Xi Jinping
Xi Jinping profitiert besonders von dem Gipfeltreffen zwischen den USA und Nordkorea / picture alliance

Gipfeltreffen USA und Nordkorea - Der wahre Gewinner von Singapur

In der Absichtserklärung nach dem gemeinsamen Gipfeltreffen machen die USA weitreichende Zugeständnisse an Nordkorea. Doch davon profitieren vor allem China und sein Präsident Xi Jinping. Nun wird das Land seinen Einfluss in Ostasien ausbauen

Autoreninfo

Klaus Mühlhahn ist Präsident der Zeppelin Universität in Friedrichshafen und Inhaber des dortigen Lehrstuhls Moderne Chinastudien.

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In seinen kühnsten Träumen hätte sich der chinesische Präsident Xi Jinping keinen besseren Ausgang des Gipfeltreffens von US-Präsident Donald Trump mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un vorstellen können – zumindest nicht, was Chinas Interessen betrifft. Die mit Abstand größten Zugeständnisse in den Verhandlungen in Singapur kamen vom amerikanischen Präsidenten Trump. Auf der Pressekonferenz nach dem Gipfel erklärte er seine Bereitschaft, gemeinsame militärische Übungen mit südkoreanischen Truppen einzufrieren und deutete sogar einen möglichen Abzug der amerikanischen Truppen an. 

Monatelang beschrieb die amerikanische Regierung ein Aussetzen der Truppenübungen als nicht verhandelbar. Dann aber machte sich Trump Nordkoreas Ansichten zu eigen und erklärte, dass die gemeinsamen militärischen Übungen „sehr provokativ“ für Nordkorea seien. Die künftige Aussetzung der Übungen könnte den USA „eine enorme Summe Geld sparen“. China schlug einen Verzicht auf militärische Übungen bereits im Vorfeld des Gipfels vor. Es brachte die sogenannte „doppelte Suspendierung“ ins Spiel, bei der Nordkorea die Atom- und Raketentests und Südkorea und die USA die militärischen Übungen aussetzen. Während der  Pressekonferenz des chinesischen Außenministeriums nach dem Gipfeltreffen sah China diese „doppelte Suspendierung“ durch Trumps Ankündigung als bestätigt an.

Schlüsselfigur mit Macht auf beiden Seiten

Noch weitreichender ist allerdings Trumps Vorschlag, die circa 30.000 US-amerikanischen Soldaten in Südkorea abzuziehen: „Ich möchte unsere Soldaten nach Hause bringen.“ Das kommt einem langgehegten Wunsch Chinas entgegen. Im Oktober 1950 hatte China die sogenannte Volksfreiwilligenarmee (VFA) in den Koreakrieg geschickt. Die VFA sollte eine dauerhafte Präsenz amerikanischer Truppen auf der koreanischen Halbinsel verhindern. Insgesamt opferte die chinesische Regierung für dieses Ziel fast eine Million chinesischer Soldaten. Dennoch musste China die Teilung Koreas hinnehmen. Seither leistet Peking wesentliche Unterstützung für Nordkorea. Es soll unter allen Umständen verhindert werden, dass je amerikanische Truppen an der chinesischen Grenzlinie am Yalu Fluss stehen. 

Mit dem Gipfeltreffen hat Trump nicht nur das nordkoreanische Regime legitimiert. Vor allem hat er damit einen Prozess eingeleitet, der Peking langfristig als Schlüsselfigur mit großem Einfluss auf beiden Seiten etabliert hat. Noch vor wenigen Monaten war die Beziehung zwischen Peking und Pjöngjang schlecht. Die Raketentests und die verbalen Auseinandersetzungen zwischen Kim und Trump wurden als gefährliche Destabilisierung betrachtet. Aber bei den beiden Treffen zwischen Xi Jinping und Kim Jong-un im Vorfeld des Gipfel wurde beschlossen, die Konflikte der Vergangenheit zu überwinden und pragmatisch nach Vorne zu schauen. China begrüßt und unterstützt Kims Bereitschaft zu Reformen und zur Öffnung Nordkoreas.

China als Vorbild für Korea

Eine solche Politik folgt dem Vorbild der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik unter Deng Xiaoping vor vierzig Jahren. In China ist die politische Führung davon überzeugt, dass die Fortsetzung der bisherigen Isolation und Konfrontation unweigerlich den Zusammenbruch des nordkoreanischen Regimes nach sich ziehen würde. Allein das einzigartige chinesische Modell von wirtschaftlicher Öffnung und sozialistischer Einparteienherrschaft bietet einen Ausweg. Deswegen steht das Land bereit, erhebliche Investitionen in Nordkorea zu tätigen. Es wird die marode Infrastruktur sanieren, Hochgeschwindigkeitszüge liefern, die nordkoreanische Wirtschaft modernisieren und industrielle Anlagen zum Export in den Westen errichten. Auch bei der koreanischen Wiedervereinigung möchte Peking helfen. Denn unter dem Slogan „Ein Land, zwei Systeme“ wird innerhalb der Volksrepublik China der Sozialismus aufrechterhalten, während Hongkong und Macao ihr kapitalistisches System beibehalten dürfen. Das soll auch auf Korea angewendet werden.

