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Nicolas Sarkozy - Ein Comeback mit Rache

Die Konservativen jubeln, die Franzosen sind genervt: Nicolas Sarkozy drängt zurück auf die politische Bühne Frankreichs. Dabei sind die nächsten Präsidentschaftswahlen erst 2017. Das frühe Comeback des skandalumwitterten Altpräsidenten ist Taktik

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Kallinich, Daniela

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Da ist er wieder. Nicolas Sarkozy hat am vergangenen Freitag sein Comeback bekannt gegeben. Und in seiner Ankündigung auf seinem Facebook-Profil gleich gezeigt, dass kaum einer die Subtilitäten des politischen Systems Frankreichs so gut kenne wie er. Denn: Sein angekündigtes Ziel ist zunächst die Rückeroberung des Parteivorsitzes der UMP. Die Präsidentschaftskandidatur stellt erst den zweiten Schritt seiner unverhohlenen Rückkehr-Strategie in den Élysée-Palast dar.

Der ehemalige Präsident hatte sich nach seiner Niederlage 2012 gegen François Hollande zunächst aus der Politik zurückgezogen. Dass es das „animal politique“ (politische Tier) allerdings tatsächlich aushalten würde, mit anzusehen, wie seine Partei zerbricht und Frankreich immer tiefer in der Krise versinkt, war kaum anzunehmen. Schließlich kennt Sarkozy das politische Abstellgleis aus seiner langen Karriere nur zu gut – genauso wie das (erfolgreiche) politische Comeback.

Wahlkampf bereits eröffnet


Der Termin seiner Rückkehr-Ankündigung scheint geschickt gewählt: Zunächst, weil Sarkozy so nur einen Tag nach einer der wenigen Pressekonferenzen Hollandes den medialen Fokus weg vom Präsidenten hin auf sich und seine Partei zog, seinen Nachfolger also gänzlich aus dem sowieso schon spärlich gewordenen Rampenlicht schubste. Besonders aber, weil nun, zweieinhalb Jahre vor den nächsten Präsidentschaftswahlen, der Wahlkampf bereits eröffnet ist. Hollande betonte in seiner Pressekonferenz ganz im Sinne des pflichtbewussten und aufopferungsvollen Präsidenten noch, keinen einzigen Gedanken an eine erneute Kandidatur zu verlieren. Dagegen nimmt Sarkozy nun in gewisser Weise Rache für die Jahre 2011 und 2012.

Damals hatte sich Hollande im Rahmen der sozialistischen Vorwahlen ein ganzes Jahr lang zum Kandidaten aufbauen lassen, was seiner Beliebtheit half. Sarkozy aber musste – wie heute Hollande – seine Kandidatur im Zuge seiner Präsidentschaft lange inoffiziell halten. Erst auf der Zielgeraden des Wahlkampfs konnte der Amtsinhaber wirklich einsteigen. Umfragen zufolge fehlten ihm am Ende nur wenige Wochen, um den Vorsprung Hollandes noch einzuholen.

Interessant sind auch die Worte, mit denen Sarkozy seine Rückkehr begründet: Er kündigt an, den Franzosen eine neue politische Auswahlmöglichkeit geben zu wollen. Dies klingt angesichts der Tatsache, dass Sarkozy bereits über mehrere Jahrzehnte hinweg die politischen Geschicke des Landes beeinflusst und geleitet hat, recht überraschend. Gleichzeitig erinnert es jedoch frappierend an seinen letzten erfolgreichen Wahlkampf: 2007 wollte und konnte er mit dem Slogan des „Bruches“ zum Nachfolger seines Parteikollegen Chirac werden. Diesmal allerdings scheint er den Bruch nicht nur mit der aktuellen sozialistischen Regierung, sondern auch mit sich selbst zu suchen.

Nicolas Sarkozy ist in Skandale und Gerichtsverfahren verstrickt


Zudem wird deutlich, dass Sarkozy während seiner Präsidentschaft durchaus seine Lektionen gelernt hat. So kündigt er dieses Mal nicht etwa an, das rechte Lager stärken zu wollen, oder – wie noch 2007 und 2012 – eine „droite décomplexée“, also eine rechte Partei ohne Komplexe anzustreben. Vielmehr verspricht er, ein alle traditionellen Gräben übergreifendes, überparteiliches Bündnis schaffen zu wollen, um sein Land aus der aktuellen Depression zu befreien. Dies allerdings erinnert im Tonfall stark an die Anfangsjahre der V. Republik. Präsident Charles de Gaulle wollte in der damaligen Krise das Land einigen und zur „wahren Größe“ zurückführen. 

Doch zurück zu den Subtilitäten des politischen Systems: Der Vorsitz der UMP ist also zunächst das erklärte Ziel, in Verbindung mit einer Neugestaltung der Partei. Damit macht Sarkozy, was ein Präsidentschaftskandidat tun muss: Er formt sich seine Partei als Wahlkampfmaschine, pflegt Netzwerke und schafft Abhängigkeiten. Dass er erneut den Vorsitz der zerrissenen Partei erringen wird, steht außer Zweifel – damit ist er dann der natürliche Kandidat seiner Partei.  Noch immer gilt er im konservativen Lager als Retter und Heilsfigur. Seine Niederlage, vor allem aber die verschiedenen mit ihm in Verbindung stehenden Skandale und Gerichtsverfahren, machten ihn fast zu einer Art Märtyrer.

Mehr als sechzig Prozent der UMP-Anhänger hoffen, dass Sarkozy erneut Präsidentschaftskandidat wird. Auch nach seinem Rückzug konnte sich also angesichts der parteiinternen Grabenkämpfe kein neuer Kandidat etablieren. Die UMP ist immer noch Sarkozy-Partei und darauf ausgelegt, den ehemaligen Präsidenten wieder ins Amt zu hieven. Es ist derzeit kaum vorstellbar, dass ein gemäßigter Konservativer wie Alain Juppé im parteiinternen Rennen um die Kandidatur zur ernsthaften Konkurrenz für Sarkozy werden könnte. Denn die circa 260.000 Mitglieder bestimmen ihren Spitzenkandidaten in einer Urabstimmung. Und die Basis liebt Sarkozy.

In Frankreich ist Sarkozys Rückkehr allerdings umstritten. Zwei Drittel der Franzosen sind nicht davon begeistert. Das ruft in Erinnerung, weshalb François Hollande überhaupt zum Präsidenten gewählt wurde. Es war die Formel TSS, „Tout Sauf Sarkozy“, alles außer Sarkozy. Dieser Ruf könnte – und das ist das Paradoxe an der Situation – zur letzten elektoralen Chance des geschwächten sozialistischen Präsidenten werden.

Hinweis: In einer früheren Version sind die Jahreszahlen durcheinander gekommen. Sarkozy unterlag Hollande in der Wahl 2012.

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