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(picture alliance) Republikaner Mitt Romney bei der Verkündung seiner Kandidatur in New Hampshire

US-Vorwahlen - Republikaner streiten um das richtige Rechts

Amerikas Republikaner tun sich schwer, wer 2012 gegen Präsident Obama antreten soll. Mitt Romney, der bisher erfolgversprechendste Kandidat, ist den meisten zu unrepublikanisch. Die Parteianhänger haben die Wahl: Genervt siegen oder begeistert unterliegen

Der Verstand ist für Mitt Romney, die Herzen sind es nicht. So geht das den meisten Republikanern nun schon seit Monaten. Romney gilt als der Kandidat, der Präsident Obama bei der Wahl im November 2012 am ehesten besiegen kann. Aber die konservative Basis liebt ihn nicht. Seit Monaten reisen er und seine Rivalen im Kampf um die Nominierung als republikanischer Präsidentschaftskandidat von Staat zu Staat, halten ihre Bewerbungsreden auf regionalen Versammlungen – im August in Iowa, im September in Florida und am vergangenen Wochenende beim „Value Voters Summit“ in der Hauptstadt Washington. Am Ende wird abgestimmt.

Diese „Straw Polls“ sind weder repräsentativ noch verbindlich. Sie sind Stimmungstests. Aber sie senden allesamt die gleiche Botschaft: Amerikas Konservative können mit dem am Ende womöglich unvermeidlichen Spitzenkandidaten nicht warm werden. Romney hat die beste Organisation und ist am besten vorbereitet auf diesen Marathon. Er hat bisher die wenigsten Fehler gemacht. Aber eingefleischten Republikanern ist er zu moderat. Sie wollen jemanden, der mit Inbrunst gegen Abtreibung und Homoehe wettert, der ohne Wenn und Aber die Freiheit des Waffentragens verteidigt und Amerikas Einzigartigkeit als christliche Nation beschwört.

Bei Romney wissen sie nicht so genau, woran sie sind. 2002 trat er im liberalen Ostküstenstaat Massachusetts bei der Gouverneurswahl an. Wer dort gewinnen will, muss eine gewisse Toleranz gegenüber alternativen Lebens- und Familienformen zeigen und auch ein bisschen Verständnis dafür erkennen lassen, dass die Polizei in Ballungsräumen der Kriminalität nur Herr werden kann, wenn man die Waffenrechte einschränkt. Romney bewies damals ideologische Flexibilität und gab sich moderat. Das wurde ihm 2008, als er zum ersten Mal im Rennen um das Weiße Haus antrat, zum Verhängnis. Um von den Konservativen aufgestellt zu werden, redete er nun ihnen nach dem Mund und tat so, als sei er ein Waffennarr und Abtreibungsgegner. Seither gilt er als „Flip Flopper“ – einer, der seine Meinungen opportunistisch wechselt, je nachdem wem er gerade gefallen möchte.

Die größte Sünde mit Blick auf den Wahlkampf 2012: Als Gouverneur von Massachusetts hat er dort eine ganz ähnliche Gesundheitsreform durchgesetzt wie Obama USA-weit 2010. Die wichtigste Forderung der Republikaner heute lautet, Obamas Reform rückgängig zu machen. Wie soll man das glaubwürdig mit einem Kandidaten Romney vertreten?

Der Spitzenkandidat wird in den USA nicht von der Parteiführung ausgesucht, sondern von den Bürgern gewählt. Diese Vorwahlen in allen 50 Bundesstaaten ziehen sich über die ersten fünf, sechs Monate eines Wahljahres hin. Wer aufgestellt werden will, muss sich in dieser Phase gegen Konkurrenten aus dem eigenen Lager durchsetzen – ein Republikaner also möglichst konservativ erscheinen (und ein Demokrat möglichst progressiv). Nur dürfen es die Kandidaten dabei nicht übertreiben und sich nicht zu weit von der politischen Mitte entfernen. Denn das kann ihnen bei der Hauptwahl einige Monate später zum Verhängnis werden. Dann hängt es von den parteiunabhängigen Wählern in der Mitte ab, ob der Demokrat oder der Republikaner ins Weiße Haus einzieht.

