
- Moskau spielt seine Karten aus
Der Krieg in der Ukraine ist auch ein Frontangriff Putins gegen die EU. Lesen Sie im dritten Teil unserer Serie „Putins Plan“, wie Russland die Ohnmacht Deutschlands ausnutzt und wie wir uns aus der Falle des Kreml befreien können.
Bei Angela Merkel ging Putins Taktik, persönliche Beziehungen zu nutzen, um Russlands Position in Europa zu stärken, nicht mehr auf. Als Merkel ihr Amt antrat, ging es ihr um die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands und darum, Europa zusammenzuhalten, damit Deutschland stabil bleibt. Sie schien wenig Zeit oder Interesse zu haben, Russlands Pläne für Europa zu verstehen. Aber Russland hatte Zeit, um umgekehrt die Pläne der Kanzlerin zu verstehen.
Nur wenige Monate nach Merkels Amtsantritt, im Januar 2006, führte ein Streit zwischen Russland und der Ukraine über die Gaspreise zu einer kurzzeitigen Aussetzung der russischen Lieferungen nach Europa, auch nach Deutschland. Mit der Einstellung der Energielieferungen wollte Russland die Europäer dazu zwingen, die russische Politik in der Ukraine zu unterstützen und die Orangene Revolution in der Ukraine abzulehnen. Stattdessen weckte der Vorfall auf dem gesamten Kontinent das Interesse an einer Diversifizierung der Energieversorgung und an einer Verringerung der Gesamtnachfrage. Die Europäische Union verabschiedete ehrgeizige Programme für alternative Energien und Energieeinsparungen, die auch Europas Pläne zur Eindämmung von Treibhausgasen vorantrieben.
Russische „Hilfe“
Die Europäer schienen entschlossen, sich alternative Energiequellen zu erschließen und die Abhängigkeit von russischem Gas und den russischen Pipelines durch die Ukraine zu verringern. So wurde in Brüssel plötzlich ein Pipelineprojekt namens Nabucco, das Anfang der 2000er Jahre vorgeschlagen wurde und Gas aus Aserbaidschan bringen sollte, intensiv diskutiert. Es sollte durch die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn in das österreichische Zentrum Mitteleuropas geleitet werden.
In Anbetracht der europäischen – und deutschen – Bedenken bot Russland ebenfalls „Hilfe“ an: Moskau schlug zwei Erdgasleitungen vor, um von der ukrainischen Route abzulenken: Nord Stream, die durch die Ostsee von Sankt Petersburg nach Deutschland führt, und South Stream, die durch das Schwarze Meer aus der Nähe von Noworossijsk nach Bulgarien führen sollte.