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Justizreform in Polen: Unvereinbar mit der Union? / picture alliance

Justizreform in Polen - Polens Weg zum Polexit

Das polnische Parlament hat ein Gesetz für Richter verabschiedet, das Gegner als „Maulkorb-Gesetz“ bezeichnen. Tatsächlich bedeutet die so von der PiS betriebenen Justizreform den Verlust demokratischer Grundpfeiler – mit gravierenden Folgen für das Land

Autoreninfo

Thomas Dudek kam 1975 im polnischen Zabrze zur Welt, wuchs jedoch in Duisburg auf. Seit seinem Studium der Geschichts­­wissen­schaft, Politik und Slawistik und einer kurzen Tätigkeit am Deutschen Polen-Institut arbei­tet er als Journalist.

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Weihnachtszeit, Besinnungszeit? Für die Abgeordneten des polnischen Parlaments war in diesen vergangenen Tagen vor Weihnachten eher das Gegenteil angesagt. Fast 16 Stunden ohne Unterbrechung, bis Freitagmorgen 5 Uhr, debattierte der Justizausschuss über ein von der PiS eingebrachtes Gesetz zur Disziplinierung von Richtern. Ein Gesetz, über das das polnische Parlament, der Sejm, auch noch am Freitag abstimmte. Nach einer teils emotionalen Debatte wurde es mit 233 Ja-Stimmen verabschiedet.

Das „Maulkorb-Gesetz“, wie es von Kritikern genannt wird, stellt die jüngste Eskalation dar, bei der von der PiS seit 2017 vorangetriebenen Justizreform. Die PiS hat bereits den Landesjustizrat umstrukturiert, der in Polen für die Berufung von Richtern verantwortlich ist. Die Präsidentin des Obersten Gerichts, Malgorzata Gersdorf, und weitere Richter des Obersten Gerichts wollte man vorzeitig in den Ruhestand schicken und man installierte hier eine Disziplinarkammer für Richter. Mit ihrem jüngsten Vorhaben versucht die PiS nun die Richter endgültig unter Regierungs-Kontrolle zu bringen. Wie keine andere Maßnahme zuvor offenbart das verabschiedete Gesetz, worauf es der PiS wirklich bei ihrer angeblichen Justizreform geht: Nicht um eine effektivere und gerechtere Justiz, sondern allem Anschein nach um deren Unterwerfung.

Sanktionierung von Richtern

Denn das „Maulkorb-Gesetz“ sieht für Richter zum Teil drastische Strafmaßnahmen vor: Denjenigen Richtern, die den Landesjustizrat und dessen Entscheidungen in Frage stellen, droht im schlimmsten Falle gar die Absetzung. Auch jegliche öffentliche Tätigkeit, die „mit der Unabhängigkeit der Gerichte und der Unabhängigkeit der Richter unvereinbar ist“, soll drakonische Strafen nach sich ziehen. Zudem sieht das Gesetz eine „Kammer für außerordentliche Kontrolle“ als oberstes Disziplinierungsinstrument der Richter vor. Außerdem stärkt das Gesetz die Befugnisse des Verfassungsgerichts. Nur mit dessen Zustimmung sollen Richter internationales Recht anwenden dürfen.

Auslöser für dieses Gesetz sind zwei Urteile aus den vergangenen Wochen. Am 19. November vermied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg, der sich schon mit mehreren Teilen der umstrittenen Justizreform in Polen befasste, eine klare Entscheidung zu der neugeschaffenen Disziplinarkammer am Obersten Gericht. Stattdessen solle das Oberste Gericht in Warschau klären, ob diese unabhängig ist. Und das Oberste Gericht, das sich zuvor selber an den Europäischen Gerichtshof bezüglich der Unabhängigkeit der Disziplinarkammer wandte, tat es. Am 5. Dezember urteilte es, dass der Landesjustizrat in seiner jetzigen Form kein von der Exekutive und Legislative unabhängiges Organ ist. Demnach sei auch die neugeschaffene Disziplinarkammer, dessen Richter vom eben jenem Landesjustizrat berufen wurden, kein Gericht im Sinne des europäischen und somit auch polnischen Rechts.

