Gericht
Gerichtsgebäude in Denver, Colorado / picture alliance / imageBROKER | Marc Rasmus

„Jury Duty“ in den USA - Wenn Bürger zu Richtern werden

Geschworenendienst gilt in den USA als Symbol demokratischer Teilhabe. Doch wer einmal im Gerichtssaal sitzt, erlebt schnell die Schwere dieser Aufgabe. Die „Jury Duty“ zeigt, wie aus patriotischem Pflichtgefühl seelische Belastung werden kann.

Autoreninfo

Lisa Davidson ist Journalistin, freie Autorin und Podcast-Host. Sie lebt in Virginia, USA. 

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Vor einigen Wochen flatterte auch bei mir wieder einmal der Brief mit der Aufforderung zur „Jury Duty“ ins Haus. In den USA gilt dies als unverrückbare Bürgerpflicht, ähnlich dem Wahlrecht. Wer zufällig ausgewählt wird, muss im Zweifel tagelang im Gerichtssaal sitzen und über Schuld oder Unschuld entscheiden. Ich selbst bin bislang immer drum herum gekommen, da ich zwei Kinder unter zwölf Jahren im Haus habe und mein Mann beruflich oft außer Landes ist – eine der anerkannten Ausnahmen. Auch gesundheitliche Einschränkungen, finanzielle Härtefälle, bestimmte Berufe oder bereits gebuchte Auslandsreisen können Befreiungsgründe sein. Für die meisten jedoch gibt es kein Entrinnen.

Für Nicht-Amerikaner ist es oft schwer nachzuvollziehen, dass „Jury Duty“ quasi als patriotischer Akt gilt. Sie gilt als sichtbares Zeichen bürgerlicher Verantwortung und Gleichberechtigung. Wer berufen wird, erfüllt damit ein Versprechen, das tief in der amerikanischen Identität verankert ist: Jeder ist Teil des Rechtssystems – nicht nur als Beobachter, sondern als handelndes Mitglied der Demokratie. Gerade deshalb wird die Pflicht zur Teilnahme oft mit einem gewissen Stolz verbunden, auch wenn die Realität für viele weit weniger idealistisch ist. Denn es hat schon seinen Grund, dass „Jury Duty“ tatsächlich als Duty bezeichnet wird. Es ist eine Pflicht, keine Einladung.

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Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 14. Oktober 2025 - 10:12

In der Tat kann man sich das als begeisterte Film- und Serienschauende sehr gut vorstellen, denn dem Zuschauer wird nicht selten Gewalt, wie auch immer zu bedenken und zu gewichten, aber eben aufs Auge gedrückt.
Die Serie "Staircases"(WOW) hat mir trotz Diversität und queeren Momenten einiges abverlangt.
Mittlerweile lasse ich mir Zeit und halte die Hand vor Augen.
Das kann man als Geschworene eben nicht.
Ich hoffe sehr, dass die Autorin mit dazu beitragen kann, dass das US-Justizsystem in Richtung letzte Verantwortung des Richters* geändert und für psychologische Betreuung der Geschworenen gesorgt wird.
Da ich durch die Serie "Blue Bloods" nach langer Zeit wieder in US-amerikanische Polizei- und Gerichtsverhältnisse eintauchte, ich begann mit "How to kill a mockingbird" als Kind, möchte ich dennoch auch Veränderungen bei der Polizei anraten.
Man geht doch kaputt bei der Belastung?
Es wächst die Erfahrung, andererseits rettet man sich vielleicht nur durch Abstumpfung?
GUTE BEZAHLUNG

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 14. Oktober 2025 - 12:36

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

Vetorecht belassen.
Bei der Serie "Staircases" mit wirklich hochkarätiger Besetzung, hätte sich aber auch ein Richter* irren können.
Dem kann man evtl. nur dadurch vorbeugen, dass ein reiner Indizienprozess nicht zu einer Verurteilung führen darf.
Das ist manchmal sicherlich viel verlangt, aber die Würde des Angeklagten zählt bis zum Nachweis der Schuld.
Bei genannter Serie hatte ich z.B. das Gefühl, dass man dem Angeklagten nur nicht auf die Schliche kam, denn die Serie strotzte meinem Empfinden nach nur so von "Beziehungslosigkeit".
Diese Beziehungslosigkeit könnte vielleicht ein Problem der heutigen USA sein und dem hilft man auch nicht mit dem besten Justizsystem auf.
Mit RESPECT dagegen schon.
Der Film "Die 12 Geschworenen" hatte mich auch schwer beeindruckt.
Schön zu wissen, dass im Forum einige Filmbesehene unterwegs sind.

Ernst-Günther Konrad | Di., 14. Oktober 2025 - 10:17

Ein hervorragender Film mit klasse Schauspielern, die 1957 unter der Regie von Sydney Lumet für mich prägend aufzeigten, was alles in einer Geschworenen Beratung mit den Menschen geschehen kann. Denn alles was Sie beschreiben Frau Davidson erinnert mich an diesen Film. Und ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass gerade Menschen, die im normalen Alltag mit so etwas eigentlich nicht in Berührung kommen, sehr wohl darunter leiden und schwere Schäden davon tragen. Dennoch finde ich das System richtig und gut, nur, und auch da bin ich völlig einer Meinung it Ihnen und der Bundesrichterin, da braucht es professionelle Hilfe/Betreuung. Sonst geht das auf Dauer schief. Künstliche geschaffene menschliche Wracks nach solchen Dienten braucht die Gesellschaft nun wahrlich nicht.

IngoFrank | Di., 14. Oktober 2025 - 16:45

demokratischer Staat seinen Bürgern aufbürden ….“
Gegenfarage: wieviel an „Staatspflichten“ darf ein Staat (wobei mit in diesem Zusammenhang das Wort Staat missfällt, bessere „Regierung die sich Mehrheiten, innerhalb der vom Volk gewählten Parteien und Kandidaten gesucht hat“ ) denn gegenüber seinem Volk verletzen ?
Die da z. B. I d BRD wären :
Die Frage der Inneren und äußeren Sicherheit & Schutz seines Territoriums inkl. d Grenzen ?
Wie steht es mit Freiheit und Meinungsfreiheit?
Links = immer richtig & Gut ? Was früher konservativ war ist heute rechts außen = schlecht & böse = Nazi?
Wie wird die Frage der Gerechtigkeit gegenüber den hir illegal verweilenden Asylanten und den legalen Ukrainern die sich der Verteidigung ihres Landes entziehen samt Familien beurteilt?
Die Frage der Entwicklungshilfe ? Z.B a China ?
Warum ein ungerechtes Rentensystem mit Freiberuflern + Arbeitern & Angest. + Beamten?
Die Frage der Steuern d bei 60% liegen & immer noch nicht reichen?
MfG a d Erf.Rep