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Donald Trump vs. Ted Cruz - Streit um die richtige Geburt

Bisher teilten sie ihr Feindbild. Doch zwei Wochen vor Beginn der Vorwahlen gehen die republikanischen Hardliner Donald Trump und Ted Cruz aufeinander los. Der Vorwurf: Cruz sei kein gebürtiger Amerikaner und könne daher nicht Präsident werden

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Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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Donald Trump lässt nicht locker. Ted „Rafael“ Cruz, Senator aus Texas und Rechtsaußen im Rennen der republikanischen Kandidaten um das Präsidentenamt, sei ein „natural born Canadian“, ein gebürtiger Kanadier, sagte er – immer wieder: In der Debatte der Republikaner, in den TV-Talkrunden und in vielen Tweets. Deshalb könne er nicht als Präsident kandidieren, schon weil er die ersten Monate seiner Amtszeit beschäftigt sein werde, sich vor Gericht zu streiten.

Tatsächlich ist Cruz ein im kanadischen Calgary geborener Sohn eines Kubaners, und damit, glaubt Trump, sei er kein „natural born citizen“. Und nur diese dürfen laut US-Verfassung Präsident werden. Trump spielt nun bei seinen Wahlkampfauftritten den Springsteen-Song "Born in the USA". Cruz hat das bisher abgeschüttelt; das sei alles rechtlich geklärt, sagt er. Aber unter US- Juristen und auch in den Medien ist dies mittlerweile schwer umstritten.

Was sagt die Verfassung?
 

Die Verfassung der USA legt fest, dass der Präsident „natural born citizen“ sein muss, Amerikaner durch Geburt. Den Gründungsvätern ging es darum, ausländische Einflüsse fernzuhalten, insbesondere die der britischen Krone oder europäischer Aristokraten. Nun ist jeder, der in den USA geboren ist, automatisch Amerikaner. Heißt das aber auch im Umkehrschluss, dass nur in den USA Gebürtige kandidieren dürfen? Die Debatte flackert immer wieder auf, etwa bei Barry Goldwater, der im Indianer-Territorium geboren war, oder bei George Romney, dessen polygame Eltern vor dem Zugriff der US-Behörden nach Mexico geflüchtet waren. Und es gab immer wieder Versuche, per Gesetz nachzubessern, angefangen 1790, als festgelegt wurde, dass Kinder, die in Übersee von einem amerikanischen Vater geboren wurden, Staatsbürger sind. Oder 2008, als der Senat eine Resolution verabschiedete, wonach John McCain – ebenfalls Republikaner – ein natural born citizen sei. McCain, der aus eine Militärfamilie stammt, wurde auf einer Militärbasis in Panama geboren. McCain selber hat sich in der Causa Cruz übrigens auf die Seite von Trump gestellt, aber eher, weil er Cruz nicht mag.

Dann kam Obama, der erste schwarze Präsident der USA: Der Vater stammt aus Kenia und wurde nie US-Staatsbürger. Die amerikanische Mutter bringt Obama in Hawaii auf die Welt. Unter den Rechtspopulisten der Tea Party brach ein Proteststurm los: Obama sei in Kenia geboren, wo seine Mutter kurz vor der Geburt heimlich hingeflogen sei, die Geburtsurkunde aus Hawaii sei gefälscht. Selbst, wenn die echt sei, seine Mutter habe zu wenig Zeit in Amerika verbracht; außerdem, weil sein Vater Kenianer sei, sei er ebenfalls Kenianer. Oder Brite. Die Kampagne lief unter dem Slogan „Birther movement“, hinter dem auch rechte Internetmedien und Aktivisten standen. An der Spitze war, wer sonst, Donald Trump. Der flog mit dem schwarzen Helikopter zu einer Pressekonferenz, um den Reportern zu verkünden, er habe „seine Leute“ nach Hawaii geschickt, um festzustellen, ob die Geburtsurkunde echt sei. Und was die gefunden hätten, sei sehr, sehr interessant. Leider gingen Trumps Leute irgendwie in Hawaii verloren; jedenfalls, hörte man nie wieder von ihnen.

