Dan Caine
General Dan Caine von der US-Luftwaffe berichtet über die Angriffe auf Iran, 22.06.2025 / picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon

Lage im Luftkrieg gegen Iran - Trump signalisiert Unterstützung für Machtwechsel im Iran

US-Präsident Trump spricht nach den Luftangriffen auf den Iran offen von erwünschtem Machtwechsel. Israels Regierungschef Netanjahu will keinen Zermürbungskrieg.

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US-Präsident Donald Trump deutet nach den Bombardierungen der Atomanlagen im Iran durch das US-Militär Unterstützung für einen Wechsel der Führung der Islamischen Republik an. „Es ist nicht politisch korrekt, den Begriff «Regime Change» zu verwenden“, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. „Aber wenn die derzeitige iranische Führung nicht in der Lage ist, den Iran wieder großartig zu machen, warum sollte es dann nicht einen Regime Change geben??? MIGA!!!“

Mit dem Kürzel aus vier Buchstaben spielte Trump auf seinen Slogan „Make America Great Again“ (MAGA) an – das I soll für Iran stehen. Die USA rechtfertigen ihre Angriffe auf die iranischen Atomanlagen mit der Gefahr einer nuklearen Bewaffnung Teherans. US-Außenminister Marco Rubio hatte in einem Interview des Senders CBS erneut betont, die Angriffe hätten nicht das Ziel gehabt, die iranische Führung zu stürzen. Ähnlich hatten sich Verteidigungsminister Pete Hegseth und Vizepräsident JD Vance geäußert.

Unterdessen setzt Israels Luftwaffe ihre Angriffe im Iran am Morgen fort. Es würden militärische Infrastrukturanlagen im iranischen Kermanschah attackiert, teilte die israelische Armee auf Telegram mit. Details wurden nicht genannt.

Irans Außenminister will Putin treffen

Irans Außenminister Abbas Araghtschi will nach eigenen Aussagen heute in Moskau zu Gesprächen mit Kremlchef Wladimir Putin zusammenkommen. Moskau und Teheran hatten in diesem Jahr eine strategische Partnerschaft beschlossen. Sie enthält aber keine Klausel über einen militärischen Beistand. Die Außenminister der EU-Staaten beraten heute in Brüssel über die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten. Es wird vor allem um die Frage gehen, wie die Europäer möglicherweise zu einer Rückkehr zur Diplomatie beitragen können.

In Wien kommt heute die Internationale Atomenergiebehörde IAEA zu einer Sondersitzung zusammen. US-Präsident Trump will sich nach Angaben des Weißen Hauses um 1900 Uhr MESZ mit seinem Sicherheitsteam treffen. 

Israel setzt Angriffe fort

Der Verbündete Israel setzte unterdessen seine Luftangriffe im Iran fort. Kampfflugzeuge attackierten nach Armeeangaben militärische Ziele wie Raketenabschussvorrichtungen, Militärsatelliten und Radaranlagen. Irans Staatsfernsehen meldete Explosionen im Osten der Hauptstadt Teheran. Iran griff daraufhin in der Nacht erneut Israel an, diesmal laut örtlichen Berichten aber nur mit einer Rakete. Sie sei abgefangen worden, Verletzte gab es keine.

Die US-Streitkräfte hatten zuvor im Iran mit bunkerbrechenden Bomben die tief in einem Berg gelegene Uran-Anreicherungsanlage Fordo und die Atomanlage in Natans attackiert. Zudem wurden nach Angaben des US-Militärs die Atomanlagen in Isfahan von einem U-Boot mit Marschflugkörpern beschossen. Die USA hätten der stark gesicherten Anlage Fordo „sehr schweren Schaden» zugefügt, sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu laut der Times of Israel. Einzelheiten zum genauen Ausmaß der Schäden nannte er jedoch nicht.

Trump beteuert: „Monumentale“ Schäden  

Wie groß die erzielten Schäden an den Atomanlagen seien, werde geprüft, betonte US-Generalstabschef Dan Caine. Der oberste Militär der USA widersprach damit indirekt Präsident Donald Trump, der kurz nach den Angriffen von einer völligen Zerstörung gesprochen hatte. Auf seiner Plattform Truth Social verteidigte Trump seine Wortwahl. Wie Satellitenbilder zeigten, seien alle Atomanlagen im Iran „monumental“ beschädigt worden. Die größten Schäden seien weit unter der Erdoberfläche entstanden. Die Formulierung der vollständigen Zerstörung sei zutreffend, behauptete Trump.  

