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(picture alliance) Superman auf dem Weg ins Prekariat der Blogosphäre

Superman als Blogger - Kryptonit für die Karriere

Superman soll Blogger werden. Wenn auch der amerikanische Comic-Held den Weg ins Prekariat wagen muss, ist das ein verheerendes Zeichen für die soziale Schieflage auf dem Arbeitsmarkt

Ein Comic-Held altert nicht. Supermans Muskeln sind noch immer prall, wie man es von einem Außerirdischen erwartet, die Augen unverändert scharf, der Hitzeblick funktioniert 1A. Und das seit 70 Jahren. Selbst sein Anzug sitzt untadelig und zeitlos schick. Das klingt erst einmal wahnsinnig beneidenswert, wenn man sich wie wir Normalsterbliche mit dem Älterwerden herumplagt.

Es gibt aber etwas, was keiner von uns mit Superman eintauschen möchte – und das ist nicht die leidige Allergie gegen das Kryptonit. Es ist das freudlose Herumtreten des Helden auf der immer gleichen Sprosse der Karriereleiter. Als unbedeutender Lokalreporter des Daily Planet kann es Supermans Alter Ego Clark Kent seinem Chefredakteur nie recht machen. Scott Lobdell, Mitschreiber des Kultcomics, sagte der USA Today: „Superman ist wohl der mächtigste Mensch des Planeten. Aber wie lange kann er hinter einem Schreibtisch sitzen, wenn ihm ständig jemand in den Nacken schnaubt und ihn wie den unbedeutendsten Menschen der Welt behandelt?“ Nun aber soll es für ihn eine Alternative geben. Im Jahr 2012 wird also auch Clark Kent vom Zeitgeist mitgerissen: Superman soll sich in Zukunft als Blogger verdingen.

So cool und up–to-date diese Idee zunächst klingt: Kaum eine Berufsgruppe lebt prekärer als der Blogger. Oder, wie es Harald Schmidt in einem unverhofften Exklusivinterview dem verblüfften Nachwuchsjournalisten Matthias Stadler auf den Medientagen 2012 sagte: “Wer bloggt, findet einfach keine Zeitung, die ihn bezahlt.“ Ein typischer Schmidt. Politisch unkorrekt mit einem beunruhigenden Quäntchen Wahrheit.

Wer heute keinen Job findet, sucht sich entgegen aller Vorurteile über faule und wählerische Hartz-IV-Empfänger eben selber eine Beschäftigung, bevor er es sich mit seinem Arbeitslosengeld auf der Couch bequem macht: Occupy-Revolutionen anschieben in Frankfurt, als Indignado die Puerta del Sol in Madrid oder Parlamente in Griechenland besetzen – und das Ganze über Blogs und soziale Netzwerke steuern. Arbeitslosigkeit kann Wut entfachen, kann Kräfte freisetzen, die Menschen in ihren Hamsterrädern des Büroalltags niemals mobilisieren könnten. Jeder zweite Jugendliche in Griechenland ist arbeitslos. In Spanien ist es jeder vierte. Hier steckt eine potentielle Macht, die nützlich, aber auch unangenehm für die Regierungen werden könnte.

Die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) hat diese Gruppe von jungen Menschen untersucht. Sie nennt sie NEET – not in employment, education or training – Personen also, die „derzeit keine Arbeit haben, keine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren oder als Studierende geführt werden“. Denen drohen durch ihre soziale Schieflage die Entfremdung von der eigenen Gesellschaft, Jugendkriminalität, geistige und körperliche Gesundheitsprobleme.

Aber nicht nur die 33,6 Prozent der jungen Menschen, die im Jahr 2011 in Europa keine Beschäftigung hatten, haben ein riesiges Problem. Der wirtschaftliche Verlust, der damit für Europas Länder einhergeht, lag im selben Jahr bei 153 Milliarden Euro, schätzt Eurofound. Dabei hängt die unmittelbare Zukunft Europas von diesen 94 Millionen Menschen ab.

Wenn sich nun auch noch einer wie Superman ins Prekariat einreiht, dann ist das ein verheerendes Zeichen.

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