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Münchner Syrien-Konferenz - Eine Einigung, die den IS anspornt

17 Außenminister einigten sich gestern Nacht auf der Münchner Syrien-Konferenz auf humanitäre Hilfe. Das ist ein Erfolg. Nichtsdestotrotz gehen die Bombenangriffe der alliierten Streitkräfte und Russlands unvermindert weiter

Autoreninfo

Werner Sonne, langjähriger ARD-Korrespondent in Washington, ist der Autor mehrerer Bücher zu diesem Thema, u.a.  „Leben mit der Bombe“, sowie des jüngst erschienenen Romans „Die Rache des Falken“. 

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Damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich ist diese nächtliche Einigung in München ein großer Schritt nach vorn. Dass sich 17 Nationen einstimmig auf ein Ergebnis in diesem höllischen Konflikt verständigen, ist alles andere als selbstverständlich. Und dass sich die USA und Russland gemeinsam praktisch als die Oberaufseher des vereinbarten Prozesses erklären, gibt der Einigung ein erhebliches Gewicht.

Aber ebenso ist diese Rechnung ohne die wichtigsten Gegner gemacht worden – notwendigerweise, denn weder der Islamische Staat noch Al-Nusra saßen mit am Verhandlungstisch in der bayerischen Hauptstadt.

Russland wird Bombenangriffe auf Aleppo fortsetzen
 

Im Gegenteil, die Beschlusslage ist so, dass der Kampf gegen die Gruppen, die die Vereinten Nationen als Terrororganisationen benannt haben, ausdrücklich fortgesetzt wird, im Übrigen auch mit deutscher Beteiligung. Der Tornado-Einsatz wird, so sagt man in deutschen Regierungskreisen am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, unvermindert weitergeführt. Und damit auch der Bombenhagel der westlichen Koalition gegen den Islamischen Staat. Und natürlich auch der der Russen rund um Aleppo, zugunsten des Assad-Regimes.

Diese massive russische Unterstützung hat den Assad-Truppen Geländegewinne ermöglicht und damit eine verstärkte Überlebenschance. In Militärkreisen fragt man sich, ob die nicht zufällig verabredete Frist von einer Woche für ein angebliches Schweigen der Waffen den Russen ausreicht, ihre Ziele rund um Aleppo zu konsolidieren.

Wer also soll eigentlich mit dem Kämpfen aufhören? Die syrischen Regierungstruppen und die Kämpfer des sogenannten Freien Syriens, heißt es dazu. Die sollen dann in Genf weiterverhandeln.

Einigkeit in einem Punkt: Hilfe für die Zivilbevölkerung
 

Soweit der Plan. Ein Plan allerdings mit vielen entscheidenden Fragezeichen. Das wichtigste wurde in dieser Nacht in München erneut ganz klar. Auch wenn Russen und Amerikaner von der Notwendigkeit eines Übergangs zu einem politischen Prozess sprechen, so machte US-Außenminister John Kerry wieder einmal deutlich, dass die USA auf den Rückzug von Assad bestehen. Lawrow dagegen stieg ebenso klar auf die Bremse. Zu glauben, das würde den Frieden bringen, sei eine Illusion. Und damit bleibt der entscheidende Knackpunkt ungelöst.

Aber in einem Punkt herrscht immerhin Einigkeit: Ab sofort wird zumindest eine humanitäre Lösung angestrebt. Aus der Luft und auch am Boden soll möglichst unverzüglich mit Hilfslieferungen für die hungernde Bevölkerung begonnen werden. Ob das ausreicht, die menschliche Katastrophe und damit die neue Flüchtlingswelle der letzten Tage innerhalb Syriens mindestens zu begrenzen, muss sich erst noch zeigen.

Deshalb: Frieden? Beendigung der Kämpfe? Das kann diese Einigung auf absehbare Zukunft nicht bewirken, auch wenn ein erster Schritt getan ist. Der Islamische Staat wird sich dadurch angespornt fühlen, jetzt erst recht seine Positionen zu verteidigen. Bescheidene Hoffnungen muss man auf die Türkei und Saudi-Arabien setzen.

Russland hat sich mit seiner Beteiligung daran endgültig auf die Weltbühne als entscheidender Spieler zurückgekämpft. Das zumindest ist ein klares Ergebnis der Nacht von München.

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