
- Der Rasputin von Brüssel
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker macht den Deutschen Martin Selmayr zum neuen Generalsekretär der EU-Kommission. Ein brisante Personalie, denn Selmayr eilt in Brüssel der Ruf eines machthungrigen Egomanen voraus. Lesen Sie hier unser Portrait des Strippenziehers von Dezember 2017
Er hat den Ruf eines 150-prozentigen Europäers, der rücksichtslos für seine Politik kämpft. Als es im Frühjahr hieß, gegen EU-Gegner wie Geert Wilders oder Marine Le Pen mobil zu machen, war er wie selbstverständlich dabei. Doch im Gegensatz zu den besorgten Bürgern von Pulse of Europe, die nur in ihrer Freizeit für die EU werben, ist Martin Selmayr ein Profi, ein Überzeugungstäter. Er wirbt nicht für Europa, er macht Europa. Ob bei der Bertelsmann-Stiftung, in der Brüsseler EU-Kommission oder in den Brexit-Verhandlungen: Immer zieht Selmayr die Strippen, stets verbindet er seine Strategie mit einem Spin.
Jahrelang ist das gut gegangen, jedenfalls besser als erwartet. Als die EU in die Krise rutschte und die Medien nur noch negativ berichteten, verlegte er sich auf positive Botschaften. Als Europa unpopulär wurde, griff er zu populären Maßnahmen. Die Abschaffung der lästigen Roaming-Gebühren für Handys geht ebenso auf sein Konto wie das milliardenschwere Investitionsprogramm, mit dem Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2014 in sein Amt startete.