Vorgehen gegen „richterliche Anarchie“

Es war ein Urteil, welches für die regierenden Nationalkonservativen einem Super-GAU gleicht. Denn es stellt nicht nur die Legitimität der rund 500 Richter in Frage, die der Landesjustizrat in den letzten zwei Jahren berufen hat, sondern auch deren Entscheidungen. Es droht ein juristisches Chaos, das selbst ein vorsorglich gesprochenes Urteil, des von der PiS als erstes personell umgebauten Verfassungsgerichts vom März dieses Jahres, nicht vermeiden kann. Laut diesem ist der jetzige Landesjustizrat verfassungskonform. Kurioserweise befasste sich das Verfassungsgericht auf Antrag des Landesjustizrates und einiger Senatoren mit diesem Sachverhalt.

Mit dem „Maulkorb-Gesetz“ für Richter will die PiS nun diese „richterliche Anarchie“, wie es seitens der Nationalkonservativen und ihr nahestehender Medien heißt, verhindern. Kritiker sehen in diesem Gesetz jedoch nur einen weiteren Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. „Aus unterschiedlichen Gründen und mit Hilfe unterschiedlicher rechtlicher Mittel, wird in Polen das Recht auf eine unabhängige Justiz seit mindestens vier Jahren in Frage gestellt“, sagte Adam Bodnar, Ombudsmann für Bürgerrechte, am Freitag während seiner Rede im Sejm.

Der Justizminister ist zugleich Generalstaatsanwalt

Und wie Recht er hat, zeigt sich im Alltag. Parallel zu der Justizreform findet in den regierungstreuen Medien und sozialen Netzwerken schon seit Jahren eine regelrechte Hetzkampagne gegen Richter statt. Traurige Höhepunkte: Eine im Sommer aufgeflogene „Trollfabrik im Justizministerium“ und ein Staatspräsident, der sich vergangene Woche beim Besuch einer Anhängerin vor einer laufenden Kamera über die „Verlogenheit“ der Richterschaft beschwerte.

Zu dem medialen Druck kommen Instrumente, welche die PiS schon vor dem „Maulkorb-Gesetz“ schuf. Die von der PiS geschaffene Disziplinarkammer am Obersten Gericht sorgte in diesem Jahr schon mehrmals für Schlagzeilen. Nicht nur, weil sie sich mit Richtern wegen ihrer Urteile befasste, sondern auch wegen deren Kleidung. Von Richtern getragene T-Shirts mit dem Aufdruck „Verfassung“, waren für die Disziplinarkammer jedenfalls Grund genug, aktiv zu werden. Vergangene Woche wiederum berichtete die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita über den Fall eines Richters in Warschau. Nur eine Stunde, nachdem dieser einen Haftantrag der Staatsanwaltschaft abgelehnt hat, wurde er vom Justizministerium vom Bezirks- ins Amtsgericht zurückberufen. Der fade Beigeschmack: Justizminister Zbigniew Ziobro ist in Personalunion auch Generalstaatsanwalt.

Es sind fragwürdige Methoden, die schon vor dem am Freitag vom Sejm verabschiedeten Disziplinargesetz Auswirkungen auf die Urteilsverkündung vieler Richter hatten, wie Bartlomiej Przymusinski, Sprecher der Richtervereinigung Iuistitia, bereits im April beklagte.

Doppelstandards bei kommunistischen Vergangenheiten

Wie berechtigt die Kritik und die Zweifel an der Justizreform der PiS ist, zeigt sich ausgerechnet in deren Antikommunismus. Dieser gehört zu den ideologischen Grundpfeilern der Nationalkonservativen, die egal ob in der Wirtschaft, den Medien oder auch eben in der Justiz zig ehemalige Kommunisten und deren Kinder, die sogenannten „Resortowe Dzieci“, sitzen sehen. Mit dem Verweis auf diese angeblichen kommunistischen Kader und Seilschaften begründen Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und andere Politiker der PiS auch außerhalb der polnischen Grenzen die umstrittene Justizreform. Passend zu diesem Argument veröffentlichte Kamil Zaradkiewicz, der Dank der Justizreform Richter am Obersten Gericht wurde, Anfang Dezember eine Liste mit 747 Richtern, die vor der Wende 1989 ins Amt kamen. Es sind gerade mal circa sieben Prozent der heute in Polen tätigen Richter.

