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(picture alliance) Auf Fotos lächelt er gelegentlich sogar:  Xi Jinping

 Xi Jinping - Chinas Kronprinz

Chinas künftiger starker Mann Xi Jinping gilt als jovial und vergleichsweise entspannt. Außerdem kennt er den Westen und zeigt sich als pragmatischer Wirtschaftsreformer. Doch wird er das Land auch politisch öffnen?

Chinas Vizepräsident Xi Jinping muss davon gewusst haben. Von den Gerüchten auf Dissidenten-Websites und lokalen Microblogs. Dort war schon vor Wochen zu lesen, es laufe ein Komplott gegen ihn – angestiftet von Bo Xilai, dem örtlichen Kommunistenchef in der riesigen Jangtse-Metropole Chongqing. Inzwischen gilt dies als eine ins Kraut geschossene Verschwörungstheorie.

Dennoch dürfte Xi froh sein, dass der Störenfried mittlerweile kaltgestellt wurde: Bo Xilai wurde im März seines Amtes enthoben. Ihm werden „Vergehen gegen die Parteidisziplin“ vorgeworfen; unter anderem soll er Funktionäre abgehört haben. Obendrein soll seine Frau in den Mord an einem britischen Geschäftsmann verwickelt sein.

Bo Xilai wird seitdem an einem unbekannten Ort verhört. Xi Jinping dagegen steht kurz vor dem Gipfelsturm. Im Herbst beginnt in Chinas Führung ein Generationswechsel, an dessen Ende Xi im März 2013 aller Voraussicht nach Präsident und KP-Generalsekretär sein wird. Ohne Bos Störfeuer aus Chongqing können Xi und Noch-Präsident Hu Jintao den Übergangsprozess nun viel besser steuern.

Bos Sturz stärkt den liberaleren Flügel der Partei, der im Gegensatz zu Bo, der Mao-Lieder liebte und eine starke Rolle der Staatswirtschaft forderte, den Rechtsstaat und die Privatwirtschaft stärken will. Wo genau Xi Jinping in dieser Gemengelage steht, ist unklar. Thronfolger im Wartestand sprechen in China nie öffentlich über ihre Auffassung oder gar ihre Pläne. Xis derzeitige Reden folgen daher streng den Sprachregelungen der Partei.

„Es ist extrem schwer zu sagen, was Xi Jinping will“, sagt Joseph Cheng, Politologe an der City University of Hongkong. „Es ist wahrscheinlich, dass er versuchen wird, eine etwas liberalere Politik zu fahren. Doch muss er dafür erst einmal seine Macht konsolidieren.“ Dieser Prozess dauere in der Regel zwei Jahre. Xi gilt zwar als pragmatischer Wirtschaftsreformer, ob er aber auch für eine Öffnung des politischen Systems eintreten wird, wird sich wohl nicht vor 2015 zeigen.

Xi Jinping ist heute 58 Jahre alt. Er gehört damit zur ersten Generation von Spitzenpolitikern, die ihr ganzes Erwachsenenleben in der Reformära (ab 1978) verbrachten. Die Wirren der Mao-Zeit erlebte er vor allem durch die Leiden seines Vaters: Xi Zhongxun war jahrelang Vizeministerpräsident unter Mao Zedong.

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Doch dann fiel er in Ungnade und landete im Gefängnis. Erst Reformpatriarch Deng Xiaoping rehabilitierte Xi senior und schickte ihn als Parteichef in die Südprovinz Guangdong, damit er dort Wirtschaftssonderzonen aufbaue. In diesen Zonen machte China ab 1980 seine ersten Kapitalismusexperimente. Die Politik seines Vaters dürfte die liberalen Ansichten des Juniors zur Wirtschaft geprägt haben.

Xi Jinping studierte in jener Zeit Chemie-Ingenieurwesen und anschließend Jura. Seine Politkarriere machte er in den boomenden Küstenprovinzen Fujian, Zhejiang und Schanghai. Zhejiang etwa gilt in China als Hochburg der Privatwirtschaft. „Dadurch hat Xi Erfahrung, wie man internationale Investoren anzieht oder ein attraktives Wirtschaftsumfeld schafft“, erklärt Joseph Cheng. Aus Schanghai wurde Xi 2007 nach nur sieben Monaten als Parteichef nach Peking in den Ständigen Ausschuss des Politbüros berufen, den allerhöchsten Machtzirkel der Partei. 2008 wurde er Vizepräsident und gilt seither als Kronprinz.

Er sei allerdings nie der Wunschnachfolger des noch amtierenden Präsidenten gewesen. Xi Jinping gehöre zu den „Elitisten“, schreibt Cheng Li von der amerikanischen Denkfabrik Brookings Institution. So nennt der Experte für Chinas Politelite wirtschaftsfreundliche Sprösslinge einstiger Kader.

Präsident Hu Jintao dagegen gehöre zu den sogenannten Populisten – aufgestiegen über die Jugendliga der Partei, haben sie Erfahrung eher in der Verwaltung als in der Wirtschaft. Hu aber konnte keinen eigenen Kandidaten durchsetzen; Xi siegte als Konsenskandidat des Führungskollektivs, der mit allen Flügeln klarkommt.

Xi gilt als jovial und vergleichsweise entspannt. Auf Fotos lächelt er gelegentlich sogar. Und er bringt Glamour mit: Seine zweite Frau, die zehn Jahre jüngere Sängerin Peng Liyuan, offiziell bei einer Armeekapelle angestellt, ist in China ein Fernsehstar. Und Xi kennt den Westen. Er gilt unter Experten als USA-freundlich; seine Tochter studiert in Harvard. Vor seinem USA-Besuch im Februar erzählte er der Washington Post, er sei Baseballfan und verfolge manchmal die Spiele im Fernsehen.

„Xi ist ein sehr konzentrierter Mann. Er hörte gut zu und wirkte überhaupt nicht distanziert“, sagt Jörg Wuttke, ehemaliger Präsident der EU-Handelskammer in China, der Xi einmal traf. „Xi hat seine Familie anscheinend immer aus dem Geschäftsleben herausgehalten – ein gutes Zeichen dafür, dass das Thema Korruption unter ihm vielleicht wirksamer angegangen werden wird“, hofft Wuttke.

Xis Familie dürfte sich damit wohltuend von dem Bo-Clan abheben. Bo Xilais Ehefrau soll in den vergangenen Jahren Millionen angehäuft und illegal ins Ausland geschafft haben. Xi Jinping bekämpfte dagegen schon in Fujian und Schanghai Korruptionssümpfe, die seine jeweiligen Vorgänger hinterlassen hatten. Die Chinesen hassen korrupte Kader. Sie dürften hoffen, dass das Thema auch nach 2013 hoch oben auf Xis Agenda bleibt.

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