
- Der Friedensfürst von Äthiopien am Abgrund
Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed hat seinen Bürgern nie gekannte Freiheiten verschafft und sogar den Friedensnobelpreis erhalten – doch jetzt eskaliert die Gewalt und ein neuer Krisenherd.
Als Äthiopiens diktatorische Einheitspartei EPRDF vor zwei Jahren den glücklosen Ministerpräsidenten Hailemariam Desalegn durch den damals 41-jährigen Abiy Ahmed ersetzte, war ihr wohl selbst nicht ganz klar, welche Geister sie beschworen hatte. Eigentlich wollten die Machthaber der Partei nur die protestierende Oromo-Volksgruppe im Land beruhigen, die seit Jahren teils gewaltsam gegen die Regierung protestierte. Denn die Oromo bilden zwar den größten Bevölkerungsanteil in dem Vielvölkerstaat, politisch waren sie aber seit jeher marginalisiert.
Der neue Ministerpräsident Abiy gehört selbst der Oromo-Volksgruppe an, und tatsächlich waren die Oromo zunächst begeistert, dass nun endlich einer von ihnen Regierungschef wurde. Gleichzeitig, so hoffte die Partei, sollte ihr treuer Gefolgsmann Abiy das autoritäre Staatssystem in Äthiopien stabilisieren. Abiy, der in einem zentraläthiopischen Dorf aufwuchs, trat noch als Jugendlicher der EPRDF bei, diente sich bei der äthiopischen Armee zum Oberstleutnant hoch und baute den äthiopischen Internet-Geheimdienst mit auf, der Opposition und Journalisten unterdrückte. Tatsächlich schien Abiy Ahmed knietief im äthiopischen Repressionssystem zu stehen.