Bundeswehr Soldaten und kurdischen Peshmerga Soldaten stehen am 23.09.2016 in der Ausbildungseinrichtung Bnaslawa nahe Erbil im Irak bei einer Übung im Übungsdorf "German Village"
Bundeswehr Soldaten und kurdischen Peshmerga Soldaten bei einer Übung im Übungsdorf „German Village“ / picture alliance

Bundeswehr im Irak - Das Himmelfahrtskommando

70 Millionen Euro kostet der Einsatz der Bundeswehr im Irak. Doch die Mission dürfte sich schon bald als schwerer Fehler erweisen. Denn Berlin hat die politische Entwicklung vor Ort völlig unterschätzt

Portrait von Wilfried Buchta

Autoreninfo

Wilfried Buchta ist promovierter Islamwissenschaftler. Von 2005 bis 2011 arbeitete er in Bagdad als politischer Analyst (Senior Political Affairs Officer) für die UNO-Mission im Irak. Als Zeitzeuge hat der ausgewiesene Kenner der Region und ihrer Geschichte die politischen Ereignisse, die zum Erstarken des »Islamischen Staates« geführt haben, täglich hautnah miterlebt. Sein neuestes Buch heißt „Die Strenggläubigen. Fundamentalismus und die Zukunft der islamischen Welt“ (Hanser Berlin).

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Zum Beispiel Afghanistan. Seit mittlerweile 16 Jahren sind in diesem krisengeschüttelten Land Soldaten der Bundeswehr im Einsatz. Einem Einsatz, von dem es einst großspurig hieß, mit ihm würde die „Demokratie am Hindukusch verteidigt“. Doch dieser Slogan klingt schon lange hohl. Immer öfter und mit immer größerer Brutalität verüben Taliban und andere radikale Gruppierungen Terror­anschläge und machen damit vor allem eines deutlich: Die Sicherheitslage in großen Landesteilen und selbst in der Hauptstadt wird immer schlechter. Trotzdem verweigern sich die westlichen Staatsführer beharrlich der Einsicht, dass alle Anstrengungen, Afghanistan eine stabile demokratische Ordnung und dauerhaften Frieden zu bringen, trotz hoher Verluste an Soldaten und dem Einsatz von viel Geld praktisch keine bleibenden Erfolge gebracht haben.

Angesichts der negativen Erfahrungen müsste man annehmen, dass Berlins Außen- und Verteidigungspolitiker mit Blick auf neue Militäreinsätze klüger und realistischer geworden sind. Doch weit gefehlt. Spätestens bei Deutschlands jüngstem Engagement, dem vom Bundestag am 15. März 2018 beschlossenen, zunächst auf sieben Monate befristeten und mit 69,5 Millionen Euro ausgestatteten Irak-Mandat zeigt sich, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Schon wieder lässt sich die Politik auf Unternehmungen ein, die weder auf einem durchdachten Plan gründen noch eine auf Fakten basierte Perspektive künftiger Stabilität bieten. Worum geht es genau?

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Frank Domnick | Do., 5. Juli 2018 - 12:17

Für diese Regierung ist das Fehlen jeglichen Verantwortungsgefühls als auch der Betrachtung von Konsequenzen und Abhängigkeiten eigener Entscheidungen symptomatisch.

Insofern ist das Handeln von vdL nur konsequent als auch konsistent.

Aber eben auch hier gut gefönt zu Lasten Dritter.

Mit dem Nachdenken über Konsequenzen hat Berlin es nicht so bzw. man muss sich fragen, ob überhaupt gedacht wird. Hauptsache die Frisur sitzt. Da finde ich jetzt wieder eine Analogie bei den Fußballern.

Sehr gut formuliert, Herr Domnick.
Auch Ihre Kurzbeschreibung des Regierungshandelns im allgemeinen kann ich nur dick unterstreichen. Diese "Mannschaft" bleibt sich treu!
Und da die Deutschen sie nicht eindeutig vom Platz stellen, geht das unwürdige und gefährliche Spiel munter weiter.

