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US-Wahlkampf - Europa sollte auf einen Präsidenten Trump gefasst sein

Donald Trump gilt mittlerweile als aussichtsreichster Kandidat der Republikaner für die US-Präsidentschaftswahl Anfang November. Mit unorthodoxen Standpunkten hat er seinen Kritikern stets neue Nahrung verschafft. Dennoch standen seine Chancen, Amerikas 45. Präsident zu werden, nie besser als im Moment

Autoreninfo

Mark Hallerberg lehrt Public Management und Political Economy an der Hertie School of Governance in Berlin. In der Vergangenheit lehrte er unter anderem an den Universitäten in Pittsburgh, Amsterdam, München und Mannheim. Im Bereich des Consulting arbeitete Hallerberg für das Niederländische Finanzministerium sowie die Europäische Zentralbank (EZB).

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Der amerikanische Wahlkampf befindet sich in einer Phase, in der bereits ziemlich klar ist, wer die Kandidaten der beiden großen Parteien der Vereinigten Staaten sein werden. Auf Seiten der Demokraten hat Hillary Clinton einen Vorsprung bei den Delegierten, den Bernie Sanders praktisch nicht mehr aufholen kann. Bei den Demokraten erfolgt eine prozentuale Aufteilung der Delegierten gemäß dem Wahlergebnis, und Sanders würde überwältigende, und sehr unwahrscheinliche Zugewinne in einigen der verbleibenden großen Staaten wie Kalifornien und Ohio benötigen, um noch aufzuholen.

Kandidaten bewegen sich in Vorwahlen auf Extreme zu
 

Auf republikanischer Seite gehen manche Staaten ab dem 15. März von Verhältniswahlen zu Mehrheitswahlen über. Das bedeutet, dass es für einen bei der Zahl der Delegierten beträchtlich hinter Donald Trump liegenden Kandidaten einfacher wäre, den Immobilienmagnaten aus New York einzuholen, wenn er die Vorwahlen in diesen Staaten gewinnt. Aber das bedeutet auch, dass der andere Kandidat in den meisten der verbleibenden Vorwahlen vorne liegen müsste. Viele Republikaner hoffen, dass Marco Rubio dazu in der Lage sein wird, aber das erscheint unwahrscheinlich.                                                                                

Also heißt es Clinton gegen Trump. Was würde die Wahl eines dieser Kandidaten für Europa bedeuten?                                                                                   

Will man diese Frage beantworten, so sollte man normalerweise vorsichtig sein und nicht zuviel auf die während der Vorwahlen abgegebenen politischen Statements geben. Bei den Vorwahlen stehen die Stammwähler der beiden Parteien weiter links (Demokraten) beziehungsweise rechts (Republikaner) als der typische Wähler bei einer allgemeinen Wahl. Normalerweise bewegen sich die Kandidaten während der Vorwahlen auf eines der Extreme zu, um sich dann vor den allgemeinen Wahlen im November wieder zurück in Richtung Mitte zu bewegen.

Aus europäischer Sicht würde sich unter Clinton nicht viel ändern
 

Bei den Demokraten lässt sich diese Dynamik derzeit gut beobachten: Bernie Sanders hat dafür gesorgt, dass sich Hillary Clinton bei einigen Themen mehr nach links bewegte. In allen ihren Reden finden sich jetzt Aussagen zur Ungleichverteilung der Einkommen. Am bemerkenswertesten ist vielleicht, dass sie behauptet, gegen die zwei großen Freihandelsabkommen, die Transpazifische Partnerschaft (TPP) und das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP), zu sein. Beides Positionen, die als klare Antwort auf Bernie Sanders zu sehen sind und als Versuch, besonders während der Vorwahlen die Wähler der Arbeiterschaft zu stützen. Viele Beobachter (ich eingeschlossen) erwarten, dass sie einen Weg finden wird, beide zu unterstützen.

Erst kürzlich hat sie geäußert, dass sie die Mehrzahl der von Präsident Obama eingeführten politischen Maßnahmen weiterführen würde, sollte sie gewinnen. Sie könnte eher bereit sein als Präsident Obama, in einigen Teilen der Welt militärische Mittel einzusetzen, aber davon abgesehen würde sich für Europa im Falle ihres Wahlsiegs am bereits bekannten Status quo nichts ändern. Clinton als Präsidentin würde für Europa kaum Überraschungen mit sich bringen.

