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Krisentreffen in Paris - Keine Rettung um jeden Preis

Nach dem Referendum der Griechen beraten sich die zwei größten Nationen der Eurozone in Paris. Frankreichs Präsident Hollande will unter allen Umständen einen Grexit verhindern. Angela Merkel pocht auf die Einhaltung von Regeln. Wie soll da eine Einigung zustande kommen?

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Judith Hart ist Ressortleiterin Weltbühne bei Cicero

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Was schädigt Europa mehr? Die Rettung der Griechen um jeden Preis, selbst unter Bruch aller Regeln? Oder das Bestehen auf Regeln, selbst dann noch, wenn Griechenland Bankrott und Armut drohen – und Europa Hilfe leisten muss? Das ist die Frage, die die Eurozone nicht nur seit dem stolz hinaus geschleuderten „Oxi“, dem „Nein“, der Griechen beschäftigt.

In dieser Krise sind die beiden größten Nationen der Eurozone gefordert: Frankreich und Deutschland. So ist es nur folgerichtig, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel unmittelbar nach dem Referendum nach Paris reiste, um sich mit Frankreichs Staatspräsident François Hollande abzustimmen.

Frankreich und Deutschland sind die zentralen Nationen des europäischen Projekts. Und es sind diese beiden Politiker, deren Karrieren zutiefst mit dem Erfolg – oder eben Misserfolg des europäischen Projekts verbunden sind. Scheitert der Euro, dann würden wohl auch Merkel und Hollande scheitern.

Aber ist man sich einig, wie man die Eingangsfrage beantworten will? Noch nach dem „Greekend“, als Griechenlands Premier Alexis Tsipras alle mit der Idee eines Referendums überraschte, waren sich die Euromitgliedstaaten, EZB und der IWF einig: Jetzt gebe es keine Verhandlungsgrundlage für ein weiteres Hilfspaket mehr.

Und nun? Bröckelt die Einigkeit. „Ein guter Europäer ist nicht der, der eine Einigung um jeden Preis sucht. Ein guter Europäer ist vielmehr der, der die europäischen Verträge und das jeweilige nationale Recht achtet und auf diese Weise hilft, dass die Stabilität der Eurozone keinen Schaden nimmt”, sagte Merkel noch in ihrer Regierungserklärung vom 1. Juli vor dem Bundestag. Würde die Kanzlerin zu markigen Worten neigen, dann hieße das wohl: Wer sich nicht an die Regeln hält, fliegt.

Und nun? Lautet die Formel, auf die sich Merkel mit François Hollande nach dem „Nein“ der Griechen verständigt hat: „Die Tür für Gespräche bleibt offen.“ Damit hat sich die Kanzlerin auf den Franzosen zubewegt. Hollande sieht sich und Frankreich immer noch als Vermittler zwischen dem Süden und Norden der EU. Noch kurz vor dem Abbruch der Verhandlungen durch die griechische Delegation erklärte er: „Ich glaube, dass wir immer eine Übereinkunft suchen müssen.“ Er will unter allen Umständen einen Grexit verhindern.

Angst vor einem neuen Versailles
 

Hollandes Nachsicht ist vor allem auch auf die Lage seines eigenen Landes zurückzuführen. Immerhin gehört auch Frankreich zu den Regelverletzern. Vielleicht noch wichtiger: Hollande sitzt der linke Flügel der eigenen Partei sowie die radikale Linke im Nacken. Beide fordern wie Syriza ein Ende der Sparpolitik und fühlen sich jetzt im Aufwind. So erklärt Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis: „Die Griechen haben nicht gegen Europa gestimmt, sie haben nur gegen die europäische Austeritätspolitik gestimmt.“ Hinzu kommt die Angst, dass als Folge eines Grexits Frankreich höhere Zinsen für Staatsanleihen zahlen müsste. Vorsichtshalber erklärte Wirtschaftsminister Emmanuel Macron bereits, dass es keinen „neuen Versailler Vertrag der Eurozone“ geben dürfe. Zwang oder Strafe, heißt das in der Übersetzung, werden nichts weiter hervorbringen als weitere Revanchegelüste.

Angesichts der eigenen angeschlagenen Wirtschaft könnte Hollande also eher zu Zugeständnissen gegenüber Griechenland versucht sein als Merkel. Aber auch ihr sitzt die eigene Partei im Nacken. Mehrere CDU-Abgeordnete haben signalisiert, sie wollten ihre Zustimmung für ein weiteres Hilfspaket für Griechenland verweigern. Europa durch Nachsichtigkeit retten, wäre also die französische Antwort. Europa durch die Einhaltung der Regeln stärken die deutsche. Aber klar ist auch: „Es wird keine Lösung geben, wenn es zwischen Angela Merkel und Francois Hollande nicht zu einer tiefgehenden, wahrhaftigen Unterredung kommt“, prognostizierte der französische Finanzminister Michel Sapin.

Es ist Europa nie gut bekommen, wenn sich Deutschland und Frankreich haben dividieren lassen. Was also rettet Europa? Vielleicht einigen sich Merkel und Hollande auf den einen oder anderen Weg. Wahrscheinlicher ist es, dass sie es mit echter europäischer Politik versuchen. Die bedeutet immer noch: einen Konsens zwischen den beiden Wegen suchen und Griechenland weiter von der Notwendigkeit wenigstens einiger Reformen zu überzeugen, damit man dann Nachsicht walten lassen kann.

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