Indian Prime Minister Narendra Modi, left, embraces U.S President Donald Trump,
Indiens Premierminister Narendra Modi wird von Donald Trump umarmt / picture alliance / ZUMAPRESS.com | Joyce Boghosian/White House

Asiens Haltung gegenüber Donald Trump - Hoffnung auf den Dealmaker im Weißen Haus

Während Europa in Anbetracht der neuen Trump-Administration ins Taumeln gerät, betrachtet man in Asien Trump 2.0 gelassener. Doch die Haltung zur neuen US-Regierung ist nicht überall gleich. Zudem hängt in der Region vieles an China.

Autoreninfo

Marc Saxer ist Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung für Regionale Zusammenarbeit in Asien. 2021 erschien sein Buch „Transformativer Realismus. Zur Überwindung der Systemkrise“.

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In Asien wird die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus gelassener betrachtet als in Europa. Verbündete wie Gegner machen sich keine Illusionen darüber, mit wem sie es zu tun haben: einem erratischen Präsidenten, der zuallererst seine eigenen Geschäftsinteressen verfolgt. Sicher, der Handelskrieg trifft auch die asiatischen Ökonomien – wenn auch mit unterschiedlicher Härte. Doch die größere Agenda des amerikanischen Nero, die Abwicklung der liberalen Weltordnung und das Zurechtstutzen des überdehnten US-Imperiums, wird in der Region durchaus mit Sympathie betrachtet.

Besonders begrüßt wird die Aussicht auf eine Reduzierung der als hochmütig und einmischend empfundenen Rhetorik zu Demokratie und Menschenrechten. Zwar haben kleinere und mittlere Mächte ein starkes Interesse am Fortbestand völkerrechtlicher Regeln wie Souveränität, territorialer Integrität, Nichteinmischung, um dem chinesischen Expansionstrieb, beispielsweise im Südchinesischen Meer, entgegenzuwirken. Doch unter den pragmatischen Realisten Asiens kursiert das Bonmot, dass auf die regelbasierte nun eine deal-basierte Ordnung folgt. 

Nicht wenige hoffen, dass der Dealmaker-in-Chief, der Krieg für schlecht fürs Geschäft hält, weniger gefährlich ist für eine Region, die in den letzten Jahren nahe an einem Weltkrieg vorbeigeschrammt ist. Im Gegensatz zu den Konfliktherden in Europa und dem Nahen Osten, für die eine America-First-Präsidentschaft höchst disruptiv zu werden droht, setzen asiatische Akteure eher auf eine Fortsetzung des Status quo – möglicherweise sogar auf den einen oder anderen pragmatischen Deal.

Aber Achtung: Diese Sicht variiert stark je nach geopolitischem Standpunkt. Denn der Indo-Pazifik besteht aus drei höchst unterschiedlichen Gruppierungen: Amerika und seine engsten Verbündeten – Australien, Japan, die Philippinen und Südkorea; China und seine Partner – Kambodscha, Laos und Nordkorea, mit Abstrichen auch Myanmar und Pakistan; sowie dem großen Rest, der zwischen diesen Polen balanciert.

China kämpft mit harten Bandagen

In Peking weiß man, dass in Washington parteiübergreifende Einigkeit besteht, den Hegemoniekonflikt mit China weiterzuführen – und noch weiter zu verschärfen. Die Biden-Regierung hatte bereits harte Export- und Investitionskontrollen verhängt, um Chinas langen Marsch an die technologische Weltspitze zu verlangsamen. Die Trump-2.0-Administration eskaliert nun den Zollkrieg in bislang ungeahnte Höhen. 

China hat sich seit Jahren auf diesen Ernstfall vorbereitet. Die chinesischen Vergeltungsmaßnahmen treffen die Trump-Wähler dort, wo es wehtut: bei den Nahrungsmittelexporten. Reicht das nicht, Trump zum Einlenken zu bewegen, hat Peking noch in der Hinterhand, was amerikanische Finanzmarktexperten angstvoll die „finanzielle Atombombe“ nennen: ein massenhafter Ausverkauf seiner US-Staatsanleihen. Über Nacht würden explodierende Zinszahlungen den seit Jahren am Bankrott entlangschrammenden US-Haushalt belasten. Im schlimmsten Falle verlöre der US-Dollar seine Stellung als Weltreservewährung. Bisher hat Peking nur angedeutet, dass es diese Waffe hat, ohne sie zu zünden. Denn bereits die koordinierten Abverkäufe der kanadischen, japanischen und europäischen Zentralbanken waren genug, um Trump zu einem 90-tägigen Moratorium der Zollpolitik zu bewegen.

