
- „Ich habe wirklich Angst“
Die israelische Regierung warnt Teheran vor einem weiteren Raketenbeschuss – ansonsten werde „Teheran brennen“. Nach Expertenmeinung ist das iranische Atomprogramm bei den bisherigen israelischen Angriffen nicht entscheidend geschwächt worden.
Im Krieg zwischen Israel und dem Iran steuern die beiden Erzfeinde auf eine Eskalation ihrer gegenseitigen Angriffe zu. Dabei könnten auch iranische Öl- und Gasanlagen sowie Handelsrouten für Erdöl und wichtige Versorgungsgüter ins Visier geraten und andere Mächte wie die USA in den Konflikt hineingezogen werden. Experten rechnen damit, dass der Krieg noch längere Zeit andauern wird.
Seit der Nacht zu Freitag führt Israel ein Großangriff auf iranische Atomanlagen, führende Militärs und Atomwissenschaftler sowie Verteidigungsstellungen und Städte. Der Iran wertet die Welle von Luftattacken als Kriegserklärung.
Tote und Verletzte in Israel und im Iran
In der Nacht zu Samstag schoss der Iran dann Hunderte Raketen und Drohnen in Richtung Israel ab, die auch im dicht bevölkerten Großraum von Tel Aviv einschlugen. Es gab mindestens drei Tote und etwa 70 Verletzte in Israel. Im Iran wurden durch die israelischen Angriffe nach Angaben von UN-Botschafter Amir Saeid Iravani fast 100 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt. Die meisten Opfer seien Zivilisten, unter ihnen Frauen und Kinder, sagte er vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Verteidigungsminister Israel Katz drohte dem Iran und seinem obersten Führer Ali Chamenei bei weiteren Angriffen auf zivile Gebiete im Land mit schweren Konsequenzen. „Falls Chamenei weiter Raketen auf die israelische Zivilbevölkerung abfeuert, wird Teheran brennen“, sagte Katz nach einer Besprechung mit dem Generalstabschef laut Mitteilung.
Zuvor war ein israelischer Sicherheitsbeamter in Medien mit der Aussage zitiert worden, Israel werde iranische Öl-Anlagen ins Visier nehmen, wenn der Iran Bevölkerungszentren in Israel angreifen sollte. Die israelische Armee teilte nach den intensiven Angriffen auf die iranische Luftabwehr mit, die Luftwaffe habe nun „freie Bahn nach Teheran“. Ein iranischer General drohte mit der Sperrung der für den Ölhandel wichtigen Straße von Hormus am Persischen Golf.
Israel verteidigt Angriff auf Atomanlagen
Israels Präsident Izchak Herzog begründete den Großangriff auf den Iran mit einer existenziellen Bedrohung des jüdischen Staates, sollte der Iran Atombomben erlangen. Der Iran hat das stets bestritten, Uran aber so hoch angereichert, wie es nur für den Bau von Waffen notwendig wäre. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hatte bis zuletzt keine Hinweise darauf gesehen, dass Irans Führung eine endgültige Entscheidung zum Bau von Atomwaffen getroffen habe.
Israels scharfe Drohungen könnten Sympathien bei jenen Iranerinnen und Iranern kosten, die ihrer Regierung ohnehin kritisch gegenüberstehen. „Ich fühle nichts mehr. Mir ist alles egal. Schon lange bedeutet mir dieses Land nichts mehr“, sagte ein 27-Jähriger aus Teheran. „Die Lage im Iran war doch schon immer schlecht.“ Zuhause liegen die Eltern im Streit. Der Vater empfindet gar Schadenfreude über die Tötung von Kommandeuren der Revolutionsgarden. Besonders beliebt ist die Militärführung des Landes nicht. Die Mutter ist traurig, blickt mit Entsetzen auf die Bilder von zerstörten Gebäuden und toten Kindern.
Unter den Menschen in Israel ist das Vertrauen in die israelischen Sicherheitsbehörden zwar groß. In der vergangenen Nacht wurden die Bewohner des Landes jedoch mehrfach von Sirenen aufgeschreckt, um sich anschließend in Bunkern in Sicherheit zu bringen. Bei vielen besteht die Sorge, der Krieg mit dem Iran und die schweren Raketenangriffe könnten sich hinziehen. Nach der vergangenen Nacht sagt der US-amerikanische Student David (22), der im Zentrum von Tel Aviv wohnt: „Ich habe große Sorge, dass die Angriffe noch schlimmer werden. Ehrlich gesagt habe ich auch wirklich Angst.“
Heftiger gegenseitiger Beschuss
Israel wurde nach Angaben der Streitkräfte im Morgengrauen erneut mit Raketen und Drohnen angegriffen. Die meisten der Geschosse hätten abgefangen werden können. Jedoch gab es Zerstörungen an Wohnhäusern unter anderem in Tel Aviv. Auch in Irans Hauptstadt Teheran war in der Nacht Berichten zufolge wieder die Luftabwehr aktiv. Augenzeugen und örtliche Medien meldeten Explosionen im Zentrum und Nordosten der Millionenstadt.
