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Papst Franziskus hält während seiner wöchentlichen Generalaudienz in der Vatikanische Audienzhalle Paul VI. eine ukrainische Fahne / dpa

Der Papst und Putins Krieg - Keine Waffenpause für das Evangelium

An diesem Wochenende feiern die orthodoxen Christen weltweit die Auferstehung Christi. Der österliche Frieden aber bleibt an den Fronten der Ukraine aus. Wo steht eigentlich der römische Papst angesichts der brutalen Kriegssituation? Wer dem Kirchenoberhaupt jetzt falsche Neutralität vorwirft, ist offenbar taub für Franziskus Worte und blind für seine Zeichen - und will nur das Versagen der Politik kaschieren.

Autoreninfo

Volker Resing leitet das Ressort Berliner Republik bei Cicero. Er ist Spezialist für Kirchenfragen und für die Unionsparteien. Von ihm erschien im Herder-Verlag „Die Kanzlermaschine – Wie die CDU funktioniert“.

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Der Verdacht ist verführerisch, die Masche ist alt. Ausgerechnet der Papst nenne das Böse nicht beim Namen, so die Anklage. Der Papst in Rom kungele mit den Bösewichtern der Welt.  Der selbst ernannte Stellvertreter Christ auf Erden genüge seinem eigenem Grundsätzen nicht und versage den Opfern seine Solidarität, so der Vorwurf. Vor fast 60 Jahren thematisierte „der  Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth das vermeintliche Versagen von Papst Pius XII. in dessen Haltung zum Holocaust und den Nationalsozialisten.  Heute nun sei es Papst Franziskus, der den Aggressor in Moskau nicht beim Namen nenne. Es sei der Pontifex in Rom, der sich nicht genügend einschalte, Russland verurteile und der Ukraine beistehe, so der Vorwurf.

Ausgelöst werden solche Anwürfe durch symbolische Handlungen des Papstes, die in der kommunikativen Welt des 21. Jahrhunderts  zu „zärtlich“, sind, um ein Lieblingswort von Franziskus zu verwenden, oder zu archaisch-religiös, und vor allem zu uneindeutig und verschieden interpretierbar, um nicht Widerspruch ernten zu müssen. So hat der Papst bereits vor Wochen Russland und die Ukraine gemeinsam dem Herzen Mariens geweiht. Was soll das denn? Sowas versteht natürlich kaum noch jemand. Doch weder das Widerspenstige, noch das Uneindeutige, oder auch der Widerspruch müssen kontraproduktiv sein. In der Karfreitagsprozession am römischen Kolosseum haben am vergangenen Freitag  zwei Frauen, beide Krankenschwestern in der Ewigen Stadt, das schlichte Holzkreuz ein Stück des Weges getragen. Die eine Frau war Ukrainerin, die andere Russin, beide sind miteinander befreundet. Das war tatsächlich ein Stein des Anstoßes!

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Christa Wallau | So., 24. April 2022 - 13:37

denn sein Autor hat erkannt, daß es einen gewaltigen Unterschied macht, ob ein Politiker sich zum Krieg äußert oder der Vertreter einer Glaubensgemeinschaft (Kirche).
Die "Truppen", die der Papst hat, sind tatsächlich nicht zu verwechseln mit denjenigen Putins oder Selenskijs.
Jesus hat e i n d e u t i g vor Pilatus zu verstehen gegeben, daß er zwar ein König (= Herrscher), aber sein Reich "nicht von dieser Welt" ist.
Und er hat hinzugefügt: "Sonst würden meine Diener für mich kämpfen und mich nicht den Juden überliefern."
Es kann daher nicht Aufgabe des Stellvertreters Christi auf Erden (als solcher versteht sich ja der Papst) sein, Partei zu ergreifen, sondern er muß mit allem, was ihm an Autorität zur Verfügung steht, für Versöhnung und Frieden eintreten.
Natürlich darf er Kriegsverbrechen als solche anprangern, aber dem Treiben der Welt kann er nur die göttliche Weisung entgegenhalten: "Versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, bevor du deine Gabe zum Altar bringst!"

Gerhard Lenz | So., 24. April 2022 - 14:10

erscheint mir die Frage:

Wie steht eigentlich die russisch-orthodoxe Kirche zu dem Vernichtungskrieg des Schlächters Vladimir Adolf Putin?

Die Antwort ist so schlicht wie erwartbar: Die Orthodoxen liegen voll und ganz auf Putins Linie.

Patriarch Kyrill I. sieht den Krieg gegen die Ukraine als "metaphysischen" Kampf gegen westliche Werte, verurteilt z.B. Homosexualität.
https://www.mdr.de/religion/krieg-ukraine-russland-patriarch-putin-wert…

Wie so oft: Die Kirche arrangiert sich, ja unterstützt Tyrannen - wenn ein solcher, wie Putin es macht, in der Öffentlichkeit schon mal den gläubigen Frömmler gibt.

Dass in der etablierten Religion sehr oft rückwärtsgewandter, oft menschenverachtender und mittelalterlich anmutender Mief dominiert, wissen wir. Das Christentum macht zumindest ideologisch da dem Islam durchaus Konkurrenz - auch wenn sich seit der Aufklärung die christliche Religion bei uns auf dem Rückzug befindet und nur noch Unverbesserlichen die Köpfe vernebelt.

... Mao, Pol Pot?

Sie schreiben: ".... auch wenn sich seit der Aufklärung die christliche Religion bei uns auf dem Rückzug befindet und nur noch Unverbesserlichen die Köpfe vernebelt."

Solch einen öden und dümmlichen (und auch bösartigen) Vulgär-Materialismus ("Religion ist Opium fürs Volk!"), den man ja auch allzu gut aus dem platten biologischen Rassismus der Nazis kennt (Vokabeln: Züchter, Schlächter, ...) - das hätte ich Ihnen nicht zugetraut.

Herr Lenz, fragen Sie doch mal Ihren aller neuesten politischen Freund und Alliierten, Herrn Kaczyński, welchen Anteil Papst Paul VI. am Zusammenbruch des realen, atheistischen Kommunismus hatte, und sehen Sie mal in den Geschichtsbüchern nach, welche Rolle die beiden Kirchen für die Entwicklung in der späten DDR gespielt haben.

Falls Sie sich für die Ukraine und Russland interessieren: Herr Giwerzew hat schon am 1. März geschrieben: https://www.cicero.de/aussenpolitik/orthodoxe-kirchen-ukraine-einheit-s….

Dr.Andreas Oltmann | So., 24. April 2022 - 17:23

Der Vollstängikeit halber un d des besseren Verständnis wegen sollte Herr Resing erwähnen, dass Wulff römisch-katholisch ist und -natürlich- damit der Papst sein kirchliches Welt-Oberhaupt ist. Aus seiner Sicht gibt es daneben nichts. Außerdem hat Wulff die Bundesrepublik bei der Vereidigung von Selenskij 2019 zum ukrainischen Präsidenten vertreten.