China weiß, dass es einen hohen Preis für einen Showdown zahlen würde – und hofft mit Blick auf seine eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf einen Folgedeal zum 2020 geschlossenen „Phase One“-Abkommen. Doch Peking ist bereit, auch empfindliche wirtschaftliche Schmerzen in Kauf zu nehmen, um sich im Hegemoniekampf mit den USA zu behaupten. Denn hinter dem amerikanischen Wirtschaftskrieg vermutet die politische Führung die Absicht der absteigenden Supermacht, den Aufstieg der aufsteigenden zu sabotieren. Präsident Xi hat daher martialisch verkündet, „bis zum Ende zu kämpfen“. 

Immerhin: War Games haben beide Seiten bislang davon abgehalten, einen als nicht gewinnbar geltenden heißen Krieg gegen einen atomar bewaffneten Gegner vom Zaun zu brechen. Ob dieses Kalkül jedoch trägt, sollte sich Trump im Nahen Osten verzetteln, ist die Frage, die vielen in der Region den Schlaf raubt.

Die Führung des Globalen Südens

Auch strategisch sieht Peking Chancen: Der Rückzug der USA aus multilateralen Foren, aus Allianzen und vom Kampf gegen globale Herausforderungen wie den Klimawandel eröffnet China die Möglichkeit, das entstehende politische Vakuum zu füllen und den Globalen Süden stärker hinter sich zu versammeln. Folglich startet Peking eine Charmeoffensive gegenüber Europa, Südostasien – und sogar Japan und Südkorea.

Für Japan, Südkorea und die Philippinen stellt die Trump-Regierung ein ähnliches Sicherheitsrisiko dar wie für die Europäer. Um den chinesischen Provokationen im Ost- und Südchinesischen Meer zu begegnen, sind die Anrainerstaaten auf den Schutz der Vereinigten Staaten angewiesen und haben große Anstrengungen unternommen, ihre bilateralen Bündnisse mit den USA zu vertiefen. 

Trumps Botschaft an die asiatischen Alliierten ist jedoch dieselbe wie an die Europäer: Nur wer zahlt, wird geschützt. Insbesondere in Seoul ist die Sorge groß, ob der amerikanische Schutzschirm angesichts immer aggressiverer nordkoreanischer Provokationen standhält.

Besonders heikel ist die Lage für Taiwans Präsidenten Lai Ching-te, der das Fernziel der Unabhängigkeit von China verfolgt. Im Stile eines Schutzgelderpressers forderte Trump Taipeh auf, für seine Verteidigung zu zahlen – die amerikanische Versicherungspolice sei nicht umsonst zu haben. Umgekehrt will Vizepräsident Vance die US-Unterstützung für die Ukraine nach Taiwan umleiten. In der angespannten Lage rund um Taiwan birgt ein derart erratischer Kurs große Gefahren, da er zu strategischen Fehlkalkulationen auf allen Seiten führen kann. 

Indien wittert Chancen

Indien ist frustriert über die politische Unruhe in seiner Nachbarschaft und sucht deshalb engeren Kontakt zu einflussreichen Staaten außerhalb der Region. Dabei arbeitet das Land mit mehreren Mächten gleichzeitig zusammen – ohne sich klar auf eine Seite zu schlagen. In Neu-Delhi hofft man, so vom Wettbewerb zwischen dem Westen auf der einen und China und Russland auf der anderen Seite zu profitieren. Die daraus entstehenden Vorteile möchte Indien nutzen, um seinen eigenen Aufstieg zur Großmacht voranzutreiben. Ein multipolares Konzert der Großmächte – für viele Europäer ein Albtraum – wird in Delhi als Chance betrachtet.