Auf dieser mittlerweile berühmt-berüchtigten „Zaradkiewicz-Liste“ sucht man jedoch einen bekannten Namen vergeblich, nämlich den von Julia Przylebska. Przylebska, die von der PiS zu Präsidentin des Verfassungsgerichts gemacht wurde, begann ihre berufliche Laufbahn 1988 an einem Amtsgericht in Posen. Und Przylebska ist kein Einzelfall. Vor einigen Wochen wählte die PiS-Fraktion im Sejm Stanislaw Piotrowicz zum Richter am Verfassungsgericht. In den 1980er Jahren war dieser nicht nur dekoriertes Mitglied Mitglied der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, sondern soll als Staatsanwalt auch Solidarnosc-Aktivisten verfolgt haben. In den letzten vier Jahren erwies sich Piotrowicz als treuer PiS-Soldat, der zu den Hauptarchitekten der umstrittenen Justizreform gehört.

Ein weiterer namhafter PiS-Politiker, der in der Volksrepublik als Richter tätig war, ist Janusz Wojciechowski. In der neuen, von Ursula von der Leyen angeführten EU-Kommission, ist er für die Landwirtschaft verantwortlich. Und die Liste von Personen, die in der Volksrepublik Parteimitglieder waren oder auf irgendeine andere Art und Weise mit dem Regime zu tun hatten, aber in und Dank der angeblich so antikommunistischen PiS jedoch Karriere gemacht haben, ließe sich um zig weitere Namen ergänzen. Darunter auch dem Ehemann der schon erwähnten Julia Przylebska. 1979 verpflichtete sich dieser gegenüber dem SB, als „IM Wolfgang“ seine Mitstudenten zu bespitzeln. Seit 2016 ist Andrzej Przylebski, ein seit Jahren bekennender Anhänger der PiS, polnischer Botschafter in Deutschland.

Verlust eines demokratischen Grundpfeilers

Für Polen die Konsequenzen aus dem von der PiS betriebenen Umbau des Justizwesens verheerend sein. Mit dem „Maulkorb-Gesetz“ droht dem Land der endgültige Verlust einer unabhängigen Justiz, und damit eines Grundpfeilers eines demokratischen Staates. Auch die politische Spaltung der polnischen Gesellschaft dürfte das jüngste Vorhaben der PiS verschärfen. Immerhin muss noch der Senat, die zweite Kammer des polnischen Parlaments, über dieses Gesetz beraten und abstimmen. Und in diesem hat die Opposition seit den letzten Parlamentswahlen eine knappe Mehrheit. Es kann das Disziplinierungsgesetz zwar nicht stoppen, aber zumindest deren Umsetzung verlangsamen. Und dass dies der Fall sein wird, kündigten die Vertreter der Opposition bereits an.

Unterstützung dürfte die Opposition dabei von den Tausenden Menschen erfahren, die am vergangenen Mittwoch unter dem Motto „Heute sind die Richter dran – morgen du“ in ganz Polen gegen das „Maulkorb-Gesetz“ protestiert haben. Zudem finden im kommenden Mai Präsidentschaftswahlen statt. Und die jüngsten Äußerungen des Amtsinhabers Duda von der „Verlogenheit“ der Richterschaft lassen erahnen, dass die Justizreform eines der dominierenden Themen in dem Wahlkampf sein wird.

Es läuft auf einen Polexit raus

Mit Sicherheit dürfte das nun verabschiedete Gesetz auch Auswirkungen auf das schon angespannte Verhältnis zwischen Polen und der EU haben. Die EU-Kommission beobachtet schon seit Jahren die Justizreform kritisch und reichte wegen dieser nicht nur Klagen beim Europäischen Gerichtshof ein, sondern eröffnete auch ein Vertragsverletzungsverfahren. Auf wenig Verständnis trifft in Brüssel auch das nun verabschiedete „Maulkorb-Gesetz“. Noch am Donnerstag appellierte die EU-Kommission, die Arbeit an dem Vorhaben zumindest vorerst einzustellen. Stattdessen schlug Vera Jourova in dem an Staatspräsident Duda, Regierungschef Morawiecki und die Präsidenten der beiden Parlamentskammern adressierten Brief vor, sich mit den Experten der Venedig-Kommission in Verbindung zu setzen. Einem Organ des Europarates, das sich mit Verfassungsfragen beschäftigt.

Doch bei der Regierung in Warschau stieß der Vorschlag erwartungsgemäß auf wenig Gegenliebe. Als „unpassend“ bezeichnete Regierungssprecher Piotr Müller am Freitag das Schreiben aus Brüssel. Was für Polen nach Meinung von Experten, falls die PiS-Regierung bei ihrem neuen Gesetz nicht doch zurückrudern sollte, langfristig nur eines bedeuten könnte: Ein Ausscheiden des Landes aus der EU. Es wäre ein von der PiS provozierter Polexit.