Romney führte in den frühen Umfragen zu Jahresbeginn 2011. Doch die religiöse Rechte und die Tea Party, zwei einflussreiche Gruppen in der Partei, gaben nicht so schnell auf.

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Im Frühjahr scharten sie sich hinter Michele Bachmann. Die Abgeordnete aus Minnesota hatte Sarah Palin als Heldin der Tea Party abgelöst. Bachmann hält flammende Reden gegen Barack Obama. Der Präsident stürze Amerika ins Unglück, führe das Land in den Sozialismus, habe die Herabstufung der Kreditwürdigkeit zu verantworten – und man wisse ja nicht mal genau, ob er überhaupt ein richtiger Christ und in den USA geboren sei. So gewann sie im August die Straw Poll in Iowa. Doch dann sackte sie in den Umfragen ab. Es sprach sich herum, dass sie es mit der Wahrheit und den historischen Fakten nicht so genau nimmt. Es gab auch Zweifel, ob sie gesund genug sei für das strapaziöse Präsidentenamt.

Als nächstes wurde Rick Perry, der Gouverneur von Texas, zum Hoffnungsträger aufgebaut. Er ist ein wortgewaltiger Laienprediger, und er wirbt damit, dass 40 Prozent aller neuen Jobs in den USA seit 2009 in Texas unter seiner Führung geschaffen worden seien. Im August und September überflügelte Perry für einige Wochen Romney in den Umfragen. Doch dann schnitt er in den Fernsehdebatten der Kandidaten schlecht ab. Tagelang wiederholten die Sender erbarmungslos die Szene, als er sich mitten in einem verbalen Angriff auf Romney, den man leicht hätte auswendig lernen können, verhaspelte. Auch für Perry gilt nun offenbar: gewogen und für zu leicht befunden.

Davon profitierten in den jüngsten Wochen zwei auf den ersten Blick eher unwahrscheinliche Kandidaten: Der eine ist Herman Cain, ein Afroamerikaner aus Georgia, der als Geschäftsführer von „Godfather’s Pizza“ zu Geld gekommen ist. Was er zur Außenpolitik zu sagen weiß, klingt uninformiert. Und die Experten rechnen noch, ob sich mit seinem vereinfachten Steuermodell „9-9-9“ – neun Prozent auf Firmengewinne, neun Prozent Einkommensteuer für alle, neun Prozent föderale Mehrwertsteuer, dafür Streichung aller Abschreibungsmöglichkeiten – das Budget der Weltmacht Amerika finanzieren lasse. Cain gewann Ende September die Straw Poll in Florida, weil er mitreißend und urtümlich redet und die floskelhafte Sprache der Politstrategen meidet.

Der andere heißt Ron Paul. Der 76-jährige Arzt aus Texas ist ein Libertärer, der den Staat drastisch zusammenstreichen, das Bildungsministerium und die föderalen Steuerämter abschaffen und die US-Truppen aus dem Ausland abziehen möchte. Paul gewann die Straw Poll beim Value Voter Summit am vergangenen Wochenende in Washington.

Die Republikaner tun sich schwer mit der Qual der Wahl. Die Wirtschaftslage ist so schlecht und die Arbeitslosenrate so hoch, dass Präsident Obamas Chancen auf eine Wiederwahl 2012 ziemlich gering sein müssten. Doch bisher können sich die Konservativen nicht entscheiden, was ihnen wichtiger ist: Wollen sie einen verlässlich konservativen Kandidaten, der in den Vorwahlen die Basis begeistert, aber schlechtere Chancen hat, Obama in der Hauptwahl zu schlagen, weil stramme Parolen die moderaten Wähler der Mitte verschrecken? Oder geht es ihnen um den Bewerber, der die besten Aussichten hat, Obama zu besiegen, und sind sie dafür bereit, Abstriche bei der ideologischen Verlässlichkeit zu machen?

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