Der gleichzeitige Aufstieg der beiden asiatischen Giganten hat zu Misstrauen zwischen China und Indien geführt. Zwar bemühen sich Delhi und Peking nach den Grenzscharmützeln im Himalaya um Entspannung, doch das gegenseitige Misstrauen sitzt tief. Indien hat sich daher – ein klarer Bruch mit seiner traditionellen Blockfreiheit – den USA angenähert. Zwar hat Trump auch die indische Wirtschaft mit Zöllen belastet, doch in Delhi war man erleichtert, im Vergleich zu anderen asiatischen Wettbewerbern einen „Rabatt“ erhalten zu haben. Sollte Trump den Handelskrieg nicht noch verschärfen, indem er beispielsweise die aufstrebende Pharmaindustrie ins Visier nimmt, dürfte sich Indiens strategische Ausrichtung auf die USA fortsetzen.

Südostasien will sich nicht für eine Seite entscheiden 

Und Südostasien? Wie bereits in seiner ersten Amtszeit, dürfte die Region weit unten auf Trumps Agenda stehen. Es ist aber vor allem Trumps erratisches Verhalten, das die Glaubwürdigkeit der USA als verlässlicher Sicherheitspartner in der Region untergräbt. 

Besonderen Unmut haben die USA als enger Verbündeter Israels in den muslimisch geprägten Staaten Indonesien, Malaysia und Bangladesch ausgelöst. Das Anprangern der Menschenrechtsverletzungen in Gaza durch die dortigen Regierungen dürfte sich allerdings eher an das heimische Publikum richten als an die internationale Bühne.

Denn strategisch versuchen die meisten südostasiatischen Länder, sich nicht eindeutig auf eine Seite schlagen zu müssen. Sie wollen weiterhin von Chinas wirtschaftlicher Stärke profitieren, sind zugleich aber auf die USA als Schutzmacht angewiesen, um einer allzu dominanten Einflussnahme Pekings entgegenzuwirken.

Allerdings sorgen Chinas industrielle Überkapazitäten, die zu Dumpingpreisen auf die Märkte Südostasiens geworfen werden, zunehmend für Unruhe. Zudem treffen die amerikanischen Zölle vor allem jene Länder, die Peking bisher zur Umgehung bestehender US-Exportkontrollen genutzt hat. Eine allzu enge Anlehnung an China hat also seinen Preis. Allerdings kann das wirtschaftliche Engagement Amerikas in der Region schon seit Jahren nicht mehr mit dem Chinas mithalten. Geht Trump nun auch handelspolitisch auf Konfrontationskurs mit den südostasiatischen Staaten, dürfte auch der politische Einfluss Pekings weiter wachsen.

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Christoph Kuhlmann | Di., 22. April 2025 - 06:52

Doch stellt sich die Frage, nach der Verfassung Chinas. Nach Xis Reformen, Corona, der verschleppten Immobilienkrise, die sich zur Krise des Bankensystems ausweitete und den offenbar manipulierten Wachstumszahlen. Da ist es ganz besonders interessant wie der Ausfall von ca. 440 Milliarden Exportvolumen sich auf de Konjunktur in China auswirken wird. Aber das hängt natürlich auch von den Reaktionen anderer Marktteilnehmer ab.

Ernst-Günther Konrad | Di., 22. April 2025 - 10:13

Ich lese und höre einiges über Trump in den Msm und auch den alternativen Medien. Manche Aussage über ihn überzeugt mich und manche lässt mich durchaus skeptisch zurück. Wie im Falle Putin, XI und anderen Staatenlenkern auch. Häufig wird in Artikeln alles Mögliche analysiert und gemutmaßt und nicht selten kommt es anders als man denkt. Ich verstehe nicht viel von Wirtschaft, verlasse mich da auf mein Bauchgefühl und hoffe, dass ein oder andere dann doch bestätigt zu finden. Trotz aller Aufregungen über Trumps Zölle und seine Art zu regieren. Noch sind erst drei Monate vergangen, lassen sich manche Ergebnisse noch gar nicht einordnen, wird einfach nur viel spekuliert. Ich warte deshalb ab, weil ich mir sicher bin, dass viele wirtschaftliche Stellschrauben erst nach eins bis zwei Jahren wirklich ihre Wirkung entfalten. Und was immer wieder irritierend ist. Ständig wird alles was Trump macht negativ bewertet, wird es uns allen Schaden und dann, im Kleingedruckten, wird alles nicht schlimm