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RMPetersen | Sa., 21. Dezember 2019 - 15:32

Ein demokratisch gewähltes Parlament beschliesst etwas, und von Deutschland wird das als undemokratisch kritisiert.

Das ist in den letzten Jahren ein ziemlich typisches Muster geworden.

helmut armbruster | Sa., 21. Dezember 2019 - 16:00

wenn aber ein EU-Mitglied auf diese Wertegemeinschaft pfeift und eigenen Wertvorstellungen folgt, dann passiert so gut wie nichts.
Ein paar Abmahnungen, Anruf des EuGH und ein paar Lippenbekenntnisse. Das war's. Solche lauen Maßnahmen können im Ernst niemand abschrecken.
Sanktionen werden nicht verhängt, der Geldhahn wird nicht zugedreht, ein Rauswurf ist nicht einmal in Sichtweite.
Arme EU, was glaubst Du wohl was Deine Wertegemeinschaft wert ist, wenn Du unfähig bist sie zu verteidigen. Nichts, rein gar nichts!

Ein Rauswurf Polens ist natürlich nicht in Sichtweite. Er ist schlicht unmöglich, denn die Verträge sehen ihn nicht vor. Von selbst wird Polen auch nicht gehen, solange die Zahlungen aus Brüssel sprudeln. Daran kann man in der laufenden Planungperode nicht rütteln. Erst die nächste Vereinbarung über die mittelfristigen Finanzrahmen ermöglicht vielleicht ab 2021 ein Umdenken.

Juliana Keppelen | Mo., 23. Dezember 2019 - 14:08

Antwort auf von H Wilde

so ist es.
Polen ist Nehmerland und liebt die Euros mehr als alles andere (während England ein Nettozahler war)Ein Austritt ist also ganz sicher nicht in Sicht und ein Rauswurf ist ebenfalls nicht in Sicht. Polen genießt sogzusagen Narrenfreiheit. Auch gebe ich denen recht die der Meinung sind die "Westliche ich betone die Westliche-Wertegemeinschaft" ist eine Fata Morgana.

Andreas Zimmermann | Sa., 21. Dezember 2019 - 16:09

Tja in Polen sind die Richter nicht mehr wirklich frei und in einem gewissen anderen Land kommen bestimmte Delikte überhaupt nicht mehr vor einen Richter, weil dort die Staatsanwälte generell weisungsgebunden sind und von Generalstaatsanwälten oder vom zuständigen Justizminister zurückgepfiffen werden. Das ist wohl im Ergebnis die selbe Schieflage mit dem Unterschied das dies bei uns schon immer so war und deshalb sollten wir uns in diesem Fall eigentlich eher zurückhalten. Aber da dieser Umstand ja kaum publiziert wird kann ein gebürtiger Pole welcher in unserem schönen Deutschland sozialisierter wurde ja mal ruhig in Richtung unserer polnischen Nachbar draufhauen und denen Demokratiefeindlichkeit vorwerfen.

Es ist in Deutschland ja nicht nur so, dass die Staatsanwälte weisungsgebunden sind, es lohnt auch ein Blick in die Richter-Wahlgesetze.
Eigentlich genügt ein Blich auf das BundesVerfGericht. Es ist ein politisch besetztes, vom Parteienproporz gesteuertes Gremium. Es ist dominiert von ehemaligen Politikern, da ist nichts besser als in Polen.

Vieles was die Mitkommentatoren schreiben sehe ich auch so. Aber das was Sie hier formuluiert haben, trifft zu 100 meine Auffassung. Ich habe da in meinem beruflichen Alltag früher einiges erlebt. Kam nur nie an die Öffentlichkeit. Bravo Herr Zimmermann.

Tomas Poth | Sa., 21. Dezember 2019 - 21:01

Das wäre dann ein gewisser Ausgleich zum Brexit, Polen als größter Nettoempfänger (12,34 Miar. 2018) egalisiert damit UK als Nettozahler (6,95 Miar. 2018). Das Beitragsniveau für alle Nettozahler könnte somit sogar gesenkt werden.

Dieter Erkelenz | So., 22. Dezember 2019 - 07:23

Ihr Artikel, Herr Dudek, scheint mir sehr einseitig und weckt mein Mißtrauen, zumal er auch in Teilen nicht nur für den juristischen Laien unverständlich ist. Wo bleiben die Argumente der Gegenseite auf Ihre Kritik?

