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Des einen Freud ist des anderen Leid. Biden gewinnt das Rennen um die Präsidentschaft / dpa

Presseschau zur Wahl in den USA - „2020 ist das Jahr der Demokratiekrise in den USA"

Joe Biden wird der 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Die einen feiern die Rückkehr zur Normalität, während Trumps Unterstützer sich um ihre Wahl bestohlen fühlen. Eine Presseschau.

Autoreninfo

Jakob Arnold hospitierte bei Cicero. Er ist freier Journalist und studiert an der Universität Erfurt Internationale Beziehungen und Wirtschaftswissenschaften. 

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„Die Vereinigten Staaten sind alles andere als vereint“

In den USA wird der Fokus auf innenpolitische Spannungen gelegt, die sich in der Wahl geäußert haben sollen. So schreibt die New York Times: „Die Vereinigten Staaten sind heute alles andere als vereint. Wir leben in zwei verschiedenen Ländern. In einem davon sind die Leute bereit, sich mit Rassismus und religiöser Intoleranz auseinanderzusetzen. Sie erkennen an, dass alle Bürger ein Wahlrecht haben und das Recht auf Gesundheitsvorsorge und faire Löhne. Die anderen Vereinigten Staaten sind entschlossen, die Überlegenheit der Weißen und das Patriarchat um jeden Preis zu verteidigen. So ist Amerika heute, und die Zukunft dieses Landes ist ungewiss, aber nicht hoffnungslos.“ (New York Times

„Amerika kehrt auf berechenbaren Kurs zurück“

Die Neue Zürcher Zeitung betont, welche Implikationen die Wahl in den USA auf die Weltordnung haben könnte und schreibt: „Als Erstes wird Biden der Welt signalisieren, dass Amerika unter ihm auf einen berechenbaren, vertrauten Kurs zurückkehren werde. Die Wahl Trumps vor vier Jahren war ein Schlag gegen die liberale Weltordnung, als deren Architekten sich die Amerikaner traditionell verstanden hatten." (Neue Zürcher Zeitung

„Biden wird vieles rückgängig machen“

Die katalanische Zeitung La Vanguardia wagt einen Blick in die Zukunft und prognostiziert: „Als erstes werde Biden den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen, der am vergangenen Dienstag in Kraft getreten ist, rückgängig machen, sagte er. Er wird auch eine Rückkehr zur Weltgesundheitsorganisation unterzeichnen, aus der Trump sein Land wegen seiner Unzufriedenheit mit seiner Rolle in der Pandemie herausgezogen hat." (La Vanguardia

„2020 ist das Jahr der Demokratiekrise in den USA“

Die Sabah aus Istanbul kommentierte das Wahlsystem in den USA und meint eine Demokratiekrise beim Nato-Partner festgestellt zu haben. „2020 wird in die Geschichte als das Jahr der ‚Demokratiekrise in den USA‘ eingehen [...] Es ist schon ungewöhnlich, dass der amtierende Präsident eine ‚gerechte‘ Wahl und die Nichtberücksichtigung der zu spät eingegangenen Briefwahl-Stimmen fordert. Dies zeigt, wie tief die Demokratiekrise in den USA inzwischen ist“ (Sabah

„Die politischen Eliten verlieren die Kontrolle“

Eine der englischsprachigen Zeitungen Chinas, Huanqiu Shibao, hat die Beobachtung gemacht, „dass die politischen Eliten die Kontrolle über das demokratische System der USA immer mehr an die breiten Massen verlieren. [...] Positiv ist, dass die einfache Bevölkerung, die meist nicht an Umfragen teilnehmen will, dort immer mehr ihre eigene Stimme hörbar macht.“ (Huaniqiu Shibao

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Günter Johannsen | Mo., 9. November 2020 - 12:09

"Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?" (Matthäus 7:3)
„Die Vereinigten Staaten sind alles andere als vereint“: genau dieser Satz trifft auch auf Deutschland zu. Man sollte doch mit Kritik doch immer zuerst bei sich selbst beginnen, lieber Herr Arnold. Wenn ich z.B. die ZDF-Berichterstattung des gestrigen Abends betrachte, stelle ich fest: es wird nur das berichtet, was das ZDF den Menschen wissen lassen will: ca. 15 Minuten über die Wahlen in den USA; ca. 5 Minuten einseitiger Bericht über die 20000 Querdenker, aber Null Sekunden vom erneuten Aufmarsch der Leipziger Antifa-Indymedia-Szene Connewitz, die auch wieder brandschatzte und mehrere Polizisten verletzte! Das erinnert mich an meine Zeit in der untergegangenen DDR und deren gleichgeschaltete Medien. Hunderttausende friedliche Demonstranten 1989 in Leipzig wurden von den SED-Hofnachrichten als Rowdies und Nazis betitelt. Paralelen? Ich denke schon!

Jakob Arnold | Mo., 9. November 2020 - 12:26

Antwort auf von Günter Johannsen

Herr Johannsen: Der Satz mag auch auf Deutschland zutreffen. Hier habe ich jedoch nur versucht, die internationalen Pressestimmen wiederzugeben. Und das war die der New York Times. Bitte nicht als Kritik meinerseits an den USA interpretieren.

Günter Johannsen | Mo., 9. November 2020 - 13:42

Antwort auf von Jakob Arnold

Das glaube ich Ihnen gern und es ist auch gut so, nur ist es für mich sehr ätzend, wenn man von früh bis spät in den Öffentlich Rechtlichen peinliche Hetze gegen einen abgewählten Präsidenten hören muss. Gewiss, der Noch-Präsident war auch nicht mein Freund, aber diese schäbige Häme ist einer Demokratie, die unser Land samt seiner Medien ja sein will, weder würdig, noch zuträglich! Ich schäme mich fremd!