Was die Republikaner betrifft, ist der Ausgang weniger vorhersehbar. Was den Handel angeht, hat Donald Trump TPP als Katastrophe bezeichnet. Obwohl China nicht zu den Unterzeichnern des Handelsabkommens gehört, ist er überzeugt, dass China der große Gewinner wäre, der hiervon profitieren würde. In Bezug auf das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP hat er sich nicht so klar geäußert, aber seiner Rhetorik nach ist er gegen den Freihandel eingestellt. Außenpolitisch hat er in Bezug auf den Konflikt zwischen Israel und Palästina hervorgehoben, dass er neutral bleiben würde, äußerte dann allerdings, durch die anderen Kandidaten unter Druck geraten, dass er ein starker Unterstützer Israels sei.

Mit George Bush verbindet Trump eine innige Feindschaft
 

In Bezug auf Syrien beharrt er unnachgiebig auf der Haltung, keine Flüchtlinge aus diesem Land in den USA aufzunehmen, und hat damit gedroht, vorübergehend alle Muslime an der Einreise ins Land zu hindern. Er hat russische Luftangriffe in Syrien unterstützt. Präsident Putin hat seinerseits Donald Trump als den „absoluten Spitzenreiter“ im Kampf um das Präsidentenamt bezeichnet. Donald Trump macht Präsident George W. Bush für die Anschläge vom 11. September 2001 verantwortlich und behauptet, immer gegen die amerikanische Invasion im Irak 2003 gewesen zu sein.

Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er wichtige Staaten verprellen. Er würde nicht nur eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen lassen, er würde darüber hinaus die Mexikaner zwingen, auch noch dafür zu zahlen. Er greift China bei jeder sich bietenden Gelegenheit an.

Mit Ausnahme der Sperre für syrische Flüchtlinge entspricht keine von Trumps Positionen der Mehrheitsmeinung der republikanischen Partei. Seine Nominierung als Kandidat der Republikaner für die Präsidentschaftswahl würde viele Fragen im Hinblick darauf, was er im Falle eines Sieges im November tatsächlich tun würde, offen lassen. Würde er sich den traditionellen republikanischen Positionen annähern, um seine Stellung in der Partei zu festigen? Dies könnte er zum Beispiel dadurch tun, dass er die Berater der früheren republikanischen Administration anheuert, also Leute ins Boot holt, die mit einem der beiden Präsidenten Bush zusammengearbeitet haben. Aber Trump kann die Familie Bush nicht ausstehen, und diese tiefe Abneigung würde auch die Entscheidung darüber beeinflussen, wen er mit ins Weiße Haus bringt.

Attacken gegen Muslime sind zu Trumps politischer Identität geworden
 

Allgemeiner gesprochen ist es unklar, ob Trump diese Positionen für die allgemeinen Wahlen verändert. Die Dynamik der Bewegung nach rechts für die republikanischen Vorwahlen und der Bewegung zurück zur Mitte für die allgemeinen Wahlen ergibt dieses Mal weniger Sinn. Es wäre schwierig für ihn, seine Attacken gegen China, Mexiko und sämtliche Muslime zurückzunehmen, weil sie inzwischen Teil seiner politischen Identität geworden sind. Was den 11. September und den Irak angeht, steht er weiter links als viele Demokraten. In Bezug auf den Handel ist anzunehmen, dass der Kandidat als Geschäftsmann seine Meinung ändern wird (ebenso wie Clinton dies tun würde).

Aber weil die übliche Dynamik der Bewegung hin zu gemäßigteren Positionen bei Trump nicht zuzutreffen scheint, kann niemand genau wissen, was er bei den allgemeinen Wahlen tun oder welche politischen Entscheidungen er treffen würde, sollte er die Wahl gewinnen.

Was man allerdings sagen kann ist, dass er eine sehr gute Chance hat, der nächste Präsident der Vereinigten Staaten zu werden.

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