
- Dienstliche Essen nur noch für höchstens drei Personen
Drastische Spesenvorgaben und Gehaltskürzungen für Beamte sind nur zwei von vielen Zeichen, die auf die wachsende Besorgnis Pekings über den Zustand der Wirtschaft des Landes hinweisen. Offenbar rechnet die Regierung mit einem schmerzlichen Wirtschaftsabschwung.
Chinas Regierung hat in den vergangenen Wochen deutliche Signale für einen verschärften Sparkurs gesendet. In Staatsmedien wurden lokale Beamte öffentlich zur Haushaltsdisziplin aufgerufen, Beraterteams sollen künftig ihre Ausgaben überwachen. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, muss mit Umerziehungsmaßnahmen rechnen. Auch zentrale Behörden und die Parteiführung wurden angehalten, „Sparsamkeit zu praktizieren und Verschwendung zu vermeiden“. Diese Disziplinierung ist Teil eines umfassenden Kurses, der wirtschaftliche Effizienz mit politischer Kontrolle verbindet – und darauf hinweist, dass die chinesische Führung selbst Zweifel am Zustand der Volkswirtschaft hegt.
Zwar sind Appelle zur Sparsamkeit in China nicht neu, doch die aktuelle Ausrichtung ist ungewöhnlich konsequent. Noch nie zuvor wurde fiskalische Disziplin derart gezielt und systematisch eingefordert. Früher wurden übermäßige Ausgaben vor allem dann geahndet, wenn sie besonders auffällig waren. Nun jedoch gibt es strenge Regeln, etwa das Verbot, dass Beamte in Gruppen von mehr als drei Personen essen gehen. Ethik und Effizienz sollen so demonstrativ miteinander verknüpft werden – auch, um öffentliche Kritik zu vermeiden.
Konjunkturprogramme und die Angst vor dem Abschwung
Gleichzeitig investiert Peking massiv in die Wirtschaft: Mit Schuldenhilfen, Konsumanreizen und Infrastrukturmaßnahmen will die Regierung Impulse setzen. Eine „moderat lockere“ Geldpolitik wurde angekündigt, begleitet von Zinssenkungen und Liquiditätsspritzen, um Deflation zu bekämpfen. Diese Programme markieren eine deutliche Abkehr von früherer Zurückhaltung: Lange hatte Peking befürchtet, mit solchen Maßnahmen langfristige Strukturreformen zu gefährden. Nun aber hat die Regierung offenbar erkannt, dass Probleme wie die Immobilienkrise, die hohe Verschuldung der Kommunen oder die Jugendarbeitslosigkeit ein aktiveres Eingreifen erfordern.
Tatsächlich zeigten sich erste Erfolge. Die Exporte legten überraschend zu, das Bruttoinlandsprodukt stieg im ersten Quartal um 5,4 Prozent. Auch im Immobiliensektor deutete sich eine Erholung an: Erleichterungen bei Hypotheken und Erwerbsregeln führten im März zu einem sprunghaften Anstieg der Verkaufszahlen. Diese Erfolge präsentierte die Führung als Beleg für die Widerstandskraft der chinesischen Wirtschaft – auch im Angesicht der US-Zölle.
Doch der Aufschwung bleibt fragil. Viele der Verbesserungen lassen sich direkt auf die staatlichen Anreize zurückführen – und wirken möglicherweise nur kurzfristig. Bereits im Mai begannen sich einige Fortschritte umzukehren: Das Exportwachstum sank, die Ausfuhren in die USA brachen drastisch ein. Die Erzeugerpreise rutschten weiter in die Deflation, auch die Verbraucherpreise fielen. Und im Immobiliensektor gingen die Preise im Mai erneut zurück – ein Signal, dass die Erholung instabil bleibt.
Zwischen Disziplinierung und Verunsicherung
Der harte Sparkurs betrifft nicht nur die symbolische Ebene. In zahlreichen Provinzen wurden Beamtengehälter drastisch gekürzt, auch hochrangige Mitarbeiter in Aufsichtsbehörden wie der Zentralbank oder der Finanzaufsicht sind betroffen. Besonders auffällig: Die Maßnahmen treffen zunehmend auch wohlhabende Regionen wie Zhejiang. Die Gehaltseinschnitte von bis zu 100.000 Yuan im Jahr sollen angeblich helfen, überhöhte Vergütungen zu nivellieren – eine Umverteilung ist bisher allerdings nicht erkennbar.