Yvonne Walden | Do., 5. Juli 2018 - 12:48

Stellt sich die Frage: Warum sind deutsche Streitkräfte im Irak stationiert?
Welchen "Auftrag" sollen sie erfüllen?
Warum werden diese Soldatinnen und Soldaten aufgrund der akuten Gefahr nicht sofort zurückbeordert?
Fragen über Fragen. Und keine klare politische Antwort!

Udo Dreisörner | Do., 5. Juli 2018 - 12:53

Der Westen weiß es ja immer besser und hat nichts aus der Vergangenheit gelernt. Wie lange waren die Russen in Afghanistan? Und was hat es gebracht?

europäische Interessen werden nicht in Afghanistan verteidigt.
Da kämpft die eine Sippe gegen die andere?
Die Stan-Staaten sind evtl. sehr viel asiatischer, als wir uns das vorstellen können.
Anders der Nahe Osten.
Aber da käpft die eine islamische Gesellschaft gegen die andere und die Kurden um ihren eigenen Staat.
Und zum Kämpfen fühlen sie sich gar "geboren" oder von Allah aufgerufen?
Diese Menschen leben schon in unserer Zeit, beschäftigen sich aber für uns evtl. mit Fragestellungen des Mittelalters.
Sie brauchen keine Waffen oder unsere Soldaten, sondern Zugang zu wissenschaftlicher Kultur auch im Bereich der Religion.
Wenn sie schon nicht bereit sind, dieses zu respektieren, würde ich sie aber doch damit konfrontieren.
Ich fange für sie nicht noch mal im Mittelalter an.
Bei aller Liebe und Hilfestellung zum Leben da, wo sie sich auch zurechtfinden, wenn man es realistisch sieht, zu Hause.

Sie haben Recht: Im Westen nichts Neues ( Erich Maria Remarque )

Und nun zu den Russen: Die hatten wenigsten den "Schneid" aus Afghanistan abzuziehen und ihre Niederlage einzugestehen.

Während unsere westlichen ( deutschen ) "Wertepolitiker" immer noch dem Irrglauben anhängen das Brunnen gebaut werden, und Mädchenschulen gebaut werden.

Die UDSSR zerfiel und konnte sich die militärische Auseinandersetzung in Afghanistan nicht mehr leisten.
Durch Bin Laden, aber vielleicht auch aus afghanischem interesse heraus wollte man gerne die Amis vor Ort haben.
Ich war damals noch der irrigen Ansicht, dass Bin Laden wirklich eine Bedrohung darstellte und Afghanistan ein Recht auf Selbstbestimmung hätte.
Wie naiv von mir.
Es ging eher darum, den Kreis um Russland enger zu ziehen und die Türkei mag daran mitgewirkt haben, vielleicht sogar der Iran und der Irak, weil man sich den Turkvölkern verwandt wähnt.
Zugegeben, das ist eine Möglichkeit.
Ich würde darauf nicht wirklich wetten.
Jedenfalls würde ich weder für die Interessen der Türkei, noch für die Selbstbefindlichkeit Afghanistans weiter das Leben unserer Soldaten aufs Spiel setzen wollen.
Wir haben überhaupt nichts davon.
Wir werden auch benutzt für interessen des Nahen Ostens.
Profitieren werden andere davon.
Wir sind die Fußtruppen, jedenfalls bei Fuss...

Wie lange waren bzw. sind die US-Truppen in Afghanistan? Was hat es gebracht? Und die deutschen Truppen sind noch immer als verkleinertes Kontingent in Afghanistan. Was soll das Ganze bringen? Nichts, außer Unruhe in dieser Region.
Die Drogenbosse finanzieren die Taliban. Aber gegen die Drogenkartelle hat noch keine Armee etwas unternommen. Das ist skandalös.

Nun die Russen waren ungefähr 10 Jahre in Afghanistan und in dieser Zeit haben die USA die Peschmerga (heutige Taliban) mit Waffen und Logistik ausgestattet um den Russen ebenfalls ein "Vietnam" zu bescheren. Die Russen sind abgezogen und die Peschmerga mutierten über Nacht zu "Taliban" die jetzt ihr eigenes Süppchen kochen wollten natürlich ohne den lästigen "Ami" den weiteren Verlauf kennen wir. Übrigens die Frauen die noch die "Sowjetherrschaft" erlebt haben behaupten heute noch, dass das für die Frauen die beste Zeit war.