Monika Templin | Mo., 9. November 2020 - 13:22

Antwort auf von Günter Johannsen

... genau so habe ich auch gedacht,Herr Johannsen. Die Printmedien- besonders die deutschen und auch die Politiker in Deutschland sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen. In unserem Land ist es leider nicht viel besser, vor allem spalte einige Politiker mit ihren Äußerungen gegenüber Andersdenkenden unser Land. Da brauche ich nicht über den großen Teich zu schauen, hier läuft in Sachen Demokratie z. Z. vieles schief. Und die Medien hetzen ununterbrochen, mit wenigen Ausnahmen!

Olli Land | Mo., 9. November 2020 - 13:24

Antwort auf von Günter Johannsen

In Deutschland gibt es eine sehr laute populistische Minderheit die sich ständig benachteiligt fühlt.
Wir haben aber keine krasse Teilung in der Ideologie wie eben die USA. Wir haben eine breite politische Landschaft, in der ca. 90% sich auf einen demokratischen Konsens einigen können. Die gerade mal restlichen 9-10% gehen dann weitgehend an die AFD. Bei 90/10 von einer Teilung zu sprechen ist schon sehr verzerrend.

Die Meinungen und Vorlieben sind, wie es in einer pluralistischen Gesellschaft üblich ist, natürlich breit gestreut von Grün bis CDU. Und trotzdem werden, von den obigen 9-10% AFD abgesehen, demokratische Kompromisse und Lösungen gemeinsam gesucht und gebildet.

Und selbst im Hinblick auf das alleinige Thema Corona, gibt es eine sehr hohe und breite Zustimmung zu den Maßnahmen. Mehr als 50% finden aktuell die Maßnahmen ok, mehr als 30% gehen sie nicht weit genug.
Die Anzahl derer, denen die Maßnahmen zu weit gehen, ist mit 15% am geringsten.

Gerhard Lenz | Di., 10. November 2020 - 11:47

Antwort auf von Olli Land

Es ist nicht mal absehbar, dass die AfD in den nächsten Jahren bundesweit auch nur die 20 Prozent-Marke schafft. Und selbst in Ländern wie Sachsen scheint die Unterstützung für die Rechtsextremisten zu bröckeln - nur "Protest" zu zeigen, nutzt sich eben ab, wenn keine sinnhaften Vorschläge kommen. Und auf die kann man sicher lange warten.
Deswegen kann man auch US-amerikanische Zustände gar nicht in Deutschland erkennen. Spätestens bei den nächsten Wahlen wird man sehen, wie sich die "gespaltene Nation" Deutschland zahlenmässig darstellt: Geschätzt 90% für Demokraten, die alle meistens irgenwie miteinander "können", gegen 10%, die weder können noch wollen.

Wilfried Düring | Di., 10. November 2020 - 13:38

Antwort auf von Olli Land

Die Einigkeit der 90% des demokratischen Konsenses bemrkt man gegenwärtig vor allem in Sachsen - wo jetzt die Partner der super-großen-Koalition: schwarz-rot-gruen haßerfüllt aufeinander losgehen.
Es wäre ein Gebot der Selbstachtung, daß die sächsische CDU DIESE Koalition sofort aufgekündigt!

Peter Gegesy | Mo., 9. November 2020 - 17:57

Warum bringen sie nicht auch ein paar Meinungen aus konservativen Medien wie z.B. Washington Times, Epoch Times, Townhall, American Thinker usw. ?

gabriele bondzio | Mo., 9. November 2020 - 19:26

Kommt ganz darauf an, wer was berechnen will.
Jerzy Maćków, Professor für Politikwissenschaft/Regensburg: „Die Menschen, die davon überzeugt sind, dass nach dem guten Obama der schlechte Trump kam und die Vereinigten Staaten ruinierte, sind keines Gesprächs über Politik und Gesellschaft würdig. Wenn man jedoch über Politiker an der Macht sinnvoll reden will, muss man einschätzen können, welches Land sie übernommen und welches sie hinterlassen haben.“...finde ich auch!
Denn seine Vorgänger haben ihm ein tief-politisch-zerklüftete Landschaft hinterlassen, die er gar nicht tiefer spalten konnte. Auch wenn seine Diagnosen, seine Rede, gewöhnungsbedürftig daher kamen. Hat er Amerika aus der Rolle des Weltpolizisten herausgenommen. Hat im nahen Osten teils erfolgreich Verhandlungen abgeschlossen.
Was sonst noch so an Vorwürfen kommt, da möchten doch die, welche sie aufwerfen. Mal genauer auf andere Politiker schauen, was hier im Hintergrund läuft.

Christoph Kuhlmann | Mo., 9. November 2020 - 21:34

sass ausgerechnet eine Zeitung aus China das Problem zutreffend beschreibt. Es braucht schon einen Populisten auf niedrigstem Niveau um dem Establishment die Mehrheit zuzutreiben. Leider sind ja die offenen Fragen, die Trump an die Macht brachten in den vier Jahren niemals sachlich diskutiert worden. Ich hoffe es wird in Zukunft möglich sein ohne kurzsichtigen Lobbyinteressen den Vorrang einzuräumen. Amerika muss die Weichen für Jahrzehnte stellen, wer da in Quartalen denkt hat nichts beizutragen.

Dieter Zinn | Di., 10. November 2020 - 09:04

„Religiöse Intoleranz“.Diese Zuweisung höre ich hier aus einer bestimmten Richtung auch. Besonders dann, wenn es um kritische Meinungen zum Islam geht. Vom Kopftuch über Schleier, Frauenrechte, Meinungsfreiheit, Kinderehen. Immerhin haben sie sich mit diesem abgenutzten „Holzhammerbegriff“ kenntlich gemacht.