Nun wiederholt sich das mit Cruz. Aber anders als Obama ist Cruz unstrittig im Ausland geboren. Sein Vater, Rafael Bienvenido Cruz, ein früher Sympathisant von Fidel Castro, ist vor dem Battista-Regime nach Kanada geflüchtet. Cruz' Mutter allerdings stammt aus Delaware, USA. Das reiche aus, ihn zum „natural born citizen“ zu machen, meint Cruz. Aber seine Argumente haben Lücken. Zunächst einmal war Cruz bis vor kurzem immer noch Kanadier; erst 2014 hat er die Staatsbürgerschaft abgelegt. Auch Kanada gibt jedem, der innerhalb seiner Grenzen geboren wurde, den Pass. Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist in Kanada aber erst seit 1977 zulässig; Cruz ist 1970 geboren. Cruz' Vater wiederum wurde 1973 kanadischer Staatsbürger. Und seine Mutter? Die rechte Website Breitbart.com veröffentlichte Unterlagen, wonach Cruz Mutter 1974 auf einer Wählerliste in Kanada stand. Cruz sagt dazu, seine Mutter sei nie Kanadierin geworden.

Klage gegen die Kandidatur eingereicht
 

Verfassungsjuristen fragen sich vor allem, was die Verfassungsväter im Auge hatten. Ein im Indianergebiet geborener Weißer wie Goldwater, wohl kein Problem. Der Sohn eines Offiziers, der in Übersee Dienst tut, sicherlich auch nicht. Und einen Sohn eines spanischstämmigen Kubaners, der mit seiner amerikanischen Frau ins Ausland ausgewandert ist (heute leben Cruz Eltern in Amerika)? Rechtsprofessor Laurence Tribe, der in Harvard lehrt, glaubt, Cruz könne nicht Präsident werden, denn die Verfassungsväter hätten sich nur für die Staatsbürgerschaft des Vaters interessiert. Die Verfassungsrechtlerin Mary Brigid McManamo vertritt in der Washington Post eine ähnliche Ansicht, sie beruft sich auf Gründungsvater James Madison. Andere Juristen vertreten das Gegenteil. Das Ironische ist, dass Cruz selber eine konservative Auffassung vertritt, die von der „originären Konstitution“. Letztlich aber werden dies wohl die Gerichte klären — Newton Schwartz, ein Jurist aus Texas, hat bereits Klage gegen Cruz' Kandidatur eingereicht.

Die wichtigste Frage ist aber: Wird das Cruz bei den Wählern schaden? Denn ausgerechnet potenzielle Cruz-Wähler sind auch die, die keine Ausländer mögen. In zwei Wochen beginnen die Vorwahlen in Iowa. Nach einer Umfrage des Public Policy Polling Instituts meinen 47 Prozent der dortigen Wähler, wer im Ausland geboren sei, solle nicht Präsident werden, 24 Prozent würden aus diesem Grund nicht für Cruz stimmen. Das entspricht in etwa der Stimmung unter Republikanern generell. Und die zweite Frage ist: Was wird sich Trump noch einfallen lassen, Cruz zu piesacken?

Das Wochenende verbrachte er damit, ihn abzuwatschen – Cruz hatte abschätzig über „New Yorker Werte“ gesprochen, und Trump hatte daraufhin Fotos von 9/11 getweetet. Die New York Daily News brachte ein Foto von der Freiheitsstatue mit ausgestreckten Mittelfinger und der Schlagzeile, „Cruz, du magst keine New Yorker Werte? Geh zurück nach Kanada!“

In New York allerdings hat Cruz ohnehin keine Chance. Cruz und Trump konkurrieren um das gleiche Wählerpotential, die rechtspopulistische Tea Party und die Evangelikalen. Vor ein paar Tagen trat Trump in der Evangelikalenhochburg Liberty University in Virginia auf. Evangelikalenführer Jerry Falwell selber stellte Trump den Studenten vor, eine Ehre, die Falwell Cruz, der im Frühjahr 2015 ebenfalls in Liberty war, nicht erwiesen hatte. Selbst, dass Trump von den „beiden Korinthern“ sprach (statt von dem zweiten Brief des Paulus an die Korinther) wurde ihm verziehen.

Erst am Dienstag brachte Trump Sarah Palin, den Liebling der Tea Party dazu, sich öffentlich auf seine Seite zu stellen. Die frühere Gouverneurin von Alaska wird zwar von Linken oft belächelt – sie glaubte einmal, Expertin in Außenpolitik zu sein, weil Alaska so nahe an Russland liegt – aber bei potenziellen Cruz-Wählern punktete sie. Und selbstredend gehörte auch Palin zu denen, die sich vor ein paar Jahren öffentlich fragten, ob Obama wirklich in Amerika geboren sei. Zu Cruz' komplizierter Herkunft hat sie sich noch nicht geäußert. Aber das kommt bestimmt noch.

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