Nach Einschätzung der israelischen Iran-Expertin und ehemaligen Mossad-Mitarbeiterin Sima Shine ist das iranische Atomprogramm bei den bisherigen israelischen Angriffen nicht entscheidend geschwächt worden. Getroffen wurden nach israelischen Angaben seit Beginn des Einsatzes unter anderem die Uran-Anreicherungsanlage Natans. Der Iran habe dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, zudem mitgeteilt, dass auch die Atomanlagen in den Städten Isfahan und Fordo angegriffen worden seien.
Israel ist die einzige Atommacht in der Region. Es ist eine seit Jahrzehnten bestehende Doktrin Israels zu verhindern, dass feindliche Länder in der Region in den Besitz von Atomwaffen gelangen, und die Existenz des jüdischen Staates gefährden.
Israel befolgt bei Angriffen „Hisbollah-Drehbuch“
Die Nahost-Expertin Maha Jahja, Direktorin des Carnegie Middle East Centers, sagte CNN, Israel befolge ein Drehbuch wie im Kampf gegen die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon. Auch dort sei nach und nach die gesamte Führung ins Visier geraten und ausgeschaltet worden. Israel verfolge eine zweigleisige Strategie. Es ziele auf Irans Atomprogramm und versuche zugleich, die Führung in Teheran zu destabilisieren. Dazu passe auch der Aufruf von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu an die Iraner, sich gegen die eigene Führung zu erheben. Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben bisher mehr als 20 iranische Kommandeure gezielt getötet.
Seit rund zwei Monaten verhandelten Washington und Teheran eigentlich über das umstrittene Atomprogramm – zuletzt jedoch ohne Fortschritte. Für Sonntag war eigentlich eine neue Gesprächsrunde angesetzt. Der Krieg zwischen Israel und Iran macht eine weitere Verhandlungsrunde zwischen Teheran und Washington äußerst unwahrscheinlich. Angesichts der israelischen Angriffe sei eine Fortsetzung der indirekten Verhandlungen zwischen mit den USA nicht zu rechtfertigen, sagte Irans Außenminister Abbas Araghtschi in einem Telefonat mit der EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas. dpa
Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.
"Obwohl Netanjahu den Befehl für den Schlag gegen den Iran gegeben hat, liegt die eigentliche Schuld für den Krieg, der derzeit stattfindet, bei der Partei, die derzeit an der Seitenlinie steht: den Vereinigten Staaten.
Alle vier der letzten US-Präsidenten haben entscheidend dazu beigetragen, dass Israel keine andere Wahl blieb, als alles auf eine militärische Aktion zu setzen, um sicherzustellen, dass Teherans nukleare Ambitionen nicht verwirklicht werden können.Hätte Washington in den letzten 20 Jahren zu irgendeinem Zeitpunkt entschlossen gehandelt, um der iranischen Bedrohung zu begegnen, wäre es nicht Netanyahu und Israel überlassen geblieben, die Drecksarbeit zu erledigen, zu der die Führer der westlichen Welt nicht bereit waren. Tatsächlich verteidigt Israel mit seinem Vorgehen nicht nur sich selbst, sondern die ganze Welt, die von seinen Bemühungen profitiert, ein terroristisches Regime daran zu hindern, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen."
Ganzer Text bei Audiatur online
"Dazu passe auch der Aufruf von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu an die Iraner, sich gegen die eigene Führung zu erheben." - Dieser Aufruf eines israelischen Ministerpräsidenten ist absurd und kirre. Zudem ist schwer vorstellbar, dass eine Mehrheit des Iran auf einen Juden höre.