Johann Kowalski | So., 22. Dezember 2019 - 09:55

Antwort auf von Dieter Erkelenz

... die ähnliche wurde in DE bereits nach der Mauerfall durchgeführt,

Christoph Kuhlmann | So., 22. Dezember 2019 - 09:20

Das Fehlen einer Verfassung ist einer von vielen Konstruktionsfehlern der EU. Sechs oder neun Staaten hätten sich vielleicht noch einigen können, achtundzwanzig können dies mit Sicherheit nicht. Insofern haftet Sanktionen wegen der Beschädigung demokratischer Fundamente in der Gesellschaft immer der Geschmack der Willkür an. Denn so etwas beruht halt nicht auf einer europäischen Verfassung sondern auf juristischen Hilfskonstruktionen, die für Laien undurchschaubar sind. Die EU ist viel zu schnell gewachsen. Das Europa der Neun wäre noch handlungsfähig und halbwegs transparent. Sicher Spanien und Portugal sind erfolgreiche Beispiele bei der Stabilisierung junger Demokratien. Auch in Ost- und Südosteuropa lassen sich Beispiele finden, die dem Erweiterungskurs recht geben. Allerdings sollten für Beitrittskandidaten die Einhaltung einer basalen, demokratischen Verfassung verpflichtend werden. Verletzungen des Vertrages sind notfalls mit dem Rauswurf entsprechender Länder zu sanktionieren.

Der Vorwurf der Willkür ist ebenso abwegig wie der mangelnder Durchschaubarkeit. Es bedarf keiner Verfassung, um Länder wie Polen zu sanktionieren. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein sog. Vertragsverletzungsverfahren: "Die Rechtsstaatlichkeit ist einer der gemeinsamen Werte, auf die sich die Europäische Union gründet und die allen Mitgliedstaaten gemein sind [und zu deren Einhaltung sich Polen mit dem EU-Beitritt verpflichtet hat!]. Sie ist in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union verankert."

zitiert in: https://ec.europa.eu/germany/news/20191010-polen-eugh_de

Karsten Paulsen | So., 22. Dezember 2019 - 10:02

Früher gab es nicht nur mehr Lametta sondern auch mehr Anstand, da nannte man das Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates und galt als unhöflich und diplomatisch unmöglich. Sollen die Polen doch ihr Land führen wie es ihnen beliebt ... ich gönne es ihnen.

Wojciech Kacpura | So., 22. Dezember 2019 - 15:27

Antwort auf von Karsten Paulsen

Danke Herr Paulsen für Ihren Beitrag. Man hat schon vergessen, (trotz des Internets,
ist das Gedächtnis der Öffentlichkeit noch kürzer geworden), dass erst nach der Wahlschlappe der linksliberalen Regierung, haben die Demokratieprobleme die polnische Gesellschaft plötzlich heimgesucht. Seit dem polnischen "nein" zu den Migrations- Plänen wurde das Land in die nähe von Nord-Korea gerückt. Was für eine mediale Wandlung. Ein Framing in der Reinform und wer dem glaubt wird unselig. Was freut, die Menschen auf der Strasse haben die Mediale Stimmung nicht übernommen, Deutschland- und EU-Freundlichkeit ist die Normalität. Zum Artikel-
ich bin in Polen aufgewachsen, habe dort studiert, dennoch Juristisch-Polnisch ist für mich oft schwierig. Deswegen wundern mich die zielgenauen Urteile, die wie so oft, auf Hörensagen basieren. Sollte man nicht beide Seiten befragen?

Holk | So., 22. Dezember 2019 - 19:26

Antwort auf von Karsten Paulsen

Polen ist Mitglied der EU und hat sich damit verpflichtet die Rechtstaatsgrundsätze der EU einzuhalten. Das eigene oberste Gericht hat die Verletzung festgestellt. Die für die Einhaltung zuständige EU Kommission hat die offenkundige Verletzung gerügt. Wo verstösst das gegen Anstand und wieso ist das „Einmischung“?

Hans Jürgen Wienroth | So., 22. Dezember 2019 - 10:55

Zu den neuen Gesetzen der PIS kann ich wenig sagen. Allerdings hat auch unser „Rechtstaat“ seine Tücken. Die Richter können (in Grenzen) nach ihrem Gusto (oder ihrer politischen Einstellung) urteilen. Die Ursache liegt darin, dass Richter die Gesetze auslegen. Durch die Unabhängigkeit sind die Richter selbst unangreifbar. Es gibt ja die Revision, allerdings ist der Erfolg dort genauso Lotterie wie in der Vorinstanz. Ganz unabhängig sind die Gerichte auch bei uns wohl nicht, werden sie doch von Regierungsmitgliedern ernannt (s. St. Harbarth am BVG).
Da verwundert es nicht, dass das BVG zur Vereinbarkeit der Grenzöffnung mit dem GG gefragt wurde und an das EuGH weiterleitete. Das EuGH urteilte, weil fürs GG nicht zuständig, nach dem Schengen Abkommen sei die Grenzöffnung zulässig. Damit war der Fall fürs BVG beantwortet.
Geben wir den Richtern mit ihrer Unabhängigkeit eine Allmacht?