Robert Müller | Do., 5. Juli 2018 - 13:02

Wenn der Maßstab "bleibender Erfolg" ist, dann sind die meisten derartiger Einsätze gescheitert. Ich erinnere an die Marinemission vor der Küste des Libanon, der Piratenmission, der Mission in Mali, etc. Erfolgreich ist wahrscheinlich der Einsatz auf dem Balkan "KFor" gewesen, was allerdings nicht daran liegt, dass dieser Militäreinsatz so viel besser war, sondern die Balkanstaaten haben die Option an die Geldtöpfe der EU zu kommen, was offenbar friedlich macht. Also, Militär wird durch Geld ersetzt. Wenn man sich erinnert, dass das frühere Problem Nordirland auch durch die Geldtöpfe der EU befriedet wurde, dann scheint das eine Erfolgsstrategie zu sein. Wobei Geld das Zuckerbrot ist, was diese Länder dazu bringt, sich unseren Vorstellungen von einer Gesellschaft anzupassen. Ich glaube allerdings nicht, dass dieses Rezept im Irak funktionieren würde, denn Geld hat man dort durch das Öl nämlich selber.

Thorsten Rosché | Do., 5. Juli 2018 - 15:03

Im jetzigen Zustand ist die Bundeswehr keine Entlastung für die Partner, sondern eher eine Belastung, wie in Afgh. wo sie unter dem Schutz der US Armee und Verbündete steht und Kräfte für den Kampfeinsatz bindet. Ansonsten sind sie damit beschäftigt ihre Ausrüstung und Gerät zu flicken, das können sie auch zuhause.

Eberhard Rademeier | Do., 5. Juli 2018 - 23:18

Antwort auf von Thorsten Rosché

die BW ist eine Entlastung für die Partner. Schließlich bilden die BW-Camps zusätzliche Ziele für die Islamisten und zersplittern damit deren Kräfte. Taktisch gut durchdacht. Außerdem hat jeder BW-Soldat ein Fahrrad-Reparatur-Set und ein Nadel-Set mit persönlicher Widmung von Frau v.d.L. erhalten. Somit stellt das Flicken der Ausrüstung kein Problem dar. /Zynismus off/. Bereits in den 60-er Jahren kursierte folgender Spruch: Wozu ist die BW da? Die BW ist dazu da, den Feind solange aufzuhalten, bis Soldaten kommen. Bin also vollständig bei Ihnen. Der Einsatz der BW im Nahen und Mittleren Osten ist absolut überflüssig bis schwachsinnig und dient ausschließlich als Kulisse zur Selbstdarstellung unserer jeweiligen Verteidigungsminister(innen).

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 5. Juli 2018 - 15:58

anzunehmen, der Nahe Osten würde sich von irgendjemandem etwas sagen lassen anders als durch militärische Überlegenheit.
Die Zeiten sind lange vorbei für Europa, vor allem aber auch weil diese Staaten da jetzt für sich selbst hoch aufgerüstet sind.
Deshalb ist Merkels Politik in dem ganzen Zusammenhang auch so absurd.
Hilfe, Hilfe, ohne Gegenleistung?
Vorleistung auch noch als zu tragendes Kreuz Europas..
Es tut mir leid, aber mit Theologie bringe ich Frau Merkel auch in keinen Bezug.
Mein Gott, Europa hat es mt der Weltmacht Islam in verschiedenen Fraktionen zu tun, im Ergebnis aber immer ISLAM und nicht nur mit der, wenn man mich fragt.

Armin Latell | Do., 5. Juli 2018 - 20:13

mit den großen Hunden br..s.n wollen, aber noch nicht einmal das Bein heben können. Wenn man sich den Zustand der Bundeswehr betrachtet, den auch diese arrogante, vollkommen unfähige, (un)verantwortliche Frau mit zu verantworten hat, kann man konstatieren, das passt zu der gesamten Entourage der Bundeskanzlerdarstellerin. Zu allem fähig, zu nichts zu gebrauchen. Was haben unsere Soldaten im Irak zu suchen? Da sollen Nichtschwimmer Landratten das Schwimmen beibringen, theoretisch, ohne Wasser, Schwimmarmreif oder Schwimmring. Wäre es nicht so traurig, könnte man drüber lachen.

wolfgang spremberg | Fr., 6. Juli 2018 - 09:38

Wenn die Mehrheit der Iraker / Afghanen für Demokratie und Menschenrechte ist, was machen denn dann die vielen jungen Männer hier ?
Wenn die Mehrheit der Iraker / Afghanen nicht für Demokratie und Menschen rechte ist, was macht denn dann die BW dort ?