Für China ist der Ausgang des Gipfeltreffens ein unverhoffter strategischer Glücksfall. Nordkorea hat keine spezifischen Verpflichtungen bezüglich des Abbaus seines Atomprogramms zugesagt. In der gemeinsamen Erklärung bekräftigte Kim „seine feste und unbeirrte Verpflichtung, die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel abzuschließen“ – ein Hinweis auf frühere Abkommen, die bis 1992 zurückreichen, aber bisher nicht umgesetzt wurde. China wird aber ohne Zweifel seinen Einfluss dahingehend geltend machen, dass die von Kim Jong-un gemachten Zusagen eingehalten und umgesetzt werden. 

Nordkorea ist auf Hilfe angewiesen

China und Nordkorea haben ihre Strategie koordiniert und nun – dank Trump – ihr gewünschtes Gipfelergebnis erreicht. In der Zwischenzeit riskiert Trump durch seine Zugeständnisse, Verbündete wie Japan zu entfremden, die strategische Position der USA in Ostasien zu untergraben und Chinas bevorzugten strategischen Rahmen zu unterstützen. Das Erodieren des Vertrauens in US-Allianzen ist ein Schlüsselgewinn für Xi Jinping. Wenn Pekings strategisches Ziel darin besteht, Amerikas Ansehen in der Region zu schwächen, hat Trump dafür ein gutes Stück Arbeit geleistet. Zudem liefert China das vermutlich weltweit einzige Vorbild, nach dem Nordkorea einen politischen System- oder Machtwechsel bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Modernisierung vermeiden kann. Nordkorea ist jetzt mehr als je zuvor auf chinesische Unterstützung angewiesen.

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martin falter | Fr., 15. Juni 2018 - 16:01

das die Trump Fans das nicht verstehen.
Trump behandelt seine (ehemaligen) Freunde wie Feinde und seine Feinde jetzt wie Freunde - aber alles super! Der größte Dealmaker aller Zeiten wird am Ende seiner Deals alles falsch gemacht haben. Aber Hauptsache er zeigt es den " Eliten " mal ordentlich.
Verlieren werden alle die unsere Werte schätzen.

wolfgang spremberg | Fr., 15. Juni 2018 - 17:10

Antwort auf von martin falter

Sie meinen "wir" waren Trumps Freunde ? Freunde eines Hasspredigers ? Eines alten, weißen Mannes ? Das kann ich ja kaum glauben. Der Mann will die Mauer zu Mexiko zu ende bauen und illegale Einwanderung stoppen.....der denkt angeblich an die Interessen amerikanischer Arbeiter und Bauern....also beim besten Willen...das "wir" Trumps Freunde waren kann ich mir nicht vorstellen.

Peter Lieser | Sa., 16. Juni 2018 - 11:15

Antwort auf von martin falter

Ich vermisse Friedensnobelpreisträger, Drohenkrieger und Abhörspezialist Obama, mit seinen Werten unter Freunden, auch.
Er hätte auch mit Merkel die Welt vor dem Klimawandel gerettet, wären die Meere übergelaufen , er wäre furchtlos in den Ozean gesprungen und hätte den Stöpsel gezogen. Aber der Trump kann ja nix, wirklich garnix !!! Noch nicht mal einen gescheiten Atomkrieg anfangen.....

Dieter Hegger | So., 17. Juni 2018 - 10:20

Antwort auf von martin falter

Auto's mit Betrugssoftware in alle Welt verkaufen, Strafzölle der EU vor allem auf Produkte aus 3 Welt Ländern zum Schutz der EU Landwirtschaft und Verarbeitungsindustrie und so weiter und so fort. Die EU - ein Wohltäter der Menschheit, geht's noch ? Trump tut etwas für sein Land und das wünsche ich mir auch für Deutschland. Warum sollte er Europa, Korea & Japan eigentlich schützen, können wir oder diese Länder das nicht selber ? Und hat Trump bei G7 nicht den Vorschlag gemacht Zollfreiheit im G7 Bereich, aber davon wollten die EU Wertegemeinschaft nichts wissen !

wolfgang spremberg | Fr., 15. Juni 2018 - 16:09

von Trump unter umständen, ggf., eventuell 30.000Soldaten aus Südkorea abzuziehen (von denen sich China so sehr bedroht fühlt.) ist schon jetzt ein großer Erfolg für China ? Schau an....
Ich dachte das Pokerspiel läuft noch.

Arnold Heisterbach | Fr., 15. Juni 2018 - 16:40

Ein ostasiatisches Land will und wird seinen Einfluss in Ostasien ausbauen.
Und? Darf das der Ferne Westen (ich weiss, dass es diesen Ausdruck nicht gibt, aber sprechen wir denn nicht vom Fernen Osten, wenn wir von Ostasien sprechen?) zulassen?

