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Attentat in Frankreich - Blutspur im Namen des Islam

Die Beschwichtiger behaupten, dass die Terroranschläge von Paris nichts mit dem Islam zu tun haben. Wie bitte? Im Namen keiner anderen Religion wurden in den vergangenen Jahren derart barbarische Taten begangen

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Der Vormittag danach, und es ist immer noch genauso unbegreiflich wie am Tag der Tat. Die Attentäter riefen „Allahu akbar“, „Gott ist groß“ und töteten zwölf Menschen – Polizisten, einen Passanten, einen Portier und viele Kollegen einer französischen Satirezeitschrift. Mehrere Menschen ringen in den Krankenhäusern noch mit dem Tod. Zwar sind die genauen Motive der Täter noch nicht aufgeklärt, doch klar ist: Die Zeichner des Magazins Charlie Hebdo hatten sich erlaubt, den Propheten Mohammed zu karikieren – und damit Islamisten gegen sich aufgebracht.

Es ist viel gesagt und geschrieben worden in den letzten 24 Stunden. Viel Kluges und Gescheites, aber auch viel Dummes. Interessanterweise haben es wiederum nicht die Wortwerker, sondern die zeichnenden Kollegen am treffendsten auf den Punkt gebracht. Im Netz kursiert zu Recht vor allem die Karikatur, auf der ein maskierter Attentäter mit Kalaschnikow vor einem toten Mann in einer Blutlache steht, vor ihm liegt eine zerdrückte Nickelbrille, in der Hand noch die Zeichenfeder. „He drew first!“, sagt der Attentäter. „Er hat zuerst gezogen“, heißt das übersetzt, aber auch: „Er hat zuerst gezeichnet.“

Eine andere Karikatur zeigt zwei Bleistifte, die wie die New Yorker Twin Towers nebeneinander stehen.

Beide Zeichnungen sind brillant, auf schreckliche Weise brillant.

Für wie dumm will man uns verkaufen?


In die Fassungslosigkeit über die Tat mischt sich am Tag danach noch die Fassungslosigkeit über die Unsinnigkeit mancher politischen Äußerung. Darunter leider eine des deutschen Innenministers Thomas de Maizière, und sie wird von vielen so oder so ähnlich formuliert, auch von Sigmar Gabriel beispielsweise. Zitat de Maizières aus der Süddeutschen Zeitung von heute: „Terroranschläge haben nichts mit dem Islam zu tun.“ Für wie dumm will jemand sein Auditorium eigentlich verkaufen, der so einen Satz sagt?

Ja: Ich weiß, warum solche Sätze jetzt gesagt werden. Weil man all die Millionen friedfertigen Muslime in Deutschland und anderswo nicht verantwortlich machen darf für die barbarischen Akte einzelner Attentäter. Und weil man Fremdenfeindlichkeit und Hass vorbeugen möchte. Das ist ein richtiges Anliegen. Aber dann muss man es auch präzise sagen.

Deshalb nein: Ich kann und will diese Beschwichtigungen nicht mehr hören. Seit anderthalb Jahrzehnten zieht sich eine Blutspur um die Welt. Im Namen keiner einzigen anderen Religion ist seit den Anschlägen auf das World Trade Center derart bestialisch gemordet worden. Nur im Namen des Islam werden diese barbarischen Taten begangen. Zuletzt in Sydney in einem Café, vorher in England, wo zwei Attentäter einen Soldaten auf offener Straße mit einem Schlachtbeil regelrecht zerhackt haben. Die grauenhaften sadistischen Massaker des so genannten Islamischen Staates in Syrien und im Irak, der Terroranschlag auf Busse und die U-Bahn in London: Das alles hat man im Kopf, dazu die Attentäter, die „Allah ist groß!“ rufen, wenn Sie den Finger am Abzug haben. Und gleichzeitig echot der Satz im Kopf: „Terroranschläge haben nichts mit dem Islam zu tun.“  Man fasst es nicht. Man fasst es einfach nicht.

Mit dem Islam stimmt etwas nicht


Und: Nein, ich habe den Koran nicht gelesen. Nein, ich habe nicht Sure für Sure gegenüber gestellt und sauber abgewogen, wo der Koran nun blutrünstig ist und wo friedfertig. Und ob das Alte Testament nicht am Ende blutrünstiger ist. Nein, ich habe nicht Islamwissenschaften studiert. Das muss ich aber auch nicht. Diese Blutspur um die Welt reicht als Beleg: Mit dieser Religion stimmt in ihrem aktuellen Zustand etwas nicht. Sie verleitet ganz offenbar mehr als jede andere derzeit real existierende Religion dazu, im Namen eines Gottes zu morden.

Und ich will jetzt auch nichts vom Mittelalter hören, den Kreuzzügen oder Nordirland: Das eine ist ein halbes Jahrtausend her, und das andere in seiner Dimension unvergleichlich mit dem globalen islamistischen Terror.

Cicero hat im Lauf des Jahres 2014 zwei Titelbilder veröffentlicht, die den Islam pointiert thematisierten: ein Cover mit einer Friedenstaube hinter den Gittern einer Burka, ein zweites zeigt einen Salafisten, dessen Bart bewaffnete Gotteskrieger entspringen. Vor allem das erste Cover mit der Burka war hinterher heftig umstritten. Und zweimal haben wir 2014 die christliche Religion sehr pointiert dargestellt, einmal mit Martin Luther als „Judenfeind“ vor einer brennenden Synagoge, und aktuell Jesus als Freak mit Piercing, Tattoos und einem Joint in der Hand.

Eine Stunde, bevor die Attentäter den Tod ins Redaktionsgebäude von Charlie Hebdo trugen, schrieb ich einem Leser ausführlich zurück, der sich durch den Joint-Jesus auf dem aktuellen Heft in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlte. Mein Schlüsselargument war, dass wir das Christentum und die Gläubigen dieser Religion für derart souverän halten, mit einer solchen Darstellung umgehen zu können. Heute morgen schrieb der Leser abermals, bedankte sich für die Antwort, blieb bei seiner Kritik am Cover und wünschte uns Gottes Segen für das neue Jahr.

So werden Meinungsverschiedenheiten in einer aufgeklärten humanistischen Gesellschaft, die christlich geprägt ist, ausgetragen. Und nicht mit dem Sprenggurt und der Kalaschnikow. Darüber bin ich sehr froh. Und darauf, ja: bin ich stolz.

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