„Zu diesem Zeitpunkt ist niemand – auch nicht die IAEA – in der Lage, unterirdische Schäden an Fordo zu bewerten», sagte dagegen der Chef der Internationalen Atomenergieagentur IAEA, Rafael Grossi, bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. An der Anlage seien Krater zu sehen. In Isfahan seien anscheinend Tunneleingänge, die zur Lagerung von angereichertem Material benutzt worden seien, getroffen worden. In Natans sei eine Kraftstoffanreicherungsanlage getroffen worden. Laut dem Iran gebe es außerhalb der drei Anlagen keinerlei Strahlungsanstieg, berichtete Grossi.

Wird der Iran Vergeltung üben?

Der Iran drohte den USA mit Konsequenzen. Zu möglichen Gegenschlägen des Irans könnten weitere Luftangriffe auf Israel, Attacken auf US-Truppen im Nahen Osten, Terroranschläge in den USA sowie eine Schließung der Schifffahrtsstraße von Hormus gehören. US-Außenminister Rubio warnte Teheran davor, die für Öltransporte aus dem Persischen Golf wichtige Seeroute zu blockieren. Zugleich gab sich Washington aber weiter gesprächsbereit gegenüber der Führung in Teheran.

Ob der Iran Vergeltung üben wird, bleibt abzuwarten. Fraglich ist jedoch, ob die Islamische Republik nach den massiven Raketenangriffen auf Israel und der Zerstörungen vieler seiner Abschussrampen und Raketenlager durch die israelische Luftwaffe überhaupt noch zu größeren Angriffen in der Lage ist. „Aber wir wissen, dass der Iran über andere Fähigkeiten verfügt“, zitierte das Wall Street Journal Michael Singh vom Washington Institute for Near East Policy. Dazu gehörten die Cyberkriegsführung und verbündete Terrorgruppen. 

US-Behörden warnen Staatsbürger vor erhöhter Gefährdungslage

Das US-Außenministerium rief amerikanische Staatsbürger denn auch weltweit zu besonderer Vorsicht auf. Es bestehe sowohl im Inland als auch im Ausland ein erhöhtes Risiko, heißt es auf der Website der Behörde. Reisende wurden aufgefordert, sich vor Auslandsaufenthalten über aktuelle Reisehinweise und mögliche Sicherheitswarnungen zu informieren. Zuvor hatte bereits das US-Heimatschutzministerium vor einer Bedrohungslage im eigenen Land gewarnt. Der Konflikt mit dem Iran erhöhe die Gefahr von Cyberangriffen proiranischer Akteure sowie von gewaltsamen Übergriffen extremistischer Einzeltäter.

„Wir werden uns nicht in einen Zermürbungskrieg hineinziehen lassen – aber wir werden diese historische Operation auch nicht beenden, bevor wir alle unsere Ziele erreicht haben“, sagte Israels Regierungschef Netanjahu laut der Nachrichtenseite Ynet in Jerusalem in Bezug auf den andauernden Krieg im Iran und im Gazastreifen. „Wir kommen diesen Zielen Schritt für Schritt näher. Wir sind kurz davor, sie zu erreichen“, wurde er von der Times of Israel zitiert.

Europäer rufen Iran zu Verhandlungen auf

Die Bundesregierung warnt unterdessen nach den US-Angriffen im Iran vor weiterer Eskalation in Nahost. Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Keir Starmer rief Bundeskanzler Friedrich Merz den Iran zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Außenminister Johann Wadephul verlangte, Teheran müsse direkte Gespräche mit den USA aufnehmen. Der Iran lehnt weitere Gespräche jedoch strikt ab.

dpa

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Brand, A. | Mo., 23. Juni 2025 - 11:54

zu kommen ist ehrenwert, wenn auch vermutlich wenig erfolgversprechend. Allerdings verstehe ich nicht, warum ausgerechnet der Iran jetzt an den Verhandlungstisch soll, die Ukraine aber seit Jahren daran gehindert wird Verhandlungen mit Rußland aufzunehmen.

Israel darf seine Interessen ohne Rücksicht auf das Völkerrecht respektive eine tatsächliche Bedrohungslage durchsetzen, Rußland aber offensichtlich nicht. Im Kreml sitzt ein kriegsgeiler Wahnsinniger der die Weltherrschaft an sich reißen will, Netanjahu ist der Held der die „Drecksarbeit“ für uns alle erledigt.