Bernhard K. Kopp | Fr., 15. Juni 2018 - 17:05

Die Wählerbasis für Trump, einschliesslich weiter Teile der wohlhabenden Mittelschicht, versteht die geopolitischen Aspekte vielleicht nur teilweise, ist aber überzeugt, dass Amerika schon lange, und zu viel zu hohen Kosten, geopolitisch überdehnt ist. Die koreanische Halbinsel ist denen primär eine Sache der Süd-Koreaner und der Japaner im Verhältnis zu China/Nordkorea. Ob aber der sicherheitspolitische, militärische und wirtschaftliche Machtkomplex dem Präsidenten erlauben wird tatsächlich zurückzustecken, bleibt abzuwarten. Vollmundige Ankündigungen und Selbstlob des Präsidenten sind noch kein umsetzbare Strategie.

Michaela Diederichs | Fr., 15. Juni 2018 - 22:20

Mich stört immer wieder diese Wertediskussion. Was verstehen wir von Werten in Asien und Afrika? Es steht uns einfach nicht zu, uns da immer wieder einzumischen. Wir können weder ihre Kultur noch ihre Werte begreifen, die sich gravierend von den unseren unterscheiden. Die arabische Seele können wir auch nicht erfassen. Hören wir doch bitte einmal damit auf, alles nach unseren Wertmaßstäben zu bemessen. Die westliche Welt ist nicht das Maß aller Dinge. Jede Kultur, jeder Kontinent muss sich nach seinen Regeln und Wertmaßstäben entwickeln. Das Verhalten der westlichen Welt hat immer noch Kolonialcharakter. Wir sind eben nicht die moralische Instanz für die Welt. Jeder Kontinent, jeder Kultur hat seine ganz eigene Sicht auf Moral und Werte. Was für die westliche Welt gilt, ist für die fernöstliche oder afrikanische völlig unerheblich. Das sollten wir doch endlich mal begreifen. Wir brauchen eine neue Sicht auf diese Welt. Sie gehört uns nicht. Aber wir tun so, als gehöre sie uns.

Bernd Eifländer | Sa., 16. Juni 2018 - 10:37

Verteidigt eure Handelswege, Länder und Interessen selbst, oder zahlt, ihr seid Trittbrettfahrer - recht hat er ! Große Fresse, aber sich aus allem raushalten wegen unserer "Vergangenheit", nix fliegt, fährt oder schwimmt. Zwei Tornados mit Hobbyfotografen sind irgendwo unterwegs und zudem überflüssig !
Ohne die weltweite US Präsenz käme kein Schiff mit dem China - Plunder hier heil an oder die Autotransporter in China usw..........

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 16. Juni 2018 - 12:42

während China jetzt wirklich genötigt ist, sich mit "seinen" Insel- oder Himalayastaaten zu arrangieren.
China wirkt nicht auf mich, als hätte es große Ambitionen in bezug auf die -stan-Staaten oder diese noch auf China.
Die USA haben sich aber schon lange auf den pazifischen Inselstaaten festgesetzt.
Das wird nicht leicht für China.
Gibt es ein pazifisches Zusammengehörigkeitsgefühl auf der China-Flanke?
Ich mag nun mal alle Staaten der Welt...

Christoph Kuhlmann | Sa., 16. Juni 2018 - 16:00

sieht sich gleichzeitig mit umfangreichen Handelssanktionen der USA konfrontiert. Insofern würde ich die Entwicklung erst einmal abwarten, bei zwei so erratischen Politikern wie Trump und Kim Jong Un. Man kann das ganze auch umgekehrt sehen, Trump hat China dazu gebracht im Konflikt mit Nordkorea eine konstruktive Rolle zu spielen, obwohl er gleichzeitig mit diesem Land einen Handelskrieg vom Zaun bricht. Er will einfach bei seinen Wählern punkten, die wollen Sicherheit und Jobs und möglichst wenig Auslandseinsätze des amerikanischen Militärs.

Alexander Mazurek | So., 17. Juni 2018 - 00:07

… Reise wert, mit z.B. "Haftstrafe für den Verkauf von Kaugummi", that's law! Der Vorbote des Leviathan, des Terrorstaates, den sich Thomas Hobbes ausgedacht hat, und nach dem wir alle streben, in pursuit of happiness and prey - oder?

André Oldenburg | So., 17. Juni 2018 - 07:03

KLAUS MÜHLHAHN scheint mir doch etwas voreilig zu sein mit seiner abschliessenden
Herr Trump ist nicht so eindimensional wie der Professor Mühlhahn denkt. Wer die Regierungszeit von Trump wirklich verfolgt hat, konnte doch problemlos erkennen, das er immer mehrere Schachspiele gleichzeitig spielt. Hier geht es nicht nur um Geopolitik, sondern auch um den Handelsstreit und natürlich um America First und die Midterms. Trump wird alle Punkte versuchen im Auge zu behalten und am Ende sehen, wo er am meisten rausholen kann.