hat die Bundesregierung EU-Hilfen für das von der Pleite bedrohte Zypern blockiert. Doch nun lösen sich die Vorwürfe, die vor allem die SPD-Opposition erregt haben, ganz plötzlich in Luft auf. Berlin will weder etwas von russischen Schwarzgeldkonten noch von systematischer Geldwäsche wissen. Auch angebliche Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes, die für erheblichen Wirbel gesorgt hatten, sind kein Thema mehr.

Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke hervor, die Cicero Online vorliegt. Der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko wollte wissen, warum sich Berlin bei der Zypern-Hilfe so stur stellte, und was an den BND-Berichten über Geldwäsche dran ist. Was der parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) im Namen der Regierung antwortete, kommt einem Offenbarungseid gleich.

„Erkenntnisse zu konkreten Konten mit nicht legalen Einlagen liegen der Bundesregierung nicht vor“, schrieb Kampeter auf die Frage, was man über Schwarzgeldkonten bei zyprischen Banken wisse. Im Klartext: Berlin hat keinen einzigen Beweis dafür, dass russische Oligarchen ihr Vermögen beiseite geschafft und dabei Zypern zur Geldwäsche benutzt haben. Dabei hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble noch im Februar lauthals gefordert, Zypern müsse stärker gegen Geldwäsche vorgehen.

Auch mit dem BND-Bericht, auf den sich die Schwarzgeld-Vorwürfe stützen, will die Bundesregierung nichts mehr zu tun haben. Kampeter räumt zwar ein, dass das Dossier dem Bundeskanzleramt vorliegt und an die Geheimschutzstelle des Bundestags geschickt wurde. Auf die Frage, ob aus dem Bericht hervorgeht, dass in Zypern 26 Mrd. US-Dollar russischen Schwarzgeldes deponiert sind, wie der „Spiegel“ berichtet hatte, geht er jedoch nicht ein.

Aufschlussreich sind auch die Antworten über die internationale Troika, in der EU, EZB und IWF vertreten sind. Die Troika hatte bereits im November einen Entwurf für ein Reform- und Hilfsprogramm, das so genannte „Memorandum of Understanding“, vorgelegt. Darin waren sogar schon konkrete Reform-Auflagen enthalten.

Doch Berlin sagte Nein. Eine Begründung dafür gibt es bis heute nicht. „Die Bundesregierung macht sich diesen Entwurf nicht zu eigen“, ist Kampeters lapidare Antwort. Offenbar sind die Vorwürfe, die die Regierung gegen Nikosia erhob, in sich zusammengebrochen. Kampeter muss sogar einräumen, dass der zyprische Rechtsrahmen zur Geldwäschebekämpfung „weitestgehend dem FATF-Standard entspricht“ - also internationalen Normen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum der Weg für die Zypern-Hilfe jetzt frei ist

Für Andrej Hunko ist der Fall klar: „Die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass die Kampagne gegen Zypern wegen vermeintlicher russischer Schwarzgeldkonten ein Nebelwerfer war.“ Allerdings wurde diese Kampagne, nachdem sie einmal angelaufen war, vor allem von der SPD angeheizt. Die Bundesregierung hielt sich bedeckt, um eine Rückzugsposition für den Fall zu formulieren, dass doch ein Hilfsprogramm für Zypern nötig würde.

Dieser Fall ist jetzt eingetreten: Beim EU-Gipfel in Brüssel wird Zypern ebenso ein Thema sein wie bei einem eilig einberufenen Sondertreffen der Eurogruppe am Freitag. Die Verhandlungen seien in der Endphase, sagten Diplomaten. Während Schäuble noch so tat, als sei alles noch in der Schwebe, schuf Eurogruppenchef Jerome Dijsselbloem schon Fakten. Wiederum wurde die deutsche Öffentlichkeit hinters Licht geführt, auch die SPD.

Doch am Ende dürfte ihr nichts anderes übrig bleiben, als der Zypern-Hilfe zähneknirschend zuzustimmen. Denn während sich die Genossen noch über die russische Mafia ereiferten, hat die Bundesregierung den Rahmen für einen Hilfsbeschluss abgesteckt. Wie aus der Stellungnahme Kampeters hervorgeht, muss Zypern die Unternehmenssteuern erhöhen, rentable Staatsbetriebe privatisieren und den Kampf gegen Steuerhinterziehung verschärfen.

Einen Schuldenschnitt, wie ihn der IWF für Zypern fordert, lehnt die Bundesregierung hingegen ebenso ab wie eine direkte Rekapitalisierung der Banken durch den Rettungsschirm ESM. Der Mittelmeerinsel droht damit nicht nur der „Ausverkauf der verbliebenen öffentlichen Unternehmen inkl. der Wasserversorgung“, wie Hunko kritisiert. Ihr blüht ein drastisches Spardiktat, das noch härter ausfallen dürfte als in Griechenland.

Dabei hat erst die verkorkste Griechenland-Rettung die Insel in eine finanzielle Schieflage gebracht. Noch vor ein paar Jahren waren alle Wirtschaftsdaten in Zypern im grünen Bereich. Aber darüber spricht man nicht gern in Berlin, weder bei der Regierung noch bei der Opposition.

 

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