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Friedensnobelpreis - Ein starkes Signal

Das tunesische „Quartett für den nationalen Dialog“ hat in diesem Jahr den Friedensnobelpreis bekommen. Angela Merkel, die als große Favoritin gehandelt wurde, geht demnach leer aus. Die richtige Entscheidung, denn mit der Auszeichnung wird vor allem die tunesische Demokratiebewegung geehrt

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Judith Hart ist Ressortleiterin Weltbühne bei Cicero

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Nein, Angela Merkel hat ihn am Ende doch nicht bekommen – den Friedensnobelpreis. Zu Recht. Die Kanzlerin setzt sich zwar gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande mit dem Minsker Abkommen für eine friedliche Lösung des Ukrainekonflikts ein. Mit welchem Ergebnis ist aber immer noch offen. Von einem Frieden ist die Region jedenfalls noch weit entfernt.

Das Nobelpreiskomitee wollte wohl nicht den gleichen Fehler wie 2009 machen. Damals zeichnete es US-Präsident Barack Obama aus. Wofür? In der Begründung hieß es damals, er habe „ein neues Klima in der internationalen Politik geschaffen. Multilaterale Diplomatie ist wieder ins Zentrum gerückt". Tatsächlich hatte er, gerade frisch im Amt, lediglich einige – zugegeben mitreißende – Reden gehalten. Betrachtet man internationale Krisenherde im letzten Jahr seiner Amtszeit – in Syrien, Afghanistan, Libyen und nicht zuletzt auch die Auseinandersetzungen im Südchinesischen Meer – sucht man vergeblich nach dem „neuen Klima“.

Nun also der Friedensnobelpreis für das tunesische „Quartett für den nationalen Dialog“. Das Nobelkomitee würdigt die vier Mitgliedsorganisationen des Quartetts für ihren entscheidenden Beitrag zur Schaffung einer pluralistischen Demokratie im Zuge der tunesischen Jasmin-Revolution 2011. Das Quartett, das aus dem tunesischen Gewerkschaftsverband (UGTT), dem tunesischen Arbeitgeberverband (UTICA), der tunesischen Menschenrechtsliga (LTDH) und der Anwaltskammer besteht, habe einen alternativen friedlichen politischen Prozess angestoßen, als das Land am Rand eines Bürgerkrieges stand.

Das Nobelkomitee versteht den Preis auch als Ermutigung für das tunesische Volk. Das hat es auch verdient. Ist doch Tunesien das einzige Land, dass es geschafft hat, die Aufbruchstimmung und die Hoffnungen, die mit dem „arabischen Frühling“ verbunden waren, zu retten – trotz schmerzvoller Rückschläge wie dem Attentat im Urlaubsort Sousse im Sommer dieses Jahres. Als einziges arabisches Land brachte Tunesien seine Demokratisierung voran: Anfang 2014 trat eine neue Verfassung in Kraft, mit Béji Caïd Essebsi wurde ein säkularer Kandidat zum Präsidenten gewählt, und mit dem Ökonom Habib Essid ein parteiloser Regierungschef. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2014 wurde die säkulare Partei Nidaa Tounes stärkste Kraft, obwohl die islamisch geprägte Ennahda-Partei als klarer Favorit galt. Das zeigt, dass in Tunesien eine starke Zivilgesellschaft entstanden ist. Nicht zuletzt aufgrund einer Gruppierung wie dem Quartett.

Der Preis kommt also zur rechten Zeit. Angesichts der dramatischen Entwicklungen in der arabischen Welt, ist es ein wichtiges Zeichen für jene, die für demokratische Spielregeln und die Einhaltung von Menschenrechten streiten. Dieser Einsatz lohnt sich.

Wie bereits 2014, als die damals 17 Jahre alte Malala Yousafzai aus Pakistan ausgezeichnet wurde, hat das Nobelpreiskomitee auch dieses Jahr mit seiner Entscheidung ein starkes, ein wichtiges Signal gesetzt.

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