Netanjuhus Worte, die auf einen beabsichtigten Regime-Change hinweisen und offenbar das eigentliche Ziel der Aktion sind, deuten an, wer hinter all dem steht - die USA. Seit Jahren will die USA das Mullah-Regime im Iran beseitigen. Nicht nur, weil der Iran die USA im Nahen Osten beim Ölraub stören, sondern auch weil sie seit den Tagen der Anti-Schah-Revolution eine offene Rechnung mit den Persern haben. Auch damals durckreuzte man mit dieser Revolution die perfiden USA-Pläne, welche auf Ausbeutung der Ölvorräte gerichtet waren. Es ist immer das gleiche Spiel. Redensarten von Menschenrechten und Demokratie, die man den Persern beibringen wolle, sind nur heuchlerische Fassade. Den USA geht es immer ums Geld und um Geopolitik. Wie sagte Gorbatschow? Die USA wären die Pest der Welt. Recht hat er, wiewohl er selber auch nur ein Maulheld war. Also macht Israel den Vollstrecker der USA und begründet alles - wie primitiv und durchsichtig - mit dem Existenzrecht. Präventivschlag = Angriffskrieg
So sehr ich das Verhalten der israelischen Regierung nachvollziehen kann, frage ich mich doch, ob die Mehrheit der Israelis diesen Angriff wollten. Und wenn ich jetzt noch hier lese, dass die Ziele eine Zerstörung oder zumindest Verhinderung des Atomwaffenausbaus bislang nicht erreicht wurde, könnte es im israelischen Volk schnell dazu kommen, dass man das Vertrauen in Netanjahu/Regierung schnell entzieht. Teheran ist eine Verbrecherregierung, das wissen wir sicher hier alle. Und dennoch muss man auch mit solchen Leuten reden, egal was die Auslöschung führender Mullahs und Generäle erreicht. Alle wird man nicht bekommen und wenn man wirklich Frieden dort will, muss das iranische Volk sich selbst befreien. Es bleibt abzuwarten, wie Russland und die USA sich weiter verhalten werden. Wenigstens telefonieren die Großmächte miteinander.
Solange die IDF die Atominfrastruktur nicht aus der Luft zerstören kann, entweder sie greifen die verbunkerten Anlagen mit Luftlandetruppen und großen Mengen Sprengstoff an, oder sie stürzen wirklich das Mullah-Regime. Die Bevölkerung des Iran besteht zu 50 % aus religiösen und ethnischen Minderheiten, mit zahlreichen Milizen. Die könnte man bewaffnen und ein blutiges Chaos auslösen lassen. Zudem leben 76 % der Iran in den Städten, wo in der Regel ein höheres Bildungsniveau herrscht als auf dem tief religiösen Lande, wo die Mullahs den größten Rückhalt haben. Bedenkt man dass ein großer Teil der ethnischen und religiösen Minderheiten ebenfalls auf dem Lande lebt so bleibt von den 24 % Landbevölkerung nicht mehr viel übrig auf dass sich das Regime stützen kann. Ihre beste "Waffe" sind wohl die ca. 150 000 Revolutionswächter. Die Enthauptung und Zersetzung von Terrororganisationen hat Israel bereits erfolgreich angewendet. Sie können also die Organisationen oder die Hardware zerstören.
Wenn das Atomprogramm des Iran durch die israelischen Angriffe nicht entscheidend geschwächt wurde, gehe ich mal davon aus, dass dies auch nicht von Israel beabsichtigt war.
Ich empfehle direkte Verhandlungen zwischen dem Iran und Israel, eine offizielle Anerkennung Israels und die Aufnahme diplomatischer und ökonomischer Verbindungen.
Da sind die USA sogar evtl. eher contraindiziert.
Die turk-arabischen Großmächte müssen Israel die Hand reichen, denke ich mal.
An Israel
Heißt es nicht in einem bedeutenden Psalm "Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde..."
Da heißt es nicht, bringt euch alle gegenseitig um?
Nun, da sich Asien koordiniert und Amerika "erwacht", von der Warte des Restes der Welt.
Das ist immer noch viel und umfasst evtl. Europa, Turk-Arabien und Afrika.
Das klingt ein bisschen schematisch und ist es vielleicht auch.
Ich orientiere mich vage an kulturellen Räumen und deren Zu-ordnungen.
Die Unterschiede sind marginal, gemessen an der Weite des Kosmos, dann aber wieder doch noch wahrnehmbar?
Langfristig werden sie sich vielleicht im großen Miteinander einebnen, aber das sollte das Resultat von selbstbestimmtem und verstehendem Zusammenwachsen (Respekt) und nicht das von grassierendem Chaos sein.
Jedenfalls hielte ich das für klüger und es böte so weniger Fläche für Friktionen.
Eher also könnte es sein, dass Israel mit seinen turk-arabischen Nachbarn zusammenwächst, als mit den USA.
Mir ist das ohnehin lieber, stärkt es doch ordnungspolitische Aspekte im globalen Miteinander.
Es geht mir nicht um ein Verordnen, sondern um die Kraft zu gestalten.