
- Europa andersrum
In westlichen EU-Staaten gelten Länder wie Polen oder Ungarn als lästige Quertreiber, die aber nur allzu gern das Geld der Gemeinschaft in Anspruch nehmen. Doch das ist alles eine Frage der Perspektive. Eigentlich ist der Osten gar nicht so schwer zu verstehen.
Selbstzufriedenen Blickes breitet Viktor Orbán die Arme über einen Stoß Geldscheine aus; eine einnehmende Geste. Im Hintergrund flattert eine zerreißende Europafahne. „First he takes our money“, steht auf dem Plakat neben der Montage mit dem raumgreifenden Orbán, und: „Now he wants to destroy Europe.“ Auf einen Tieflader gestellt, fuhr das Propaganda-Arrangement, begleitet von einigen Dutzend Pressefotografen, einmal quer durch das Zentrum von Brüssel, vorbei an sämtlichen EU-Verwaltungsgebäuden. Natürlich mit Copyright: „Stop Orbán, #Values first“, stand darunter, und „alde“ – die Abkürzung für die Allianz der Liberalen und Demokraten in Europa, die drittgrößte Fraktion im Straßburger Parlament.
In Budapest kam die Aktion erwartungsgemäß nicht gut an. „Was bildet der sich ein, dieser Verheugen?“, schimpfte etwa Mária Schmidt, Orbáns treue Ideologin. „Unser Geld! Ist das etwa seines?“ Sie erlag dabei einer Verwechslung: Natürlich hatte nicht der frühere Erweiterungskommissar Günter Verheugen, ein deutscher Sozialdemokrat, den Brüsseler Umzug organisiert, sondern der liberale Fraktionsführer Guy Verhofstadt aus Belgien. Aber was sollten die Feinheiten? Beide Westen, beide irgendwie liberal. Beide natürlich gegen Orbán, gegen Ungarn.