
- Freundliche Töne aus dem „IV. Reich“
Außenministerin Baerbock besuchte am heutigen Freitag Warschau. Am Sonntag wird es ihr Bundeskanzler Olaf Scholz gleichtun. Mit diesen Besuchen unterstreicht die neue Bundesregierung die Bedeutung der deutsch-polnischen Beziehungen, auch für Europa. Doch ausgerechnet die Vision eines zukünftigen Europas offenbart die deutsch-polnischen Differenzen.
Vieles deutete darauf hin, dass beim heutigen Antrittsbesuch von Annalena Baerbock in Warschau die Atmosphäre dem winterlichen Wetter ähneln würde, welches in der polnischen Hauptstadt herrscht. Doch zumindest nach außen hin gaben sich beide Seiten Mühe. Staatspräsident Andrzej Duda, der noch im September bei Merkels Abschiedsbesuch in Warschau keine Zeit für die scheidende Bundeskanzlerin fand, empfing die neue deutsche Außenministerin in seinem Amtssitz. Polens Außenminister Zbigniew Rau bedankte sich bei Baerbock wiederum herzlichst für ihren Besuch, die damit eine „gute Tradition“ ihrer Vorgänger fortsetze, nach Paris und Brüssel auch die polnische Hauptstadt zu besuchen. „Symbole sind ein wichtiger Bestandteil der Politik. Und ich verstehe ihren Besuch als Ausdruck ihrer Absicht, unserer Partnerschaft eine besondere Priorität zu geben, die auf gegenseitigem Respekt sowie auf Nachbarschaft und gutem Willen beruht“, erklärte Polens oberster Diplomat.
An freundlichen Worten sparte auch Annalena Baerbock nicht. „Die deutsch-polnische Freundschaft ist unbezahlbar und angesichts der polnischen Opfer von Krieg und deutscher Besatzung alles andere als selbstverständlich. Umso dankbarer bin ich für Polens Beitrag zu einem geeinten Europa“, sagte die neue Hausherrin im Auswärtigen Amt. Worte, die ihre Gastgeber sicher mit Wohlwollen vernommen haben. Denn Baerbock erinnerte an das Leid der Polen während des Zweiten Weltkriegs, der ein zentraler Teil der polnischen Erinnerungskultur ist, sie sprach bewusst von „deutscher Besatzung“ und nicht von der „Besatzung durch die Nazis“, was an der Weichsel oft als deutscher Versuch missdeutet wird, sich von seiner historischen Schuld freizusprechen. Und sie erinnerte, wenige Tage vor dem 40. Jahrestag der Verhängung des Kriegsrechts, an die Solidarność, die einen erheblichen Beitrag zum Fall des Eisernen Vorhangs und somit zur Einheit Europas beigetragen hat.