Hubert Sieweke | So., 22. Dezember 2019 - 19:37

die Richter des BVG seien in den letzten 12 Jahren unabhängig gewesen, der sollte sich die Urteile richtig ansehen. Gegen die Regierung wurde einmal in Sachen Parteien geurteilt, wohlwollen, was sogleich verbale Entgleisungen der Politiker, z,B, des damaligen Fin Min nach sich zog. Und ob ein ehemaliger CDU MP als Richter, oder ein Vertrauter der Kanzlerin und MdB demnächst als Präsident das erfüllt, was in Polen erwünscht ist, darf bezweifelt werden.
Die Strafverfolgung ist bei uns seit eh und je in den Händen der Politik mit jeweils äußerst unappetitlichen Folgen. Derzeit sind die Staatsanwälte und Richter nur genehm, wenn sie offen gegen Rechts urteilen und die linken Lieblinge der Politik nicht zu sehr schmerzen, Sonst droht Sippenhaft durch die ANTIFA.

Bernd Muhlack | So., 22. Dezember 2019 - 19:40

Mein Nachbar von gegenüber, Wislaw, lebt seit unvordenklicher Zeit in diesem unseren Lande.
Er wurde in Krakau geboren, eine sehr schöne Stadt; in 1980 war ich einmal dort (Studienfahrt Geschichte-LK).
"Weißt Du Bernd, in 3 Jahren gehe ich Rente, habe immer gearbeitet. Das interessiert mich alles nicht, ich lebe hier und will meine Ruhe!"
Seine Frau ist "Deutsch-Russin", stammt aus Usbekistan; sie ist seit 1984 in D.
Zwei sehr, sehr angenehme Zeitgenossen; am "2. Feiertag" werden wir wie immer ein gemeinsames Essen zelebrieren.
Soll ich dann über das polnische Rechtssystem schwadronieren (ich bin Jurist)und den Zeigefinger erheben?
Ist es denn in D besser? Mag sein, aber nicht optimal.
Aktuell: Frau vdL´s verlorene Daten und der Mega-Scheuer mit Rückendeckung der Kanzlerin (es gibt nichts Gefährlicheres!)
WIR sollten endlich damit aufhören den Moralapostel, Belehrer der Welt zu geben.
WIR schaffen das eben nicht!
Der Glaskasten, die Steine u der rosa Elefant, gell!

FROHE WEIHNACHT!

Juliana Keppelen | Mo., 23. Dezember 2019 - 16:03

Antwort auf von Bernd Muhlack

Diesmal bin ich ganz bei ihnen.
Auch ich akzeptiere die Meinung meines Taxifahrers und seiner Familie die froh sind, dass Herr Assad wieder die Oberhand in Syrien hat. Soll ich jetzt mit ihm diskutieren, dass Herr Assad nach Meinung unserer "Oberen" und der Presse ein ganz, ganz schlimmer Finger ist? Nein ich wünsche ihm und seiner Familie die zum großen Teil in Syrien lebt frohe und vor allem friedliche Weihnachten.
Außerdem denke ich, genau wie sie, dass Deutschalnd genug Probleme hat und eigentlich voll ausgelastet wäre damit diese zu lösen, anstatt mit erhobenem Zeigefinger sich ständig in die Angelegeneheiten anderer zu kümmern.
Ich wünsche eine ruhige und besinnliche Weihnacht.

Romuald Veselic | So., 22. Dezember 2019 - 22:02

Vielleicht gegen San Marino, aber nicht gegen Polen. Die Polen werden EU nie fragen, ob sie dies oder jenes dürfen oder nicht dürfen. Sie kommen, und holen sie sich das, was sie brauchen. Aus Deutschland. Es gibt hier niemand in diesem Lande, der das verhindern würde. Nicht mal die Hells Angels.
Falls ich mich irre, klären Sie mich bitte auf. Bin noch immer für Argumente offen.