
- Wandelnder Flammenwerfer
Der Atomkonflikt mit Nordkorea, sein Umgang mit Russland und nun die Kampfansage an die Palästinenser – dem US-Präsidenten fehlt jedes diplomatische Gespür. Und nicht nur das: Das Zündeln an Brandherden scheint Donald Trump sogar Gefallen zu bereiten
Man muss es wohl einfach mal umdrehen, ins Positive wenden und so betrachten: Ein gutes Jahr Donald Trump hat die Welt schon überstanden, ohne größeren Schaden zu nehmen. Sie erweist sich bei aller akuter Gereiztheit bisher als so gefestigt, dass sie sogar diesen amerikanischen Präsidenten bis hierher ausgehalten hat. Es ist eine Meisterleistung der Weltgemeinschaft, dass der wandelnde Flammenwerfer aus dem Weißen Haus noch keinen Flächenbrand entzündet hat. Dabei lässt er seine Worte wie Napalm auf verschiedenste Regionen des Erdballs tröpfeln. Und wo schon eine Glut schwelt, träufelt er gerne noch etwas Brandbeschleuniger hinein.
Den Atomkonflikt mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un hat Donald Trump nicht heraufbeschworen, aber gewiss auch nicht entschärft. Sein Umgang mit Russland ist erratisch und ohne jeden Plan. Stattdessen wird man das ungute Gefühl nicht los, dass jemand vom kühlen strategischen Verstand eines Wladimir Putin einem Mann wie Trump so haushoch überlegen ist, dass der US-Präsident nicht mal ein Ziepen spürt, wenn der russische Präsident ihm das Fell über die Ohren zieht.
Der Nero der Neuzeit
Trumps Gebaren in Klima und Umweltfragen nimmt man in diesem Zusammenhang schon beinahe billigend in Kauf – weil das globale Klima von ein paar Jahren Trump nicht umkippt und die Amtszeit eines amerikanischen Präsidenten gemessen an der Erdgeschichte eine Nanosekunde dauert.
Die Ansage aber, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, lassen alle bisherigen Tweets und Amokläufe Donald Trumps zu Petitessen schrumpfen. Wenn man sich den Nahen Osten als ein Bündel von Dynamitstangen vorstellt, wofür es gute Gründe gibt, dann ist der Status von Jerusalem die Zündschnur. Wie ein Pyromane wird Trump von Lunten dieser Art angezogen. Ein römischer Kaiser hat einmal seine Stadt anzünden lassen, weil ihm langweilig war und ihn die Flammen so schön inspiriert haben. Trump wirkt wie der Nero der Neuzeit, der nichts mehr spürt im dekadent spätrömischen Kitsch seines Trump Towers und zündelt, um dieser Ödnis des Daseins zu entfliehen. Immer nur Golfspielen ist ja auch kein Kick.
Der Frieden ist fragil
Wer nur einmal in seinem Leben mit einigermaßen wachen Sinnen über den Tempelberg Jerusalems gelaufen ist, wer durch die Gassen der Altstadt streift, beim Löwentor rein und zum Jaffa Tor wieder raus, wer vor der Klagemauer stand und dem Felsendom, der muss nicht Präsident der nach wie vor bedeutendsten Weltmacht sein, um zu verstehen: Das hier ist seismischer Grund. Hier ganz vorsichtig auftreten. Hier keine falschen Witze an der falschen Stelle. Es ist schwer genug, dieses fragile und dabei so wunderschöne Gebilde namens Jerusalem mit seinem arabischen Ostteil und der israelischen Vorherrschaft in einem friedlichen Zustand zu halten.
Man muss nun nicht gleich vor lauter Unterwerfung sein Kreuz abnehmen, wenn man wie Kardinal Reinhard Marx und der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm den Felsendom besucht. Aber die Rücksichtnahme auf religiöse Empfindlichkeiten anderer Gläubiger ist gerade an diesem heiligen Ort dreier Weltreligionen oberstes Besuchergebot.
Wird die Welt ihn unbeschadet überstehen?
Es geht gar nicht um die Sache allein oder zuerst. Man kann Gründe ins Feld führen, weshalb Jerusalem die offiziell anerkannte Hauptstadt Israels sein darf und sein sollte. Aber so wie der amerikanische Präsident führt man das nicht herbei. Er verhält sich wie ein Familienvater, wie ein Patriarach, der das Wohl der Seinen immer und in jedem Fall über das Wohl der Allgemeinheit stellt.
Seine Politik produziert Gewinner und Verlierer. Er überträgt das Gewinnstreben eines Geschäftsmannes eins zu eins auf die Weltpolitik. Es sind nicht die Geschäfte eines seriösen Kaufmanns. Sondern miese Deals eines skrupellosen Paten. Damit macht er die Welt zu einem gefährlichen Ort. Man kann nur hoffen, dass die seine maximal drei weiteren Amtsjahre einigermaßen unbeschadet übersteht und dann die Vernunft und das Augenmaß wieder Einzug halten im Weißen Haus.