Es lebe die Doppelmoral!

Ernst-Günther Konrad | Mo., 23. Juni 2025 - 15:16

Was von den Äußerungen zum Thema Iran von Trump kommt, da bin ich äußerst zurückhaltend in der Bewertung. Mal wollte er nicht, das Ali Chamenei unmittelbar ausgeschaltet wird, jetzt ist er einem Regime change nicht abgeneigt. Mal braucht er 14 Tage Bedenkzeit, dann aber läßt in kürzester Zeit bombardieren und der spricht von einem mehrere Monate vorbereiteten Angriff. Nur vor mehreren Monaten hat Israel den Iran noch nicht angegriffen. Ich weiß nicht, was Taktik, was bewusstes Blendwerk bzw. Täuschung ist, was einfach nur großmäulig oder gezielte Desinformation ist. Mal will er keinen Krieg, holt Soldaten zurück, dann beteiligt er sich mit Bunkerbomben und tritt in den Krieg ein, obwohl er - die USA- nicht mehr Weltpolizist sein will. In diesem Punkt bin ich skeptisch über die Entscheidungen Trumps, ob sie seine reine Überzeugung wiederspiegeln oder doch von wem auch immer unter erheblichem Druck auf ihn zustande gekommen sind. Auch er ist nicht in allem frei in seiner Entscheidung.

Ja, Israel hat erst kürzlich angegriffen, es ist aber sehr wahrscheinlich, daß Israel diesen Angriff seit Monaten plant (Netanjahu will das je nach Quelle schon seit 30 Jahren) und die VSA eingebunden hat.

Die Rolle als Weltpolizist sehe ich hier nicht, Israel ist, vermutlich wegen des sehr großen Einflusses jüdischer Personen auf die Regierung und die Wirtschaft der VSA, quasi der 51. state of America. Trump mußte hier trotz anderslautender Versprechen eingreifen und ja, auch ich halte es für wahrscheinlich, daß Druck auf ihn ausgeübt wurde. Ich glaube das sich der Widerstand in den VSA gegen diesen Einsatz in Grenzen halten wird so lange keine Bodentruppen eingesetzt werden.

Zu den 14 Tagen, es kann sein, daß Taktik dahinter steckt, der Iran rechnete in 14 Tagen mit einem Angriff, Trump nutzte die Gunst der Stunde, um den Iran unerwartet zu treffen. Angeblich ist Israel auch nicht in der Lage diese Bunkerbrechenden Bomben ans Ziel zu bringen.

Klaus Funke | Mo., 23. Juni 2025 - 17:01

ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Hinzu kommt noch, Israel besitzt seit langem "illegal" Atomwaffen, duldet aber gleiche Ambitionen bei seinem Gegner nicht. Begründung: Der Iran sei ein potenzieller Aggressor. Israel überfällt seine Nachbarn seit Jahren (Syrien, Libanon etc.). Der Iran unterdrücke seine Opposition, Israel begeht an den Palästinensern ungehindert und ungeniert Völkermord. "Quod licet Jovi, non licet bovi" (Was dem Jupiter erlaubt ist, das ist dem gemeinen Vieh (Bovi = Rindvieh) noch lange nicht erlaubt." So wird mit zwei Gradmessern seit langem schon gemessen. Und unsere Politiker sagen uns, wer die Guten und wer die Bösen sind. Wem was erlaubt ist und wem nicht. Ich sage hier nicht (damit ich veröffentlicht werde), dass ich die Iraner hasse und die Juden liebe. Nein, ich hasse beide nicht und liebe sie auch nicht. So wie ich Herrn Merz nicht liebe und auch nicht Frau Reichinnek, ebenso Frau Dr. Weidel und Herrn Klingbeil nicht... auch nicht den CICERO.

Christoph Kuhlmann | Di., 24. Juni 2025 - 07:45

Man kann nur schwer beurteilen, ob das Regime schwankt oder nicht. Die Spitzen sind bis auf Chamenei bereits mehrmals ausgeschaltet worden, aber was ist mit dem Mittelbau und der breiten Masse an Bütteln der Mullahs? Wer schaltet die aus? Das ist aus der Luft nicht zu bewerkstelligen und kann zu einem langen Bürgerkrieg führen. Die Stimmung im Land ist in einer Diktatur nur schwer zu beurteilen.