Stattdessen scheint die Regierung die Einsparungen für andere Zwecke nutzen zu wollen: etwa zur Schuldentilgung der Kommunen, für Investitionen in Technologie oder zur Finanzierung von Sozialprogrammen. Dazu gehören auch Umschulungsmaßnahmen für entlassene Staatsbedienstete und steuerliche Erleichterungen für Unternehmen, die junge Menschen beschäftigen. Doch diese Programme haben bislang nur begrenzte Wirkung – und stehen im Widerspruch zur Hoffnung, den Binnenkonsum als neuen Wachstumstreiber zu etablieren.
Denn Kürzungen, Entlassungen und steigende wirtschaftliche Unsicherheit könnten gerade jenen Konsum schwächen, auf den Peking setzt. Die Lage der Kommunen bleibt angespannt: Trotz Schuldenerlassen steigen die Belastungen weiter, nicht zuletzt weil Grundstücksverkäufe als Einnahmequelle wegbrechen. Die wirtschaftlichen Maßnahmen laufen also Gefahr, sich gegenseitig zu blockieren.
Der Balanceakt zwischen Stabilität und Krise
Zwar sind die jüngsten wirtschaftlichen Erfolge nicht zu übersehen – doch sie gründen in erster Linie auf staatlicher Unterstützung, nicht auf nachhaltigem Wachstum. Ein Zusammenbruch der chinesischen Wirtschaft ist kurzfristig nicht zu erwarten. Doch der zunehmende Spardruck, die angespannte Lage der Kommunen und die schleichende Konsumzurückhaltung deuten darauf hin, dass der Spielraum der Regierung kleiner ist, als er nach außen erscheint. Dass Peking selbst öffentlich zum Sparen aufruft, zeigt: Die Führung weiß, wie ernst die Lage wirklich ist.
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... was die herrschenden Parteifunktionäre in Deutschland dauernd ankündigen und niemals umsetzen.
"Tatsächlich zeigten sich erste Erfolge. Die Exporte legten überraschend zu, das Bruttoinlandsprodukt stieg im ersten Quartal um 5,4 Prozent. Auch im Immobiliensektor deutete sich eine Erholung an: Erleichterungen bei Hypotheken und Erwerbsregeln führten im März zu einem sprunghaften Anstieg der Verkaufszahlen. "
Machen statt Schwätzen. China, Du hast es besser, auch wenn "Geopolitical Futures" stets noch darauf zu hoffen scheint, dass China scheitert.
Immerhin berichten "Geopolitical Futures" noch aus der Realität, und nicht nur aus der Gröfaz-Ankündigungs-Traumwelt von Merz & Genossen.
Ja, machen statt Schwätzen - das wäre auch bei uns notwendig.
Der Artikel klingt doch ganz klug.
Trumps Politik betrifft auch Amerikaner. Die Frage könnte sein, betrifft es die je richtigen...
Hoffentlich klappt alles gut für China.
Gab es nicht gar einen Sehrt in China, in den USA gibt es auch welche.
Wie auch immer, ich setze mich zu leicht ökonomisch in die Nesseln, das will ich mir nicht leisten.
Bleibt mir also, daran zu erinnern, dass viele "Ausländer" in China lehren und wirken, solche, die sich Fachkräfte nennen dürfen.
Ich gehe jetzt auch zwischendurch virtuell in China spazieren und liebe den chinesischen Film sehr.
Danke für ausbalancierte Artikel
Das Hauptproblem, die hohe Jugendarbeitslosigkeit, wird nur kurz gestreift. Wenn dieser Bevölkerungsgruppe bei der sehr ungünstigen demographischen Situation keine realistischen Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden, verliert die Regierung an Glaubwürdigkeit. Politisches Wohlverhalten gegen Teilnahme am Wohlstand - dieses chinesische Zukunftsmodell hat offenbar bereits einige Risse.
Das ist ja das Irre. Chinas KP darf keine Blasen platzen lassen. Schließlich hat sie einen Herrschaftsanspruch, dem nur eine Organisation mit Unfehlbarkeitsnimbus gerecht werden kann. Dabei macht die Planwirtschaft in China absurde Fehler, die im Kapitalismus längst globale Wirtschaftskrisen ausgelöst hätten. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.