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 7. Juli 2018 - 12:08

Antwort auf von wolfgang spremberg

gutes Leben wollen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie es sich entwickelt hat und wie es sich erhält.
Ansonsten verorte ich sie vorsichtig vor allem bei den dort archaischeren Verhältnissen ihres Heimatlandes.
Die Konflikte dort beruhen nicht auf irgendeinem Sehnen nach Rechtsstaat und Demokratie, sondern auf dem Ringen um ein ausbalanciertes Machtverhältnis tragender Strukturen, teils auch der Wiederherstellung nach UDSSR/US- und Europaeingriffen.
Das ist nicht leicht zu erkennen für Aussenstehende.
In der Bundesrepublik entwickelte sich ein ausgewogenes "Machtverhältnis" vor allem durch die Väter und Mütter des GG.
In der DDR stand es meines Erachtens auf dem Kopf.
Ich habe immer viel auf die Einsichten eines Peter Scholl-Latour zum Nahem Osten und Afrika gegeben.
Kundige Expertise ist unerlässlich für vermutet richtige Entscheidungen.
Ich finde nicht, dass Europa die alte Rolle als jetzt gemilderte Kolonialmacht annehmen sollte, noch die der USA oder deren Statthalter

Horst Kessler | Fr., 6. Juli 2018 - 13:02

Wenn sich in 15 Jahren nichts an der Lage dort geändert hat wird sich auch in den nächsten 15 Jahren nichts ändern.Sie haben nichts bewirkt und werden es auch in Zukunft nicht können deshalb sofort raus aus den Land bevor sie früher oder später von den Irakern rausgeschmissen werden.Die Nato hat in der Region schon genug Schaden angerichtet

Joachim Wittenbecher | Fr., 6. Juli 2018 - 21:05

Deutschland sollte seine Militäreinsätze auf offizielle NATO-Verteidigungsfälle und UNO-Blauhelm-Einsätze beschränken. Wir haben keine weltstrategischen militärischen Interessen, sind keine Großmacht und haben auf ABC-Waffen verzichtet. Das "Requirieren" durch die USA und im Einzelfall durch Frankreich (Mali-Einsatz) sollten wir künftig verweigern. Zukunftsmusik wäre ein streng defensives Militärbündnis einer neutralen EU u.a. mit einer starken Bundeswehr.

Joachim Wittenbecher scheint einer der wenigen Kommentatoren zu sein, der sich an gesellschaftlichen und politischen Realitäten orientiert. Viel zu lange haben deutsche Politikerinnen und Politiker sich an den "Vorgaben" der US-Regierungen orientiert, die für die NATO bestimmend waren bzw. sind. Dabei verfolgten die Vereinigten Staaten ausschließlich imperiale und weltstrategische Ziele. Da es jedoch unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs massive Kapitalverflechtungen zwischen den USA und Deutschland gegeben hat, konnten die deutschen Großkonzerne und deren Kapitaleigentümer trefflich mitverdienen. Gerade im militärischen Bereich bestehen ungeheure Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung; es gibt dort bekanntlich keine Marktpreise. Inzwischen im Baugewerbe offenbar auch nicht mehr, wenn wir an den Flughafen Berlin-Brandenburg oder an die Hamburger Elbphilharmonie denken. Heute bestimmt der Militär-Industrie-Komplex mehr denn je die Aufrüstungspolitik der NATO. Wie lange noch?

Juliana Keppelen | Mo., 9. Juli 2018 - 12:22

vollkommen unterschätzt.

Frage, wann hat Berlin unter der Führung der CDU Kanzlerin die politschen Entwicklungen (angefangen beim Irakkrieg) schon mal richtig eingeschätzt?
Bitte um Beispiele.