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(picture alliance) Ein Graffiti mit dem Text "Everything Good" und einem Bild des ehemaligen griechischen Premierministers Giorgos Andrea Papandreou in Athen an eine Hauswand gesprüht

Griechenland-Hilfen - „Ich werde für keinen weiteren Cent stimmen“

Vom Euro haben immer die anderen profitiert, Deutschland muss nun zusehen, dass es nicht in der Falle des ewigen Gläubigers feststeckt. Ein Interview mit dem CDU-Abgeordneten Klaus-Peter Willsch

Herr Willsch, in der kommenden Woche wird der Bundestag über ein drittes Griechenland-Paket abstimmen. Bisher ging es bei der Hilfe lediglich um Sicherheiten. Wahrscheinlich werden nun zum ersten Mal Transferleistungen an Griechenland abgenickt. Wie werden Sie entscheiden?
Noch weiß man nicht, worüber genau abgestimmt wird. Ich halte es aber für ausgeschlossen, dass Griechenland seine Schulden zurückzahlen kann. Die öffentliche Hand und der Steuerzahler werden mit harten Zahlungen beteiligt. Ich werde für keinen weiteren Cent für Griechenland stimmen.

Wie viele werden es Ihnen gleich tun?
Das wird sich erst zeigen. Angesichts der Stimmung in der Fraktion glaube ich aber nicht, dass ihre Zahl gegenüber dem zweiten Griechenland-Paket sinken wird. Sie wird eher steigen.

Wie kann die Kanzlerin ein weiteres Einknicken erklären, wo sie direkte Transfers doch immer ausgeschlossen hat?
Solange das Dogma aufrechterhalten wird, dass der Euro-Raum so bestehen bleiben muss, wird man aus dieser Zwangslage nicht herauskommen. Wir müssen, wenn wir den Euro erhalten wollen, den Raum umbauen. Wir brauchen ein offenes System, aus dem Länder herausgehen können, ihre Wettbewerbsfähigkeit in Schuss bringen, um sich dann wieder zu qualifizieren, wenn sie sich wirtschaftlich erholt haben.

Die Opposition spricht von Lügen, die die Kanzlerin verbreite.  Steht Sie mit dem Rücken zur Wand?
Man ist dort hineingeschlittert. Ich selbst habe seit meiner ersten Darstellung zum Griechenland-Thema keine Zeile zurückzunehmen:Die sogenannte Rettungsschirmpolitik beinhaltete von Anfang an den Keim eines schleichenden Übergangs in eine Transferunion.

Auch in der Troika scheint es zu rumoren. Sie sagten kürzlich, beim Internationalen Währungsfonds denke man darüber nach, aus dem Rettungsprojekt auszusteigen, um das Ansehen als Schuldenmanager nicht zu gefährden.
Viele Länder außerhalb Europas stellen die Stärke des IWF im „Alten Europa“ sehr stark infrage. Ursprünglich war der IWF als Veranstaltung zu Zahlungsbilanzschwierigkeiten in der Dritten Welt gedacht und nicht primär für den OECD-Raum. Und das hat sich in seiner Beteiligung niedergeschlagen. Beim ersten Griechenland-Paket war der IWF mit einem Drittel beteiligt, beim zweiten nur noch mit etwa zwanzig Prozent. Dass der Langmut endlich ist, sieht man auch an der Hartnäckigkeit, mit der die gegenwärtige Chefin, Christine Lagarde, das Thema Schuldentragfähigkeit behandelt. Sie spricht von 120 Prozent. Dabei weiß sie selbst, dass dies doppelt so viel wäre, wie der Maastrichter Vertrag für zulässig erklärt. Obwohl die Zahlen weit jenseits der Tragfähigkeit sind, will sie an dieser Ziffer wenigstens festhalten. Deswegen fordert sie nun wirkliche Beiträge in Form von Forderungsverzicht von den Bürgen.

Wo wird das hinführen?
Wenn wir nicht dauerhaft die griechischen Defizite ausgleichen wollen, muss das Land die Möglichkeit haben, den Euroraum zu verlassen, seine Währung abzuwerten, die Preise zu senken, um international wettbewerbsfähig zu werden. Nur dann hat das Land wieder eine Chance, Boden unter die Füße zu kriegen.

Warum also sind Sie trotzdem in der Minderheit, während die Mehrheit des Bundestages wahrscheinlich dafür stimmen wird, noch mehr Geld für die Griechenland-Hilfen auszugeben?
Das verstehe ich auch nicht. Hier werden ein paar magische Sätze immer wieder vorgetragen und verteidigt. Dabei wird nicht hinreichend differenziert zwischen der Frage der europäischen Einigung und der EU mit seinen 27 Staaten. Nicht zwischen dem großen gemeinsamen Markt mit den vier Grundfreiheiten und dem Experiment namens Euro.

Das erste ist wirklich ein Erfolgsmodell. Es ist das Friedensprojekt, das uns als Export-Nation wirklich genutzt hat, gut war und ist für alle seine Mitglieder. Der Euro aber hat uns nichts genutzt. Wir haben während der gesamten Zeit mit dem Euro ein sehr schwaches Wachstum, höchststagnierende Löhne und keinen Wohlfahrtszuwachs gehabt. Das alles hat in anderen Ländern stattgefunden. Und jetzt platzt diese Blase. Da muss man bereit sein, Konstruktionsfehler zu bereinigen. Sonst werden wir ewig in einer Mühle hängen, in der der Gläubiger vom Schuldner abhängt und sich dessen Forderungen nicht mehr erwehren kann.

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