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(picture alliance) Der Eichenprozessionsspinner ist nicht vom aussterben bedroht – leider

Der Gipfel in Rio - Wer früher ausstirbt, ist länger tot

Beim UN-Gipfel in Rio wurde einmal mehr die Chance vertan, Substantielles für unsere alte Erde zu tun. Für viele Tierarten wird es nun eng, sie könnten aussterben. Nicht dazu gehört der Eichenprozessionsspinner. Leider

Tiefe Augenränder, zerkratzte Arme, verquollene Lider. Kennen Sie den Eichenprozessionsspinner? Der Forstschädling legt seine Eier gerne in freistehende Bäume in der Nähe von Straßenlaternen. Die langen mit Widerhaken versehenen Härchen, die den Rücken seiner Raupen bedecken, fliegen bis zu 200 Meter weit und lösen bei sommerlich gestimmten Waldbesuchern fies juckende Stellen aus. Es soll bis zu zwei Wochen dauern, bis das Jucken nachlässt. Brandenburg hat gerade besonders damit zu kämpfen. Und ich.

Es gibt Tiere, die brauchen wir mehr und andere weniger. In Rio de Janeiro trafen sich in den vergangenen Tagen Menschen, denen unsere Welt und mit ihr die Lebewesen auf ihr sehr am Herzen liegen. Denn es gibt eine Menge von ihnen, die es wahrscheinlich nicht mehr lange machen. Darunter fällt leider nicht der Eichenprozessionsspinner, dafür aber 41 Prozent unserer Amphibien, 33 Prozent der Riffe bildenden Korallen, 25 Prozent der Säugetiere, 13 Prozent der Vögel und eine von fünf Pflanzenarten. 64.000 Pflanzen- und Tierarten hat die Weltnaturschutzorganisation IUCN (International Union for Conservation of Nature) untersucht, fast 20.000 von ihnen sind vom Aussterben bedroht. Schuld am Artenschwund ist nicht nur der Mensch – aber auch.

Man kann sich jetzt genüsslich zurücklehnen und sagen: Was macht es schon, wenn es ein paar Korallenarten weniger gibt? Wer braucht schon die Tigerpython in freier Wildbahn? Den Paradiesschnäpper? Nun sind viele der bedrohten Arten aber zuständig für das Leben auf unserem Planeten. Sie sind Quelle für Nahrung, für Medikamente, für sauberes Wasser. Wenn sie wegfallen, gefährden sie die Existenzgrundlage von Millionen Menschen, warnt IUCN-Chefin Julia Marton-Lefèvre und versuchte damit im Vorfeld des Rio+20-Gipfels Druck auszuüben auf die Politik. Die aber hat sich erfolgreich weggeduckt.

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1992, beim ersten UN-Gipfel dieser Art in Rio, lag Aufbruchstimmung in der Luft. Mit Macht und Engagement schrieb man sich damals gemeinsam nichts Geringeres als die Weltenrettung auf die Fahnen. Politiker zeichneten ein hehres Ziel: Alles ihnen Mögliche dafür zu tun, das Überleben der Wälder und Meere, der Menschen und Tiere unseres Planeten zu sichern. Man schmiedete Pläne, deren Vollstreckung allerdings schnell wieder an Schwung einbüßte.

Die Entdeckeratmosphäre von damals versuchen die Beteiligten nun vergeblich wieder zu erwecken. Der Geist der Klimarettung hat Staub angesetzt. Revoluzzergedanken, die mit dem Geruch nach Mottenkugeln einhergehen, finden nur schwer ihre Anhänger. Das haben auch die Politiker dieser Erde begriffen und so blieben jene, die der Veranstaltung Gewicht hätten verleihen können, wie Angela Merkel oder Barack Obama, fern. Allein Francois Hollande, noch neu in seinem Schloss, will hinter seine Wahlversprechen nicht so schnell zurückfallen und mischte sich unter die etwa 100 Staats- und Regierungschefs, die den Weg nach Brasilien auf sich nahmen.

Dabei hätte man sich all das Kerosin, das Geld für die Sicherheitsmaßnahmen und die Unterbringung der anspruchsvollen Persönlichkeiten sparen können. Um den Ärger gleich hinter sich zu haben, hatte man nämlich die gemeinsame Abschlusserklärung nach nächtlicher Diskussion noch vor der Veranstaltung unterschrieben. Mit den mickrigen Absichtserklärungen wurde der Gipfel damit beendet bevor er überhaupt anfing. Deutschlands neuer Umweltminister Peter Altmaier hatte verkündet, es sei besser, 70 Prozent seiner Ziele zu erreichen, als "in Schönheit zu sterben" und leer auszugehen. In Anbetracht der zweifelhaften Schönheit des Ministers eine Lose-Lose-Situation.

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